„Jerusalemer Tempel“ – Versionsunterschied
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Jedenfalls wird der Kult des Gottes JHWH in der Tora anhand von priesterlichen Handlungen im Mischkan quasi in seiner idealen Form beschrieben. Die Abläufe im Jerusalemer Tempel müssen durch Transfer dieser Anordnungen auf die Gegebenheiten in einem steinernen Heiligtum erschlossen werden. |
Jedenfalls wird der Kult des Gottes JHWH in der Tora anhand von priesterlichen Handlungen im Mischkan quasi in seiner idealen Form beschrieben. Die Abläufe im Jerusalemer Tempel müssen durch Transfer dieser Anordnungen auf die Gegebenheiten in einem steinernen Heiligtum erschlossen werden. |
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Informationen über den Ersten Tempel liefert ausschließlich die [[Hebräische Bibel]]. Die Aufzeichnungen über den salomonischen Tempelbau finden sich in {{B|1 Kön|5|15–6,38}}, und {{B|2 Chr|1|18–5,1}}, einzelne weitere Notizen außerdem bei {{B|Jer|52}} und in {{B|2 Kön|25}}. Die biblischen Angaben sind unter historischem Gesichtspunkt allerdings umstritten. |
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Da die Inschrift auf dem [[Elfenbein-Granatapfel]] von der Mehrheit der Experten für eine Fälschung gehalten wird, sind heute keine Objekte aus dem Ersten Tempel bekannt. Nach den tiefgreifenden Umbaumaßnahmen unter Herodes, darunter der Aufschüttung der Tempelterrasse (siehe dazu unten), ist mit Resten der eisenzeitlichen Bebauung auf dem Tempelberg – selbst wenn archäologische Forschung dort möglich wäre – auch nicht mehr zu rechnen. |
Da die Inschrift auf dem [[Elfenbein-Granatapfel]] von der Mehrheit der Experten für eine Fälschung gehalten wird, sind heute keine Objekte aus dem Ersten Tempel bekannt. Nach den tiefgreifenden Umbaumaßnahmen unter Herodes, darunter der Aufschüttung der Tempelterrasse (siehe dazu unten), ist mit Resten der eisenzeitlichen Bebauung auf dem Tempelberg – selbst wenn archäologische Forschung dort möglich wäre – auch nicht mehr zu rechnen. |
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Nach biblischen Angaben {{Bibel|1 Kön|6|1}} wurde der Bau des Tempels von [[Salomo]] im vierten Jahr seiner Regentschaft begonnen. Das entspricht nach biblischer Chronologie dem Jahr 957 v. Chr. Die Bauzeit betrug sieben Jahre {{Bibel|1 Kön|6|38}}. Salomos Regentschaft begann demnach 961 v. Chr. |
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Es handelt sich hierbei um die Außenseiterthese eines Nichtarchäologen, die kaum rezipiert worden ist. |
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Einige Jahrzehnte nach der Rückkehr der Juden aus dem babylonischen Exil wurde der zweite Tempel in Jerusalem errichtet. Zur Unterscheidung von späteren Umbauten wird dieser Tempelbau in der Forschung manchmal nach [[Serubbabel]] – Enkel König [[Jojachin]]s und zugleich Statthalter [[Perserreich|Persiens]] in der Provinz Juda – benannt. Die Auseinandersetzungen um den Neubau des Tempels haben im Buch [[Haggai]] ihren literarischen Niederschlag gefunden, und einige der [[Elephantine-Papyri]] beleuchten den historischen Hintergrund. |
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Nach Esr 6,3.7 wurde der Zweite Tempel auf den Fundamenten des zerstörten Ersten Tempels errichtet. |
Nach Esr 6,3.7 wurde der Zweite Tempel auf den Fundamenten des zerstörten Ersten Tempels errichtet. |
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[[Datei:Temple sketch2.png|mini|600px|links|Plan des herodianischen Tempels in Jerusalem, in Nord-Süd-Ausrichtung. <small>Diese Rekonstruktion des Tempelhauses folgt dem Mischna-Traktat Middot. Von der ockerfarbenen Markierung nach Osten (rechts) befindet sich der Brandopferaltar mit einer breiten Rampe. dahinter, nach Norden (oben), lagen die Schlachtplätze (4 × 6 Markierungen) für die [[Opfertier]]e. Im Westen (links) ist das eigentliche Tempelhaus zu sehen. Auffällig ist der breite Vorraum. [[Allerheiligstes (Judentum)|Das Allerheiligste]] befindet sich im inneren des Tempelhauses, in dessen rückwärtigem (westlichen) raum. Das Tempelhaus steht im sogenannten Hof der Priester. Davor nach Osten eine Abschrankung und der schmale Vorhof der Israeliten, bis wo jüdische Männer im Zustand kultischer Reinheit gehen durften. Der Zugang zu diesem Vorhof geschah durch ein Dreifach-Tor (Nikanor-Tor). Über eine halbrunde Treppe kommt man weiter nach Osten (rechts) in den Vorhof der Frauen. Nach Süden (unten) in der Ecke das Öldepot, nach Norden (oben) die Kammer der vom Aussatz Geheilten, nach Südost (unten rechts) die Kammer der [[Nasiräer]] und nach Nordost (oben links) das Holzdepot. Die Namen der folgenden Tore sind teilweise ungesichtert: ist Ganz nach Osten (rechts) „Das Schöne Tor“. Im Bereich des „Priesterhofs sind folgende Tore im Süden, von Ost (rechts) nach West (links) das „Wassertor“, „Tor der Erstgeborenen“, „Brandtor“. Im Norden, ebenfalls von Ost (rechts) nach West (links) das „Flammentor“ und das „Opfertor“.</small><ref>Fik Meijer: ''Paulus. Der letzte Apostel.'' Philip von Zabern, WBG, Darmstadt 2015, ISBN 978-3-8053-4920-8; S. 48</ref>]] |
[[Datei:Temple sketch2.png|mini|600px|links|Plan des herodianischen Tempels in Jerusalem, in Nord-Süd-Ausrichtung. <small>Diese Rekonstruktion des Tempelhauses folgt dem Mischna-Traktat Middot. Von der ockerfarbenen Markierung nach Osten (rechts) befindet sich der Brandopferaltar mit einer breiten Rampe. dahinter, nach Norden (oben), lagen die Schlachtplätze (4 × 6 Markierungen) für die [[Opfertier]]e. Im Westen (links) ist das eigentliche Tempelhaus zu sehen. Auffällig ist der breite Vorraum. [[Allerheiligstes (Judentum)|Das Allerheiligste]] befindet sich im inneren des Tempelhauses, in dessen rückwärtigem (westlichen) raum. Das Tempelhaus steht im sogenannten Hof der Priester. Davor nach Osten eine Abschrankung und der schmale Vorhof der Israeliten, bis wo jüdische Männer im Zustand kultischer Reinheit gehen durften. Der Zugang zu diesem Vorhof geschah durch ein Dreifach-Tor (Nikanor-Tor). Über eine halbrunde Treppe kommt man weiter nach Osten (rechts) in den Vorhof der Frauen. Nach Süden (unten) in der Ecke das Öldepot, nach Norden (oben) die Kammer der vom Aussatz Geheilten, nach Südost (unten rechts) die Kammer der [[Nasiräer]] und nach Nordost (oben links) das Holzdepot. Die Namen der folgenden Tore sind teilweise ungesichtert: ist Ganz nach Osten (rechts) „Das Schöne Tor“. Im Bereich des „Priesterhofs sind folgende Tore im Süden, von Ost (rechts) nach West (links) das „Wassertor“, „Tor der Erstgeborenen“, „Brandtor“. Im Norden, ebenfalls von Ost (rechts) nach West (links) das „Flammentor“ und das „Opfertor“.</small><ref>Fik Meijer: ''Paulus. Der letzte Apostel.'' Philip von Zabern, WBG, Darmstadt 2015, ISBN 978-3-8053-4920-8; S. 48</ref>]] |
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Der Zweite Tempel war im Laufe der Zeit baufällig geworden. [[Herodes der Große]], der in seiner Regierungszeit eine rege Bautätigkeit entfaltete, begann deshalb 21 v. Chr. eine grundlegende Umgestaltung des Tempels, die zugleich sein anspruchsvollstes Bauprojekt wurde. Innerhalb von nur anderthalb Jahren wurde das eigentliche Tempelgebäude fertiggestellt und mit großer Prachtentfaltung eingeweiht.<ref name=":3">{{Literatur |Autor=Katharina Galor |Titel=Zum Ruhme Gottes und des Königs |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum= |ISBN= |Seiten=59}}</ref> Die Neugestaltung am gesamten Tempelberg-Komplex aber zog sich noch lange nach dem Tod des Herodes hin und kam erst kurz vor dem Ausbruch des Jüdischen Krieges zum Abschluss.<ref name=":3" /> |
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Unter [[Herodes der Große|Herodes dem Großen]] begann ab 21 v. Chr. eine gänzliche Umgestaltung des Tempels in großem Maßstab im griechischen Stil (daher herodianischer Tempel). |
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Die Tempelplattform hat die Form eines Trapezes: 1620 m im Westen,1050 m im Norden, 1550 m im Osten und 930 m im Süden. Damit war der Herodianische Tempel zu seiner Zeit die größte Tempelanlage überhaupt. |
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Diese Tempelanlage war nach [[Flavius Josephus]] ein [[Maße und Gewichte in der Bibel|Stadion]] lang, zwischen 185 und 200 m, und ein Stadion breit. Jede Rekonstruktion des Herodianischen Tempels ist eine Kombination der Angaben bei Flavius Josephus und im Mischna-Traktat Middot. |
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Jede Rekonstruktion des Herodianischen Tempels ist eine Kombination der Angaben bei Flavius Josephus und im Mischna-Traktat Middot, wobei Middot generell exakter ist. Sie wird aber dadurch kompliziert, dass Middot auch Details vor und während der Baumaßnahmen des Herodes enthält und Vorstellungen einfließen läßt, wie ein künftiger dritter Tempel beschaffen sein sollte. |
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Das Tempelhaus selbst war ein relativ konservativer Bau, an den Vorgängertempeln orientiert. Anders die Tempelanlage als Ganze, die einem hellenistischen Architektur-Prototypen folgte: ein großer heiliger Bezirk (T[[Temenos|emenos]]) in Form einer künstlichen Plattform mit Säulengängen an drei Seiten und einer Basilika an der vierten Seite.<ref>{{Literatur |Autor=Katharina Galor |Titel=Zur Ehre Gottes und des Königs |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum= |ISBN= |Seiten=60-61}}</ref> |
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Im [[Jüdischer Krieg|jüdisch-römischen Krieg]] im Jahr 70 wurde der Tempel bis zum Schluß von den Verteidigern gehalten und bei der Einnahme von den römischen Legionären in Brand gesetzt und geplündert. Flavius Josephus als Chronist dieser Ereignisse möchte den römischen Befehlshaber und späteren Kaiser [[Titus]] von der Verantwortung dafür freisprechen. |
Im [[Jüdischer Krieg|jüdisch-römischen Krieg]] im Jahr 70 wurde der Tempel bis zum Schluß von den Verteidigern gehalten und bei der Einnahme von den römischen Legionären in Brand gesetzt und geplündert. Flavius Josephus als Chronist dieser Ereignisse möchte den römischen Befehlshaber und späteren Kaiser [[Titus]] von der Verantwortung dafür freisprechen. |
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=== Überreste und heutige Situation === |
=== Überreste und heutige Situation === |
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''Siehe auch: [[Temple Mount Sifting Project]]'' |
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[[Orthodoxes Judentum|Orthodoxe Juden]] betreten den Tempelberg nicht, im Bestreben, ein unwissentliches Betreten des Allerheiligsten zu vermeiden. Wo sich das Allerheiligste genau befand, ist nicht bekannt. Bisweilen wird vermutet, dass es über dem freiliegenden Felsen errichtet war, der heute im Zentrum des Felsendoms liegt.<ref>Vgl. Meik Gerhards: [http://rosdok.uni-rostock.de/resolve?id=rosdok_document_0000000248&pdf ''Noch einmal: Heiliger Fels und Tempel.''] In: ''rosdok.uni-rostock.de'', Rostock 2013. Der Aufsatz diskutiert Möglichkeiten einer Verbindung des Felsens mit den Tempelbauten biblischer Zeiten und votiert für die Lokalisierung des Allerheiligsten über dem Felsen.</ref> |
[[Orthodoxes Judentum|Orthodoxe Juden]] betreten den Tempelberg nicht, im Bestreben, ein unwissentliches Betreten des Allerheiligsten zu vermeiden. Wo sich das Allerheiligste genau befand, ist nicht bekannt. Bisweilen wird vermutet, dass es über dem freiliegenden Felsen errichtet war, der heute im Zentrum des Felsendoms liegt.<ref>Vgl. Meik Gerhards: [http://rosdok.uni-rostock.de/resolve?id=rosdok_document_0000000248&pdf ''Noch einmal: Heiliger Fels und Tempel.''] In: ''rosdok.uni-rostock.de'', Rostock 2013. Der Aufsatz diskutiert Möglichkeiten einer Verbindung des Felsens mit den Tempelbauten biblischer Zeiten und votiert für die Lokalisierung des Allerheiligsten über dem Felsen.</ref> Andere sehen in diesem Felsen den Rest des großen Brandopferaltars. |
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==== Mauern und Zugänge ==== |
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Besser informiert ist man über die Umfassungsmauern, Treppen und Tore des Zweiten Tempels. Insbesondere die Steinlagen des herodianischen Tempels sind innerhalb der Umfassungsmauern gut zu sehen. „Die sehr gut gearbeiteten Spiegelquader mit Saumschlag sind 1–1,2 m, teilweise sogar 1,9 m hoch und erreichen Längen bis zu 11 m.“<ref>{{Literatur |Autor=Monika Bernett |Titel=Der Kaiserkult in Judäa unter den Herodiern und Römern: Untersuchungen zur politischen und religiösen Geschichte Judäas von 30 v. bis 66 n. Chr |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag=Mohr Siebeck |Ort=Tübingen |Datum=2007 |ISBN= |Seiten=156}}</ref> Die sogenannte [[Klagemauer]] (Kotel) ist keineswegs der einzige erhaltene Teil der Tempelmauer, hat aber wegen ihrer Nähe zum antiken Allerheiligsten in der jüdischen Frömmigkeit eine herausragende Bedeutung. |
Besser informiert ist man über die Umfassungsmauern, Treppen und Tore des Zweiten Tempels. Insbesondere die Steinlagen des herodianischen Tempels sind innerhalb der Umfassungsmauern gut zu sehen. „Die sehr gut gearbeiteten Spiegelquader mit Saumschlag sind 1–1,2 m, teilweise sogar 1,9 m hoch und erreichen Längen bis zu 11 m.“<ref>{{Literatur |Autor=Monika Bernett |Titel=Der Kaiserkult in Judäa unter den Herodiern und Römern: Untersuchungen zur politischen und religiösen Geschichte Judäas von 30 v. bis 66 n. Chr |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag=Mohr Siebeck |Ort=Tübingen |Datum=2007 |ISBN= |Seiten=156}}</ref> Die sogenannte [[Klagemauer]] (Kotel) ist keineswegs der einzige erhaltene Teil der Tempelmauer, hat aber wegen ihrer Nähe zum antiken Allerheiligsten in der jüdischen Frömmigkeit eine herausragende Bedeutung. |
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==== Großes Ritualbad ==== |
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Südlich des Dreifachtores und außerhalb des Tempelgeländes wurde eine große [[Mikwe]] entdeckt. Man vermutet, dass sie den Priestern vorbehalten war, die sich hier in den Zustand kultischer reinheit begaben, bevor sie im Tempel ihren Dienst antraten.<ref>{{Literatur |Autor=Katharina Galor |Titel=Zur Ehre Gottes und des Königs |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum= |ISBN= |Seiten=60}}</ref> |
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== Nachfolgende Bebauung des Tempel-Areals == |
== Nachfolgende Bebauung des Tempel-Areals == |
Version vom 14. August 2018, 14:00 Uhr
Unter dem Jerusalemer Tempel (hebräisch בֵּית־הַמִּקְדָּשׁ Bet HaMikdasch) versteht man folgende Gebäude:
- Erster, sogenannter Salomonischer Tempel: Hauptheiligtum des Königreichs Juda, zerstört bei der Einnahme Jerusalems durch die Babylonier (25. August 587 v. Chr.).[1][2] Damit wurde das Zentrum der JHWH-Religion zerstört. Große Teile der Bevölkerung wurden ins babylonische Exil deportiert.
- Zweiter Tempel: Hauptheiligtum der aus dem Exil zurückgekehrten Judäer, erbaut unter dem persischen, aus judäischer Königsfamilie stammenden Statthalter Serubbabel um 515 v. Chr., mehrfach umgebaut und unter Herodes dem Großen stark erweitert und neu konzipiert; bei der Eroberung Jerusalems durch römische Truppen im Jahr 70 n. Chr. zerstört, in Brand gesetzt und geplündert.
Die Umfassungsmauern der herodianischen Tempelplattform (nicht das eigentliche Tempelhaus) sind teilweise in den heutigen Umfassungsmauern erhalten. Ein Mauerabschnitt im Westen ist als Klagemauer bekannt und gilt als wichtigste heilige Stätte des Judentums. Auf dem Tempelberg selbst stehen heute der Felsendom und die al-Aqsa-Moschee, die nach den heiligen Stätten in Mekka und Medina bedeutendsten Heiligtümer für Muslime.
Das Zeltheiligtum (Mischkan, Stiftshütte)
Im 2. Buch Mose (Ex 25–27 EU und Ex 36–39 EU) ist die Konstruktion eines zerlegbaren und transportablen Zeltheiligtums detailliert beschrieben. Es wird „Zelt der Begegnung“ (Ex 27,21 EU) genannt. Das Zelt diente laut biblischer Darstellung den Israeliten während ihrer Wüstenwanderung und bis zur Zeit König Davids als zentraler Ort der Begegnung mit Gott. Zuerst wurde es auf den Wanderungen mitgeführt, später hatte es seinen Standort in Schilo etwa in der Mitte des Landes Israel.
Nach der biblischen Beschreibung war die Stiftshütte 30 Ellen lang, zehn Ellen hoch und zehn Ellen breit.[3] Im Inneren befand sich das Allerheiligste Kodesh HaKodashim (קדש הקדשים wörtlich „das Heilige der Heiligtümer“) mit der Bundeslade. Einige Forscher sind der Ansicht, dass Details in der Beschreibung des Zeltheiligtums und seiner Zeremonien in Wirklichkeit den Gegebenheiten und den Gebräuchen des späteren steinernen Tempels entstammen und erst nachträglich auf das Zeltheiligtum zurückprojiziert wurden.
Jedenfalls wird der Kult des Gottes JHWH in der Tora anhand von priesterlichen Handlungen im Mischkan quasi in seiner idealen Form beschrieben. Die Abläufe im Jerusalemer Tempel müssen durch Transfer dieser Anordnungen auf die Gegebenheiten in einem steinernen Heiligtum erschlossen werden.
Der Erste (oder Salomonische) Tempel
Quellenlage
Informationen über den Ersten Tempel liefert ausschließlich die Hebräische Bibel. Die Aufzeichnungen über den salomonischen Tempelbau finden sich in 1 Kön 5,15–6,38 EU, und 2 Chr 1,18–5,1 EU, einzelne weitere Notizen außerdem bei Jer 52 EU und in 2 Kön 25 EU. Die biblischen Angaben sind unter historischem Gesichtspunkt allerdings umstritten.
Da die Inschrift auf dem Elfenbein-Granatapfel von der Mehrheit der Experten für eine Fälschung gehalten wird, sind heute keine Objekte aus dem Ersten Tempel bekannt. Nach den tiefgreifenden Umbaumaßnahmen unter Herodes, darunter der Aufschüttung der Tempelterrasse (siehe dazu unten), ist mit Resten der eisenzeitlichen Bebauung auf dem Tempelberg – selbst wenn archäologische Forschung dort möglich wäre – auch nicht mehr zu rechnen.
Grundsätzlich handelt es sich bei dem in der Bibel beschriebenen Gebäude um einen Langhaustempel (Antentempel), wie er im syrischen Raum über lange Zeit üblich war.
Baubeschreibung nach biblischer Darstellung
Das steinerne Gebäude wurde mit Hilfe phönizischer Baumeister auf dem Berg Moria in Jerusalem errichtet und hatte die Maße von 60 Ellen Länge, 20 Ellen Breite und 30 Ellen Höhe. Es war an drei Seiten mit Seitenzimmern in drei Stockwerken übereinander umgeben, welche zur Bewahrung der Schätze und Gerätschaften des Tempels dienten. Der Eingangsseite vorgelagert war eine Vorhalle, ebenfalls 20 Ellen breit, zehn Ellen tief (1 Kön 6,3 EU) und 120 Ellen hoch (2 Chr 3,4 ELB nach dem masoretischen Text; in wenigen Texttraditionen werden auch 20 Ellen Höhe genannt). Davor standen zwei bronzene Säulen, Jachin und Boas („Festigkeit und Stärke“), die keine konstruktive Funktion hatten, sondern den Eingang zur Vorhalle flankierten. Wie in der Antike üblich befand sich der Eingang im Osten, das Allerheiligste im Westen.
Tempelinventar
Das Innere enthielt einen 40 Ellen langen Vorderraum, das Heilige, worin die goldenen Leuchter, der Schaubrottisch und der Räucheraltar standen, und einen durch einen Vorhang davon geschiedenen quadratischen Hinterraum von 20 Ellen Länge, das Allerheiligste mit der Lade und dem Kerubenthron. Beide Räume waren an den Wänden, das Allerheiligste (Adyton) auch am Boden und an der Decke mit Holzwerk getäfelt. Der große Hauptaltar für die Brandopfer stand im Hof, vor dem Eingang des eigentlichen Tempels.
Nur im Ersten Tempel vorhanden waren:
- der Kerubenthron mit der Lade im Allerheiligsten,
- das Säulenpaar Jachin und Boas,
- das Eherne Meer und die dazugehörigen Kesselwagen.
Kultbetrieb
Nur Angehörige der Priesterfamilien führten die Kulthandlungen aus, und nur der Hohepriester betrat einmal jährlich (Jom Kippur) das Allerheiligste. Die Bevölkerung, soweit sie im Zustand kultischer Reinheit war, versammelte sich im Vorhof des Heiligtums. Manche Exegeten ordnen die Kultvorschriften der Tora größtenteils der nachexilischen Zeit bzw. dem Zweiten Tempel zu und vermuten daher, dass im Ersten Tempel andere Rituale und Feste stattgefunden hätten, die aus der Hebräischen Bibel indirekt erschlossen werden könnten. Als Hauptfest wird dabei das Thronbesteigungsfest JHWHs diskutiert.
Datierung
Nach biblischen Angaben (1 Kön 6,1 EU) wurde der Bau des Tempels von Salomo im vierten Jahr seiner Regentschaft begonnen. Das entspricht nach biblischer Chronologie dem Jahr 957 v. Chr. Die Bauzeit betrug sieben Jahre (1 Kön 6,38 EU). Salomos Regentschaft begann demnach 961 v. Chr.
Älterer exegetischer Konsens
Mitte des 20. Jahrhunderts hatte sich in der deutschsprachigen Bibelwissenschaft ein Bild der Regentschaft Salomos etabliert, das im folgenden nach Antonius H. J. Gunneweg vorgestellt wird. Er sah Saul als mächtigen Herrscher, der mehrere Städte (Hazor, Megiddo, Beth Horon) als Festungen ausbaute und durch seine internationalen Handelskontakte auch die Mittel hatte, sich in Jerusalem einen luxuriösen Palast bauen zu lassen, deutlich größer als der Tempel: „So baut ein Despot im Vollbewußtsein seiner ihm von Gott geschenkten Macht, der sich Sohn dieses Gottes weiß und darum als Nachbar dieses Gottes wohnt.“[4] Der Tempel, von den Abmessungen her vergleichbar mit einer Dorfkirche,[4] allerdings kostbar ausgestattet, wird von manchen Autoren deshalb als „Palastkapelle“ bezeichnet.[5]
Nach mehreren Jahrzehnten intensiver archäologischer Forschung in Israel und besonders in Jerusalem (Davidsstadt) haben sich bisher nur wenige Funde dieser kulturellen Blütezeit zuordnen lassen.
These von Israel Finkelstein
Eine Forschergruppe um Israel Finkelstein und Neil Asher Silberman hält die biblische Darstellung der Zeit Davids und Salomos für Literatur, die aber mit den archäologischen Funden des 10. Jahrhunderts nicht in Einklang zu bringen sei. Es habe – so die Grundthese – kein Großreich unter Salomo gegeben, keine repräsentativen Bauprojekte dieses Herrschers und auch nicht den im 1. Buch der Könige beschriebenen, eindrucksvollen Tempel. Allenfalls für ein bescheidenes lokales Heiligtum hätten die Mittel des historischen Salomo ausgereicht.[6]
Positiv bekräftigen Finkelstein/Silberman, dass die Beschreibung des Ersten Tempels in 1 Kön 6–7 von jemandem stammt, der diesen von den Babyloniern zerstörten Tempel aus eigener Anschauung sehr gut kannte.[6] In 1 Kön 12 wird von einer Renovierung des Tempels unter König Joas (Ende 9. Jahrhundert v. Chr.) berichtet; Finkelstein/Silberman erwägen, ob in diesem Bericht eine Erinnerung an den Bau des 1 Kön 6–7 beschriebenen, großen Tempels greifbar ist, der einen bescheidenen Tempel ersetzt haben könnte, der auf Salomo zurückgeführt wurde.[7] Zur Zeit Joas’ erlebte das Königreich Juda eine wirtschaftliche Blüte, in der eine große Baumaßnahme gut denkbar sei.
These von Erwin Reidinger
Erwin Reidinger sieht durch seine architektonischen und astronomischen Untersuchungen die biblische Chronologie bestätigt. Er hat dazu den Ort und die geografische Ausrichtung des Allerheiligsten des Salomonischen Tempels anhand der noch sichtbaren Merkmale des Felsens innerhalb des heutigen Felsendoms in Kombination mit den Mauerzügen des Herodianischen Tempels zu rekonstruieren versucht. Die Daten des Sonnenaufgangs in Richtung der von ihm auf diesem Weg ermittelten Bauachse des Salomonischen Tempels lassen seiner Meinung nach Rückschlüsse auf das Datum der ursprünglichen Bauausführung zu.[8]
Es handelt sich hierbei um die Außenseiterthese eines Nichtarchäologen, die kaum rezipiert worden ist.
Der Zweite Tempel
Der Tempelbau Serubbabels
Einige Jahrzehnte nach der Rückkehr der Juden aus dem babylonischen Exil wurde der zweite Tempel in Jerusalem errichtet. Zur Unterscheidung von späteren Umbauten wird dieser Tempelbau in der Forschung manchmal nach Serubbabel – Enkel König Jojachins und zugleich Statthalter Persiens in der Provinz Juda – benannt. Die Auseinandersetzungen um den Neubau des Tempels haben im Buch Haggai ihren literarischen Niederschlag gefunden, und einige der Elephantine-Papyri beleuchten den historischen Hintergrund.
Nach Esr 6,3.7 wurde der Zweite Tempel auf den Fundamenten des zerstörten Ersten Tempels errichtet.
Flavius Josephus zitiert eine Beschreibung von Hekataios von Abdera. Nach dieser war die Umfassungsmauer des Tempelbereichs 500 Fuß (etwa 150 m) lang, die Breite des Hofes war 100 Ellen (etwa 45 m), im Hof befand sich ein quadratischer Altar aus weißen, unbehauenen Steinen, 20 Ellen (neun Meter) an den Seiten und zehn Ellen (4,5 m) hoch, und im Inneren des Tempels waren nur ein Leuchter und ein Altar aufgestellt, beide aus Gold und zwei Talente schwer. Außerdem habe im Tempel stets ein ewiges Licht gebrannt.[9]
Durch Antiochos IV. Epiphanes 169 v. Chr. entweiht, wurde dieser Tempel von Judas Makkabäus wiederhergestellt und militärisch befestigt. Diese Wiederherstellung wird bis heute im Chanukka-Fest gefeiert.
Herodianischer Tempel
Der Zweite Tempel war im Laufe der Zeit baufällig geworden. Herodes der Große, der in seiner Regierungszeit eine rege Bautätigkeit entfaltete, begann deshalb 21 v. Chr. eine grundlegende Umgestaltung des Tempels, die zugleich sein anspruchsvollstes Bauprojekt wurde. Innerhalb von nur anderthalb Jahren wurde das eigentliche Tempelgebäude fertiggestellt und mit großer Prachtentfaltung eingeweiht.[11] Die Neugestaltung am gesamten Tempelberg-Komplex aber zog sich noch lange nach dem Tod des Herodes hin und kam erst kurz vor dem Ausbruch des Jüdischen Krieges zum Abschluss.[11]
Die Tempelplattform hat die Form eines Trapezes: 1620 m im Westen,1050 m im Norden, 1550 m im Osten und 930 m im Süden. Damit war der Herodianische Tempel zu seiner Zeit die größte Tempelanlage überhaupt.
Jede Rekonstruktion des Herodianischen Tempels ist eine Kombination der Angaben bei Flavius Josephus und im Mischna-Traktat Middot, wobei Middot generell exakter ist. Sie wird aber dadurch kompliziert, dass Middot auch Details vor und während der Baumaßnahmen des Herodes enthält und Vorstellungen einfließen läßt, wie ein künftiger dritter Tempel beschaffen sein sollte.
Das Tempelhaus selbst war ein relativ konservativer Bau, an den Vorgängertempeln orientiert. Anders die Tempelanlage als Ganze, die einem hellenistischen Architektur-Prototypen folgte: ein großer heiliger Bezirk (Temenos) in Form einer künstlichen Plattform mit Säulengängen an drei Seiten und einer Basilika an der vierten Seite.[12]
Im jüdisch-römischen Krieg im Jahr 70 wurde der Tempel bis zum Schluß von den Verteidigern gehalten und bei der Einnahme von den römischen Legionären in Brand gesetzt und geplündert. Flavius Josephus als Chronist dieser Ereignisse möchte den römischen Befehlshaber und späteren Kaiser Titus von der Verantwortung dafür freisprechen.
Überreste und heutige Situation
Siehe auch: Warninschrift vom Herodianischen Tempel
Tempelgelände
Da archäologische Forschung auf dem Tempelgelände nicht möglich ist, ist auch nicht bekannt, ob dort noch Reste des Herodianischen Tempels vorhanden sind. Ausgeschlossen ist dies nicht, da auf frühen Fotografien mutmaßlich antike Bausubstanz erkennbar ist. Doch führte die Waqf-Behörde im 20. Jahrhundert auf dem Areal größere, archäologisch unbegleitete Baumaßnahmen durch.
Siehe auch: Temple Mount Sifting Project
Orthodoxe Juden betreten den Tempelberg nicht, im Bestreben, ein unwissentliches Betreten des Allerheiligsten zu vermeiden. Wo sich das Allerheiligste genau befand, ist nicht bekannt. Bisweilen wird vermutet, dass es über dem freiliegenden Felsen errichtet war, der heute im Zentrum des Felsendoms liegt.[13] Andere sehen in diesem Felsen den Rest des großen Brandopferaltars.
Mauern und Zugänge
Besser informiert ist man über die Umfassungsmauern, Treppen und Tore des Zweiten Tempels. Insbesondere die Steinlagen des herodianischen Tempels sind innerhalb der Umfassungsmauern gut zu sehen. „Die sehr gut gearbeiteten Spiegelquader mit Saumschlag sind 1–1,2 m, teilweise sogar 1,9 m hoch und erreichen Längen bis zu 11 m.“[14] Die sogenannte Klagemauer (Kotel) ist keineswegs der einzige erhaltene Teil der Tempelmauer, hat aber wegen ihrer Nähe zum antiken Allerheiligsten in der jüdischen Frömmigkeit eine herausragende Bedeutung.
Großes Ritualbad
Südlich des Dreifachtores und außerhalb des Tempelgeländes wurde eine große Mikwe entdeckt. Man vermutet, dass sie den Priestern vorbehalten war, die sich hier in den Zustand kultischer reinheit begaben, bevor sie im Tempel ihren Dienst antraten.[15]
Nachfolgende Bebauung des Tempel-Areals
Vom Herodianischen Tempel blieben nach Eroberung und Brand zunächst noch die Ruinen stehen. Als eine neue römische Stadt (Aelia Capitolina) anstelle Jerusalems unter Kaiser Hadrian erbaut wurde, erhielt diese auch einen repräsentativen Jupiter-Tempel. Die Frage ist allerdings, wo sich dieser befand: auf dem Tempelgelände oder im Zentrum der Stadt (Temenos nahe dem Forum, Areal der konstantinischen Grabeskirche).
- Für die Lokalisierung des Jupitertempels auf dem Gelände des herodianischen Tempels spricht eine Erwähnung bei Dio Cassius, die allerdings nur in einer Zusammenfassung des Mönchs Xiphilinus (11. Jahrhundert) erhalten ist.[16]
- Gegen einen Jupitertempel sprechen alle anderen Quellen der Spätantike, insbesondere Origenes, der von „Statuen des Hadrian und des Gaius" an dieser Stelle schreibt, und erwähnt, dass Juden hierher pilgerten, um am „zerstörten Altar“ ihres Heiligtums zu klagen.[16] Mehrere Autoren erwähnen ein Reiterstandbild Hadrians und eine Statue des Antoninus Pius. Eusebius von Caesarea und Kyrill von Jerusalem beschreiben ein landwirtschaftlich genutztes Gelände, auf dem noch große Ruinen standen, von wo die Bewohner der Aelia Capitolina Baumaterial für ihre Zwecke abtransportierten.[16] Der von jüdischen Pilgern verehrte Stein, von dem auch andere antike Autoren berichten, ist wahrscheinlich identisch mit dem Stein, der sich heute im Zentrum des Felsendoms befindet.
Unter Kaiser Konstantin und seinen Nachfolgern wurde das Tempelgelände mit immer noch markanten Ruinen absichtlich der Verwilderung überlassen.[17]
Kaiser Julian plante 362 n. Chr. den Wiederaufbau des jüdischen Tempels in Jerusalem. In einem ersten Schritt wurde das Ruinengelände weitgehend abgeräumt. Am 27. Mai 363 fand ein von mehreren Autoren bezeugtes Erdbeben statt, wobei die Baustelle beschädigt wurde. Julian stellte den Neubau daraufhin zugunsten des Perserfeldzugs zurück, so dass keine weiteren Baumaßnahmen mehr erfolgten.[18]
Seit 691 stehen auf der Tempelstätte der islamische Felsendom und seit 705/715 die Al-Aqsa-Moschee.
Die Frage der Neuerrichtung des Tempels
Siehe hierzu: Tempel-Institut
Seit Jahrzehnten bestehen durch eine kleine Gruppe von Rabbinern Bestrebungen zur Neuerrichtung des Tempels.[19] Allgemein herrscht innerhalb des Judentums aber die Meinung vor, dass der Bau eines Dritten Tempels erst im messianischen Zeitalter geschehen dürfe.
Die Tempel des Reformjudentums (19. Jahrhundert)
Anfang des 19. Jahrhunderts bildete sich in Deutschland eine an der Aufklärung orientierte Reformbewegung des Judentums. Aus ihr entwickelte sich auch eine Neugestaltung der Synagoge, die nun als Tempel bezeichnet wurde. Gleichzeitig wurde das Ziel aufgegeben, den Tempel in Jerusalem wieder aufzubauen. Der älteste Reformtempel war der 1810 eingeweihte Jacobstempel in Seesen; 1844 wurde in Hamburg der Neue Israelitische Tempel in der Poolstraße eingeweiht.
Siehe auch
Literatur
- Theodor A. Busink: Der Tempel von Jerusalem. Von Salomo bis Herodes – eine archäologisch-historische Studie unter Berücksichtigung des westsemitischen Tempelbaus. Bd. 1, Leiden 1970; Bd. 2, Leiden 1980.
- Katharina Galor: Zum Ruhme Gottes und des Königs. Der Tempel von Jerusalem. In: Welt und Umwelt der Bibel 4/2013, S.58–61.
- Antonius H. J. Gunneweg: Geschichte Israels. Von den Anfängen bis Bar Kochba und von Theodor Herzl bis zur Gegenwart. Kohlhammer, 6. Auflage, Stuttgart 1989. ISBN 3-17-010511-6.
- Helmut Schwier: Tempel und Tempelzerstörung. Untersuchungen zu den theologischen und ideologischen Faktoren im ersten jüdisch-römischen Krieg (66–74 n. Chr.). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1989, ISBN 3-525-53912-6.
- Paul von Naredi-Rainer: Salomos Tempel und das Abendland. Monumentale Folgen historischer Irrtümer. DuMont, Köln 1994, ISBN 3-7701-1870-7.
- Wolfgang Zwickel: Der salomonische Tempel (Kulturgeschichte der Antiken Welt 83). von Zabern, Mainz 1999, ISBN 3-8053-2466-9.
- Israel Finkelstein, Neil A. Silberman: Keine Posaunen vor Jericho. Die archäologische Wahrheit über die Bibel. C.H.Beck, München 2002, ISBN 3-406-49321-1.
- Israel Finkelstein, Neil Asher Silberman: David und Salomo. Archäologen entschlüsseln einen Mythos. (Original: David and Solomon, In Search of the Bible's Sacred Kings and the Roots of the Western Tradition.) Beck, München 2006, ISBN 3-406-54676-5
- Max Küchler: Jerusalem. Ein Handbuch und Studienreiseführer zur Heiligen Stadt, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007. ISBN 3-525-50170-6.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Christoph Levin: Das Alte Testament. Beck, München 3. Auflage 2006. (C.H.Beck Wissen 2160), ISBN 3-406-44760-0, S. 127.
- ↑ Ton Veerkamp: Die Welt anders. Politische Geschichte der Großen Erzählung, Hamburg: Argument Verlag 2012, ISBN 978-3-88619-353-0, S. 68
- ↑ Die Größenangaben sind in der Bibel in Ellen angegeben, deren heutige Entsprechung zwischen 45 cm und 52,5 cm liegen kann.
- ↑ a b Antonius H. J. Gunneweg: Geschichte Israels. S. 93.
- ↑ Eckart Otto: Das antike Jerusalem: Archäologie und Geschichte. C. H. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-56881-7, S. 54–55.
- ↑ a b Israel Finkelstein, Neil A. Silberman: David und Salomo. S. 154.
- ↑ Israel Finkelstein, Neil A. Silberman: David und Salomo. S. 154–155.
- ↑ Erwin Reidinger: Die Tempelanlage in Jerusalem von Salomo bis Herodes aus der Sicht der Bautechnischen Archäologie. In: Biblische Notizen, Beiträge zur exegetischen Diskussion, Heft 114/115, München 2002, 89–150 (Summary 150), ISSN 0178-2967; ders: The Temple Mount Platform in Jerusalem from Solomon to Herod: An Archaeological Re-Examination. In: Assaph, Studies in Art History, Band 9, Tel Aviv 2004, S. 1–64; ISSN 0333-6476; ders.: Der Tempel in Jerusalem: Datierung nach der Sonne. In: Biblische Notizen, Aktuelle Beiträge zur Exegese der Bibel und ihrer Welt. Neue Folge, Heft n.128, Salzburg 2006, 81–104 (Summary 102,103), ISSN 0178-2967
- ↑ Flavius Josephus, Contra Apionem I, 22. Für die Umrechnung von Elle und Fuß wurden die römischen Maße zugrunde gelegt.
- ↑ Fik Meijer: Paulus. Der letzte Apostel. Philip von Zabern, WBG, Darmstadt 2015, ISBN 978-3-8053-4920-8; S. 48
- ↑ a b Katharina Galor: Zum Ruhme Gottes und des Königs. S. 59.
- ↑ Katharina Galor: Zur Ehre Gottes und des Königs. S. 60–61.
- ↑ Vgl. Meik Gerhards: Noch einmal: Heiliger Fels und Tempel. In: rosdok.uni-rostock.de, Rostock 2013. Der Aufsatz diskutiert Möglichkeiten einer Verbindung des Felsens mit den Tempelbauten biblischer Zeiten und votiert für die Lokalisierung des Allerheiligsten über dem Felsen.
- ↑ Monika Bernett: Der Kaiserkult in Judäa unter den Herodiern und Römern: Untersuchungen zur politischen und religiösen Geschichte Judäas von 30 v. bis 66 n. Chr. Mohr Siebeck, Tübingen 2007, S. 156.
- ↑ Katharina Galor: Zur Ehre Gottes und des Königs. S. 60.
- ↑ a b c Max Küchler: Jerusalem. S. 143.
- ↑ Max Küchler: Jerusalem. S. 144.
- ↑ Max Küchler: Jerusalem. S. 145.
- ↑ Hintergrundinformationen rund um Rabbi Etzion, die rote Kuh und den Tempel (englisch)
Koordinaten: 31° 46′ 39,5″ N, 35° 14′ 7,7″ O