„Verursachungsgerechtigkeit“ – Versionsunterschied

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Die '''Verursachungsgerechtigkeit''', synonym dazu '''Kostenwahrheit''', ergibt sich, wenn sämtliche verursachten Kosten von ihren Verursachern gedeckt werden, auch unter Berücksichtigung der [[Externalität]]en.<ref>[[AKAD|Compendio Bildungsmedien]]:''Wirtschaft, Umwelt und Raum'' 1. Auflage 2009 S.92</ref> ''Verursachungsgerechtigkeit'' oder ''-ungerechtigkeit'' ist somit das Resultat der [[Internalisierung (Wirtschaft)|Internalisierung]] aller Kosten und internalisierte externe Effekte können Indikator für Verursachungsgerechtigkeit sein.<ref>[http://books.google.ch/books?id=NaMHF0PgeZAC&pg=PA5&lpg=PA5&dq=definition+kostenwahrheit&source=bl&ots=KGUmA3SHcP&sig=2rHaB6KyaQSNBQz-qS9s4EcvFjg&hl=de&ei=e15ES-uzNMXH_gaN1aHDDA&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=3&ved=0CA0Q6AEwAg google.ch/books]Die schlanke Stadt: Kostenwahrheit als mögliches Steuerungsinstrument für Raumplanung; von Dr. Reinhard Steinlechner; S.5</ref>
Die synonymen Begriffe '''Verursachungsgerechtigkeit''' und '''Kostenwahrheit''' beschreiben einen Zustand in der [[Volkswirtschaftslehre]], in dem nach dem [[Verursacherprinzip|Verursachungsprinzip]] alle [[Kosten]], die infolge eines Tuns oder Unterlassens entstehen, von den Verursachern getragen werden.<ref>[[AKAD|Compendio Bildungsmedien]]: ''Wirtschaft, Umwelt und Raum'' 1. Auflage 2009 S. 92</ref> ''Verursachungsgerechtigkeit'' ist somit das Resultat der [[Internalisierung (Wirtschaft)|Internalisierung]] sämtlicher Kosten, und internalisierte [[Externalität|externe Effekte]] können Indikator für Verursachungsgerechtigkeit sein.<ref>[http://books.google.ch/books?id=NaMHF0PgeZAC&pg=PA5&lpg=PA5&dq=definition+kostenwahrheit&source=bl&ots=KGUmA3SHcP&sig=2rHaB6KyaQSNBQz-qS9s4EcvFjg&hl=de&ei=e15ES-uzNMXH_gaN1aHDDA&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=3&ved=0CA0Q6AEwAg google.ch/books] Die schlanke Stadt: Kostenwahrheit als mögliches Steuerungsinstrument für Raumplanung; von Dr. Reinhard Steinlechner; S. 5</ref>
''Verursachungsgerechtigkeit'' wird durch das [[Verursacherprinzip]] erreicht. Fehlende Verursachungsgerechtigkeit kann (wie auch Externalitäten) zu Marktverzerrungen und -versagen führen und staatliches Eingreifen erfordern.
Fehlende Verursachungsgerechtigkeit kann (wie auch Externalitäten) zu Marktverzerrungen und [[Marktversagen]] führen und staatliches Eingreifen erfordern.


Fälschlicherweise wird das Wort ''[[Kostengerechtigkeit]]'' als Synonym für ''Kostenwahrheit'' verwendet.
Fälschlicherweise wird das Wort ''[[Kostengerechtigkeit]]'' als Synonym für ''Kostenwahrheit'' verwendet.


== Geschichte des Begriffs Kostenwahrheit ==
== Geschichte des Begriffs Kostenwahrheit ==
''Kostenwahrheit'' ist erstmals in den 90er Jahren in den Verhandlungen über die Transitverträge zwischen Österreich und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft aufgekommen.<ref>[http://books.google.ch/books?id=0PaMWZYgLlwC&pg=PA23&lpg=PA23&dq=definiere+kostenwahrheit&source=bl&ots=vUvmBFMg4q&sig=mPNtWIWRdeKDECt9P-fn33H1KN8&hl=de&ei=y-UzS-KJOMGc_Abl9-X4CA&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=2&ved=0CAsQ6AEwAQ google.ch/books]Die schlanke Stadt: Kostenwahrheit als mögliches Steuerungsinstrument für Raumplanung; von Dr. Reinhard Steinlechner; S.23</ref> Damals war von ''Kostenunwahrheit'' die Rede, die dadurch entstünde, dass dem LKW-Transitverkehr die "wahren Kosten" nicht angelastet würden, die Bahn allerdings die kompletten Kosten selbst zu tragen hätte. Somit hätte der Strassentransport den Vorteil, dass er seine Kosten nicht zu 100&nbsp;% selbst finanzieren muss.
''Kostenwahrheit'' ist erstmals in den 90er Jahren in den Verhandlungen über die Transitverträge zwischen Österreich und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft aufgekommen.<ref>Reinhard Steinlechner: ''Die schlanke Stadt. Kostenwahrheit als mögliches Steuerungsinstrument für Raumplanung.'' GRIN Verlag, 2008, ISBN 978-3-638-92728-4, S. 23</ref> Damals war von „Kostenunwahrheit“ die Rede, die dadurch entstünde, dass dem LKW-Transitverkehr die „wahren Kosten“ nicht angelastet würden, die Bahn allerdings die kompletten Kosten selbst zu tragen hätte. Somit hätte der Strassentransport den Vorteil, dass er seine Kosten nicht zu 100 % selbst finanzieren muss.

Tatsächlich trägt der Lkw-Verkehr nur rund 30 % der von ihm verursachten Kosten. Im untergeordneten Straßennetz beträgt die Kostendeckung gar nur 18 %.<ref>Bundesministerium: ''Verkehr in Zahlen 2007.'' Kapitel 11: ''Wegekosten – Externe Kosten.'' S. 220 ({{Webarchiv|url=http://www.bmvit.gv.at/verkehr/gesamtverkehr/statistik/downloads/viz07_kap11.pdf |wayback=20120111154228 |text=PDF; 888 kB |archiv-bot=2023-02-05 14:48:15 InternetArchiveBot }})</ref>

In der Schweiz deckt der Schwerverkehr seine externen Kosten mit der [[Schwerverkehrsabgabe (Schweiz)|Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe]] (LSVA) zu 100 %. Eine Erhöhung im Jahr 2009 durch die zuständige Behörde führte zu einem jahrelangen Rechtsstreit über die Berechnungsmethoden, insbesondere zu [[Unfallkosten|Unfall-]] und [[Staukosten]]. Das [[Bundesgericht (Schweiz)|Bundesgericht]] bestätigte am 8. August 2013 die Rechtmäßigkeit der Erhöhung.<ref>''[http://www.nzz.ch/aktuell/schweiz/bundesgericht-segnet-erhoehung-ab-1.18137095 LSVA Bundesgericht segnet Erhöhung ab].'' In: ''[[Neue Zürcher Zeitung]].'' 22. August 2013</ref>


== Eruieren der Verursachungsgerechtigkeit ==
== Eruieren der Verursachungsgerechtigkeit ==
Bei der [[Externer Effekt#Messung und Bewertung externer Effekte|Messung oder Schätzung]] können -&nbsp;je nach Verfahren&nbsp;- Differenzen auftreten. Außerdem gibt es keine allgemeingültige Verursachungsgerechtigkeit. Folglich ist das, was Teil der Kosten und deren Höhe ist, typischerweise umstritten (abhängig von wirtschaftlichen Interessen oder politischen Absichten).
Bei der [[Externer Effekt#Messung und Bewertung|Messung oder Schätzung]] der Höhe der Kosten bzw. der Verursachungsungerechtigkeit können &nbsp;je nach Verfahren&nbsp; Differenzen auftreten. Beeinflusst durch wirtschaftliche Interessen oder politische Absichten können weitere Uneinigkeiten aufkommen, und folglich ist das, was Teil der Kosten und deren Höhe ist, typischerweise umstritten. Das heißt, es gibt keine allgemeingültige Verursachungsgerechtigkeit.

Die Ökonomen [[Reiner Eichenberger]] und David Stadelmann erklärten Anfang 2020, dass das Klimaproblem durch Kostenwahrheit „erstaunlich leicht zu bewältigen“ wäre. Zukünftige Schäden müssten hierfür wissenschaftlich geschätzt und ausnahmslos allen heutigen Verursachern über eine [[CO2-Steuer|CO<sub>2</sub>-Steuer]] in Rechnung gestellt werden.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.nzz.ch/meinung/effiziente-klimapolitik-was-es-braucht-ist-kostenwahrheit-ld.1525803 |titel=Gastkommentar: Wenn die Politik das Klimaproblem ehrlich und effizient angehen würde, wäre es leicht zu bewältigen – mittels Kostenwahrheit |werk=nzz.ch |datum=2020-01-03 |zugriff=2020-01-11 |kommentar=registrierungspflichtig}}</ref>


== Zitate ==
== Zitate ==
:''Es ist unvernünftig, Kartoffeln von Deutschland nach Italien zu karren, sie dort zu reinigen und dann wieder zurückzutransportieren, um Pommes frites herzustellen. Betriebswirtschaftlich kann eine solche Rechnung nur aufgehen, wenn der Schwerverkehr auf der Strasse nicht seine vollen Kosten decken muss. Weil Mobilität generell zu billig ist, entsteht Anreiz für immer mehr fragwürdigen Verkehr.''
:''Es ist unvernünftig, Kartoffeln von Deutschland nach Italien zu karren, sie dort zu reinigen und dann wieder zurück zu transportieren, um [[Pommes frites]] herzustellen. Betriebswirtschaftlich kann eine solche Rechnung nur aufgehen, wenn der Schwerverkehr auf der Strasse nicht seine vollen Kosten decken muss. Weil Mobilität generell zu billig ist, entsteht Anreiz für immer mehr fragwürdigen Verkehr.''


Moritz Leuenberger (Schweizer Verkehrsminister), UMWELT 1/2001<ref>[http://www.bafu.admin.ch/dokumentation/umwelt/00111/00460/00835/index.html?lang=de bafu.admin.ch] Jetzt kommt die Eisenbahn zum Zug; Interview mit Moritz Leuenberger. Abgerufen am 30.1.2010</ref>, zur Problematik der fehlenden Kostenwahrheit im Schwerverkehr und mit Verweis auf die korrigierende [[LSVA]].<ref>[[AKAD|Compendio Bildungsmedien]]:''Wirtschaft, Umwelt und Raum'' 1. Auflage 2009 S.97</ref>
[[Moritz Leuenberger]] (Schweizer Verkehrsminister), UMWELT 1/2001<ref>{{Webarchiv|url=http://www.bafu.admin.ch/dokumentation/umwelt/00111/00460/00835/index.html?lang=de |wayback=20070810190147 |text=bafu.admin.ch |archiv-bot=2022-08-21 20:53:19 InternetArchiveBot }} Jetzt kommt die Eisenbahn zum Zug; Interview mit Moritz Leuenberger. Abgerufen am 30. Januar 2010</ref>, zur Problematik der fehlenden Kostenwahrheit im Schwerverkehr und mit Verweis auf die korrigierende [[LSVA]].<ref>[[AKAD|Compendio Bildungsmedien]]: ''Wirtschaft, Umwelt und Raum'' 1. Auflage 2009 S. 97</ref>


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />

[[Kategorie:Globalisierungskritischer Begriff]]
[[Kategorie:Gerechtigkeitsforschung]]
[[Kategorie:Volkswirtschaftslehre]]

Aktuelle Version vom 20. März 2023, 21:39 Uhr

Die synonymen Begriffe Verursachungsgerechtigkeit und Kostenwahrheit beschreiben einen Zustand in der Volkswirtschaftslehre, in dem nach dem Verursachungsprinzip alle Kosten, die infolge eines Tuns oder Unterlassens entstehen, von den Verursachern getragen werden.[1] Verursachungsgerechtigkeit ist somit das Resultat der Internalisierung sämtlicher Kosten, und internalisierte externe Effekte können Indikator für Verursachungsgerechtigkeit sein.[2] Fehlende Verursachungsgerechtigkeit kann (wie auch Externalitäten) zu Marktverzerrungen und Marktversagen führen und staatliches Eingreifen erfordern.

Fälschlicherweise wird das Wort Kostengerechtigkeit als Synonym für Kostenwahrheit verwendet.

Geschichte des Begriffs Kostenwahrheit

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Kostenwahrheit ist erstmals in den 90er Jahren in den Verhandlungen über die Transitverträge zwischen Österreich und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft aufgekommen.[3] Damals war von „Kostenunwahrheit“ die Rede, die dadurch entstünde, dass dem LKW-Transitverkehr die „wahren Kosten“ nicht angelastet würden, die Bahn allerdings die kompletten Kosten selbst zu tragen hätte. Somit hätte der Strassentransport den Vorteil, dass er seine Kosten nicht zu 100 % selbst finanzieren muss.

Tatsächlich trägt der Lkw-Verkehr nur rund 30 % der von ihm verursachten Kosten. Im untergeordneten Straßennetz beträgt die Kostendeckung gar nur 18 %.[4]

In der Schweiz deckt der Schwerverkehr seine externen Kosten mit der Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) zu 100 %. Eine Erhöhung im Jahr 2009 durch die zuständige Behörde führte zu einem jahrelangen Rechtsstreit über die Berechnungsmethoden, insbesondere zu Unfall- und Staukosten. Das Bundesgericht bestätigte am 8. August 2013 die Rechtmäßigkeit der Erhöhung.[5]

Eruieren der Verursachungsgerechtigkeit

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Bei der Messung oder Schätzung der Höhe der Kosten bzw. der Verursachungsungerechtigkeit können – je nach Verfahren − Differenzen auftreten. Beeinflusst durch wirtschaftliche Interessen oder politische Absichten können weitere Uneinigkeiten aufkommen, und folglich ist das, was Teil der Kosten und deren Höhe ist, typischerweise umstritten. Das heißt, es gibt keine allgemeingültige Verursachungsgerechtigkeit.

Die Ökonomen Reiner Eichenberger und David Stadelmann erklärten Anfang 2020, dass das Klimaproblem durch Kostenwahrheit „erstaunlich leicht zu bewältigen“ wäre. Zukünftige Schäden müssten hierfür wissenschaftlich geschätzt und ausnahmslos allen heutigen Verursachern über eine CO2-Steuer in Rechnung gestellt werden.[6]

Es ist unvernünftig, Kartoffeln von Deutschland nach Italien zu karren, sie dort zu reinigen und dann wieder zurück zu transportieren, um Pommes frites herzustellen. Betriebswirtschaftlich kann eine solche Rechnung nur aufgehen, wenn der Schwerverkehr auf der Strasse nicht seine vollen Kosten decken muss. Weil Mobilität generell zu billig ist, entsteht Anreiz für immer mehr fragwürdigen Verkehr.

Moritz Leuenberger (Schweizer Verkehrsminister), UMWELT 1/2001[7], zur Problematik der fehlenden Kostenwahrheit im Schwerverkehr und mit Verweis auf die korrigierende LSVA.[8]

Einzelnachweise

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  1. Compendio Bildungsmedien: Wirtschaft, Umwelt und Raum 1. Auflage 2009 S. 92
  2. google.ch/books Die schlanke Stadt: Kostenwahrheit als mögliches Steuerungsinstrument für Raumplanung; von Dr. Reinhard Steinlechner; S. 5
  3. Reinhard Steinlechner: Die schlanke Stadt. Kostenwahrheit als mögliches Steuerungsinstrument für Raumplanung. GRIN Verlag, 2008, ISBN 978-3-638-92728-4, S. 23
  4. Bundesministerium: Verkehr in Zahlen 2007. Kapitel 11: Wegekosten – Externe Kosten. S. 220 (PDF; 888 kB (Memento des Originals vom 11. Januar 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bmvit.gv.at)
  5. LSVA Bundesgericht segnet Erhöhung ab. In: Neue Zürcher Zeitung. 22. August 2013
  6. Gastkommentar: Wenn die Politik das Klimaproblem ehrlich und effizient angehen würde, wäre es leicht zu bewältigen – mittels Kostenwahrheit. In: nzz.ch. 3. Januar 2020, abgerufen am 11. Januar 2020 (registrierungspflichtig).
  7. bafu.admin.ch (Memento des Originals vom 10. August 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bafu.admin.ch Jetzt kommt die Eisenbahn zum Zug; Interview mit Moritz Leuenberger. Abgerufen am 30. Januar 2010
  8. Compendio Bildungsmedien: Wirtschaft, Umwelt und Raum 1. Auflage 2009 S. 97