Jakob Reumann
Jakob Reumann (* 31. Dezember 1853 in Wien; † 29. Juli 1925 in Klagenfurt) war ein sozialdemokratischer Politiker, Bürgermeister von Wien und erster Landeshauptmann des neuen Bundeslandes Wien.
Leben
Der uneheliche Sohn eines Arztes und einer Arbeiterin wurde zunächst Bildhauerlehrling, dann Drechsler in einer Meerschaumpfeifenfabrik und gründete hier die erste Gewerkschaft dieser Sparte. Nach Gründung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs auf dem Hainfelder Parteitag 1888/89 wurde er erster Sekretär der neuen Partei und Redakteur des ab 12. Juli 1889 erscheinenden Parteiorgans, der Arbeiter-Zeitung.
Auf dem Verbandstag der Arbeiter-Erwerbs und Wirtschaftsgenossenschaft am 3. September 1904 nahm er als Redakteur der Verbandszeitschrift Arbeiter-Genossenschaft teil. Er stellte er den Antrag eine Kommission einzusetzen, die die Gründung der Großeinkaufsgesellschaft der Konsumvereine Österreichs vorbereiten sollte. Dies geschah und 1905 wurde die GöC gegründet.
Ab 1900 Mitglied des Wiener Gemeinderats, nach der Einführung des allgemeinen und gleichen Männerwahlrechts ab 1907 Abgeordneter des österreichischen Reichsrates, ab 1917 auch Stadtrat von Wien, übernahm er nach Ausrufung der Republik 1918 den Vorsitz im provisorischen Gemeinderat von Wien und wurde zunächst Vizebürgermeister, nach der Gemeinderatswahl vom 4. Mai 1919 am 21. Mai 1919 erster sozialdemokratischer Bürgermeister von Wien. Als deutscher Reichsratsabgeordneter war er von 22. Oktober 1918 bis 16. Februar 1919 Mitglied der Provisorischen Nationalversammlung für Deutschösterreich.
Im am 10. November 1920 in Kraft getretenen Bundes-Verfassungsgesetz wurde Wien neben seiner Funktion als Stadtgemeinde zum Bundesland erklärt; Reumann war nun auch Landeshauptmann (der Gemeinderat auch Landtag). Er wurde vom Wiener Landtag in den Bundesrat entsandt und wurde dessen erster Vorsitzender (bis 1921). Mit Niederösterreich-Land, wie das Wien umgebende Bundesland ohne die Stadt Wien vorübergehend bezeichnet wurde, verhandelte er das so genannte Trennungsgesetz, in dem es hauptsächlich um die Aufteilung von Gebäuden und Liegenschaften auf die beiden neuen Länder ging. Es trat am 1. Jänner 1922 in Kraft, womit Wien von Niederösterreich unabhängig bzw. völlig selbstständig wurde.
Reumann war als Bürgermeister wesentlich verantwortlich für die sozialreformerische Gemeindepolitik der mit deutlicher absoluter Mehrheit regierenden Wiener Sozialdemokraten. Die Reformen im „Roten Wien“ betrafen vor allem den städtischen Wohnbau und den Mieterschutz, das Gesundheits- und Fürsorgesystem sowie das Bildungs- und Freizeitangebot. Unter seiner Amtsführung wurde 1923 das erste große Wohnbauprogramm beschlossen, das den Bau von 25.000 Gemeindewohnungen innerhalb von fünf Jahren vorsah.
Mehrfach geriet der Sozialdemokrat Reumann in Konflikt mit den bürgerlichen Bundesregierungen jener Zeit. So insbesondere bei der Uraufführung des skandalträchtigen „Reigen“ von Arthur Schnitzler im Deutschen Volkstheater in Wien am 1. Februar 1921. Der christlichsoziale Innenminister Egon Glanz „ersuchte“ Reumann, die bereits erteilte Aufführungsbewilligung nochmals zu überprüfen, und als Reumann an seinem Entschluss festhielt, wurde er von der Bundesregierung beim Verfassungsgerichtshof unter Anklage gestellt, jedoch freigesprochen, weil das „Ersuchen“ keine rechtlich verbindliche Weisung dargestellt hatte.
Das zweite Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof gegen Reumann fand ein Jahr später statt, als Reumann entgegen einer Weisung des Ministers Richard Schmitz die Errichtung eines Krematoriums in Wien, der Feuerhalle Simmering, genehmigt hatte. Erneut erfolgte ein Freispruch: Zwar war die an Reumann ergangene Weisung diesmal korrekt gewesen, doch sei der Landeshauptmann einem „entschuldbaren Rechtsirrtum“ unterlegen, da er aufgrund der reichlich komplizierten Rechtslage davon ausgegangen war, dass es sich beim Bestattungswesen um eine autonome Landesangelegenheit handle, in der der Bundesminister keine Weisungen erteilen dürfe.
Am 13. November 1923 trat Reumann als Wiener Bürgermeister zurück und wurde Ehrenbürger von Wien. Im Bundesrat, dem er seit 1920 angehörte, wurde er 1924 erneut Vorsitzender und hatte dieses Amt bis zu seinem Tod inne.
Reumann starb 1925 in Klagenfurt. Seine Urne wurde in einem ehrenhalber gewidmeten Grab auf dem Vorplatz der im Dezember 1922 von ihm eröffneten Feuerhalle Simmering beigesetzt. Wenige Wochen nach seinem Tod wurde der Bürgerplatz im Wiener Arbeiterbezirk Favoriten - Reumanns Heimatbezirk - in Reumannplatz umbenannt. Auch der 1926 fertiggestellte Gemeindebau Reumannhof wurde nach ihm benannt.
Literatur
- Andreas P. Pittler: Jakob Reumann. Gerold, Wien 2011
- K. Gladt: Reumann Jakob. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 9, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1988, ISBN 3-7001-1483-4, S. 96.
Weblinks
- Jakob Reumann auf den Webseiten des österreichischen Parlaments
- Biographische Daten von Jakob Reumann im Biographischen Handbuch des NÖ Landtages 1861–1921
- Eintrag zu Jakob Reumann im Austria-Forum (im AEIOU-Österreich-Lexikon)
- Jakob Reumann. In: dasrotewien.at – Weblexikon der Wiener Sozialdemokratie. SPÖ Wien (Hrsg.)
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Richard Weiskirchner | Bürgermeister von Wien 1919–1923 | Karl Seitz |
Personendaten | |
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NAME | Reumann, Jakob |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Reichsratsabgeordneter, Wiener Bürgermeister |
GEBURTSDATUM | 31. Dezember 1853 |
GEBURTSORT | Wien |
STERBEDATUM | 29. Juli 1925 |
STERBEORT | Klagenfurt |