„Schildvortrieb“ – Versionsunterschied

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[[Bild: Westportal bei Chorherrn mit Tunnelbohrmaschiene.jpg|thumb|250px|Schildvortriebsmaschine am Westportal des [[Wienerwaldtunnel|Wienerwaldtunnels]]/A]]
[[Bild:Schildvortriebsmaschine3.jpg|thumb|250px|Fräser einer Krupp KTF280 Schildvortriebsmaschine]]
[[Bild:Schildvortriebsmaschine2.jpg|thumb|250px|Fräsbild einer Krupp KTF280]]
[[Bild:Schildvortriebsmaschine1.jpg|thumb|250px|Krupp KTF280]]


Der '''Schildvortrieb''' ist ein [[Bauverfahren]] des [[Tunnelbau]]s. Ein rundes [[Schneidwerkzeug]], der meist mit [[Hartmetall]]-Zähnen ausgerüstete Schild, wird von einer [[Maschine]] rotierend an der [[Bergmannssprache|Tunnelbrust]] in das Bergmaterial vorgeschoben. Über Aussparungen im Schild fällt das herausgeschnittene Material hinter den Schild und wird von [[Bandförderer|Muldengurtförderbändern]] abtransportiert.
Der '''Schildvortrieb''' ist ein [[Bauverfahren]] des [[Tunnelbau]]s, bei dem die Tunnelbohrmaschine durch ein Schild (ein- oder mehrgliedrig) geschützt wird. Dieses maschinelle Verfahren kommt vorrangig beim Tunnelbau in nicht standfesten und verwitterten Felsformationen zum Einsatz.


== Verfahrenskennzeichen ==
Das Schildvortriebsverfahren ist ein [[Vollschnittmaschine|Vollschnittbetrieb]], bei dem ein Werkzeug, der Schild eben, in seinem Umlauf voll im Schnitt steht. Es gibt auch andere Tunnelbauverfahren, wie mit [[Teilschnittmaschine]]n. Vollschnittmaschinen für den Schildvortrieb sind extrem teure, jedoch hoch effiziente Investitionsgüter, die für den Einsatz über lange Zeiträume konstruiert und gebaut werden und international ausgeliehen werden; es gibt nur wenige von ihnen auf der Welt.
Eine Tunnelbohrmaschine für den Schildvortrieb verfügt über die folgenden Baugruppen, die mit dem Schild, einer stahlröhrenartigen Konstruktion, umgeben und damit geschützt werden:
* Abbauschild mit Vorschub- und Verspanneinrichtungen
* Einrichtungen für den Einbau von Stütz- und Ausbaumaßnahmen
* Einrichtungen zum Materialabtransport (Schutteranlagen)
* Versorgungseinheit (Strom, Druckluft, Bewetterung, Wasser)
* Transporteinrichtungen für Ausbruchsmaterial, Stützmittel und Ausbaumaterialien
Die Tunnelauskleidung – meist aus Betonfertigteilen ([[Tübbing]]s) - wird im Schutze des hinteren Schildmantels, des sog. Schildschwanzes, eingebaut.


== Aufbau und Typen ==
Wie bei allen [[Tunnelbohrmaschine|Bergwerksmaschinen]] kommt es auch bei ihnen darauf an, in einem eng umgrenzten Baubereich des Tunnel- oder Schachtquerschnitts eine hohe Antriebs[[Leistung (Physik)|leistung]] unterzubringen.
''s. Hauptartikel [[Tunnelbohrmaschine]]''


== Arbeitsschritte beim Tunnelvortrieb ==
Die Schildvortriebsmaschine stellt ein geeignetes Instrument dar, Felseinbrüche und andere unerwünschte Ereignisse im Tunnelbau zu vermeiden.
''s. Hauptartikel [[Tunnelbohrmaschine]]''


Animation der Arbeitsabfolgen unter
Der Einbau einer Tunnel-Auskleidung mittels [[Tübbing]]s oder Extruderbeton kann direkt im Schildschwanzbereich geschehen. Hierdurch wird die Einsturzgefahr verringert, da der Schild und die [[Tübbing]]auskleidung ein geschlossenes System bilden. Außerdem besteht kein direkter Kontakt zum Fels. Der Abbauraum kann als Druckkammer ausgebildet werden.

== Herstellerfirmen und Maschinenentwicklung ==
''s. Hauptartikel [[Tunnelbohrmaschine]]''


== Geschichte ==
== Geschichte ==
Der Schildvortrieb wurde von Sir [[Marc Isambard Brunel]], einem emigrierten Franzosen, und [[Thomas Cochrane]] für den Bau des 400 m langen [[Thames Tunnel]]s unter der Themse in London (1825–1843) entwickelt. Er ließ sich dafür vom [[Schiffsbohrwurm]] inspirieren, eigentlich eine Muschelart, die ihre Schale zum Vortrieb einsetzt, und mit kalkhaltigen Sekretausscheidungen das Loch verstärkt. Seine Methode nutzte noch einen rechteckigen Kasten mit offenen Seiten, in dem Arbeiter neben- und übereinander an der Vortriebswand arbeiteten, während die seitlichen Wände gemauert wurden. Der Vortriebskasten wurde dabei immer ein Stück nachgerückt. Eine Reihe von technischen Problemen und Wassereinbrüchen führten jedoch zu erheblichen Verzögerungen, und machten das Vorhaben letztlich zum finanziellen Desaster. Obwohl der Tunnel selbst fertiggestellt wurde, fehlte das Geld für Zufahrten und den [[Trassenbau]] zur Heranführung des gerade aufblühenden städtischen Schienenverkehrs.
Der Schildvortrieb wurde von Sir [[Marc Isambard Brunel]], einem emigrierten Franzosen, und [[Thomas Cochrane]] für den Bau des 400 m langen [[Thames Tunnel]]s unter der Themse in London (1825–1843) entwickelt. Er ließ sich dafür vom [[Schiffsbohrwurm]] (teredo navalis) inspirieren, einer Muschel, die sich mit den Raspeln zu Zähnen zurückgebildeten Schalen vorn ihren Weg gräbt und ihn hinter sich mit einer Röhre aus körpereigenen kalkhaltigen Sekreten sichert. Sie bohrt sich als Salzwasserbewohnerin mit Vorliebe durch Schiffsholz, daher der Name.

Der Ingenieur entwickelt aus diesem Prinzip eine Bauweise – vorne graben und hinten sichern –, die er sich 1818 patentieren ließ. Er verfolgte mit ihr ein ehrgeiziges Projekt: Mitten in London begann er, einen 400 Meter langen Tunnel mit zwei Röhren im Schildvortrieb unter der Themse hindurch zu bauen. Seine Methode nutzte noch einen rechteckigen Kasten mit offenen Seiten, in dem Arbeiter neben- und übereinander an der Vortriebswand arbeiteten, während die seitlichen Wände gemauert wurden. Der Vortriebskasten wurde dabei immer ein Stück nachgerückt.

Eine Reihe von technischen Problemen und Wassereinbrüchen führten zu erheblichen Verzögerungen und machten das Vorhaben letztlich zum finanziellen Desaster. Obwohl der Tunnel selbst nach fast 20-jähriger Bauzeit 1843 fertiggestellt wurde, fehlte das Geld für Zufahrten und den Trassenbau zur Heranführung des gerade aufblühenden städtischen Schienenverkehrs. In dem renovierten Tunnel unterquert heute die U-Bahn-Linie East London Line die Themse.


Die Methode wurde von Sir [[Peter William Barlow]] weiterentwickelt, der 1869 mit einem Bau eines Themsetunnels für die [[London Underground|Londoner U-Bahn]] beauftragt wurde. Statt eines Kastens setzte er eine runde Vortriebsplatte ein, und die Abstützung erfolgte nicht mehr durch Mauerwerk, sondern durch Eisensegmente, die miteinander verschraubt werden – diese Stützsegmente sind die Vorläufer der heutigen [[Tübbing]]s. Sein Assistent [[James Henry Greathead]] verbesserte die Technik weiter ([[Tower Subway]]), und erfand den nach ihm benannten [[Greatheadschild]], mit hydraulischen Pressen zum Vortrieb und Überdruck zur Verhinderung von Wassereinbrüchen.
Die Methode wurde von Sir [[Peter William Barlow]] weiterentwickelt, der 1869 mit einem Bau eines Themsetunnels für die [[London Underground|Londoner U-Bahn]] beauftragt wurde. Statt eines Kastens setzte er eine runde Vortriebsplatte ein, und die Abstützung erfolgte nicht mehr durch Mauerwerk, sondern durch Eisensegmente, die miteinander verschraubt werden – diese Stützsegmente sind die Vorläufer der heutigen [[Tübbing]]s. Sein Assistent [[James Henry Greathead]] verbesserte die Technik weiter ([[Tower Subway]]), und erfand den nach ihm benannten Greatheadschild, mit hydraulischen Pressen zum Vortrieb und Überdruck zur Verhinderung von Wassereinbrüchen.


== Weblinks ==
== Weblinks ==

Version vom 21. August 2011, 12:57 Uhr

Schildvortriebsmaschine am Westportal des Wienerwaldtunnels/A

Der Schildvortrieb ist ein Bauverfahren des Tunnelbaus, bei dem die Tunnelbohrmaschine durch ein Schild (ein- oder mehrgliedrig) geschützt wird. Dieses maschinelle Verfahren kommt vorrangig beim Tunnelbau in nicht standfesten und verwitterten Felsformationen zum Einsatz.

Verfahrenskennzeichen

Eine Tunnelbohrmaschine für den Schildvortrieb verfügt über die folgenden Baugruppen, die mit dem Schild, einer stahlröhrenartigen Konstruktion, umgeben und damit geschützt werden:

  • Abbauschild mit Vorschub- und Verspanneinrichtungen
  • Einrichtungen für den Einbau von Stütz- und Ausbaumaßnahmen
  • Einrichtungen zum Materialabtransport (Schutteranlagen)
  • Versorgungseinheit (Strom, Druckluft, Bewetterung, Wasser)
  • Transporteinrichtungen für Ausbruchsmaterial, Stützmittel und Ausbaumaterialien

Die Tunnelauskleidung – meist aus Betonfertigteilen (Tübbings) - wird im Schutze des hinteren Schildmantels, des sog. Schildschwanzes, eingebaut.

Aufbau und Typen

s. Hauptartikel Tunnelbohrmaschine

Arbeitsschritte beim Tunnelvortrieb

s. Hauptartikel Tunnelbohrmaschine

Animation der Arbeitsabfolgen unter

Herstellerfirmen und Maschinenentwicklung

s. Hauptartikel Tunnelbohrmaschine

Geschichte

Der Schildvortrieb wurde von Sir Marc Isambard Brunel, einem emigrierten Franzosen, und Thomas Cochrane für den Bau des 400 m langen Thames Tunnels unter der Themse in London (1825–1843) entwickelt. Er ließ sich dafür vom Schiffsbohrwurm (teredo navalis) inspirieren, einer Muschel, die sich mit den Raspeln – zu Zähnen zurückgebildeten Schalen – vorn ihren Weg gräbt und ihn hinter sich mit einer Röhre aus körpereigenen kalkhaltigen Sekreten sichert. Sie bohrt sich als Salzwasserbewohnerin mit Vorliebe durch Schiffsholz, daher der Name.

Der Ingenieur entwickelt aus diesem Prinzip eine Bauweise – vorne graben und hinten sichern –, die er sich 1818 patentieren ließ. Er verfolgte mit ihr ein ehrgeiziges Projekt: Mitten in London begann er, einen 400 Meter langen Tunnel mit zwei Röhren im Schildvortrieb unter der Themse hindurch zu bauen. Seine Methode nutzte noch einen rechteckigen Kasten mit offenen Seiten, in dem Arbeiter neben- und übereinander an der Vortriebswand arbeiteten, während die seitlichen Wände gemauert wurden. Der Vortriebskasten wurde dabei immer ein Stück nachgerückt.

Eine Reihe von technischen Problemen und Wassereinbrüchen führten zu erheblichen Verzögerungen und machten das Vorhaben letztlich zum finanziellen Desaster. Obwohl der Tunnel selbst nach fast 20-jähriger Bauzeit 1843 fertiggestellt wurde, fehlte das Geld für Zufahrten und den Trassenbau zur Heranführung des gerade aufblühenden städtischen Schienenverkehrs. In dem renovierten Tunnel unterquert heute die U-Bahn-Linie East London Line die Themse.

Die Methode wurde von Sir Peter William Barlow weiterentwickelt, der 1869 mit einem Bau eines Themsetunnels für die Londoner U-Bahn beauftragt wurde. Statt eines Kastens setzte er eine runde Vortriebsplatte ein, und die Abstützung erfolgte nicht mehr durch Mauerwerk, sondern durch Eisensegmente, die miteinander verschraubt werden – diese Stützsegmente sind die Vorläufer der heutigen Tübbings. Sein Assistent James Henry Greathead verbesserte die Technik weiter (Tower Subway), und erfand den nach ihm benannten Greatheadschild, mit hydraulischen Pressen zum Vortrieb und Überdruck zur Verhinderung von Wassereinbrüchen.