Syngenit
Syngenit ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfate (einschließlich Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate)“ mit der chemischen Zusammensetzung K2Ca[SO4]2·H2O[3] und ist damit chemisch gesehen ein wasserhaltiges Kalium-Calcium-Sulfat.
Syngenit | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
Andere Namen | |
Chemische Formel | K2Ca[SO4]2·H2O[3] |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Sulfate (einschließlich Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate) |
System-Nr. nach Strunz und nach Dana |
7.CD.35 (8. Auflage: VI/C.15) 29.03.01.01 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | monoklin |
Kristallklasse; Symbol | monoklin-prismatisch; 2/m[4] |
Raumgruppe | P21/m (Nr. 11)[3] |
Gitterparameter | a = 9,77 Å; b = 7,15 Å; c = 6,25 Å β = 104,0°[3] |
Formeleinheiten | Z = 2[3] |
Zwillingsbildung | Kontaktzwillinge nach {100} |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 2,5 |
Dichte (g/cm3) | 2,579 bis 2,603 |
Spaltbarkeit | muschelig |
Bruch; Tenazität | vollkommen nach {110} und {100}; deutlich nach {010} |
Farbe | farblos, weiß, blassgelb |
Strichfarbe | weiß |
Transparenz | durchsichtig bis durchscheinend |
Glanz | Glasglanz |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nα = 1,501[5] nβ = 1,517[5] nγ = 1,518[5] |
Doppelbrechung | δ = 0,017[5] |
Optischer Charakter | zweiachsig negativ |
Achsenwinkel | 2V = 28°[5] |
Syngenit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem und entwickelt in der Natur meist tafelige bis prismatische Kristalle, aber auch lamellare Mineral-Aggregate und krustige Überzüge, die entweder farblos bis weiß sind oder durch Fremdbeimengungen blassgelb gefärbt sind.
Syngenit ist isotyp mit Koktait, das heißt, beide Minerale kristallisieren in derselben Kristallstruktur.
Etymologie und Geschichte
Erstmals entdeckt wurde Syngenit in der Salzlagerstätte bei Kalusch (Kalusa, Kalusz) in der Ukraine. Die Erstbeschreibung erfolgte 1872 kurioserweise und unabhängig voneinander gleich zweimal, nämlich einerseits durch Victor Leopold Ritter von Zepharovich, der das Mineral nach dem griechischen Wort συγγευής für „verwandt“ aufgrund seiner chemischen Ähnlichkeit zu Polyhalit benannte und andererseits durch den österreichischen Mineralogen und Geologen Johann Rumpf (1841–1923),[6] der es nach seiner Typlokalität als Kaluszit (oder auch Kalushit) bezeichnete. Für eine lange Zeit wurden daher auch beide Namen gleichwertig verwendet, bis sich schließlich der Name Syngenit durchsetzte.[1]
Klassifikation
In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Syngenit zur Mineralklasse der „Sulfate, Chromate, Molybdate, Wolframate“ (einschließlich Selenate und Tellurate) und dort zur Abteilung „Wasserhaltige Sulfate, ohne fremde Anionen“, wo er zusammen mit Mirabilit die „Mirabilit-Syngenit-Gruppe“ mit der System-Nr. VI/C.15 und den weiteren Mitgliedern Koktait, Lecontit und Matteuccit bildete.
Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VI/C.21-60. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Wasserhaltige Sulfate, ohne fremde Anionen“, wo Syngenit zusammen mit Eugsterit, Hydroglauberit, Koktait, Lecontit, Matteuccit, Mirabilit, Omongwait und Wattevilleit (auch Wattevillit, Status fraglich) eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet.[7]
Auch die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[8] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Syngenit in die Abteilung der „Sulfate (Selenate usw.) ohne zusätzliche Anionen, mit H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit ausschließlich großen Kationen“ zu finden ist, wo es nur noch zusammen mit Koktait die unbenannte Gruppe 7.CD.35 bildet.
Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Syngenit ebenfalls in die Klasse der „Sulfate, Chromate, Molybdate“ und dort in die Abteilung der „Wasserhaltige Säuren und Sulfate“ ein. Hier ist er in der unbenannten Gruppe 29.03.01 innerhalb der Unterabteilung „Wasserhaltige Säuren und Sulfate mit (A+)2B(XO4)2 × x(H2O)“ zu finden.
Kristallstruktur
Syngenit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem in der Raumgruppe P21/m (Raumgruppen-Nr. 11) mit den Gitterparametern a = 9,77 Å; b = 7,15 Å, c = 6,25 Å und β = 104,0° sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]
Bildung und Fundorte
Syngenit bildet sich in der Natur entweder diagenetisch in ozeanischen Salzlagerstätten oder als pneumatolytisches Resublimationsprodukt bzw. als hydrothermale Adernfüllung durch vulkanische Aktivitäten. Begleitminerale sind vor allem Aphthitalit, Arcanit, Biphosphammit, Brushit, Gips, Halit, Monetit, Uricit und Whitlockit.[9]
Weltweit sind für Syngenit bisher (Stand: 2018) rund 40 Fundorten dokumentiert: Eucla und Madura in Australien; bei Maun in Botswana; Hubei in China; im Werratal (Hessen), bei Celle, Hannover und Lüneburg (Niedersachsen), Tarthun (Sachsen-Anhalt), Gera und Sondershausen (Thüringen) in Deutschland; Aveyron in Frankreich; am Vesuv in Italien; Hallstatt in Österreich; bei Rodna in Rumänien; neben seiner Typlokalität Kalusch noch in Drohobytsch in der Ukraine; sowie auf Maui, im Esmeralda County und Eddy County (New Mexico) in den USA.[10]
Syngenit kann auch synthetisch bei der Betonierung durch ein zu hohes Angebot an Kaliumsulfat oder Wassermangel aus der Zementlösung binnen weniger Minuten ausfällen. Die dabei entstehenden Kristalle verbinden die Zementpartikel und verursachen ein verfrühtes Ansteifen des Betons. Zwar wird das Syngenit im Verlauf der Hydratisierung wieder umgesetzt, seine Bildung stellt für die Verarbeitung des Frischbetons jedoch durchaus ein Problem dar.[11]
Syngenit kann als Korrosionsprodukt bei der Verwitterung historischer Gläser entstehen, beispielsweise auf mittelalterlichen Kirchenfenstern.[12]
Siehe auch
Literatur
- V. R. v. Zepharovich: Vorläufige Notiz über den Syngenit, ein neues Mineral der Salzlager-Stätten, Lotos. In: Zeitschrift für Naturwissenschaften. Band 22, 1872, S. 137–138 (rruff.info [PDF; 616 kB; abgerufen am 14. April 2018]).
- Johann Rumpf: Ueber den Kaluszit, ein neues Mineral von Kalusz. In: G. Tschermak (Hrsg.): Mineralogische Mittheilungen. Band 3, 1872 (zobodat.at [PDF; 774 kB; abgerufen am 14. April 2018]).
- E. Corazza, C. Sabelli: The structure of syngenite, K2Ca(SO4)2·H2O. In: Zeitschrift für Kristallographie. Band 124, 1967, S. 398–408 (rruff.info [PDF; 537 kB; abgerufen am 14. April 2018]).
- Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 611 (Erstausgabe: 1891).
Weblinks
- Syngenit. In: Mineralienatlas Lexikon. Stefan Schorn u. a., abgerufen am 6. Dezember 2021.
- Syngenite search results. In: rruff.info. Database of Raman spectroscopy, X-ray diffraction and chemistry of minerals (RRUFF), abgerufen am 6. Dezember 2021 (englisch).
- American-Mineralogist-Crystal-Structure-Database – Syngenite. In: rruff.geo.arizona.edu. Abgerufen am 6. Dezember 2021 (englisch).
Einzelnachweise
- Igor V. Pekov: Minerals first discovered on the territory of the former Soviet Union. 1. Auflage. Ocean Pictures, Moscow 1998, ISBN 5-900395-16-2, S. 199–200.
- Johann Rumpf: Ueber den Kaluszit, ein neues Mineral von Kalusz. In: G. Tschermak (Hrsg.): Mineralogische Mittheilungen. Band 3, 1872 (zobodat.at [PDF; 805 kB; abgerufen am 6. Dezember 2021]).
- Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 393 (englisch).
- David Barthelmy: Syngenite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 6. Dezember 2021 (englisch).
- Syngenite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 6. Dezember 2021 (englisch).
- Reinhard Exel: Neues über Victor Leopold Ritter von Zepharovich (* 13.4.1830, † 24.2.1890). Leben und Werk des österreichischen Montanisten, Geologen und Mineralogen. In: Jahrbuch der geologischen Bundesanstalt. Band 146, Nr. 3–4, Dezember 2006, S. 188 (zobodat.at [PDF; 1,5 MB; abgerufen am 6. Dezember 2021] Fußnote 15: „Johann Rumpf, * 1841 in Piber/Stmk., † 5.1.1923 in Piber/Stmk. War Mineraloge und Geologe und von 1874–1911 als Professor für diese Fächer an der Technischen Hochschule Graz tätig. Ihm zu Ehren wurde von Georg Firtsch ein neues Chloritmineral aus der Jassing b. St. Michael/Stmk. Rumpfit genannt. Diese Bezeichnung scheint jedoch in der aktuellen mineralogischen Nomenklatur nicht mehr auf.“).
- Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
- Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009 (englisch).
- Syngenite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 70 kB; abgerufen am 6. Dezember 2021]).
- Fundortliste für Syngenit beim Mineralienatlas und bei Mindat
- Roland Benedix: Bauchemie. Einführung in die Chemie für Bauingenieure. 3. Auflage. Vieweg+Teubner, Wiesbaden 2006, ISBN 978-3-519-20226-4, S. 335–336 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Dieter R. Fuchs, Helmut Patzelt und Helmut K. Schmidt: Umweltbedingte Schädigungen an historischen Glasfenstern: Phänomene, Mechanismen, Konservierungskonzepte. In: Engin Bagda et al. (Hrsg.): Umwelteinflüsse auf Oberflächen: Belastungs- und Abbaumechanismen in Abhängigkeit von Umwelt- und Klimaeinflüssen. expert-Verlag, 1989. S. 174–192.