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[[Datei:Annulus Fibrosus.png|mini|Bandscheibe beim Menschen]]
Die '''Bandscheibe''' oder '''Zwischenwirbelscheibe''' ([[Latein|lateinisch]] '''Discus intervertebralis''') ist eine flexible, [[Knorpel|faserknorplige]] Bildung, die jeweils die Wirbelkörper zweier benachbarter [[Wirbel (Anatomie)|Wirbel]] im Bereich zwischen [[Axis (Halswirbel)|zweitem Halswirbel]] und [[Kreuzbein]] verbindet. Sie bilden damit eine Knorpelhaft ([[Synchondrose]]) zwischen den Wirbelkörpern.<ref>{{Literatur | Autor=Theodor H. Schiebler, Walter Schmidt | Titel=Anatomie: Zytologie, Histologie, Entwicklungsgeschichte, makroskopische und mikroskopische Anatomie des Menschen | Auflage=5. | Verlag=Springer | Ort=Berlin | JahrDatum=2013 | Seiten= 143| ISBN=978-3-662-05733-9 |Seiten=143}}</ref> Zwischen dem [[Schädel]] und dem [[Atlas (Halswirbel)|ersten Halswirbel]] sowie zwischen dem ersten und dem zweiten Halswirbel gibt es keine Bandscheiben. Die [[Wirbelsäule]] des [[Mensch]]en besitzt 23 Bandscheiben. Sie machen etwa 25 Prozent der Gesamtlänge der Wirbelsäule aus. Ihre Höhe und Grundfläche wird zum Kreuzbein hin immer größer.<ref name="Schünke">{{Literatur | Autor=Michael Schünke | Titel=Anatomie - Topographie und Funktion des Bewegungssystems | Auflage= | Verlag=Georg Thieme | Ort=Stuttgart | JahrDatum=2000 | Seiten= 134–136 | ISBN=978-3-13-118571-6 |Seiten=134–136}}</ref> Die Anzahl der Zwischenwirbelscheiben bei den übrigen [[Säugetiere]]n variiert mit der Anzahl der Wirbel.
 
== Aufbau ==
Die Bandscheiben sind beim Menschen in der [[Halswirbelsäule]] im Mittel etwa 3 mm, in der [[Brustwirbelsäule]] etwa 5 mm und in der [[Lendenwirbelsäule]] etwa 7 mm hoch. Sie sind keilförmig, entsprechend der Krümmung der menschlichen Wirbelsäule sind sie im Bereich der Hals- und Lenden[[lordose]] vorn, im Bereich der Brust[[kyphose]] hinten dicker.<ref name="Schünke" />
 
[[BildDatei:Discusprolaps.jpg|mini|200px|'''[[Bandscheibenvorfall]]''', der vorgefallene Gallertkern drückt auf die Ventralwurzel (Vorderwurzel) des Spinalnervs<br /><small>1 [[Rückenmark]], 2 Dorsalwurzel, 3 [[Spinalganglion]], 4 Ventralwurzel, 5 [[Spinalnerv]], 6 + 7 Bandscheibe: 6 Faserring, 7 Gallertkern, 8 Wirbelkörper</small>]]
Bandscheiben bestehen aus zwei Teilen:
* ''Anulus fibrosus'' (äußerer Faserring)
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Der '''Anulus fibrosus''', der Faserring der Bandscheibe, besteht aus konzentrischen Schichten von [[kollagen]]en [[Bindegewebe|Bindegewebsfasern]] (Außenzone), die nach innen allmählich in Faserknorpel (Innenzone) übergehen. Die vorwiegend aus [[Kollagen|Kollagen Typ 1]] bestehenden Fasern weisen gegenläufige Steigungswinkel auf. Die sich überkreuzenden Bindegewebsfasern der äußeren Zone heften sich an den Randleisten der Wirbelkörper an.<ref name="Schünke" />
 
Der '''Nucleus pulposus''' ist ein zellarmes gallertiges Gewebe, das 80–85 % Wasser enthält. Es enthält wenige [[Fibroblast]]en und Typ-2-Kollagen. Aufgrund des hohen Anteils an [[Glykosaminoglykane]]n ([[Chondroitin]]sulfat, [[Keratansulfat]]) wird Wasser reversibel gebunden, so dass der Nucleus wie ein Wasserkissen nicht kompressibel aber verformbar ist. Der Gallertkern liegt an der Position des ursprünglichen Segments der [[Chorda dorsalis]], das Gewebe leitet sich aber nicht direkt davon ab.<ref name="Graumann">{{Literatur | Autor=Walther Graumann | Titel=CompactLehrbuch Anatomie | Band=2 |Auflage= | Verlag=Schattauer | Ort=Stuttgart | JahrDatum=2004 | Seiten= 10–11 | ISBN=978-3-7945-2062-69 |Seiten=10–11}}</ref> Nach anderer Auffassung stellt der Gallertkern einen Überrest der Chorda dorsalis dar.<ref>{{Literatur | Autor=Theodor H. Schiebler, Walter Schmidt | Titel=Anatomie: Zytologie, Histologie, Entwicklungsgeschichte, makroskopische und mikroskopische Anatomie des Menschen | Auflage=5. | Verlag=Springer | Ort=Berlin | JahrDatum=2013 | Seiten= 215| ISBN=978-3-662-05733-9 |Seiten=215}}</ref>
 
Unter Dauerbelastung verlieren die Gallertkerne reversibel Flüssigkeit und damit an Höhe. Dadurch kann ein Mensch bis zu 1 bis 2 cm an Körperhöhe abnehmen, unter Einbeziehung des [[Fuß#Fußgewölbe|Fußgewölbes]] sogar bis zu 3 cm.<ref name="Graumann" /> Im entlasteten Zustand nehmen die Gallertkerne wieder Flüssigkeit auf.<ref name="Schünke" /> Diese Wasserauf- und -abnahme ist auch der einzige Weg, über den die Bandscheiben mit Nährstoffen versorgt werden, da sie ab dem 20. Lebensjahr mit Abschluss des Wachstums keine [[Blutgefäß]]e mehr besitzen. Der Druckwechsel zwischen Be- und Entlastung ist also eine Grundvoraussetzung für den Stoffwechsel der Bandscheiben.<ref>Techniker Krankenkasse: [http://www.tk.de/tk/aufbau-und-funktion/bandscheiben/ernaehrung/20580 ''Ein gesunder Rücken braucht gut funktionierende Bandscheiben'']</ref>
 
== Funktion ==
Die Bandscheibe dient als elastisches Druckpolster und ermöglicht die Beweglichkeit der Wirbelsäule. Die Wirbelsäulenabschnitte sind um so beweglicher je größer das Verhältnis von Bandscheiben- zu Wirbelkörperhöhe ist. Im Bereich der Halswirbelsäule ist das Verhältnis mit 2:5 am höchsten, im Bereich der Lendenwirbelsäule mit 1:3 im mittleren Bereich und im Bereich der Brustwirbelsäule mit 1:5 am geringsten. Die Zwischenwirbelscheiben verteilen die auf die Wirbelsäule einwirkenden Kräfte gleichmäßig auf die gesamte Wirbelendplatte. Der Gallertkern fängt dabei etwa 75&nbsp; %, der Faserring 25&nbsp; % der Kräfte auf.<ref name="Schünke" /> Die Bandscheibe eines jungen Menschen kann [[Druck (Physik)|Drücken]] bis zu 8&nbsp;M[[Pascal (Einheit)|Pa]] standhalten.<ref>{{Literatur | Autor=Rolf Wirhed | Titel=Sportanatomie und Bewegungslehre | Verlag=Schattauer | Ort=Stuttgart | JahrDatum=2001 | Seiten=72 | ISBN=978-3-7945-2081-75 |Seiten=72}}</ref> Für die Elstizität der Bandscheiben wurde ein [[Elastizitätsmodul|Youngscher Modul]] von 6,0&nbsp;MPa gemessen.<ref name="Herman_214">{{Literatur | Autor=Irving P. Herman | Titel=Physics of the human body | Auflage=1. | Verlag=Springer | Ort=Berlin | JahrDatum=2007 | Seiten= 214| ISBN=978-3-540-29603-4 |Seiten=214}}</ref> Im Vergleich dazu haben [[Silikone|Silikonkautschuke]] je nach Zusammensetzung einen Wert zwischen 0,3 bis 30&nbsp;MPa.<ref>[http://svfs.ifm.tu-berlin.de/elastomere.html Elastomere] TU Berlin: Fachgebiet Stabilität und Versagen funktionsoptimierter Strukturen der Technischen Universität Berlin (abgerufen am 12. Februar 2021)</ref> Bei der [[Streckgrenze]] von 11&nbsp;MPa, bei der noch keine bleibenden Verformungen entstehen, wird das Bandscheibenmaterial um 32&nbsp; % gedehnt.<ref name="Herman_214" /> Durch exzentrische Belastung wird die Bandscheibe elastisch verformt, wobei sich der Gallertkern zur weniger belasteten Seite verlagert. Die Faserarchitektur des Faserrings begrenzt den Umgebungsumfang zwischen den Wirbeln und wirkt insbesondere Verdrehungen entgegen. Der Quellungsdruck der Gallertkerne hält auch das [[Ligamentum longitudinale anterius|vordere]] und [[Ligamentum longitudinale posterius|hintere Längsband]] unter Spannung und unterstützt dadurch deren Bremswirkung.<ref name="Graumann" />
 
== Klinische Aspekte ==