Bethe-Weizsäcker-Zyklus

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Der CNO-Zyklus.

Der Bethe-Weizsäcker-Zyklus (auch CN-Zyklus, CNO-Zyklus, CNO-I-Zyklus, Kohlenstoff-Stickstoff-Zyklus) ist eine der acht Fusionsreaktionen des so genannten Wasserstoffbrennens, durch die Sterne Wasserstoff in Helium umwandeln; die anderen sind die Proton-Proton-Reaktion sowie weitere mögliche CNO-Zyklen, die allerdings bei noch höheren Temperaturen ablaufen.

Der Zyklus wurde zwischen 1937 und 1939 von den Physikern Hans Bethe und Carl Friedrich von Weizsäcker entdeckt. Die Namen CN- beziehungsweise CNO-Zyklus leiten sich von den an der Reaktion beteiligten Elementen Kohlenstoff (C), Stickstoff (N) und Sauerstoff (O) ab. Während die Proton-Proton-Reaktion eine wichtigere Rolle bei Sternen mit Größen bis knapp über die Masse der Sonne spielt, zeigen theoretische Modelle, dass der Bethe-Weizsäcker-Zyklus vermutlich die vorherrschende Energiequelle in schwereren Sternen mit etwas mehr als der Sonnenmasse und in allen Riesensternen darstellt. Die Sonne selbst erzeugt nur 1,6 % ihrer Energie durch den Bethe-Weizsäcker-Zyklus. 2020 gelang es mit dem Borexino-Detektor erstmals, Neutrinos aus dem CNO-Zyklus der Sonne nachzuweisen.[1]

Der Bethe-Weizsäcker-Zyklus läuft erst bei Temperaturen über 14 Millionen Kelvin effektiv ab und ist ab 18 Millionen Kelvin vorherrschend. Eine Voraussetzung dafür ist das Vorkommen irgendeines Isotops der Elemente Kohlenstoff, Stickstoff oder Sauerstoff in der Zusammensetzung des Sterns, welche in Folge des Prozesses ineinander umgewandelt werden. Die Umsatzrate ist proportional zur vorhandenen Menge an 12C. Eine Folge des CNO-Prozesses ist, dass sich die Häufigkeiten der ursprünglich vorhandenen C-N-O-Isotope entsprechend der Reaktionsdauer der einzelnen Schritte verschieben: Die Umwandlung von 14N nach 15O hat bei weitem die langsamste Reaktionsrate, also verschieben sich die Häufigkeiten der Isotope stark in Richtung 14N, was sich in Sternen mit Konvektion in der Hülle bei der Spektralanalyse nachweisen lässt. Die relative Häufigkeit von 14N in der „Asche“ (Helium) nach dem Ende des Wasserstoffbrennens ist auch die Grundlage für die Entstehung von 18O während des folgenden Heliumbrennens in Riesensternen (14N+4He→18F→18O). Die CNO-Zyklen weisen eine viel stärkere Abhängigkeit der Reaktionsrate von der Temperatur (18. Potenz) auf, als die p-p-Zyklen (4. Potenz). Das führt im Stern zu einer stärkeren Konzentration der Energiefreisetzung zum Zentrum hin, wodurch in der Kernregion der Energiefluss so hoch ist, dass im Kern Konvektion einsetzt. Auf die Leuchtkraft des Sterns hat der CNO-Zyklus gegenüber dem p-p-Zyklus fast keinen Einfluss, diese ist im Wesentlichen nur von seiner Masse abhängig. Auch in massearmen Hauptreihensternen läuft der CNO-Zyklus ganz langsam ab: Auch wenn dieser keine Rolle in der Energiebilanz spielt, verändert er doch die ursprünglichen Häufigkeiten der beteiligten Isotope.

Da nach gegenwärtiger Meinung beim Urknall kein Kohlenstoff entstehen konnte, war es den Sternen der ersten Generation (Population III) unmöglich, Energie auf diese Art zu erzeugen. In den Spätphasen der Sternentwicklung entsteht jedoch in den Sternen Kohlenstoff durch den Drei-Alpha-Prozess (siehe auch Nukleosynthese), der danach zum einen als Katalysator zur Verfügung steht, zum anderen durch Supernovae und Sternwinde von Riesensternen an das interstellare Medium abgegeben wird, aus dem sich neue Sterne bilden.

Sterne späterer Generationen enthalten daher bereits am Anfang ihrer Entwicklung Kohlenstoff (siehe auch Metallizität).

Beim Bethe-Weizsäcker-Zyklus vollziehen sich im Wesentlichen Fusionen von Wasserstoffkernen 1H (Protonen) mit den schwereren Kernen 12C, 13C, 14N und 15N, daher auch der Name CN-Zyklus. Bei der Fusion wird teilweise Energie in Form von Gammaquanten γ abgegeben. Zwei der entstehenden Zwischenprodukte, 13N und 15O, sind instabil und zerfallen nach kurzer Zeit jeweils unter Aussendung eines Positrons e+ und eines Elektronneutrinos νe (Beta-Plus-Zerfall). Die einzelnen Reaktionsschritte sind nachfolgend aufgeführt.

(im Mittel 1,3 · 107 Jahre)
(Halbwertszeit 9,97 Minuten)
(im Mittel 2,6 · 106 Jahre)
(im Mittel 3,2 · 108 Jahre)
(Halbwertszeit 2,03 Minuten)
(im Mittel 1,1 · 105 Jahre)

Gesamtergebnis des Zyklus ist die Fusion von vier Wasserstoffkernen 1H zu einem Heliumkern 4He, dessen Masse knapp 1 Prozent geringer als die Masse der vier Protonen ist (Massendefekt). Die Differenz wird dabei nach der einsteinschen Gleichung E = mc² in Energie und in Neutrinos umgewandelt. Die Energiebilanz beträgt hier +25,03 MeV. Das ist etwas weniger, als die +26,196 MeV bei der Proton-Proton-I-Kette, weil die Energie der erzeugten Neutrinos dort geringer ist. Der Kohlenstoffkern 12C dient nur als Katalysator und wird schließlich mit der letzten Reaktion regeneriert. Die Energie, die die Neutrinos in Form ihrer geringen Masse und vor allem ihrer kinetischen Energie tragen, wird dem Stern entzogen, da sie nahezu ungehindert durch die Sternmaterie hindurch entweichen können.

Ein vollständiger Durchlauf des Zyklus benötigt bei massearmen Sternen enorme Zeiträume – in der Größenordnung von hunderten Millionen Jahren, weshalb er hier in der Energiebilanz nur eine untergeordnete Rolle spielt, aber in der Isotopenhäufigkeit der Elemente C, N und O sehr wohl: Auch wenn in massearmen Sternen der CNO-Zyklus nur sehr langsam abläuft, verändert er die Häufigkeiten der beteiligten Elemente. Der Zyklus läuft bei massenreichen Sternen infolge der stärkeren Temperaturabhängigkeit aber rascher ab als die Proton-Proton-Reaktion (einige Milliarden Jahre), daher können massereiche Sterne auf diese Weise wesentlich effektiver Energie freisetzen, als über die Proton-Proton-Reaktion.

Die Energieerzeugungsrate ist beim Bethe-Weizsäcker-Zyklus proportional zur 18. Potenz der Temperatur.[2] Mithin bewirkt eine Erhöhung der Temperatur um 5 % eine Steigerung der Energiefreisetzung um ca. 141 %.

Die „Asche“ des Wasserstoffbrennens ist Helium 4He, das als Ausgangsstoff beim unter Umständen später einsetzenden Heliumbrennen dienen kann.

Neben dem oben beschriebenen CNO-I-Zyklus existieren noch weitere Fusionswege, welche über die Zwischenkerne Sauerstoff und Fluor ablaufen.

Der CNO-II-Zyklus läuft als Nebenreaktion des CNO-I-Zyklus ab und trägt auch in der Sonne zu 0,04 % der gesamten Energiefreisetzung bei. Im letzten Schritt des CNO-I-Zyklus werden dabei kein Kohlenstoff und Helium erzeugt, sondern ein 16O-Kern:

(Halbwertszeit 64,5 Sekunden)
(siehe CNO-I)
(siehe CNO-I, Halbwertszeit 122 Sekunden)

Dieser Prozess spielt nur in massiven Sternen eine Rolle, bei welchem im 4. Schritt des CNO-II-Zyklus Fluor-18 statt Stickstoff-14 und Helium-4 entsteht:

(Halbwertszeit 110 Minuten)
(siehe CNO-II)
(siehe CNO-II)
(siehe CNO-II, Halbwertszeit 64,5 Sekunden)

Der CNO-IV-Zyklus ist eine weitere mögliche Nebenreaktion, wenn im 3. Schritt des CNO-III-Zyklus Fluor-19 statt Stickstoff-15 und Helium-4 entsteht:

(siehe CNO-II und CNO-III)
(siehe CNO-II und CNO-III, Halbwertszeit 64,5 Sekunden)
(siehe CNO-III)
(siehe CNO-III, Halbwertszeit 110 Minuten)

Heiße CNO-Zyklen

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Unter sehr heißen und dichten Bedingungen, wie sie etwa bei Novae und bei Gammastrahlenausbrüchen herrschen, überschreitet die Protoneneinfangrate die Rate der Betazerfälle. Dabei wird ein Proton von einem radioaktiven Kern vor seinem Betazerfall eingefangen, was andere Reaktionspfade ermöglicht. Dazu sind besonders hohe Temperaturen erforderlich, weshalb diese heiße CNO-Zyklen („hot CNO cycles“) genannt werden.

Der HCNO-I-Zyklus startet wie der normale betabegrenzte CNO-I-Zyklus, wobei das entstehende 13N-Atom ein Proton einfängt, anstatt zu zerfallen:

(Halbwertszeit 70,6 Sekunden)
(Halbwertszeit 122 Sekunden)

Der Unterschied zum CNO-II-Zyklus besteht hier darin, dass der Zwischenkern 17F im 3. Schritt keinen Betazerfall erleidet, sondern ein Proton einfängt:

(Halbwertszeit 1,67 Sekunden)
(Halbwertszeit 122 Sekunden)

Eine weitere Alternative besteht, wenn der 18F-Kern im HCNO-II-Zyklus im 5. Schritt ein Proton einfängt:

(Halbwertszeit 17,2 Sekunden)
(Halbwertszeit 1,67 Sekunden)
  • C. F. von Weizsäcker: Über Elementumwandlungen im Innern der Sterne. In: Physikalische Zeitschrift. Band 38, 1937, S. 176–191 und Band 39, 1938, S. 633–646.
  • H. A. Bethe: Energy Production in Stars. In: Physical Review. Band 55, 1939, S. 434–456, doi:10.1103/PhysRev.55.434.
  • Prof. em. Dr. Wolfgang Gebhardt (Universität Regensburg): Skript Nukleare Astrophysik, Wasserstoffbrennen, Weitere Kernreaktionen (physik.uni-regensburg.de)

Einzelnachweise

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  1. Experimental evidence of neutrinos produced in the CNO fusion cycle in the Sun. The Borexino Collaboration. In: Nature. Band 587, 2020, S. 577–582. (nature.com)
  2. Eric G. Adelberger et al.: Solar fusion cross sections. II. The pp chain and CNO cycles. In: Reviews of Modern Physics. Band 83, Nr. 1, 2011, S. 226, doi:10.1103/RevModPhys.83.195.