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Superposition (Mathematik)

Grundeigenschaft homogener linearer Gleichungen, nach der alle Linearkombinationen von Lösungen der Gleichung weitere Lösungen der Gleichung ergeben

Unter Superpositionseigenschaft oder Superpositionsprinzip (von lateinisch super und positio; dt. Überlagerung) versteht man in der Mathematik eine Grundeigenschaft homogener linearer Gleichungen, nach der alle Linearkombinationen von Lösungen der Gleichung weitere Lösungen der Gleichung ergeben. Mit Hilfe des Superpositionsprinzips lassen sich die Lösungen inhomogener linearer Gleichungen als Summe der Lösungen der zugehörigen homogenen Gleichung und einer Partikulärlösung darstellen. Das Superpositionsprinzip wird oft bei schwer zu lösenden linearen Gleichungen, wie etwa linearen Differentialgleichungen, eingesetzt, indem das Ausgangsproblem auf einfacher zu lösende Teilprobleme zurückgeführt wird. Es besitzt vielfältige Anwendungen, insbesondere in der Physik.

Grundlagen

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Die folgenden Ausführungen gelten allgemein für Vektoren (beispielsweise Zahlen, Zahlentupel oder Funktionen) aus einem Vektorraum über einem beliebigen Körper (beispielsweise die reellen oder komplexen Zahlen).

Lineare Gleichungen

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Lösungen einer homogenen und einer inhomogenen reellen linearen Gleichung mit Unbekannten   und  

Eine Bestimmungsgleichung in der Unbekannten   heißt linear, wenn sie in die Form

 

gebracht werden kann, wobei   eine lineare Abbildung und die rechte Seite   unabhängig von   ist. Eine Abbildung   heißt dabei linear, wenn für Konstanten   und  

 

gilt. Eine lineare Gleichung heißt homogen, falls die rechte Seite gleich Null ist, also wenn sie die Form

 

besitzt, ansonsten nennt man die Gleichung inhomogen. Homogene lineare Gleichungen besitzen mindestens die triviale Lösung  .

Beispiele

Die skalare lineare Gleichung

 

mit der Unbekannten   ist homogen und wird insbesondere durch die triviale Lösung   erfüllt, während die Gleichung

 

inhomogen ist und nicht durch die triviale Lösung erfüllt wird.

Superpositionseigenschaft

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Superpositionseigenschaft am Beispiel der homogenen linearen Gleichung  . Die Gleichung wird durch   und   sowie allen Linearkombinationen dieser Lösungen gelöst.

Sind   und   zwei Lösungen einer homogenen linearen Gleichung, dann lösen diese Gleichung auch alle Linearkombinationen   der beiden Lösungen, da

 .

Verallgemeinert gilt diese Aussage auch für alle Linearkombinationen mehrerer Lösungen zu einer neuen Lösung.

Beispiel

Die homogene lineare Gleichung

 

wird beispielsweise durch die beiden Lösungen

  und  

erfüllt. Damit sind auch

 

und

 

Lösungen der Gleichung.

Partikulärlösung

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Superpositionsprinzip bei der linearen Gleichung  : Lösung der homogenen Gleichung (blau), Partikulärlösung (grün) und Lösung der inhomogenen Gleichung (rot)

Im Gegensatz zu einer homogenen linearen Gleichung, die stets mindestens Null als Lösung besitzt, muss eine inhomogene Gleichung nicht immer lösbar sein, das heißt, ihre Lösungsmenge kann leer sein. Falls eine inhomogene Gleichung lösbar ist, lassen sich ihre Lösungen als Summe der Lösungen der zugehörigen homogenen Gleichung und einer Partikulärlösung, also irgendeiner frei wählbaren Lösung der inhomogenen Gleichung darstellen: Sei   eine konkrete Lösung einer inhomogenen linearen Gleichung und sei   die allgemeine Lösung des zugehörigen homogenen Problems, dann ist   die allgemeine Lösung der inhomogenen Gleichung, da

 

gilt. Dieses Superpositionsprinzip wird oft zur Lösung inhomogener linearer Gleichungen eingesetzt, da die Lösung der homogenen linearen Gleichung und das Auffinden einer Partikulärlösung oft leichter als die Lösung des Ausgangsproblems ist.

Beispiel

Eine konkrete Lösung der inhomogenen Gleichung

 

ist

 .

Sind nun   die Lösungen der zugehörigen homogenen Gleichung

 ,

also alle   mit  , dann wird die inhomogene Gleichung allgemein gelöst durch

     mit     .

Überlagerung von Lösungen

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Eine wichtige Anwendung des Superpositionsprinzips stellt die Überlagerung von Teillösungen einer linearen Gleichung zu einer Gesamtlösung dar. Lässt sich die rechte Seite   einer inhomogenen linearen Gleichung als Summe   darstellen, gilt also

 ,

und sind   und   jeweils die Lösungen der Einzelprobleme

    bzw.    ,

dann ist die Gesamtlösung des Ausgangsproblems die Summe der beiden Einzellösungen, das heißt

 .

Ein solches Vorgehen ist insbesondere dann vorteilhaft, wenn die Einzelprobleme leichter zu lösen sind, als das Ausgangsproblem. Die Konstruktion lässt sich, sofern die entsprechenden Summen konvergieren, auch auf die Überlagerung unendlich vieler Einzellösungen verallgemeinern. Joseph Fourier benutzte solche Reihen zum Lösen der Wärmeleitungsgleichung und begründete damit die Fourier-Analysis.

Einsatzbeispiele

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Lineare diophantische Gleichungen

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Superpositionsprinzip bei der linearen diophantischen Gleichung  : Lösungen der homogenen Gleichung (blau), Partikulärlösung (grün) und Lösungen der inhomogenen Gleichung (rot)

Bei linearen diophantischen Gleichungen ist die Unbekannte   ein ganzzahliger Vektor für den

 

gelten soll, wobei   und   ganzzahlige Koeffizienten sind. Die Lösungen linearer diophantischer Gleichungen kann man dann durch Kombination der Lösung der homogenen Gleichung mit einer Partikulärlösung, die mit dem erweiterten euklidischen Algorithmus gefunden werden kann, angeben.

Beispiel

Es sind die ganzzahligen Lösungen   der linearen diophantischen Gleichung

 

gesucht. Die Lösungen der zugehörigen homogenen Gleichung

 

ergeben sich als

     mit     .

Eine Partikulärlösung der inhomogenen Gleichung ist hier

 

wodurch sich die Gesamtheit der Lösungen der inhomogenen Gleichung als

     mit     

ergibt.

Lineare Differenzengleichungen

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Superpositionsprinzip bei der linearen Differenzengleichung  : Lösung der homogenen Gleichung für den Startwert   (blau), Partikulärlösung für   (grün) und Lösung der inhomogenen Gleichung für   (rot)

Bei linearen Differenzengleichungen ist die Unbekannte   eine Folge, für die

     für     

gelten soll, wobei   sowie   Koeffizienten sind. Die Lösung einer Differenzengleichung hängt von den Startwerten   ab. Homogene lineare Differenzengleichungen mit konstanten Koeffizienten können beispielsweise mit Hilfe der zugehörigen charakteristischen Gleichung gelöst werden.

Beispiel

Die lineare Differenzengleichung erster Ordnung mit konstanten Koeffizienten

 

ergibt für den Startwert   die Folge  . Um die explizite Lösungsdarstellung in Abhängigkeit vom Startwert zu finden, betrachtet man die zugehörige homogene Differenzengleichung

 ,

deren Lösung für den Startwert   die Folge  , also

 

ist. Eine Partikulärlösung der inhomogenen Gleichung ergibt sich durch die Wahl des Startwerts  , was dann die Folge   ergibt, für die

 

gilt. Somit ergibt sich die explizite Lösung des inhomogenen Problems zu

 .

Lineare gewöhnliche Differentialgleichungen

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Superpositionsprinzip bei der linearen gewöhnlichen Differentialgleichung  : Lösungen der homogenen Gleichung (blau), Partikulärlösung (grün) und Lösungen der inhomogenen Gleichung (rot) für variierende Anfangsbedingungen

Bei linearen gewöhnlichen Differentialgleichungen ist die Unbekannte eine Funktion  , für die

 

gelten soll, wobei   Koeffizientenfunktionen sind und   eine weitere Funktion als rechte Seite ist. Die Lösung einer homogenen linearen Differentialgleichung kann über das zugehörige Fundamentalsystem angegeben werden, eine Partikulärlösung kann beispielsweise mittels der Variation der Konstanten gefunden werden.

Beispiel

Gesucht ist die Lösung der inhomogenen gewöhnlichen Differentialgleichung erster Ordnung

 

Die allgemeine Lösung der zugehörigen homogenen Gleichung

 

ist gegeben durch

 

mit der Integrationskonstanten  . Um eine Partikulärlösung   zu ermitteln, verwendet man den Lösungsansatz des homogenen Problems

 

und versucht die Konstante  , die nun von   abhängt, zu finden. Mittels der Produktregel erhält man für die Ableitung von  

 

und durch Einsetzen in die Originalgleichung

 

und somit durch Integration

 ,

wobei man die Integrationskonstante zu Null setzen kann, da man an nur einer speziellen Lösung interessiert ist. Insgesamt erhält man so die Lösung des inhomogenen Problems als

 .

Durch Wahl einer Anfangsbedingung, beispielsweise  , ist die Lösung dann eindeutig bestimmt.

Lineare partielle Differentialgleichungen

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Lösung der homogenen Wärmeleitungs-Gleichung   mit   als Anfangsbedingung
 
Partikulärlösung der inhomogenen Wärmeleitungs-Gleichung   mit Null-Anfangsbedingung
 
Lösung der inhomogenen Wärmeleitungs-Gleichung   mit   als Anfangsbedingung

Bei linearen partiellen Differentialgleichungen ist die Unbekannte eine Funktion mehrerer Veränderlicher  , für die

 

gelten soll, wobei  ,   und   sowie   Koeffizientenfunktionen sind. Homogene sowie inhomogene lineare partielle Differentialgleichungen können beispielsweise über Fundamentallösungen oder den Separationsansatz gelöst werden.

Beispiel

Gegeben sei die folgende Wärmeleitungsgleichung als Anfangs-Randwertproblem

 

mit den Dirichlet-Randbedingungen   und der Anfangsbedingung  . Die Lösung der entsprechenden homogenen Gleichung

 

mit gleichen Anfangs- und Randbedingungen erhält man mit Hilfe des Separationsansatzes

 

womit gilt

 

und somit

 .

Nachdem nun die linke Seite der Gleichung nur von   und die rechte Seite nur von   abhängt, müssen beide Seiten gleich einer Konstanten   sein. Also müssen für   und   die gewöhnlichen Differentialgleichungen

      und      

gelten, was für die gegebenen Anfangsbedingungen   die Lösung

 

ergibt. Mit dem gleichen Ansatz erhält man die Partikulärlösung der inhomogenen Gleichung mit Null-Anfangsbedingung   als

 ,

womit die Gesamtlösung durch

 

gegeben ist.

Anwendungen

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Das Superpositionsprinzip besitzt vielfältige Anwendungen insbesondere in der Physik, beispielsweise bei der Überlagerung von Kräften, der Interferenz von Wellen, der Überlagerung quantenmechanischer Zustände, Erwärmungsvorgängen in der Thermodynamik oder der Netzwerkanalyse in der Elektrotechnik.

Literatur

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Commons: Superposition principle – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien