Wolfgang Petersen
Wolfgang Petersen (* 14. März 1941 in Emden) ist ein deutscher Filmregisseur, Drehbuchautor und Filmproduzent.
Leben
Kindheit, Jugend und erste Arbeiten im Regiefach
Petersen, Sohn eines Marine-Offiziers, wurde 1941 in einem Wohnhaus im Emder Behördenviertel geboren, wuchs aber während des Zweiten Weltkriegs in Mecklenburg auf. Danach zogen seine Eltern zunächst zurück in Petersens Geburtsort Emden, wo sie in einer Barackensiedlung im Stadtteil Port Arthur/Transvaal nahe dem Hafen lebten. 1950 zog Petersen dann nach Hamburg-Bramfeld. Bereits während seiner Schulzeit auf der Gelehrtenschule des Johanneums drehte er mit einer 8-mm-Kamera erste Filme.
Die erste Regiearbeit lieferte Petersen am Jungen Theater in Hamburg, wo er in verschiedenen Kinderaufführungen Regie führte. Daneben arbeitete er auch als Regieassistent und Schauspieler, besuchte eine Schauspielschule und begann 1965 ein Studium der Theaterwissenschaft in Berlin und Hamburg.
1966 wechselte er zur Deutschen Film- und Fernsehakademie und drehte als Studienarbeiten einige Kurzfilme (darunter Der Eine – Der Andere und Ich nicht) sowie als Abschlussarbeit den Film Ich werde dich töten, Wolf (1969). Daneben inszenierte er noch einige Theaterstücke in Hamburg.
Karriere in Deutschland
Ab 1971 arbeitete Petersen für das Fernsehen und drehte u. a. sechs Tatort-Folgen für den NDR, einen Fernsehfilm für den WDR (Van der Valk und die Reichen) und weitere Fernsehproduktionen. Die Tatort-Folge Reifezeugnis mit Nastassja Kinski und Christian Quadflieg ist nach Tatort: Rot – rot – tot bis heute der zweiterfolgreichste Tatort überhaupt.[1]
Seinen ersten Kinofilm konnte Petersen 1973/1974 umsetzen: Einer von uns beiden. Bei der Besetzung griff er auf einen relativ festen Stamm von Mitarbeitern zurück, darunter der Kameramann Charly Steinberger, der Schauspieler Jürgen Prochnow und der Komponist Klaus Doldinger. Der Film Die Konsequenz löste 1977 einen Skandal aus, als der BR sich aus der Übertragung der Erstausstrahlung im Fernsehen ausschaltete, da die Sendeanstalt der Überzeugung war, das Thema des Films, Homosexualität, sei nicht für ihr Publikum geeignet. Als der Film kurz darauf offiziell im Kino anlief, war er jedoch auch in Bayern zu sehen.
1980 übertrug die Produktionsfirma Bavaria Film Petersen die Regie zu der Großproduktion Das Boot, die sich vor allem in den USA zum Kassenschlager entwickelte und dort zum bis dahin erfolgreichsten fremdsprachigen Film avancierte. In Deutschland war der Film bei der Erstaufführung mit 2,3 Millionen Zuschauern zunächst mittelmäßig erfolgreich, wurde aber durch Wiederaufführungen und Fernsehausstrahlungen auch hier zu einem der bekanntesten und erfolgreichsten deutschen Filme.
Nach diesem ersten großen Erfolg drehte Petersen mit einem Budget von über 50 Millionen DM (rund 25,6 Mio. Euro) die bis dahin teuerste deutsche Nachkriegsproduktion: Die unendliche Geschichte.
Karriere in Hollywood
Der Science-Fiction-Film Enemy Mine – Geliebter Feind entstand 1984 in deutsch-amerikanischer Koproduktion. Gedreht wurde er fast vollständig in den Münchner Bavaria-Studios. 1986 zog Petersen nach Los Angeles. Gemeinsam mit der Produzentin Gail Katz internationalisierte er sein Produktionsunternehmen Radiant Film als Radiant Productions.[2] Katz fungierte als CEO des Unternehmens. Petersen drehte in Hollywood weitere Filme für den internationalen Markt und konzipierte Blockbuster wie zum Beispiel Tod im Spiegel, In the Line of Fire – Die zweite Chance, Outbreak – Lautlose Killer, Air Force One, Der Sturm, Poseidon und Troja. Sechs Filme, für die Wolfgang Petersen verantwortlich zeichnete, erzielten dabei Einspielergebnisse von (inflationsbereinigt) jeweils über 100 Mio. Dollar, mit Das Boot sogar sieben. Alle seine Filme bringen es zusammen bislang auf 15 Oscarnominierungen, darunter allein sechs Nominierungen für Das Boot (Regie, Drehbuchadaption, Kamera, Schnitt, Ton und Tonschnitt).
Persönliches
Von 1970 bis 1978 war Petersen mit der Schauspielerin Ursula Sieg verheiratet. 1978 heiratete er die Regieassistentin Maria Borgel, die daraufhin den Namen Maria Borgel-Petersen annahm.
Sonstiges
Petersen war 2003 eines der Gründungsmitglieder der Deutschen Filmakademie.
Filmografie
Regie und Regieassistenz
- 1965: Stadt auf Stelzen (TV) – Aufzeichnung einer Aufführung des Lessing-Theaters, Hamburg
- 1967: Der Eine, der Andere (auch Drehbuch)
- 1967: Kuckucksjahre (Regieassistenz)
- 1968: Die rote Fahne (erstaufgeführt 1996)
- 1969: Ich nicht (auch Drehbuch)
- 1971: Ich werde dich töten, Wolf (auch Drehbuch)
- 1971: Tatort: Blechschaden
- 1972: Anna und Totò
- 1972: Tatort: Strandgut
- 1973: Smog
- 1973: Tatort: Jagdrevier
- 1973: Van der Valk und die Reichen
- 1974: Tatort: Nachtfrost
- 1974: Einer von uns beiden
- 1974: Aufs Kreuz gelegt
- 1975: Die Stadt im Tal (Fernsehzweiteiler)
- 1975: Stellenweise Glatteis
- 1975: Tatort: Kurzschluß
- 1976: Hans im Glück
- 1976: Vier gegen die Bank
- 1977: Tatort: Reifezeugnis
- 1977: Planübung (auch Drehbuch)
- 1977: Die Konsequenz (auch Drehbuch)
- 1978: Schwarz und weiß wie Tage und Nächte
- 1981: Das Boot (auch Drehbuch)
- 1984: Die unendliche Geschichte (The NeverEnding Story) (auch Drehbuch)
- 1985: Enemy Mine – Geliebter Feind (Enemy Mine)
- 1991: Tod im Spiegel (Shattered) (auch Drehbuch)
- 1993: In the Line of Fire – Die zweite Chance (In the Line of Fire)
- 1995: Outbreak – Lautlose Killer (Outbreak)
- 1997: Air Force One
- 2000: Der Sturm (The Perfect Storm)
- 2004: Troja (Troy)
- 2006: Poseidon
- 2016: Vier gegen die Bank (Remake)
Produzent
- 1997: Red Corner – Labyrinth ohne Ausweg (Red Corner)
- 1999: Der 200 Jahre Mann (Bicentennial Man)
- 2001: The Agency – Im Fadenkreuz der C.I.A. (The Agency)
Auszeichnungen
Platz | Film |
---|---|
79 | Das Boot |
- 1973: Prix Italia, Prix Futura für Smog
- 1974: Deutscher Filmpreis in Gold für Einer von uns beiden (Beste Nachwuchsregie)
- 1978: Adolf-Grimme-Preis mit Bronze (zusammen mit Alexander Ziegler) und Deutscher Kritikerpreis für Die Konsequenz
- 1981: Bayerischer Filmpreis in der Sparte Regie für Das Boot
- 1982: Deutscher Filmpreis, Goldene Leinwand für Das Boot
- 1983: Oscarnominierungen in der Kategorie Beste Regie und Bestes adaptiertes Drehbuch für Das Boot
- 1984: Goldene Leinwand für Die Unendliche Geschichte
- 1985: Goldener Gong für Das Boot
- 1987: Bundesverdienstkreuz 1. Klasse
- 1997: Bambi als Bester Regisseur für Air Force One
- 2003: Bayerischer Verdienstorden
- 2006: Franz-von-Assisi-Medaille des Deutschen Tierschutzbundes
- 2007: Goldene Kamera in der Kategorie Jubiläum
- 2010: Stern auf dem Boulevard der Stars in Berlin
- 2012: Deutscher Regiepreis Metropolis für sein Lebenswerk[4]
Literatur
- Tim Heptner (Hrsg.) Deutsches Filminstitut/Deutsches Filmmuseum: Das Boot. Auf der Suche nach der Crew der U96. Henschel Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-89487-550-X.
- Helmut Sorge: Ab nach Amerika! – Ausgewanderte erzählen. Collection Rolf Heyne, München 2009, ISBN 978-3-89910-438-7.
- Hans-Michael Bock (Hrsg.): CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film. (Loseblattsammlung), B1-B6, F1-F22, E1-E22. edition text + kritik, München 2012, ISBN 978-3-86916-158-7.
Weblinks
- Literatur von und über Wolfgang Petersen im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Wolfgang Petersen in der Internet Movie Database (englisch)
- Wolfgang Petersen bei crew united
- Wolfgang Petersen bei filmportal.de
- Starpower Wolfgang Petersen – Box-Office-Ergebnisse von Petersens Filmen
- Wenn das Homer noch erlebt hätte! Artikel in der taz, 13. Mai 2004
- Spiegelonline: Wolfgang Petersen. Alle Artikel und Hintergründe
- The Swedish Film Database: Maria-Antoinette Borgel
Einzelnachweise
- „Rot – rot – tot“: Der Rekord-„Tatort“ beim SWR
- Christine Haase: When Heimat Meets Hollywood: German Filmmakers and America, 1985-2005. Studies in German Literature, 2007, ISBN 978-1571132796, Seite 83.
- Die Top 250 der IMDb (Stand: 25. April 2020)
- Focus online vom 29. November 2012, Film:Regie-Ehrenpreis für Wolfgang Petersen, abgerufen am 30. November 2012