Teerfarben

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Sammlung der ersten brauchbaren Teerfarbstoffe in der Historischen Farbstoffsammlung der TU Dresden.

Als Teerfarben oder Teerfarbstoffe (auch Anilinfarben oder Anilinfarbstoffe) wurden ursprünglich die aus Bestandteilen des Steinkohlenteers (z. B. Anilin) synthetisch hergestellten organischen Farbstoffe bezeichnet. Der Begriff wurde oftmals auch im erweiterten Sinn für alle synthetischen Farbstoffe verwendet.

Friedlieb Ferdinand Runge beschäftigte sich um 1830 mit der technischen Verwertung von Steinkohlenteer. Unter anderem isolierte und charakterisierte er das Anilin und entwickelte als Nachweis des Anilins die Rungesche Chlorkalkreaktion. Bei dieser werden schon Spuren von Anilin beim Versetzen mit Chlorkalklösung durch eine intensive rotviolette Färbung angezeigt.[1] Nach weiterführenden Arbeiten von August Wilhelm von Hofmann wurde 1856 der erste synthetische Farbstoff durch den Hofmann-Schüler William Henry Perkin hergestellt. Perkin patentierte den violetten Farbstoff Mauvein, der sich für die Seidenfärbung eignete, und gründete die erste Teerfarbenfabrik Großbritanniens in Greenford Green bei London, in der bereits ab 1857 das Mauvein produziert wurde.[2] In den Folgejahren nahm die Chemie der Teerfarben eine stürmische Entwicklung und führte zur Gründung vieler neuer Produktionsstätten. Bedeutende Hersteller waren das Teerfarbenwerk Oehler in Offenbach (1842 als Fabrik zur Teerdestillation gegründet[3]), die Theerfarbenfabrik Meister, Lucius & Co. in Frankfurt (1863), Chemische Fabrik Kalle & Co. in Biebrich (1863), Chemische Fabrik Griesheim am Main (1863), Friedrich Bayer & Co in Elberfeld (1862) und die Badische Anilin & Sodafabrik in Ludwigshafen (1865).[4]

Die erste großtechnische Verwendung der Teerfarben war das Färben von Seide; sie wurden jedoch auch schon bald zur Färbung anderer Naturfasern wie Baumwolle und Wolle eingesetzt. Nichttextile Anwendungen wie z. B. die Papierfärbung, die Färbung von Leder wie Saffian oder auch die Lebensmittelfärbung folgten. Einer der ältesten Teerfarbstoffe, das Methylviolett B (Erfinder Charles Lauth, 1861), wird noch heute bei der Gram-Färbung verwendet.

Ab 1875 wurden durch Carl Weigert neue Methoden des Nachweises von Bakterien im Gewebe mit Anilinfarben eingeführt.[5]

  • Katrin Cura: Bunte Welt aus stinkender Masse – Von der Entdeckung der Teerfarbstoffe zur Chemischen Industrie. In: Praxis der Naturwissenschaften – Chemie. Band 60, Nr. 6. Aulis Verlag, Hallbergmoos 2011, S. 29–32.
  • Teerfarben. In: Adolf Beythien, Ernst Dressler (Hrsg.): Merck’s Warenlexikon für Handel, Industrie und Gewerbe. 7. Auflage. Gloeckner Verlag, Leipzig 1920 (Nachdruck: Manuscriptum, Recklinghausen 1996, ISBN 3-933497-13-2).
  • Paul Friedländer: Fortschritte der Teerfarbenfabrikation und verwandter Industriezweige: An der Hand der systematisch geordneten und mit kritischen Anmerkungen versehenen Deutschen Reichs-Patente. Band 7. Julius Springer, Berlin 1905 (archive.org).
  • Karl Heumann: Die Anilinfarben und ihre Fabrikation: Triphenylmethan-Farbstoffe. Hrsg.: Paul Friedländer. Band 1. Friedrich Vieweg und Sohn, Braunschweig 1888 (archive.org).
  • Karl Heumann: Die Anilinfarben und ihre Fabrikation: Nitro-, Nitrosofarbstoffe, Naphthalinderivate. Hrsg.: Paul Friedländer. Band 2. Friedrich Vieweg und Sohn, Braunschweig 1898 (archive.org).
  • Karl Heumann: Die Anilinfarben und ihre Fabrikation: Azofarbstoffe. Hrsg.: Paul Friedländer. Band 3. Friedrich Vieweg und Sohn, Braunschweig 1900 (archive.org).
  • Gustav Schultz: Die Chemie des Steinkohlentheers mit besonderer Berücksichtigung der künstlichen organischen Farbstoffe. Friedrich Vieweg und Sohn, Braunschweig 1882 (1105 Seiten, cybra.p.lodz.pl [PDF; abgerufen am 12. November 2018]).

Einzelnachweise

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  1. Hans Beyer, Wolfgang Walter: Lehrbuch der organischen Chemie. 18. Auflage. S. Hirzel Verlag, Stuttgart 1978, ISBN 3-7776-0342-2, S. 492.
  2. Dan Fagin: Toms River: A Story of Science and Salvation. Bantam Books, New York 2014, ISBN 978-0-345-53861-1, S. 7.
  3. Ueber die von Dr. Sell in Offenbach ausgeführten Asphaltdächer. In: Polytechnisches Journal. 99, 1846, S. 180–184.
  4. Ernst Bäumler: Die Rotfabriker. R. Piper GmbH & Co. KG, München 1988, ISBN 3-492-10669-2.
  5. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 42.