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Briefe aus dem Jenseits (1947)

Film von Martin Gabel (1947)

Briefe aus dem Jenseits ist ein US-amerikanisches Psychodrama mit Elementen von Horrorfilm und Film noir aus dem Jahre 1947. Der Film blieb die einzige Arbeit von Martin Gabel als Regisseur und basiert frei auf der 1888 erschienenen Novelle The Aspern Papers von Henry James.

Film
Titel Briefe aus dem Jenseits
Originaltitel The Lost Moment
Produktionsland USA
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 1947
Länge 89 Minuten
Produktions­unternehmen Universal Pictures
Stab
Regie Martin Gabel
Drehbuch Leonardo Bercovici
Produktion Walter Wanger
Musik Daniele Amfitheatrof
Kamera Hal Mohr
Schnitt Milton Carruth
Besetzung

Handlung

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Der Verleger Lewis Venable aus New York City erinnert sich zurück, wie er als junger Mann in den 1900er-Jahren nach Venedig reist. Dort will er die im 19. Jahrhundert verfassten Liebesbriefe des lange verstorbenen, aber immer noch berühmten Dichters Jeffrey Ashton bekommen. Lewis erfährt von seinem Bekannten Charles, selbst ein erfolgloser Dichter, dass Juliana Borderau – die Adressatin von Ashtons Liebesbriefen – immer noch lebt und mittlerweile 105 Jahre alt ist. Unter falscher Identität und ohne seine Absichten zu verraten, quartiert Venable sich als Untermieter bei Juliana und ihrer Großnichte Tina, einer Pianistin, ein. Das altehrwürdige Haus der Familie hat seine besten Tage lange hinter sich, Juliana ist knapp bei Kasse und will Lewis selbst ein wertvolles Gemälde verkaufen, um finanziell über die Runden zu kommen.

Nach und nach kommt Lewis hinter finstere Geheimnisse im Haus: Tina ist schizophren und glaubt nachts, dass sie Juliana sei und die Liebesbriefe für Jeffrey Ashton für sie bestimmt sind. Die echte Juliana fürchtet, dass ihre Großnichte ihr in dem schizophrenen Zustand etwas antun könnte. Unterdessen versucht der mittellose Charles Lewis erfolglos damit zu erpressen, seine wahre Identität und Absicht an die Borderaus zu verraten, falls er ihm nicht Schweigegeld zahle. Lewis findet schließlich heraus, dass die Briefe tatsächlich im Besitz der Borderaus sind, aber diese sie um keinen Preis verkaufen wollen. Tina glaubt nachts in ihrem Zustand, dass es sich bei Lewis um den geliebten Jeffrey handelt – Lewis lässt sie in dem Glauben, um so an die Briefe zu kommen. Als er die Chance erhält, nimmt Lewis die Briefe an sich und will mit ihnen per Orient-Express Venedig verlassen, obwohl er sich inzwischen mit der Tina im normalen Zustand gut versteht. Doch er dreht um, als er Juliana schreien hört: Die wieder schizophrene Tina hat das Fehlen der Briefe entdeckt und bedroht ihre Tante.

Juliana muss zugeben, dass sie den im Jahre 1843 unter mysteriösen Umständen verstorbenen Ashton einst getötet hatte, als er ihre Beziehung beenden wollte. Sie vergrub den Dichter anschließend im Garten. Als Juliana die ihr von Lewis gezeigten Briefe aufheben will, stößt sie eine Kerze um und entfacht damit ein Feuer. Lewis kann Tina und Juliana aus dem brennenden Haus retten, aber die Briefe gehen in den Flammen verloren. Mit dem Ende der Briefe ist auch Julianas Lebenswille gebrochen, sie stirbt im Garten des Hauses, während Tina endgültig von ihrer Schizophrenie geheilt ist.

Hintergrund

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Henry James’ 1888 erschienene Novelle The Aspern Papers fungierte als Vorlage für den Film. Als Vorbild für die Figur des Dichters Jeffrey Ashton diente der 1822 verstorbene Percy Bysshe Shelley, der Liebesbriefe an Claire Clairmont schrieb. Kurz vor ihrem Tod 1879 mietete sich ein hartnäckiger Shelley-Liebhaber bei der betagten Clairmont in ihrem Haus in Florenz ein, der dort unveröffentlichtes Material von Shelley entdecken und später publizieren wollte. Nach Clairmonts Tod bot ihre Nichte, die ebenfalls im Haus lebte, dem Mieter die Briefe für Geld an. Henry James hörte von dieser Anekdote während eines Aufenthaltes in Florenz.[1] Der Film nimmt allerdings einige Änderungen vor, während etwa in James’ Buch die Nichte Tina ein unscheinbares Aussehen hat, ist sie hier eine Schönheit.

Als Regisseur des Filmes fungierte der Schauspieler Martin Gabel von den Broadway-Bühnen, der bis dahin weder als Schauspieler noch als Regisseur beim Film gearbeitet hatte. Briefe aus dem Jenseits blieb seine einzige Regiearbeit. Agnes Moorehead, die nicht einmal halb so alt wie ihre Figur der 105-jährigen Juliana war, musste jeden Tag lange Make-up-Produzeduren über sich ergehen lassen, um am Ende das gewünschte uralte Aussehen zu bekommen. Für das Make-up war Bud Westmore verantwortlich, die Kostüme wurden von Travis Banton entworfen; für das Szenenbild waren Alexander Golitzen, Russell A. Gausman und Ken Swartz tätig.

Synchronisation

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Die deutsche Synchronfassung entstand 1985 anlässlich einer Fernsehausstrahlung für den NDR.[2]

Rolle Schauspieler Dt. Synchronstimme
Lewis Venable Robert Cummings Claus Wilcke
Tina Bordereau Susan Hayward Marlen Diekhoff
Juliana Borderau Agnes Moorehead Ida Ehre
Amelia, Dienstmädchen Joan Lorring Monika Barth
Vater Rinaldo Eduardo Ciannelli Horst Stark
Charles Russell John Archer Matthias Grimm
Pietro, Lewis’ Diener Frank Puglia Utz Richter
Maria, Köchin Minerva Urecal Helga Bammert

Kinoauswertung

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Bei einem Budget von 1.313.775 US-Dollar nahm der Film an den amerikanischen Kinokassen unter 750.000 US-Dollar ein. Damit war er ein heftiger Flop und verursachte Verluste von fast 900.000 US-Dollar.[3]

Kritiken

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Während Briefe aus dem Jenseits heute eine weitgehend positive Rezeption erfährt, wurde er bei seiner Veröffentlichung mit nur gemischten Kritiken aufgenommen. Bosley Crowther von der New York Times schrieb bei der Veröffentlichung, The Lost Moment sei nur „wenig mehr als der durchschnittliche Horrorfilm“. „Dunkle Beleuchtung, ehrwürdige Rhythmen und Betonung auf Musik und Klänge“ würden wie in anderen Filmen dieser Art eingesetzt werden, und Agnes Moorehead würde als 105-jährige Dame für die grotesken Momente sorgen.[4] David Thomson befand, die Bilder des Filmes seien „wunderschön gedreht“.[5] Time Out urteilte, The Lost Moment sei „bemerkenswert effektiv“: „Das geisterhafte Netz aus wechselnden Identitäten und sexuellen Spannungen wird wunderbar gesponnen und macht es beklagenswert, dass Martin Gabel sich anschließend auf seine Schauspielkarriere beschränkte.“[6]

Das Lexikon des internationalen Films urteilte: „In einem fantastischen pseudo-venezianischen Dekor angesiedeltes, stimmungsvoll fotografiertes Drama, dessen gruselig-mysteriöse Handlung um ein ‚Dr. Jekyll und Mr. Hyde‘-Thema reichlich verworren anmutet.“[7] Das Filmmagazin Prisma schrieb: „Dieser Psychothriller mit einer gehörigen Portion Grusel ist die einzige Regiearbeit des Schauspielers Martin Gabel […] Vor der wunderbaren Kulisse von Venedig gibt Hollywood-Diva Susan Hayward die junge Nichte, die Hitchcock-Veteran Robert Cummings für den bewunderten Dichter hält.“[8] Der US-Filmkritiker Dennis Schwartz bedauerte es, dass dies Gabels einziger Film als Regisseur ist, denn es sei „brillanter Gothic“.[9]

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Einzelnachweise

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  1. The Lost Moment bei der Internet Movie Database
  2. Briefe aus dem Jenseits. In: Synchrondatenbank. Abgerufen am 26. Januar 2021.
  3. Matthew Bernstein, Walter Wagner: Hollywood Independent, Minnesota Press, 2000 S. 444
  4. Briefe aus dem Jenseits bei der New York Times
  5. David Thomson: Have You Seen...?': A Personal Introduction to 1,000 Films Including Masterpieces, Oddities and Guilty Pleasures (with Just a Few Disasters)
  6. The Lost Moment bei Time-Out
  7. Briefe aus dem Jenseits. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 26. Januar 2021.
  8. Briefe aus dem Jenseits. In: prisma. Abgerufen am 26. Januar 2021.
  9. Lost Moment, The. In: Dennis Schwartz Movie Reviews. Abgerufen am 26. Januar 2021 (englisch).