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Leptospira

Gattung der Familie Leptospiraceae
(Weitergeleitet von Leptospiren)

Leptospira ist eine Gattung der Bakterien, deren Zellen schraubenförmig gewunden sind. Sie werden „eingedeutscht“ auch Leptospiren genannt. Einige Leptospira-Arten können Infektionskrankheiten verursachen, die als Leptospirosen bezeichnet werden.

Leptospira

REM-Aufnahme von L. interrogans

Systematik
Domäne: Bakterien (Bacteria)
Abteilung: Spirochaetae
Klasse: Spirochäten (Spirochaetes)
Ordnung: Spirochaetales
Familie: Leptospiraceae
Gattung: Leptospira
Wissenschaftlicher Name
Leptospira
Noguchi 1917 emend. Faine & Stallman 1982

Merkmale

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Erscheinungsbild

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Es handelt sich um gramnegative, sehr dünne (Durchmesser etwa 0,1 µm), im Mittelstück schraubenförmig gewundene Bakterienzellen. Die Länge variiert mit der Anzahl der Windungen und beträgt zwischen 6 und 20 µm.[1] Die Enden sind hakenförmig oder knopfartig verdickt, wodurch die Zellen von Leptospira einem Kleiderbügel oder Spazierstock ähneln. Bedingt durch die schlanke Form der Zellen können diese die Poren von Membranfiltern passieren, deren Porengröße 0,2 µm oder mehr beträgt.[1] Membranfilter mit derartigen Porengrößen werden in der Mikrobiologie häufig verwendet, um Bakterien aus einer Flüssigkeit zu entfernen, was bei Leptospira nicht gelingt. Die Zellen sind aktiv beweglich (motil). Die Bewegung ist durch Drehungen um die Körperachse gekennzeichnet, die zu schraubenförmigen Vor- und Rückwärtsbewegungen führen.[1] Endosporen werden nicht gebildet.

Auf festen Nährböden wachsen die Zellen zu Kolonien heran, in Reagenzröhrchen erscheinen diese typischerweise in Form einer flachen Scheibe 1–3 cm unter der Oberfläche des Nährmediums. In halbfesten Nährmedien, die weniger als 1 % Agar-Agar enthalten, werden ebenfalls Kolonien unterhalb der Oberfläche gebildet, ihre Form kann wegen der Motilität diffus, also ohne klare Begrenzung sein.[1]

Wachstum und Stoffwechsel

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Leptospira-Arten sind heterotroph. Der Stoffwechsel ist obligat aerob,[2] d. h. die Vertreter der Gattung können sich nur vermehren, wenn Sauerstoff vorhanden ist. Sie besitzen das Enzym Katalase oder andere Peroxidasen. Manche Arten sind mikroaerophil. Im Rahmen des chemoorgano-heterotrophen Stoffwechsels werden bevorzugt langkettige Fettsäuren als Kohlenstoff- und Energiequelle genutzt. Als Stickstoffquelle werden anorganische Ammoniumsalze genutzt, Aminosäuren sind hierfür nicht geeignet.[1]

Wachstum erfolgt bei pH-Werten von 6,8–7,8, optimale Werte sind pH 7,2–7,6. Leptospira-Arten zeigen Wachstum in einem Temperaturbereich von 13 bis 40 °C, der optimale Temperaturbereich liegt bei 28–30 °C. Die Vermehrung durch Zellteilung erfolgt nur langsam, die Generationszeit im Nährmedium liegt zwischen 7 und 16 Stunden,[1] das ist vergleichbar mit der Generationszeit von Treponema pallidum, einem anderen Vertreter aus der Ordnung der Spirochaetales. Hingegen weist beispielsweise Escherichia coli eine Generationszeit von nur 20 Minuten auf. Daher müssen mit Leptospira beimpfte Nährmedien entsprechend lange inkubiert werden, üblich sind 6–14 Tage, bei manchen Arten sind auch vier Wochen oder länger notwendig, bis Kolonien erkennbar sind.[1]

Chemotaxonomische Merkmale

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Der GC-Gehalt (der Anteil der Nukleinbasen Guanin und Cytosin) in der DNA von Leptospira-Arten liegt zwischen 35,3 und 41,0 Mol-Prozent. Die Mureinschicht in der Zellwand enthält die Diaminosäure 2,6-Diaminopimelinsäure als diagnostisch wichtige Aminosäure. Wie für gramnegative Bakterien üblich, ist auf der Zellwand eine äußere Membran aufgelagert. In den darin enthaltenen Lipopolysacchariden ist Methyl-Mannose als Zuckerbaustein von Bedeutung.[1]

Nachweise

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Die Kultivierung von Leptospira-Arten ist unproblematisch, erfordert aber spezielle Nährböden. Sie enthalten häufig einen Zusatz von Serum, Serumalbumin (beispielsweise Rinderserumalbumin) oder langkettigen Fettsäuren mit mindestens 14 Kohlenstoffatomen. Als Wachstumsfaktoren sind Thiamin (Vitamin B1) und Cyanocobalamin (Vitamin B12) notwendig. Die lichtmikroskopische Untersuchung lebender Leptospiren mit der gängigen Hellfeldmikroskopie ist nicht möglich, stattdessen wird mit der Dunkelfeldmikroskopie oder der Phasenkontrastmikroskopie gearbeitet. Zum Anfärben fixierter Zellen ist die Technik zur Ablagerung von kolloidalem Silber geeignet.[1]

Systematik

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Die Gattung Leptospira zählt zu der Familie der Leptospiraceae in der Ordnung der Spirochaetales. Die Typusart ist Leptospira interrogans. Folgende Arten sind bekannt (Stand 2014):[3]

Die Art Leptospira alexanderi ist in der Erstbeschreibung durch Don J. Brenner et al. mit fünf „Genomspezies“ (engl. genomospecies) vertreten. Dabei handelt es sich um Arten, die lediglich nicht benannt wurden, da nur ein Bakterienstamm bzw. in einem Fall zwei Bakterienstämme bekannt sind. Lediglich für Genomspezies 2 wurde der Artname L. alexanderi festgelegt.[3] Da die Bezeichnung als Genomspezies 1, 2 usw. zu Verwirrung geführt hatte, wurde von der Internationalen Kommission für die Systematik der Prokaryoten ein Unterausschuss (Subcommittee on the Taxonomy of Leptospiraceae, „Unterausschuss für die Taxonomie der Leptospiraceae“) gegründet, der 2013 neue Taxa festgelegt hat. Danach wurde Genomspezies 1 als L. alstonii, 3 als L. vanthielii, 4 als L. terpstrae und 5 als L. yanagawae klassifiziert.[4]

Mehrere Arten werden in Serogruppen und Serovare weiter unterteilt.

Etymologie

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Der Gattungsname Leptospira verweist auf das Aussehen der Bakterienzellen mit „zarten Windungen“. Das griechische Wort leptos bedeutet „dünn“ oder „zart“, das lateinische Wort spira steht für „Windung“.[3]

Vorkommen und Bedeutung

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Leptospira-Arten kommen sowohl parasitär (L. interrogans) bei Menschen und Tieren vor, wie auch freilebend (L. biflexa). Zu den Wirten zählen häufig Nagetiere, aber auch Hunde und Schweine.[2] L. interrogans ist der wichtigste pathogene Vertreter und Erreger der Leptospirosen. L. biflexa, L. meyeri und L. wolbachii sind apathogen.[5] Parasitär lebende Leptospira-Arten besiedeln bevorzugt die Nieren oder die Leber ihres Wirtes. Über die Nieren können sie mit dem Urin ausgeschieden werden, der dann häufig eine Infektionsquelle ist.[2]

Meldepflicht

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In Deutschland ist der direkte oder indirekte Nachweis von humanpathogenen Leptospira (humanpathogene Leptospira sp.) namentlich meldepflichtig nach § 7 des Infektionsschutzgesetzes, soweit der Nachweis auf eine akute Infektion hinweist.

In Österreich sind Verdachts-, Erkrankungs- und Todesfälle an Leptospiren-Erkrankungen gemäß § 1 Abs. 1 Nummer 1 Epidemiegesetz 1950 anzeigepflichtig. Zur Anzeige verpflichtet sind unter anderen Ärzte und Labore (§ 3 Epidemiegesetz).

Literatur

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H.-J. Selbitz: Leptospira. In A. Rolle und A. Mayr (Hrsg.): Medizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre. 7. Auflage. Enke, Stuttgart 2001, ISBN 3-432-84686-X.

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i S. Faine, N. D. Stallmann: Amended Descriptions of the Genus Leptospira Noguchi 1917 and the Species L. interrogans (Stimson 1907) Wenyon 1926 and L. biflexa (Wolbach and Binger 1914) Noguchi 1918. In: International Journal of Systematic Bacteriology. Band 32, Nr. 4, Oktober 1982, S. 461–463, ISSN 0020-7713. doi:10.1099/00207713-32-4-461.
  2. a b c Michael T. Madigan, John M. Martinko, Jack Parker: Brock Mikrobiologie. Deutsche Übersetzung herausgegeben von Werner Goebel, 1. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag GmbH, Heidelberg/Berlin 2000, ISBN 3-8274-0566-1, S. 597–600.
  3. a b c Jean Euzéby, Aidan C. Parte: Genus Leptospira. In: List of Prokaryotic names with Standing in Nomenclature (LPSN). Abgerufen am 9. April 2014.
  4. L. Smythe, B. Adler u. a.: Classification of Leptospira genomospecies 1, 3, 4 and 5 as Leptospira alstonii sp. nov., Leptospira vanthielii sp. nov., Leptospira terpstrae sp. nov. and Leptospira yanagawae sp. nov., respectively. In: International journal of systematic and evolutionary microbiology. Band 63, Nr. 5, Mai 2013, S. 1859–1862, ISSN 1466-5034. doi:10.1099/ijs.0.047324-0. PMID 22984140.
  5. TRBA (Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe) 466: Einstufung von Prokaryonten (Bacteria und Archaea) in Risikogruppen. In: Webseite der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). 25. April 2012, S. 119, abgerufen am 9. April 2014.