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Landkreis Grafschaft Hohenstein

Landkreis in Preußen

Der Landkreis Grafschaft Hohenstein, bis 1888 Kreis Nordhausen, war von 1816 bis 1945 ein Landkreis in der preußischen Provinz Sachsen und von 1945 bis 1952 als Landkreis Nordhausen im Land Thüringen der SBZ bzw. der DDR. Seine Kreisstadt Nordhausen gehörte dem Kreis von 1882 bis 1950 nicht an, da sie in der Zeit Stadtkreis war. Der überwiegende Teil des historischen Landkreises gehört zum heutigen Landkreis Nordhausen.

Verwaltungsgeschichte

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Königreich Preußen

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Im Rahmen der preußischen Verwaltungsreformen nach dem Wiener Kongress wurde zum 1. April 1816 der neue Kreis Nordhausen im Regierungsbezirk Erfurt in der Provinz Sachsen eingerichtet. Er umfasste die bereits seit 1648 preußische Grafschaft Hohnstein sowie die Stadt Nordhausen, die bis 1803 den Status einer Freien Reichsstadt besessen hatte.

Durch einen am 19. Juni 1816 in Berlin abgeschlossenen Staatsvertrag trat Schwarzburg-Rudolstadt das Dorf Wolkramshausen und das Vorwerk Utterode an Preußen und somit an den Kreis ab.

Norddeutscher Bund / Deutsches Reich

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Seit dem 1. Juli 1867 gehörte der Kreis zum Norddeutschen Bund und ab dem 1. Januar 1871 zum Deutschen Reich. Seit dem 1. April 1882 bildete die Stadt Nordhausen einen eigenen Stadtkreis, da sie die dazu erforderliche Zahl von 25.000 Einwohnern überschritten hatte. Das Landratsamt blieb aber weiter in Nordhausen. Der Kreis trug nunmehr die Bezeichnung Landkreis. Am 8. August 1888 wurde der neue Name Kreis Grafschaft Hohenstein eingeführt, der auf die alte Grafschaft Hohnstein Bezug nahm.

Zum 30. September 1929 fand im Kreis Grafschaft Hohenstein wie auch im übrigen Freistaat Preußen eine Gebietsreform statt, bei der alle selbständigen Gutsbezirke aufgelöst und benachbarten Landgemeinden zugeteilt wurden. Im Rahmen der preußischen Kreisreform vom 1. Oktober 1932 vergrößerte sich das Kreisgebiet durch die Eingliederung der Gemeinde Epschenrode aus dem Kreis Worbis sowie der Gemeinden des Amtes Hohnstein des aufgelösten Kreises Ilfeld aus der Provinz Hannover.

Nach der Auflösung der Provinz Sachsen zum 1. Juli 1944 gehörte der Kreis zwar weiter zu Preußen, war aber nunmehr – in Angleichung an die Reichsverteidigungsbezirke – der Verwaltung des Reichsstatthalters für Thüringen in Weimar unterstellt. Im April 1945 wurde das Kreisgebiet zunächst durch die US-Armee besetzt, dann aber Teil des Landes Thüringen in der Sowjetischen Besatzungszone.

SBZ / DDR

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Die Stadt Bad Sachsa und die Gemeinde Tettenborn wurden im Rahmen des Gebietstauschs 1945 im Harz zum 1. September 1945 in den Landkreis Osterode am Harz in der Britischen Besatzungszone umgegliedert. Auf Verordnung des Präsidenten des Landes Thüringen wurde der Landkreis Grafschaft Hohenstein mit Wirkung vom 19. Oktober 1945 in Landkreis Nordhausen umbenannt.[1]

Am 10. Juni 1946 wurde die Gemeinde Kraja aus dem Landkreis Eichsfeld in den Landkreis Nordhausen umgegliedert.[2] Am 30. September 1946 wechselten auch die Gemeinden Bernterode, Bischofferode, Bockelnhagen, Breitenworbis, Deuna, Gerterode, Großbodungen, Hauröden, Haynrode, Holungen, Hüpstedt, Jützenbach, Neustadt, Niederorschel, Rüdigershagen, Silkerode, Vollenborn, Wallrode, Weißenborn-Lüderode, Zaunröden und Zwinge aus dem Landkreis Eichsfeld in den Landkreis Nordhausen.[3][4]

Am 1. Juli 1950 wurde die Stadt Nordhausen in den Landkreis eingegliedert. Gleichzeitig wechselten die Gemeinden Großberndten und Kleinberndten in den Landkreis Sondershausen sowie die Gemeinden Hüpstedt und Zaunröden in den Landkreis Mühlhausen.[5][6]

Die Verwaltungsreform in der DDR am 25. Juli 1952 führte zu weiteren Gebietsänderungen:[7]

Einwohnerentwicklung

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Jahr Einwohner Quelle
1816 38.070 [8]
1843 51.457 [9]
1871 62.935 [10]
1890 41.990 [11]
1900 44.431 [11]
1910 50.012 [11]
1925 51.679 [11]
1933 67.600 [11]
1939 67.740 [11]
1946 110.910 [12]

Die Ergebnisse der Verbrauchergruppenstatistiken, die während des Zweiten Weltkriegs aus den Daten der Lebensmittelzuteilungen gewonnen wurden und 1953 vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht wurden[13], zeigen für den Landkreis folgende Zahlen: In der am 8. Februar 1943 beginnenden "Zuteilungsperiode" 67.948 Kartenempfänger, darunter 5.070 "Gemeinschaftsverpflegte"; in der am 23. August 1943 beginnenden Periode bereits 86.783 bzw. 16.314; in der am 7. Februar 1944 beginnenden Periode 95.719 bzw. 25.547; in der am 21. August 1944 beginnenden 113.458 bzw. 44.602 und in der am 11. Dezember 1944 beginnenden 115.582 bzw. 38.968. Hierin spiegelt sich vor allem der Ausbau des KZ Mittelbau-Dora.

Landräte

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Kommunalverfassung bis 1945

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Der Landkreis gliederte sich in Städte, in Landgemeinden und – bis zu deren vollständiger Auflösung im Jahre 1929 – in selbstständige Gutsbezirke. Mit Einführung des preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes vom 15. Dezember 1933 sowie der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 wurde zum 1. April 1935 das Führerprinzip auf Gemeindeebene durchgesetzt. Eine neue Kreisverfassung wurde nicht mehr geschaffen; es galt weiterhin die Kreisordnung für die Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 19. März 1881.

Gemeinden

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Stand 1939

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Der Landkreis Grafschaft Hohenstein umfasste im Jahre 1939 vier Städte und 80 Gemeinden:[11]

  • Appenrode 1
  • Ascherode
  • Bad Sachsa, Stadt
  • Benneckenstein, Stadt
  • Bleicherode, Stadt
  • Bliedungen
  • Bösenrode 1
  • Branderode
  • Buchholz 1
  • Buhla
  • Crimderode 1
  • Elende
  • Ellrich, Stadt
  • Epschenrode 2
  • Etzelsrode
  • Friedrichslohra
  • Friedrichsrode
  • Gratzungen
  • Großberndten
  • Großwechsungen
  • Großwenden
2 
Bis 1932 Kreis Worbis

Namensänderungen

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  • Sachsa → Bad Sachsa (1905)
  • Benneckenstein → Benneckenstein (Harz) (nach 1920?)
  • Crimderode → Krimderode (1948)

Literatur

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  • Heinrich Heine, Vincent Eisfeld (Hrsg.): Geschichte der Stadt Nordhausen und dem Kreise Grafschaft Hohenstein (= Quellen und Darstellungen zur Nordhäuser Stadtgeschichte. Band 1), 1. Reprintauflage von 1900. BoD, Norderstedt 2018. ISBN 978-3-7481-2995-0
  • Steffen Iffland, Rainer Hellberg: Von der Grafschaft Hohenstein zum Landkreis Nordhausen. In: Der Heimatbote (Bd. 2.1999), S. 5–11.
  • Uwe Oberdiek: Gebietstausch im Harz – Dokumente und zeitlicher Ablauf eines Gebietstauschs zwischen der ehemals Britischen und Sowjetischen Besatzungszone im Frühsommer 1945. Hrsg. Förderverein Grenzlandmuseum Bad Sachsa, Stadtarchiv Nordhausen, Druck und Verlag Iffland, Nordhausen 2023, ISBN 978-3-939357-50-6.

Einzelnachweise

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  1. Verordnung über die Umbenennung des Landkreises Grafschaft Hohenstein vom 19. Oktober 1945
  2. Elfte Verordnung über die Kreiseinteilung des Landes Thüringen vom 6. Juni 1946
  3. Dreizehnte Verordnung über die Kreiseinteilung des Landes Thüringen vom 26. September 1946
  4. Vierzehnte Verordnung über die Kreiseinteilung des Landes Thüringen vom 15. Oktober 1946
  5. 1. Verordnung zur Ausführung des Gesetzes zur Änderung der Kreis- und Gemeindegrenzen im Lande Thüringen vom 26. April 1950
  6. Korrektur der 1. Verordnung
  7. Gesetz über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe im Lande Thüringen vom 25. Juli 1952
  8. Christian Gottfried Daniel Stein: Handbuch der Geographie und Statistik des preußischen Staats. Vossische Buchhandlung, Berlin 1819, Der Regierungsbezirk Erfurt, S. 357 (Digitalisat [abgerufen am 5. Januar 2017]).
  9. Handbuch der Provinz Sachsen. Rubachsche Buchhandlung, Magdeburg 1843, S. 306 (Digitalisat [abgerufen am 6. Juli 2016]).
  10. Königlich Statistisches Büro Preußen (Hrsg.): Die Gemeinden und Gutsbezirke des Preussischen Staates und ihre Bevölkerung. Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Sachsen. Verlag d. Königl. Statist. Bureaus, Berlin 1873 (Digitalisat [abgerufen am 5. Juli 2016]).
  11. a b c d e f g Michael Rademacher: Landkreis Grafschaft Hohenstein. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  12. Volkszählung 1946
  13. Bundesamt (Hrsg.): Statistische Berichte, Arb.-Nr. VIII/19/1, Die Zivilbevölkerung des Deutschen Reiches 1940–1945. Ergebnisse der Verbrauchergruppen-Statistik. Wiesbaden 1953, S. 27 (Dok.-S. 25)
  14. Otto Voß – NordhausenWiki, abgerufen am 27. Oktober 2024.
  15. Heidelore Kneffel: Die Landräte von 1816 bis 1993. In: Jahrbuch des Landkreises Nordhausen 1990–1993. Nordhausen, Neukirchner, 1993, S. 25/26.
  16. Hessisches Staatsarchiv Marburg: Standesamt Gießen Sterbenebenregister 1942 (HStAMR Best. 905 Nr. 388). Gießen 1942 (dfg-viewer.de [abgerufen am 1. November 2024]).
  17. Johannes Kunzemann – NordhausenWiki, abgerufen am 7. September 2023.
  18. Heinrich Keiser – NordhausenWiki, abgerufen am 19. Februar 2021.