Venice-Simplon-Orient-Express

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Venice Simplon-Orient-Express


VSOE auf der Fahrt durch Liechtenstein

Zuggattung: Touristischer Luxuszug
Länder: Europa Europa, hauptsächlich:
Vorgänger: Simplon-Orient-Express
Erste Fahrt: 28. Mai 1982
Heutiger Betreiber: Belmond Ltd., eine Tochtergesellschaft von LVMH
Ehemaliger Betreiber: Orient-Express Hotels Ltd.
Fahrgäste: 172 (12 in Grand Suite, 16 in Suite, 144 in Classic Cabin)
Strecke
Zielbahnhof: London, Paris, Venedig, Wien, Budapest, Prag, Istanbul
Takt: wöchentlich
  • London – Paris – Venedig: von März bis Oktober
  • Paris – Wien – Budapest – Bukarest – Istanbul: einmal pro Saison
  • Paris – Wien – Budapest und Paris - Prag: 2–3 Mal pro Saison
  • andere Destinationen: vereinzelt und im Wechsel

Stand: 2023

Technische Angaben
Rollmaterial: Schlaf-, Speise- und Pullmanwagen ex CIWL

Der Venice-Simplon-Orient-Express, Eigenschreibweise Venice Simplon-Orient-Express ohne Bindestrich zwischen Venice und Simplon, abgekürzt VSOE, ist ein seit 1982 verkehrender Luxuszug, der von der Firma Belmond Ltd. betrieben wird. Er ist aus historischen Wagen der Compagnie Internationale des Wagons-Lits (CIWL) zusammengesetzt und verkehrt in Form von Schienenkreuzfahrten über verschiedene europäische Strecken, darunter auch die historischen Strecken des früheren Simplon-Orient-Express und des Orient-Express.

1977 begann die von James B. Sherwood geleitete Sea Containers Ltd. historische Wagen der CIWL und der British Pullman Company zu erwerben und aufwändig zu restaurieren. Sherwood (1933–2020) war ein in New Castle im US-Bundesstaat Pennsylvania geborener Logistik- und Touristikunternehmer, der später nach Großbritannien übersiedelte.[1]

Der VSOE wurde erstmals am 28. Mai 1982 eingesetzt. Die erste angebotene Reise war die Route des Simplon-Orient-Express von London über Paris nach Venedig,[2] die auch heute noch wöchentlich befahren wird.[3] Für die Beherbergung in Venedig kaufte die Sea Containers das Hotel Cipriani, was gleichzeitig der Einstieg der Gesellschaft ins Touristikgeschäft war.[4]

Betreiber war die Orient-Express Hotels Ltd., eine Tochtergesellschaft von Sea Containers, in der alle Touristikaktivitäten eingebracht waren. Sie wurde wegen finanzieller Schieflage der Muttergesellschaft im Jahr 2005 selbständig[5] und im Juni 2014 in Belmond Ltd. umbenannt. Der Geschäftssitz des börsennotierten Unternehmens ist in Hamilton auf Bermuda.[6][7]

Neben dem VSOE betreibt die Belmond Ltd. verschiedene Luxuszüge mit historischen Pullmanwagen in Großbritannien, den Eastern and Oriental Express, sowie Hotels in 17 Ländern. Seit Dezember 2018 gehört Belmond Ltd. zum französischen Luxusgüterkonzern LVMH.[8]

In Großbritannien verkehrt der Belmond British Pullman im Tagesverkehr als Zubringer von London zu Häfen an der Kanalküste. Die Reisenden wurden zuerst mit Fähren der Sealink über den Ärmelkanal gesetzt. Sealink war die ehemalige Fährgesellschaft von British Rail, die 1984 von Sea Containers Ltd. aufgekauft wurde.[9] Seit der Eröffnung des Kanaltunnels werden Reisebusse eingesetzt, die auf einen der Shuttle-Züge verladen werden. Auf der französischen Seite benutzen die Reisenden ehemalige CIWL-Schlafwagen der Typen Lx und S.[10]

Ab 2024 soll der Laufweg des VSOE um den Abschnitt von London nach Paris verkürzt werden. Der Betreiber reagiert damit nach eigenen Aussagen auf die zunehmend unkalkulierbaren Aufenthaltszeiten in den Kanalhäfen Dover und Calais infolge des Brexits und der seitdem aufwändigeren Pass- und Zollkontrollen an der britisch-französischen Grenze. Fahrgäste des VSOE von bzw. nach London sollen diesen Abschnitt künftig mit den Eurostar-Zügen durch den Kanaltunnel zurücklegen.[11][12]

Laufweg und Angebot

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anfänglich verkehrte der Zug im Winterhalbjahr von November bis März zweimal wöchentlich,[2] in einigen Jahren wurde die Reise auch dreimal wöchentlich angeboten.[13] Ab 1984 verkehrte der Zug in manchen Jahren in den Wintermonaten nicht mehr. 2019 verkehrte der Zug nur noch wöchentlich in den Sommermonaten.[3]

Die Route zwischen London und Venedig führte ab 1984 abseits der originalen Orient-Express-Route über den Laufweg Basel–BuchsInnsbruckBrennerpass.[14][13] In diesem Jahr beförderte der aus 16 Wagen bestehende Zug 22.000 Reisende. Die Komposition bot 180 Gästen Platz, die von 40 Bediensteten umsorgt wurden. Die Reise von London nach Venedig kostete damals umgerechnet 1500 Schweizer Franken.[13]

Eine Reise pro Jahr führt von Paris über Budapest und Bukarest nach Istanbul. Die Fahrtdauer nach Istanbul beträgt fünf Tage mit vier Übernachtungen, davon jeweils eine in Hotels in Budapest bzw. Bukarest.[15] Außer den Fahrten auf der Route des ehemaligen Simplon-Orient-Express verkehrt der VSOE mehrmals jährlich nach Wien, Budapest und Prag.[3] Zusätzliche Reiseziele werden wechselnd angeboten, welche bislang Köln - mit nur einem Flügelzug, welcher mit einem, zu Barwagen umfunktionierten Rheingoldwagen verkehrte - Luzern, Dresden, Krakau, die Hohe Tatra, Warschau, Berlin, Kopenhagen und Stockholm beinhalteten. Aktuell sind solche Zugfahrten nach Cannes, Florenz, Rom, Brüssel und Amsterdam im Angebot.

Wagen des Venice-Simplon-Orient-Express in Dresden Hauptbahnhof

Der VSOE besteht aus 16 historischen ehemaligen CIWL-Wagen der Baujahre 1927 bis 1949. Neben 10 Schlafwagen des Typs Lx sind auch zwei S1 Schlafwagen vorhanden. Einer der beiden letztgenannten Wagen mit der CIWL-Nummer 3309 gehörte wenige Jahre nach seiner Indienststellung zur Zuggarnitur des 1929 in der Türkei eingeschneiten Simplon-Orient-Express.[16] Zu Speisewagen wurden drei ehemalige Pullman-Wagen umfunktioniert, davon zwei der Bauart Étoile du Nord - einer aber mit Wandtafelungen eines anderen Speisewagens - und einer der Bauart Côte d'Azur. Der Barwagen entstand aus einem früheren Speisewagen, und die zwei jüngsten Schlafwagen Typ Ytb sind als Servicewagen mit Abteilen für Zugmannschaft und Lagerräumen ausgestattet.[17]

Alle Wagen wurden bei der Aufarbeitung von 1982 umfassend modernisiert, insbesondere Küchentechnik von Speisewagen, die zusätzlich auch mit Klimaanlagen ausgestattet wurden. 2003–2006 erhielt die ganze Garnitur moderne Drehgestelle von Bombardier – seither sind die Waggons für 160 km/h zugelassen. In den jüngsten Zeiten wurden auch die Schlafwagen klimatisiert sowie mit WiFi und Steckdosen ausgerüstet.

In 2017 wurde der S1-Schlafwagen Nr. 3425 zur neuen Komfortklasse Grand Suite umgebaut[18], welche erstmals 2019 angeboten wurde. Seither hat er nur noch drei Abteile. Diese sind mit Doppelbett, zusätzlichem Sofa und eigenem Badezimmer ausgestattet. Zwei Jahre später folgte auch das Schwesterfahrzeug Nr. 3309 mit drei Abteilen, es wurde allerdings wegen der COVID-19-Pandemie erst 2021 in Betrieb genommen. Mit der Umbau der Lx-Schlafwagen 3552 und 3555 ist seit Juni 2023 auch die Komfortkategorie Suite verfügbar, mit vier ebenfalls mit Badezimmern ausgestatteten Abteilen pro Wagen.[19] Ab 2025 ist es vorgesehen, den Wagen 3553 als private Unterkunft für nur zwei Fahrgäste in Betrieb zu nehmen. Der Wagen mit dem Namen L'Observatoire soll neben dem Schlafzimmer auch einen Tagessalon, Bibliothek, Badezimmer mit Wanne und eine Teenische erhalten. Die Innengestaltung wird vom französischen Künstler JR entworfen.[20]

Der Zubringerzug von London zur Kanalküste besteht aus älteren, ebenfalls sanierten britischen Pullmanwagen, darunter Wagen aus den früheren Garnituren der Pullmanzüge Brighton Belle und Golden Arrow.[21]

  • Simon Bertrand: Legendäre Luxuszüge. Frederking & Thaler, München 2023, ISBN 978-3-95416-400-4, S. 58–69.
Commons: Venice-Simplon-Orient-Express – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Penelope Green: James Sherwood, Who Revived the Orient Express, Dies at 86. The New York Times, 3. Juli 2020, abgerufen am 9. Dezember 2021
  2. a b Neues in Kürze: Europa. In: Eisenbahn Amateur. April 1982, S. 241.
  3. a b c Venice Simplon-Orient-Express. In: Ameropa (Hrsg.): Bahn-Erlebnisreisen weltweit. 2019, S. 18–19.
  4. James Sherwood talks trains, hotels, ships, and true luxury. In: Octavian Report. Abgerufen am 6. Juni 2019 (amerikanisches Englisch).
  5. Oliver Morgan: Sea Containers grabs at a lifeline. In: The Observer. 7. Mai 2006, ISSN 0029-7712 (theguardian.com [abgerufen am 7. Juni 2019]).
  6. investis.com: Orient-Express Hotels Ltd. Changes Corporate Name to Belmond Ltd. (abgerufen am 6. Januar 2015).
  7. Homepage von Belmond Ltd. Abgerufen am 6. Januar 2015.
  8. Rupert Neate: Venice Simplon Orient-Express sold to owner of Christian Dior and Louis Vuitton, The Guardian, 14. Dezember 2018
  9. The Great British Rail Sale is Over. In: The Railway Magazine. Nr. 1152, April 1997, S. 24–25.
  10. Venice Simplon Orient Express: The early years. Eastbank Model Railway Club, abgerufen am 8. Juni 2019.
  11. Spiegel online: Orient-Express fährt nicht mehr ab London., 16. April 2023, abgerufen am 17. April 2023
  12. FAZ 18. April 2023: Auftakt ohne Lachs und Champagner
  13. a b c Neues in Kürze. In: Eisenbahn Amateur. Nr. 5, 1985, S. 342.
  14. Neues in Kürze: Europa. In: Eisenbahn Amateur. März 1985, S. 163.
  15. Angaben der VSOE-Homepage (abgerufen am 5. August 2011)
  16. Konrad Koschinski: 125 Jahre Orient-Express. In: Eisenbahn-Journal, Sonderausgabe 2/2008, S. 79.
  17. Angaben der VSOE-Homepage, abgerufen am 28. Februar 2012.
  18. Grand Suite Venice Simplon-Orient-Express, auf luxurytrainclub.com/, abgerufen am 8. Februar 2023
  19. Venice Simplon-Orient-Express SUITE, auf luxurytrainclub.com, abgerufen am 8. Februar 2023
  20. Venice Simplon-Orient-Express L'Observatoire, auf luxurytrainclub.com/, abgerufen am 27. April 2024
  21. Belmond British Pullman: Fact Sheet, abgerufen am 7. Juni 2019