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Nänikon

Aussenwacht in Uster im Kanton Zürich, Schweiz

Nänikon ist eine von sechs Aussenwachten von Uster. Mit ihren rund 2800 Einwohnern ist sie die grösste Aussenwacht und liegt rund drei Kilometer westlich von Uster.[1] Nänikon war bis 1927 eine eigenständige, politische Gemeinde und wurde im gleichen Jahr in die Stadt Uster integriert.

Ortskern mit Türmlischulhaus, Einkaufsladen mit Post und Restaurants
Bahnhof Nänikon-Greifensee

Geschichte

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Nänikon ging aus der Bezeichnung Nenichova, der Hof des Neno, hervor und entstand in der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts[2]. Auf dem Bühl wurde 1992 bis 1994 ein Ensemble von Burg, Kapelle und Friedhof archäologisch untersucht und der Epoche zwischen 12. und 15. Jahrhundert zugeordnet.[3] Während des Alten Zürichkriegs belagerte im Jahr 1444 ein kleines Heer aus der Innerschweiz das Städtchen und die Burg Greifensee, wobei die Innerschweizer als Sieger hervorgingen. Am 28. Mai 1444 wurde die überlebende Besatzung von Greifensee auf der «Bluetmatt» in Nänikon mit dem Schwert enthauptet. Dieses Ereignis ging als Mord von Greifensee respektive «Blutnacht» in die Geschichte ein[4]. Ein Denkmal auf der Bluetmatt zeugt von diesem als barbarisch bezeichneten Ereignis.

 
Denkmal auf der Bluetmatt

Bevölkerungsentwicklung

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Aufgrund reger Bautätigkeit nimmt die Bevölkerungszahl von Nänikon seit 2010 pro fünf Jahre um rund 10 % zu:[5]

  • 2012: 2209
  • 2015: 2315
  • 2020: 2565
  • 2024: 2794

Das kulturelle Leben in Nänikon ist vielfältig. Jährliche Anlässe wie die Dorfchilbi, das Grümpelturnier sowie das Chränzli zeugen davon. Ausserdem finden im Kaffee Gleis1 (zurzeit geschlossen) regelmässig kulturelle Veranstaltungen statt.

In Nänikon ist es Tradition, auf Wunsch zur Geburt oder in einem Todesfall einer Einwohnerin oder eines Einwohners die Glocke des Türmlischulhauses zu läuten (Geburt um 12 Uhr, Todesfall um 13 Uhr). Ausserdem kündet das Türmli-Glöggli traditionsgemäss um 6 Uhr den neuen Tag mit einem mehrminütigen Läuten an («Näniker Sechseläuten»). Nebst dem Stunden- und Halbstundenschlag findet um 11, 16 und 19 Uhr ein längeres Läuten statt.[6]

Nänikon pflegt ein aktives Vereinsleben[7]. Zu den wichtigsten Vereinen zählen Gemeindeverein, Frauenverein, Sportclub, Gemischter Chor, Verein Konkret und Gewerbeverein. Das Vereinshaus Klairs dient als Begegnungsort und Treffpunkt für verschiedene Veranstaltungen. DoWeGry, die Dorfwerkstatt Gryfikon (Greifensee, Nänikon und Umgebung), stellt eine Werkstatt zur Verfügung, in der eigene Projekte umgesetzt werden können.

Nänikon verfügt über 2 Kindergärten (Vogelsang und Mettmenried), 2 Primarschulhäuser (Singvogel und Türmli) sowie zusammen mit Greifensee über die Oberstufenschule Wüeri. Im Wüeri befindet sich die Schul- und Dorf-Bibliothek.

Seit mehreren Jahren schwelt ein Konflikt betreffend der Oberstufenschulgemeinde Nänikon-Greifensee[8], die seit 1895 besteht. Das Zürcher Gemeindegesetz sieht vor, dass Schulgemeinde und politische Gemeinde geografisch deckungsgleich sein müssen.[9] Die Oberstufenschulgemeinde mit dem Schulhaus Wüeri in Nänikon deckt geografisch die politische Gemeinde Greifensee und die zu Uster gehörenden Aussenwachten Nänikon und Werrikon ab.

Im September 2021 formierte sich das Komitee «Pro 8606»[10], das aus Exponenten aus Greifensee, Nänikon und Werrikon besteht. Das Komitee schlägt den politischen Anschluss der Ustermer Aussenwachten Nänikon und Werrikon an die Gemeinde Greifensee und somit die Loslösung von der Stadt Uster vor. Hauptgründe sehen die Exponenten in der Beibehaltung der bestehenden Oberstufenschulgemeinde sowie im Umstand, dass Nänikon im Laufe der Zeit immer mehr mit dem benachbarten Greifensee zusammengewachsen ist (keine sichtbare Grenze, gemeinsame Postleitzahl 8606, gemeinschaftliches Vereinsleben sowie den Bahnhof Nänikon-Greifensee).

Am 27. März 2022 konnten sich die drei Dörfer an einer Abstimmung zur vom Komitee «Pro 8606» lancierten Initiative[11] zur «Prüfung des Zusammenschlusses von Nänikon und Werrikon mit Greifensee» äussern. Gut 92 % der Abstimmenden sprachen sich für die Initiative aus[12][13]. Damit erhielt das Komitee wie auch die Oberstufenschulpflege die Legitimation, sich für eine Erhaltung der bestehenden Oberstufenschule einzusetzen, wobei die Zusammenlegung der Ortsteile Nänikon und Werrikon mit der Gemeinde Greifensee im Vordergrund stand.

Am 27. März 2023 kündete das Pro-8606-Komitee die Lancierung einer Volksinitiative an. Bei Zustandekommen und Annahme der Initiative wird die Stadt Uster beauftragt, zusammen mit Greifensee die vertraglichen Grundlagen zum möglichen Vollzug eines Gemeindewechsels von Nänikon und Werrikon zu erarbeiten. Dieser Vertrag würde in einem zweiten Schritt den Stimmberechtigten von Uster und Greifensee in getrennten Volksabstimmungen zum Entscheid vorgelegt.[14]

Am 23. August 2023 startete die Unterschriftensammlung zur Volksinitiative «Zusammenführen, was zusammengehört». Am 13. Dezember 2023 übergab das Pro-8606-Komitee der Stadt Uster rund 900 Unterschriften – 300 mehr als die geforderten 600 Unterschriften.[15]

Am 24. November 2024 stimmte die Ustermer Bevölkerung über die Initiative "Zusammenführen, was zusammengehört" ab. Diese sah vor, dass Uster und Greifensee zusammen die Entscheidungsgrundlagen für einen möglichen Gemeindewechsel von Nänikon und Werrikon ausarbeiten sollten. Die Initiative wurde mit 65,3 % abgelehnt. Damit wurde eine weitere Abstimmung über die Ausarbeitung eines Vertrags zum Gemeindewechsel hinfällig.[16][17]

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Quellen und Literatur

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  • Brändli, Paul: Das ehafte Tavernenrecht ein hart umkämpftes Privileg. Wirtshäuser und Weinschenken im alten Greifensee und in Nänikon. In: Heimatspiegel. Illustrierte Beilage zum Zürcher Oberländer und Anzeiger von Uster. Wetzikon. Nr. 10, 2001.[18]
  • Bühler, Heinrich: Geschichte der Gemeinde Nänikon, Zürich, Berichthaus, 1922.
  • Hug Rafael: Das Denkmal von Nänikon. Der Zürichkrieg und das "Blutgericht von Greifensee" in der Geschichtskultur des 19. und 20. Jahrhunderts. Hochschulschrift, Zürich, 2015.[19]
  • Kuhn, Beat: Die Bluttat von Nänikon. Im Mai 1444 stand Greifensee im Brennpunkt der Schweizergeschichte. Heimatspiegel. Nr. 5, 1994. Illustrierte Beilage zum Zürcher Oberländer. Wetzikon 1994.
  • Nachrichten aus Greifensee, 30. September 2021, "Ein Komitee lanciert Initiative mit weitreichendem Inhalt".
  • Nänikon. Achthundertjähriges Waffenlager in Nänikon: grösstes mittelalterliches Armbrustbolzenlager der Schweiz entdeckt. In: Der Zürcher Oberländer. Wetzikon. Nr. 169, 22. Juli 1994.
  • Schilling, Herbert: Gedenktag zur Bluetmatt in Nänikon. In: Jahrbuch Greifensee 1994/95.
  • Schmid, Bruno: Oberstufenschulhaus Nänikon-Greifensee. 100 Jahre Sekundarschule. Greifensee 1995.

Einzelnachweise

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  1. Bevölkerungsstatistik per 31.01.2024. Abgerufen am 29. Oktober 2024.
  2. Heinrich Bühler: Geschichte der Gemeinde Nänikon
  3. F. Hock, M. Illi, E. Langenegger: Burg, Kapelle und Friedhof in Uster, Nänikon-Bühl. Hrsg.: Kantonsarchäologie Zürich. Nr. 26. Fotorotar AG, Zürich und Egg ZH 1995, S. 9–84.
  4. Heimatspiegel, Nr. 5/1994
  5. Bevölkerungsstatistiken. Abgerufen am 22. November 2024.
  6. Türmli-Glöggli. Abgerufen am 28. April 2023.
  7. https://www.naenikon.ch
  8. https://www.oswueri.ch
  9. https://zueriost.ch/news/2021-09-30/naenikon-will-weg-von-uster-greifensee-reibt-sich-die-haende
  10. https://secure.i-web.ch/gemweb/greifensee/dl.php/de/6154378ec2aa1/Ausgabe_39.pdf
  11. https://www.pro8606.ch/
  12. https://www.uster.ch/_docn/3625130/Einzelinitiative_Thomas_Altenburger.pdf
  13. https://www.greifensee.ch/aktuellesinformationen/1516025
  14. Nänikon und Werrikon sollen zu Greifensee. Abgerufen am 27. März 2023.
  15. https://zueriost.ch/politik/2023-12-13/komitee-pro-8606-hat-rund-900-unterschriften-gesammelt
  16. https://zueriost.ch/politik/2024-02-15/volk-entscheidet-ob-gemeindewechsel-geprueft-werden-soll
  17. https://www.uster.ch/vorlagenaktuell
  18. https://www.zb.uzh.ch/storage/app/media/sammlungen/spezialsammlungen/ZuBi/PDF/Sammlungen_Zuercher%20Bibliographie_Ortsgeschichte_1990-2004.pdf
  19. Rafael Hug: Das Denkmal von Nänikon ZB