ADB:Liudger
Wursing hatte sich, von Radbod vertrieben, zu den Franken geflüchtet und die Taufe erhalten. Als Karl Martell nach Radbods Tod (719) das Bisthum Utrecht begründete, siedelte er Wursing mit den Seinen dort an, und sie gewährten der neuen Stiftung die kräftigste Stütze. Wie mehrere Nachkommen Wursing’s widmete auch sein Enkel L. sich der Kirche und genoß den Unterricht des Gregor (s. Bd. IX. S. 627). Zu weiterer Ausbildung begleitete er den Angelsachsen Aluberht nach York, wo damals Alcuin lehrte; 767 wurde dort, jener zum Bischof, L. zum Diaconus geweiht. Noch einmal kehrte L. zur Yorker Domschule zurück, von wo ihn nach 31/2 Jahren ein zwischen Friesen und Angeln ausgebrochener Streit zur Heimkehr nöthigte. Er konnte nun selbst an der Leitung der Schule in Utrecht theilnehmen, welcher er je drei Monate im Jahr vorstand, und verband damit die Missionsthätigkeit in Westfriesland; 777 erhielt er in Köln die Priesterweihe. Seinem Wirken machte die letzte Erhebung der Sachsen unter Widukind (784) ein Ende; er begab sich nach Rom und von da nach Montecassino, wo er 21/2 Jahr verweilte und sich mit den klösterlichen Einrichtungen bekannt machte, die er später in der lange und sorgsam von ihm vorbereiteten Stiftung Werden an der Ruhr einführte; auf fränkischem Boden, aber nahe der sächsischen Grenze, diente dieses Kloster der Mission als Stützpunkt. Karl der Große übertrug ihm nach seiner Heimkehr die geistliche Leitung [5] von fünf friesischen Gauen, später auch die der Westfalen, wo er in Mimigerneford eine klösterliche Genossenschaft (monasterium) errichtete, von welcher auf den Ort selbst im 11. Jahrhundert der Name Münster überging. Hier wurde das Bisthum begründet, als dessen erster Vorstand er im J. 804 oder im Anfang 805 die bischöfliche Weihe erhielt. Am 26. März 809 ist er nach einer fruchtreichen Wirksamkeit in Billerbeck entschlafen und dann in Werden beigesetzt. Wir besitzen von ihm die Lebensbeschreibung seines Lehrers Gregor, welche sich durch liebevolle Verehrung und kindliche Bescheidenheit auszeichnet, auch werthvolle Nachrichten enthält, aber doch als Geschichtswerk recht mangelhaft ist. Ungleich besser gearbeitet ist seine eigene Biographie, verfaßt von seinem Verwandten und zweiten Nachfolger im Bisthum, Altfrid (839–849), geschrieben auf Bitten der Mönche von Werden, zunächst zum Zweck der Erbauung, aber mit lebhaftem historischem Sinn, so daß sie von dieser folgenreichen Missionsthätigkeit ein anschauliches Bild gewährt. Noch in demselben Jahrhundert wurden zwei neue Bearbeitungen derselben in Werden verfaßt, welche einige Umstände hinzufügen und von der bleibenden Verehrung des Stifters zeugen. Alle auf ihn bezüglichen Denkmäler sind gesammelt und kritisch bearbeitet von W. Diekamp, Die Vitae s. Liudgeri (Geschichtsquellen des Bisthums Münster, IV), 1881.
Liudger, erster Bischof von Münster, geb. um 744, † am 26. März 809. Unter den Begründern des Christenthums unter den Friesen und Sachsen nimmt L. eine besonders hervorragende Stelle ein. Sohn des Thiadgrim und der Liafburg, stammte er aus ansehnlichem friesischem Geschlecht; sein Großvater- Hüsing, Der h. Liudger, Münster 1878. Pingsmann, Der h. Ludgerus, Freiburg 1879.