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Bullpup

Bauart von Langwaffen mit Magazin hinter dem Griffstück

Unter Bullpup ([ˈbʊlpʌp] von englisch bulldog-puppy, Bulldoggenwelpe)[1] versteht man eine (zunächst ungewöhnliche) Bauweise von Handfeuerwaffen, bei der das Patronenlager (mindestens teilweise) hinter dem Griffstück mit dem Abzug liegt. Der deutsche Begriff für diese Bauweise lautet Hinterschaftlader.[2]

Steyr AUG A1

Vor- und Nachteile der Hinterschaftlader gegenüber den Handfeuerwaffen in gewöhnlicher Bauweise

  • Bei gleicher Lauflänge ergibt sich eine kleinere Gesamtlänge.
  • Der Masseschwerpunkt liegt näher am Schützen.
  • Die Wahrscheinlichkeit, dass ausgeworfene heiße Patronenhülsen den Schützen treffen, ist größer.
  • Der aufwendigere Mechanismus macht die Waffe theoretisch weniger zuverlässig und teurer.
  • Das Einsetzen der Patronen oder der Magazine ist schwieriger.
  • Die heißen Teile werden schlechter gekühlt.

Die kurze Bauweise soll die Manövrierbarkeit und Handhabung der Waffe in räumlich engen Verhältnissen – z. B. CQB und Transport- und Gefechtsfahrzeugen – verbessern.[3][4]

Geschichte

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Prototypen

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Die erste bekannte, vollwertige Bullpupwaffe war der britische Thorneycroft-Karabiner aus dem Jahr 1901. Er war kürzer als das Konkurrenzgewehr Lee-Enfield und besaß ein internes Magazin mit der halben Kapazität.

Das erste Bullpup-Sturmgewehr wurde im Jahr 1943 vom Briten Stanley Thorpe entwickelt. Zu weiteren frühen militärischen Hinterschaftladern zählt das sowjetische TKB-408 aus dem Jahr 1946, gefolgt von den britischen Nachkriegsprototypen Enfield EM-1 und EM-2, beides Gasdrucklader mit experimentellem Kaliber und optischer Zielvorrichtung.

Ordonnanzwaffen

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Die erste in Serie produzierte und zur Ordonnanz angenommene Bullpupwaffe der Welt war die tschechisch-deutsche Panzerbüchse M.SS41, die 1941 eingeführt und von der Waffen-SS während des Zweiten Weltkrieges eingesetzt wurde.

Bullpupversion SWU, Gesamtlänge 870 mm
Standardausführung SWD, Gesamtlänge 1225 mm

Die Bullpup-Bauweise ist mittlerweile weit verbreitet. Zu den bekanntesten Vertretern zählen das österreichische Steyr AUG (Sturmgewehr 77/StG 77), das französische FAMAS und das britische L85. Auch aus Belgien (FN F2000), China (Typ 95), Singapur (SAR-21), Kroatien (HS Produkt VHS) und Israel (Tavor TAR-21) stammen entsprechende Entwicklungen. Neben weiteren Sturmgewehren existieren diverse z. T. umgebaute Scharfschützenwaffen (QBU-88, Barrett M90 & 95, Steyr IWS 2000, Walther WA2000, Keppeler KS V) und Maschinenpistolen (Steyr AUG para, FN P90) im Bullpup-Design. Ein Einzelstück ist die Jackhammer, eine vollautomatische Schrotflinte in Bullpup-Bauweise. Selten wird die Bullpup-Bauweise bei Kurzwaffen wie der Boberg XR9-S angewendet.

International setzen zum Beispiel die Armeen Großbritanniens, Österreichs und Australiens auf Bullpup, während zum Beispiel die Armeen der Vereinigten Staaten, der Schweiz und Deutschlands die konventionelle Bauart bevorzugen.

Literatur

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  • Thomas B. Dugelby: Modern military bullpup rifles. The EM-2 concept comes of age. Collector Grade Publications, Toronto u. a. 1984, ISBN 0-85368-659-9.
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Commons: Bullpup – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Ian McCollum, Jonathan Ferguson: Origin of the Term "Bullpup". (Video) Abgerufen am 12. Oktober 2021 (englisch, Der Begriff Bullpup für die Waffenbauart wurde in den 1930er/1940er-Jahren in den USA geprägt (ab 2:15 min).).
  2. Hinterschaftlader-Modelle des frühen 20. Jahrhunderts. In: all4shooters.com. Abgerufen am 28. Februar 2018.
  3. Günter Wollert, Reiner Lidschun, Wilfried Kopenhagen: Illustrierte Enzyklopädie der Schützenwaffen aus aller Welt: Schützenwaffen heute (1945–1985). 3. Auflage. Band 1. Brandenburgisches Verlagshaus, Berlin 1993, ISBN 3-89488-058-9, S. 243
  4. Chris McNab: Schusswaffen: Vom Revolver bis zur Vollautomatik – Modelle aus aller Welt. Parragon Books Ltd Bath, ISBN 978-1-4075-8417-1, S. 161.