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RE:Blei

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Metall
Band III,1 (1897) S. 561 (IA)–564 (IA)
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Blei, griechisch μόλυβδος oder μόλιβος, in diesen beiden Formen schon bei Homer vorkommend (Il. XI 237 und μολύβδαινα XXIV 80); darnach erklären die späteren Grammatiker die Formen μόλιβδος und μόλυβος für falsch, Etym. M. 590, 8. Zonar. lex. II p. 1366 Tittm. Eust. ad Il. XXIV 81 p. 1340, 29; in den Hss. schwankt die Orthographie beständig, vgl. Jacobs zu Anth. Pal. VI 63 p. 137. Lat. plumbum nigrum (plumbum album ist Zinn). Das unscheinbare, wertlose, aber seiner mannigfaltigen praktischen Verwendbarkeit halber sehr nützliche Metall wurde an zahlreichen Stellen der alten Welt gewonnen. So überall in den Silberbergwerken als Nebenproduct des Silbers: in Laurion (vgl. Arist. oecon. p. 1353 a 15 nach der von Sylburg vorgeschlagenen, von Boeckh Kl. Schr. V 95 verteidigten Verbesserung von Τυρίων in Λαυρίων), in Makedonien (Tot. orb. descr. 51), ganz besonders aber in Spanien (Cantabrien, Plin. IV 112. XXXIV 138; in Hispania Baetica, bes. das Iovetanum, Oleastrum, Samariense, Antonianum, Plin. XXXIV 164f.; von Castulo Strab. III 148) und Britannien (Plin. ΧΧΧIV 158; abgestempelte B.-Barren aus röm. Kaiserzeit, in der die Bergwerke staatlich waren, sind hier sehr häufig, vgl. Way Archaeol. Journ. XVI 22. XXIII 277. Hübner Rh. Mus. N. F. XII 347. XIV 363. CIL VII 220f. 1214f. Arch. Anz. XV 35). Andere Productionsorte sind nach den Nachrichten der Alten Gallien (Plin. XXXIV 164), die Kassiteriden (Plin. VII 197). die Insel Capraria von den Balearen (Plin. XXXIV 164) u. a. m., nach Funden und Resten der alten Ausbeutung Sardinien (Arch. Ztg. XL 282), das Gebiet von Carthago, verschiedene Gegenden Germaniens; vgl. im allgemeinen Frantz Ztg. f. Berg- und Hüttenw. 1880, 450. Haupt ebd. 1883, 290. Daubrée Rev. arch. N. S. XVII 200. Gurlt Rhein. Jahrb. LXXIX 252. Blümner Technologie IV 86 u. s. Über die Gewinnung des B. in [562] den Bergwerken, metalla plumbaria (Plin. XXXIII 119), officinae plumbariae (ebd. 86. XXXIV 175. CIL VI 8461) s. Haupt a. a. O. Blümner a. a. O. 147f. Nach Plin. XXXIV 159 war die Reihenfolge bei der Verhüttung die, dass erst das sog. stagnum, Werkblei, gewonnen wurde, hieraus das Silber ausgeschieden und aus der zurückbleibenden galena, B.-Glätte, das B. ausgeschmolzen wurde. Was die technische Anwendung des B. anlangt, so ist dasselbe für künstlerische Zwecke nur selten verwendet worden, da es sich seiner Beschaffenheit nach dazu nicht eignet. Figuren aus B. dienten im wesentlichen zu Votivgaben für Ärmere; so sicher die im Menelaion in Sparta gefundenen, Ross Arch. Ztg. XII 217 Taf. 65 (Arch. Aufs. II 341); anderes s. Compte rendu de St. Petersb. 1874 pl. 1, 11–24. Arch. Anz. XII 485. XXII 195. 253. 1892, 112. Collect. Ravestein Catal. II 50. III 469. Arch. Jahrb. II 205; manches, wie der kleine bleierne Köcher Ann. d. Inst. XIV tav. d’agg. K, diente vielleicht als Kinderspielzeug. Ferner wurde B. zu Gefässen verschiedener Art verarbeitet: Aschenurnen (oft in der Weise, dass die Asche in einem gläsernen oder thönernen Behälter im bleiernen aufbewahrt wurde) haben sich mehrfach erhalten, s. Bull. d. Inst. 1830, 10. 1867, 98. Bull. mon. XIX 462; vgl. Paul. p. 46, 18: ampullae plumbeae; auch Sarkophage, Arch. Anz. XXII 149, 14. XXV 89. Rhein. Jahrb. LXXII 117. Auch andere Gefässe wurden aus B. hergestellt, nicht selten künstlerisch mit (gepressten oder gegossenen) Reliefs verziert, wie das bei Overbeck Pompei⁴ 621 Fig. 317 (Mus. Borb. XII 46) abgebildete, vgl. auch die Schale bei Gerhard Ant. Bildw. Taf. 87, 1–4; manche der erhaltenen B.-Reliefs gehörten vielleicht zu solchen Gefässen; vgl. Arch. Ztg. XXXIX 260. XL 276, und die bleiernen Medaillons Bull. d. Inst. 1861, 245. Rhein. Jahrb. LXVII 12. XC 225. Einfachere fanden Verwendung in der Landwirtschaft für verschiedene Zwecke, Plin. XIV 136. Cat. de agr. 105, 1. Colum. XII 19, 4. 52, 10. Geop. II 4, 2. 6, 42. X 18, 6; ferner zur Aufbewahrung medicinischer und ganz besonders kosmetischer Salben und Fette, Theophr. de odor. 41. Plin. XIII 19. XXXII 68. 135. Mart. VI 55, 3; vgl. Ath. XIV 621 A. Büchse aus B., Arch. Anz. X 224; Gefässdeckel, Rhein. Jahrb. LXVI 96. XC 41. Sodann spielte das B. eine sehr wichtige Rolle als Material der Röhren für die Wasserleitungen, vgl. Hor. ep. I 10, 20. Plin. XXXI 57. XXXIV 164. Stat. Silv. I 3, 67. Paus. IV 35, 12; erhalten haben sich Reste solcher in beträchtlicher Menge, vielfach mit den Fabrikstempeln versehen; vgl. Marquardt Röm. Privatl. 716f. Als anderweitige B.-Fabrikate nennen wir: die Kugeln oder Gewichte, mit denen Angeln und Netze beschwert wurden, schon bei Hom. Il. XXIV 80, vgl. ferner Plat. rep. VII 519 B. Ael. n. a. I 2. Plut. prof. in virt. 1 p. 75 Β; non poss. suav. viv. sec. Epic. 14 p. 1096 C; auch sonst Gewichte, vgl. Friederichs Berl. ant. Bildw. II nr. 908ff. Arch. Anz. XIX 233. XXII 285. Arch. Ztg. XXXV 80. XXXVII 104. Arch. Anz. f. 1889, 94 u. a. m. Dass die Schiffsanker auch aus B. gemacht wurden, darauf deutet Luc. Iup. trag. 47. Oft erwähnt wird das B.-Lot der Zimmerleute und Maurer, die στάθμη, Poll. VII 125. X 147. Anth. [563] Pal. VI 103, 1. Ammon. p. 124. Callim. frg. in Etym. M. 233, 6. Hesych. s. κάθετος und mehr bei Blümner Technol. II 234f., noch erhaltene Exemplare Friederichs a. O. nr. 1199ff. Bekannt sind die Schleuderbleie der Alten, Xen. an. III 3, 17, vgl. 4, 17. Polyb. XXVII 9, 6. Plut. Anton. 41. Appian. Mithr. 31. Ovid. met. II 727. Poll. X 146; es haben sich zahlreiche Proben davon, vielfach mit Inschriften versehen, noch erhalten, vgl. Henzen Ann. d. Inst. 1853, 122. Vischer Kl. Schriften II 241 ff. Droysen Griech. Kriegsaltert. 20f. B.-Hanteln erwähnt Luc. Lexiph. 5; Anach. 27. Jüthner Antike Turngeräte 5 fig. 3a; ein bleierner Diskos im Berliner Antiquarium, Friederichs a. a. O. nr. 1274, der aber nach Jüthner a. a. O. 23 nicht zum Wurf gedient hätte. Unter den Funden sind auch sehr häufig die sog. piombi, Marken von B. mit eingepressten Zeichen oder Inschriften, die teils als Spielmarken, als Eintrittsmarken bei öffentlichen Schauspielen u. dergl., teils als kaufmännische Stempel und Waarenbezeichnungen dienten; vgl. darüber Benndorf Beitr. z. Kunde d. att. Theaters 42ff., anderes bei Sittl Archaeol. d. Kunst 202, 2. Hieher gehören auch die bleiernen bullae, die den römischen Soldaten als Erkennungszeichen dienten, CIL VIII 1269. add. 313. Ephem. epigr. III 144. 318. IV 209. Rhein. Jahrb. LXIV 31. Münzen aus B. sind bisweilen ausgegeben worden (vgl. Her. III 56) und haben sich auch in manchen Exemplaren noch erhalten (gallische B.-Münzen aus Alesia, Rev. arch. N. S. X 322; anderes Hofmann D. Blei b. d. Völk. d. Altert. 33). Unter den Schreibgeräten der Alten übernahm das B. (in runder Scheibenform) die Rolle unseres Bleistiftes, indem man sich damit die Linien vorzog, weshalb es besonders in den Epigrammen oft genannt wird, Anth. Pal. VI 62–68; vgl. Catull. 22, 8. Plin. XXXIII 60. Gardthausen Gr. Palaeogr. 67. B.-Plättchen dienten als Schreibmaterial (Plin. XIII 69. Paus. IX 31, 4), besonders für Orakelanfragen und Antworten (wie die in Dodona in reicher Zahl gefundenen, Carapanos Dodone pl. 34ff. Bursian S.-Ber. Akad. Münch. 1878, 9ff.), für Verwünschungen, Beschwörungen u. dergl., Tac. ann. II 69; erhaltene Exemplare CIG 538f. 1034. Ann. d. Inst. 1846, 203ff. Arch. Ztg. XXXIX 260. 309. XL 178. Wachsmuth Rh. Mus. XVIII 559. XXIV 474; vgl. Art. Bleitafeln. Eine sehr ausgebreitete Verwendung fand dann das B. bei allerlei technischen Verfahrungsweisen, bei denen seine Zähigkeit, seine Schwere und seine leichte Schmelzbarkeit in Betracht kamen. Mit B. befestigte man thönerne Fässer, indem man Reifen davon herumlegte, Cato agr. 39, 1 (auch um Bäume werden solche gelegt, was freilich mehr mit Aberglauben zusammenhängt, Pall. IV 10, 3. Geop. X 87, 3); ferner flickte man zerbrochene Thongefässe, indem man sie mit B. umflocht, Iuv. 14, 310. Varro bei Non. p. 544, 16. Bei Bauten wurden die einzelnen Teile durch bleierne Dübel verbunden, Poll. X 96. CIA I 319, 12. 324 c 38; vgl. Friederichs a. a. O. nr. 1208 a; und sehr gewöhnlich war es, dass hölzerne, bronzene, eiserne Dübel, mit denen Werkstücke aus Stein oder Metall verbunden wurden (wie z. Β. die Quadern eines Baues, Säulentrommeln, Statuen mit Postamenten u. dergl. m.), einen ihre Lage [564] festigenden B.-Umguss erhielten, Thuc. I 93, 5. Cato agr. 20, 2. 21, 5. Anth. Pal. IX 723, 1. CIA II 250, 10; vgl. Blümner Technol. III 96f. Für Lötung ist B. entweder rein oder mit Zinn legiert, besonders für Gegenstände aus Erz und Silber, zur Verwendung gekommen; Näheres, freilich in etwas undeutlicher Form ausgedrückt, bei Plin. XXXIII 94. XXXIV 158f.; vgl. Blümner a. a. O. IV 290ff. und über ferruminare und adplumbare die Abhandlung von Göppert Bresl. 1869, nebst Rudorffs Ztschr. f. Rechtsgesch. IX 241. Auf die Bedeutung, die das B. in der Goldgewinnung zur Scheidung des reinen Goldes hat (beim sog. Caementationsverfahren, Theogn. 417. Luc. hist. conscr. 34. Plin. XXXIII 60. Blümner IV 133), sowie als Zusatz bei Bronzelegierungen (Plin. XXXIV 95ff. Blümner 182ff.), kann hier nicht näher eingetreten werden, ebenso wenig auf die medicinische Verwendung des B. (Plin. XXVIII 164. XXXII 126. XXXIV 166ff.), bei der neben dem wirklichen pharmakologischen Nutzen des Metalls auch der Aberglauben eine Rolle spielte, da man auch den auf dem Körper getragenen B.-Platten oder Blechen allerlei Wirkung zuschrieb, vgl. Plin. XXXIV 166. Suet. Nero 20 u. s. Bd. I S. 51.

Von den Nebenproducten des B., wie der vornehmlich zu medicinischen Zwecken dienenden B.-Glätte (molybditis), B.-Glanz (molybdaena, galena) u. a. m. (vgl. Blümner a. a. O. IV 154. 159 u. s.), verdient besondere Beachtung das B.-Weiss, ψιμύθιον, cerussa, das in folgender Weise gewonnen wurde: man legte B.-Ziegel auf einem Rohrgeflecht über Essig in einem Thongefäss, das man gut verschloss; hatte sich eine Kruste am B. gebildet, so schabte man sie ab und stellte das übrige B. wieder an den alten Platz. Das Abgeschabte wurde in einem Mörser mit Wasser zerrieben, das B.-Weiss setzte sich dann am Boden ab. Vgl. Theophr. lapid. 56. Diosc. V 103. Vitr. VII 12, 1. Plin. XXXIV 175. Gal. ΧIIΙ 415f. XIV 9. Die besten Sorten kamen aus Rhodos, Korinth und Lakedaimon, geringere von Dikaiarchia (Puteoli). Als Malerfarbe war B.-Weiss in der Frescotechnik nicht verwendbar, hat dagegen in der Tafelmalerei Anwendung gefunden, s. Plin. a. a. O. Eine sehr starke Verwendung fand es als Schminke, vgl. Xen. oec. 10, 2 Lys. XII 14. Eubul. bei Ath. XIII 557 E. Alexis ebd. 568 C. Plaut. Most. 258. Ovid. med. fac. 73 Mart. I 72, 6. II 41, 12. VII 25, 2 u. s. Βecker-Göll Charikles I 262; Gall. III 164.

Als zusammenfassende Darstellung ist zu vgl. K. B. Hofmann Das B. bei den Völkern des Altertums, Berlin 1885 (leider ohne Stellenangaben); ferner ausser den schon angeführten Abhandlungen vornehmlich Bapst in der Rev. archéol. III Sér. I 100ff.