Recht auf körperliche Unversehrtheit

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Das Recht auf körperliche Unversehrtheit ist als Menschenrecht in verschiedenen Verfassungen und internationalen Vertragswerken garantiert.

Das Recht auf körperliche Unversehrtheit gehört zu den Grundrechten eines Menschen im Geltungsbereich des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. Es wird zusammen mit dem Recht auf Leben und dem Recht auf Freiheit der Person in Art. 2 Abs. 2 GG garantiert:

Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Das Grundrecht schützt sowohl die physische als auch die psychische Gesundheit eines Menschen, nicht jedoch das soziale Wohlbefinden. Folter, Körperstrafen, Menschenversuche, Zwangskastration, Zwangssterilisation und ähnliche Maßnahmen werden durch diese rechtsstaatlichen Garantien verboten. Art. 104 Abs. 1 GG etwa stellt klar, dass Gefangene „weder seelisch noch körperlich misshandelt“ werden dürfen. Kraft Gesetzes kann die körperliche Unversehrtheit jedoch nach (§ 20 Abs. 6 IfSG) eingeschränkt werden, wodurch es auch beispielsweise außerdem ermöglicht wird, potentiellen Straftätern zur Tatsachenfeststellung Blutproben zu entnehmen (§ 81a StPO).

Seinen strafrechtlichen Ausdruck findet das Recht auf körperliche Unversehrtheit in den § 223 bis § 231 StGB.[1] Die dort im 17. Abschnitt enthaltenen Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit umfassen die Körperverletzung mit ihren verschiedenen Qualifikationsdelikten, die Misshandlung von Schutzbefohlenen und die Beteiligung an einer Schlägerei.

Des Weiteren handelt es sich hierbei um ein disponibles Rechtsgut, das heißt, der Inhaber kann normalerweise nach freiem Willen darüber verfügen. Allerdings wird diese freie Verfügbarkeit im deutschen Recht durch § 228 StGB eingeschränkt, wonach eine Körperverletzung auch bei Einwilligung der verletzten Person rechtswidrig ist, wenn sie gegen die guten Sitten verstößt.

Das Bundesverfassungsgericht hatte sich wiederholt mit Eingriffen in das Grundrecht zu beschäftigen, so z. B. hinsichtlich

Hinsichtlich der religiös motivierten Zirkumzision von Knaben wird die Abwägung zwischen dem Recht auf körperliche Unversehrtheit und der Religionsfreiheit der Eltern teilweise leidenschaftlich diskutiert.

Sofern eine Person sich selbst schädigt, gilt der Grundsatz: „[D]er Staat hat von Verfassungs wegen nicht das Recht, seine erwachsenen und zur freien Willensbestimmung fähigen Bürger zu ‚bessern‘ oder zu hindern, sich selbst gesundheitlich zu schädigen.“[15] Die Grenzen dieses Rechts des Einzelnen auf Selbstschädigung sind allerdings umstritten.[16] Bei selbstverletzendem Verhalten oder Suizidabsicht besteht die Verpflichtung zur Hilfeleistung (siehe auch akute Selbstgefährdung).

In der österreichischen Bundesverfassung ist das Recht auf körperliche Unversehrtheit nicht ausdrücklich verankert.[17] Allerdings ergibt sich ein entsprechender Schutzbereich u. a. aus der Europäischen Menschenrechtskonvention von 1958, die seit 1964 Verfassungsrang genießt.

Teilgehalte von Art. 10 BV

In der Schweiz garantiert Art. 10 BV der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit. Die körperliche Integrität wird durch jeden Eingriff in den menschlichen Körper beschnitten; eine tatsächliche Schädigung ist nicht vorausgesetzt.[18] Die Extraktion von Haaren im Rahmen eines Strafverfahrens, staatlich angeordnete medizinische Eingriffe und Urinproben stellen Grundrechtseinschränkungen dar.[19] Das Grundrecht hat jedoch „nicht die Funktion einer allgemeinen Handlungsfreiheit, und schützt sie nicht vor jeglichem physischen oder psychischen Missbehagen. Der Schutzbereich der persönlichen Freiheit ist daher im Einzelfall angesichts von Art und Intensität der Beeinträchtigung zu bestimmen.“[20]

Einzelnachweise

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  1. Lukas Staffler: Präterintentionalität und Zurechnungsdogmatik. Zur Auslegung der Körperverletzung mit Todesfolge im Rechtsvergleich Deutschland und Italien. Verlag Duncker & Humblot, Berlin 2015, ISBN 978-3-428-14637-6, S. 258 ff.
  2. Beschluss vom 23. März 2011 – 2 BvR 882/09
  3. Beschluss vom 10. Juni 1963 – 1 BvR 790/58 bzw. Beschluss vom 25. Juli 1963 – 1 BvR 542/62
  4. Beschluss vom 18. Februar 1999 – 1 BvR 2156–2198
  5. a b Beschluss vom 29. Juli 2009 – 1 BvR 1606/08
  6. Beschluss vom 10. November 2009 – 1 BvR 1178/07
  7. Beschluss vom 24. Juli 1986 – 1 BvR 331/85
  8. Beschluss vom 22. November 2002 – 1 BvR 1586/02
  9. Schutz vor niederfrequenten magnetischen Wechselfeldern bei Hochspannungs-Freileitungen und Erdkabeln. (PDF) Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 1. Dezember 2018; abgerufen am 1. Dezember 2018.
  10. Beschluss vom 29. November 1995 – 1 BvR 2203/95
  11. Beschluss vom 7. Dezember 1998 – 1 BvR 831–89
  12. Beschluss vom 9. Februar 1998 – 1 BvR 2234–2297
  13. DFR – BVerfGE 39, 1 – Schwangerschaftsabbruch I. Abgerufen am 17. Dezember 2019.
  14. DFR – BVerfGE 88, 203 – Schwangerschaftsabbruch II. Abgerufen am 17. Dezember 2019.
  15. BVerfGE 22, 180/219 f.; BayObLG FamRZ 1995, 510; BTDrucks 15/2494, S. 27f.
  16. Kai Fischer: Die Zulässigkeit aufgedrängten staatlichen Schutzes vor Selbstschädigung. Peter Lang / Europäischer Verlag der Wissenschaften, Frankfurt am Main/ Berlin/ Bern/ New York/ Paris/ Wien 1997, ISBN 3-631-32569-X.
  17. Artikel a (Menschenwürde). Abgerufen am 21. Januar 2024.
  18. BGE 118 Ia 427 4b S. 434.
  19. Hamelin, Haller, Keller, Thurnherr: Schweizerisches Bundesstaatsrecht. 10. Auflage. 2020, S. 108 f.
  20. BGE 117 Ia 27 5a S. 30