Kaltgasspritzen
Das Kaltgasspritzen (englisch: Cold Spray) (CS) ist ein Beschichtungsverfahren, bei dem der Beschichtungswerkstoff in Pulverform mit sehr hoher Geschwindigkeit auf das Trägermaterial (Substrat) aufgebracht wird. Dazu wird ein auf wenige hundert Grad aufgeheiztes Prozessgas (Stickstoff oder Helium) durch Expansion in einer Lavaldüse auf Überschallgeschwindigkeit beschleunigt und anschließend die Pulverpartikel in den Gasstrahl injiziert. Die injizierten Spritzpartikel werden dabei auf eine so hohe Geschwindigkeit beschleunigt, dass sie im Gegensatz zu anderen thermischen Spritzverfahren auch ohne vorangehendes An- oder Aufschmelzen beim Aufprall auf das Substrat eine dichte und fest haftende Schicht bilden. Die kinetische Energie zum Zeitpunkt des Aufpralls reicht für ein vollständiges Aufschmelzen der Partikel nicht aus. Das Kaltgasspritzen ist hervorgegangen aus dem Hochgeschwindigkeit-Flammspritzen (HVOF). Der Name geht auf die gegenüber HVOF deutlich niedrigeren Partikeltemperaturen zurück.[1]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Kaltgasspritzen wurde am Institut für theoretische und angewandte Mechanik der Sibirischen Abteilung der Russischen Akademie der Wissenschaften in Nowosibirsk entwickelt und 1986 in der Sowjetunion zum Patent angemeldet. Es wird auch heute dort noch weiter verfolgt. Einer der dort tätigen Wissenschaftler, Anatoli Papyrin, meldete in den USA 1994 das Patent an und begann mit dem US-amerikanischen Konsortium National Center for Manufacturing Science (NCMS) mit Sitz in Ann Arbor an der weiteren Industrialisierung des Verfahrens zu arbeiten. An dem Konsortium sind u. a. folgende Unternehmen beteiligt: Alcoa, ASB Industries, Ford, K-Tech, Pratt & Whitney, Siemens Westinghouse und Sandia National Lab. In Deutschland wurde das Verfahren 1995 patentiert und die weitere Entwicklung wurde u. a. von der Linde AG gemeinsam mit der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg vorangetrieben. Für den Bau und die Vermarktung von Kaltgasspritzanlagen wurde 2010 das Unternehmen Impact Innovations GmbH gegründet.[2] Bei der neusten Anlagentechnologie der Impact Innovations GmbH wird das Prozessgas bei bis zu 60 bar Druck der Spritzpistole zugeführt und im Pistolengehäuse auf maximale Temperaturen von bis zu 1100 °C aufgeheizt.
Anwendung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Industriell eingesetzt wird Kaltgasspritzen heute in der Automobilindustrie, schrittweise entstehen neue Felder wie im Bereich Werkzeugreparatur und Werkzeugbau (Rapid Manufacturing), Additive Fertigung (Materialauftrag mit gerichteter Energieeinbringung) und im Bereich der Mikrotechnik.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Papyrin, Kosarev, Klinkov, Alkhimov, Fomin: Cold Spray Technology, Elesevier 2007
- Development of a generalized parameter window for cold spray deposition. doi:10.1016/j.actamat.2005.10.005
- International Status Report 2004
- T. Schmidt, F. Gaertner, H. Kreye: New Developments in Cold Spray Based on Higher Gas and Particle Temperatures. In: Journal of Thermal Spray Technology. 15, 2006, S. 488, doi:10.1361/105996306X147144.
- A. P. WANG, T. ZHANG und J. Q. WANG: Cold Spraying of Nickel-based coatings for high corrosion resistance, in Philosophical Magazine Letters, Vol. 86, No. 1, January 2006, 5–11
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Günter Spur, Hans-Werner Zoch: Thermische Spritzverfahren in: Handbuch Wärmebehandeln und Beschichten, ISBN 978-3-446-42779-2 (Leseprobe, PDF-Datei 4,4 MB; insbesondere Seiten 7, 8)
- Technologie des Kaltgasspritzens
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Handbuch Wärmebehandeln und Beschichten, 4.3.1.6.7, Kaltgasspritzen (PDF-Datei 4,4 MB; Seiten 7, 8). Günter Spur, Hans-Werner Zoch (files.hanser.de), 2015, abgerufen am 20. September 2024.
- ↑ Pionier und Innovator im Bereich des Kaltgasspritzens, auf impact-innovations.com, abgerufen am 11. Mai 2021