Hans Kloepfer
Hans Kloepfer (* 18. August 1867 in Eibiswald, Steiermark; † 27. Juni 1944 in Köflach) war ein österreichischer Arzt und Schriftsteller, der vor allem durch seine weststeirische Mundartdichtung Popularität erlangte. Kloepfer war 1938 und in den folgenden Jahren expliziter Parteigänger des Nationalsozialismus.
Leben
Hans Kloepfer wurde als zweites Kind des Wundarztes und Geburtshelfers Johannes Kloepfer und Ludovika Kloepfer geb. Fuchs in der weststeirischen Gemeinde Eibiswald geboren. Sein Vater war ein aus Giengen an der Brenz zugewanderter Wundarzt, der in Eibiswald eine Praxis übernahm. Seine Mutter stammte aus einer Schulmeisterfamilie in St. Peter im Sulmtal. Kloepfer besuchte von 1873 bis 1877 die Volksschule seines Geburtsortes, wechselte danach mit seiner Schwester auf das 1. k.u.k. Staatsgymnasium in Graz, das er 1885 abschloss. Seine Herkunft, Kindheit und Jugend schilderte er später in Aus dem Bilderbuche meines Lebens (1936). Anschließend studierte er Medizin an der Universität Graz. Das Studium konnte er im Jahr 1891 abschließen. Nach einem Volontariat im Allgemeinen Krankenhaus in der Paulustorgasse in Graz trat er 1893 in die Praxis seines Vaters in Eibiswald ein. Im Jahr 1894 nahm er die Stelle eines Werksarztes bei der Alpinen Montangesellschaft in Köflach an, die er bis zu seinem Tod innehatte. Ab 1914 betreute er zusätzlich die Bergleute von Karschlacht I und II, insgesamt war er für die medizinische Versorgung von ca. 600 Arbeitern und deren Familien verantwortlich. 1902 heiratete Kloepfer seine Jugendfreundin Martha Steiner, die Tochter des Verwalters eines Kohlenbergwerkes. Dieser Ehe entstammten vier Kinder: Thomas, Hans, Mitzi und Käthe
Hans Kloepfer zog mit Gedichten wie Dahoam, Da Ruß oder Spätherbst tiefe Spuren in die Kulturgeschichte der Steiermark. Als leidenschaftlicher Geschichtsforscher verfasste er Heimatbücher von poetisch-herbem Reiz, als Erzähler schrieb er Prosawerke in der Tradition der Heimatliteratur. Kloepfer war ferner musikalisch begabt, von ihm stammt die Melodie des ins Kommersbuch übernommenen Studentenliedes Vale universitas.[1]
Seine literarische Karriere begann erst in fortgeschrittenem Alter. Das erste Buch publizierte er mit 45, erst mit 57 Jahren trat er als Lyriker in Erscheinung. Sein Interesse galt, angeregt durch die Lektüre von Peter Roseggers Werken, der steirischen Landeskunde und Regionalgeschichte. Aufgrund seiner Krankenbesuche stand er in Kontakt mit der Landbevölkerung und begann deren mündlich tradierte Geschichten und Sagen aufzuschreiben. Wissenschaftliche Anleitung bekam er dabei von Viktor von Geramb und dem Komponisten Viktor Zack. Daneben betrieb er ausführliche Aktenstudien im Grazer Landesarchiv, bevor er im Dezember 1912 Vom Kainachboden veröffentlichte. Von nun an publizierte Kloepfer in steirischen Zeitungen. In Heimatgrüße wurde 1917 sein populäres Mundartgedicht Da Ruß abgedruckt. Anfang der 1920er Jahre erschien Aus dem Sulmtale. Als noch erfolgreicher als seine Bücher erwies sich seine Lyrik. 1924 veröffentlichte Kloepfer zum ersten Mal Gedichte in Buchform. Seine Gedichte in Mundart sollten zu seinem Markenzeichen werden.
Trotz wachsenden Ansehens als Dichter war der Arztberuf für Kloepfer zentral. Über fünfzig Jahre praktizierte er als Werksarzt, Distriktsarzt, Gestütsarzt, Hausarzt, Bahnarzt, Schularzt, Armenarzt, Klosterarzt und Chefarzt der von ihm begründeten Köflacher Rettungsabteilung.
Hans Kloepfer war und ist wegen seiner deutschnationalen Einstellung und seiner Sympathie für den Nationalsozialismus umstritten. So begrüßte er 1938 den Einmarsch und Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich in einem Wahlaufruf zur „Volksabstimmung“ im April 1938 als „festlichen Brautlauf“.[2] Als einer von zwei eingeladenen Österreichern war er 1938 Ehrengast am Reichsparteitag in Nürnberg.[3] Im selben Jahr publizierte er ein mundartliches Hitler-Gedicht im Steirischen Bergbauerngruß: „Schreibm tuat er si Hitler, / und uns so guat gsinnt, / wia ma weit in der Welt / net an liabern wo findt.“[2] Kloepfer beteiligte sich auch mit einem Beitrag am Bekenntnisbuch österreichischer Dichter (herausgegeben vom Bund deutscher Schriftsteller Österreichs)[4], das die Ereignisse vom März 1938 begeistert begrüßte. Kloepfer beantragte am 16. Mai 1938 die Aufnahme in die NSDAP und wurde rückwirkend zum 1. Mai aufgenommen (Mitgliedsnummer 6.109.231)[5]. Das neue Regime förderte Kloepfer, seine Werke wurden in der NS-Zeit mehrfach aufgelegt und waren in zahlreichen Anthologien vertreten.[6]
Am 26. Juni 1944 verstarb Kloepfer nach einem Schlaganfall im Alter von 77 Jahren in Köflach, wo er auch begraben wurde. Hitler und Joseph Goebbels ließen bei seinem Begräbnis Kränze niederlegen.[6]
Gedenken
1955 wurde in Wien-Donaustadt (22. Bezirk) die Hamerlingstraße in Kloepferstraße umbenannt, obwohl kein erkennbarer Bezug zu Wien vorhanden ist.[6] In Knittelfeld wurde die Doktor-Hans-Klöpfer-Straße nach ihm benannt. Außerdem ist er Namenspatron der 1976 gegründeten „pennalen Studenten- und Absolventenverbindung Hans Kloepfer zu Voitsberg-Köflach“. Als 1988 im Zuge der Landesausstellung von der Stadt Köflach und dem ORF Steiermark ein Kloepfer-Preis ausgelobt wurde, kam es zu massiven Protesten.
Im Geburtshaus von Hans Kloepfer in Eibiswald Nr. 36 ist das Kloepfermuseum untergebracht. Neben Gegenständen und Erinnerungen aus dem Leben von Hans Kloepfer sind Ausstellungsstücke zu Brauchtum und Geschichte der Region sowie alte „Koralpengläser“, mundgeblasene Gläser und Flaschen aus den Glashütten der Umgebung zu sehen.
Im weststeirischen Bezirk Voitsberg trägt der Hans-Kloepfer-Rundwanderweg seinen Namen.
Auszeichnungen und Ehrungen
- 1913 Silbernes Zivil-Verdienstkreuz
- 1925 Goldenes Verdienstkreuz für Ärzte
- 1925 Ehrenbürgerschaft von Eibiswald
- 1927 Ehrenbürgerschaft von Köflach
- 1929 Ehrenmitgliedschaft des Historischen Vereines für Steiermark
- 1933 Verdienstzeichen in Gold
- 1937 Ehrenmitgliedschaft des Bundes Deutscher Schriftsteller und im Deutschen Schulverein Südmark
- 1939 Wolfgang-Amadeus-Mozart-Preis
- 1941 Ehrenmitgliedschaft der deutschen Gesellschaft für Gynäkologie
- 1942 Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft
- 1942 Raimundpreis
- 1943 Ehrenbürgerschaft der Stadt Graz
Werke
- Vom Kainachboden, 1912, mit Illustrationen von Emmy Hiesleitner-Singer
- Aus dem Sulmtale, 1922, mit Illustrationen von Emmy Hiesleitner-Singer
- Steirisches Bilderbuch, 1930, mit Illustrationen von Emmy Hiesleitner-Singer
- Aus alter Zeit, 1932
- Eibiswald, 7 Lieferungen, 1933–34
- Gedichte in steirischer Mundart, 1933
- Aus dem Bilderbuch meines Lebens, 1935
- Was mir die Heimat gab, 1936
- Sulmtal und Kainachboden, 1936, mit Illustrationen von Emmy Hiesleitner-Singer
- Gesammelte Gedichte, 1936
- Steirische Geschichten, 1937
- Joahrlauf, 1937
- Bergbauern, 1938
- Erntedank, 1939
- Aus der Franzosenzeit, 1940
- Um den Zigöllerkogl, 1940
- Dahoam, 1941
- Gesammelte Gedichte, 1941
- Was mir die Heimat gab, 1941
sowie Aufsätze und Beiträge in Zeitschriften und Tageszeitungen. Vertonung des Vagantenliedes von Kernstock, Singspiele und Stücke für Kasperltheater.
Literatur
- Herbert Blatnik, Walter Kienreich: Hans Kloepfer und seine Zeit. Lerchhaus, Eibiswald 1994, ISBN 3-901463-00-3.
- Erwin Macheiner: Der steirische Mundartdichter Hans Kloepfer. Leben, Werk, Sprache. 1985 (Diplomarbeit, Universität Wien, 1985).
- Helga Oswald: Beiträge zu einer Kloepfermonographie unter besonderer Berücksichtigung des epischen Werkes. 1982 (Dissertation, Universität Graz, 1982).
- Heinz Rieder: Kloepfer, Hans. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 12, Duncker & Humblot, Berlin 1980, ISBN 3-428-00193-1, S. 111 f. (Digitalisat).
- Jan Zimmermann: Die Kulturpreise der Stiftung F.V.S. 1935–1945. Darstellung und Dokumentation. Hrsg. von der Alfred Toepfer Stiftung F.V.S. Christians, Hamburg 2000, S. 129–138.
- Kloepfer Hans. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 3, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1965, S. 418.
- Harald Salfellner: Aber Arzt bin ich geblieben. Bilder aus dem Leben Hans Kloepfers. Vitalis, Prag 2017, ISBN 978-3-89919-500-2.
- Uwe Baur, Karin Gradwohl-Schlacher, Literatur in Österreich 1938–1945. Handbuch eines literarischen Systems. Band 1: Steiermark Wien-Köln-Weimar: Böhlau, 2008. ISBN 978-3-205-77809-7.
Weblinks
Einzelnachweise
- Harald Salfellner: Aber Arzt bin ich geblieben. Vitalis Verlag, Prag 2017, ISBN 978-3-89919-500-2, S. 40.
- Zitate bei Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5, S. 314.
- Endbericht der ExpertInnenkommission für Straßennamen Graz, Graz 2017, S. 51
- Bund deutscher Schriftsteller Österreichs (Hrsg.): Bekenntnisbuch österreichischer Dichter. Krystall-Verlag, Wien 1938.
- Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/20961236
- Straßennamen Wiens seit 1860 als „Politische Erinnerungsorte“ (PDF; 4,2 MB), S. 71f, Forschungsprojektendbericht, Wien, Juli 2013