Deutsches Panzermuseum Munster
Das Deutsche Panzermuseum Munster (DPM) ist ein Geschichts- sowie Technikmuseum und eine gemeinsame Einrichtung der Stadt Munster und des Ausbildungszentrums Munster der Bundeswehr. Das Museum zeigt Panzer, Fahrzeuge, Waffen, Uniformen, Ausrüstung und militärische Abzeichen. Zeitlicher Schwerpunkt ist das 20. Jahrhundert, regionaler Schwerpunkt die deutsche Geschichte.
Eingangsbereich | |
Daten | |
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Ort | Hans-Krüger-Straße 33, 29633 Munster |
Art |
Geschichtsmuseum, Technikmuseum
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Architekt | unbekannt |
Eröffnung | 1983 |
Besucheranzahl (jährlich) | 113.796 (2015) |
Leitung | |
Website | |
ISIL | DE-MUS-274419 |
Das Museum entstand aus der „Lehrsammlung für die verwendungsbezogene Ausbildung“ der Kampftruppenschule 2/Panzertruppenschule Munster, die durch den Vertrag zwischen dem Bundesminister der Verteidigung und der Stadt Munster 1983 wesentlicher Inhalt der Ausstellung geworden ist.
Konzept
In dem Museum wird nach dessen eigener Darstellung die Entwicklung der deutschen Panzertruppe vom Ersten Weltkrieg bis heute epochenweise dargestellt. Laut eigenen Angaben wird im Zuge einer Transformation des Museumskonzepts versucht, die Exponate über die Technikgeschichte hinaus kritisch durch den Blickwinkel möglichst vieler geschichtswissenschaftlicher Perspektiven zu betrachten. Hierzu gehören sozial-, wirtschafts-, politik- und kulturhistorische Ansätze ebenso wie Überlegungen zu Geschichtskonstruktion und Erinnerungskultur. Die Einordnung der Exponate in den historisch-fachwissenschaftlichen Kontext ist damit Leitlinie des Museumsbetriebes. Das Museum sieht sich damit den Ansätzen der „Modernen Militärgeschichte“ verpflichtet und behandelt daher neben diesen allgemeingeschichtlichen Aspekten durchaus auch „klassische“ Kernthemen der Militärgeschichte, wie Operations-, Organisations- und Taktikgeschichte.
Seit 2010 benutzt das Museum den Slogan „Technik – Kultur – Gesellschaft“, um die enge Verknüpfung und gegenseitige Abhängigkeit der verschiedenen Perspektiven kenntlich zu machen. Zu diesem Zweck wird auf eine Mischung von didaktischen und museumspädagogischen Mitteln gegriffen: So gibt es neben den Exponatsbeschilderungen auch Führungen, Multimedia-Guides, thematische Vertiefungsbereiche und Videostationen mit historischem Filmmaterial.
Einer Ausstellungskritik in der Zeit vom Mai 2012[1] zufolge konzentriert sich das Museum weitgehend auf die Technik und blendet die nationalsozialistischen Zwecke, zu denen die ausgestellten Waffen eingesetzt wurden, weitgehend aus. Das zeige sich an der Darstellung des Freikorps Ehrhardt, bei der die blutige Zerschlagung der Münchner Räterepublik ebenso verschwiegen werde wie die Verwendung des Hakenkreuzes. Die Schlacht von Kursk werde mit unpassenden Durchhalteparolen aus Landsersicht kommentiert. Ein Großteil der noch heute gezeigten Schautafeln sei „in den achtziger Jahren von enthusiastischen älteren Herren erstellt [worden], die dem Museum mehr oder weniger ungefragt zugearbeitet haben“. Der Rezensent bescheinigte dem Museum daher „Nazimuff und Ignoranz.“ Der gesamte Ausstellungsbereich zu Kursk wurde deshalb 2016 aus der Ausstellung genommen.
Im Mai 2016 ließ das Museum ein Zitat Walter Benjamins „Wer aber den Frieden will, der rede vom Krieg“ an der Eingangsfront des Hauses anbringen, ein Satz, der aus dem Zusammenhang einer kritischen Buchrezension stammt.[2] Das Museum sei durch seine kommunalen und militärischen Träger eine Institution der Bundesrepublik Deutschland und vertrete so aktiv die Werte dieses Staates, zu denen auch die Ablehnung von Krieg als Instrument zählt, soweit dies irgend möglich ist. Dazu will das Museum die Besucher zur fundierten, kritischen und selbstständigen Auseinandersetzung mit dem Krieg anregen. Das Museum will sich nach eigenen Angaben mit dem Zitat Antwort auf die beiden häufigsten Kritiken am Museum geben: „Ein Panzermuseum braucht niemand“ und „Sowas verherrlicht doch nur den Krieg“. Das Zitat Benjamins „packt beide Einwände an der Wurzel: Wir reden vom Krieg, weil wir den Frieden wollen“.[3]
Exponate
Sammlungsschwerpunkt sind deutsche Panzer und Fahrzeuge von 1918 bis 2003. Die Sammlung ist nicht vollständig, bietet aber einen zusammenhängenden und aussagekräftigen Bestand von Fahrzeugen der kaiserlichen Armee, der Reichswehr, der Wehrmacht, der NVA und der Bundeswehr. Dieser Bestand wird durch einige Fahrzeuge ausländischer Armeen ergänzt, die an ausgewählten Punkten zur Verdeutlichung bestimmter Aspekte dienen. Ein Teil der Fahrzeuge ist fahrfähig. Diese dienen bei der Veranstaltung „Stahl auf der Heide“ als Attraktion bei beweglichen Vorführungen.[4]
Erwähnenswerte Exponate sind u. a.:
- Aus dem Ersten Weltkrieg und der Zwischenkriegszeit: A7V (Nachbau), Schutzpolizei-Sonderwagen Daimler DZVR 21 (letztes existierendes Exemplar).
- Aus dem Zweiten Weltkrieg: Panzerkampfwagen I, II, III, IV, 38(t), Panther, Tiger II, Sturmpanzer VI
- Aus der Zeit des Kalten Krieges: Schützenpanzer HS 30, Kampfpanzer M48, Prototyp des MBT-70, Gefechtsfeldversuchsträger (GVT), NVA-Panzer sowjetischer Herkunft, Kampfpanzer Leopard 1, Brückenlegepanzer M48
- Moderne Panzerfahrzeuge: Leopard 2, Marder, israelischer Merkava, Minenräumpanzer Keiler
Zwischen 2013[5] und 2016 wurde dem Panzermuseum ein Tiger I als Leihgabe zur Verfügung gestellt.[6] Aktuell wird die Replik eines Tigers präsentiert.[7]
Im Außenbereich kann ein Leopard 1 über eine Treppe bestiegen werden. Eine Leiter in der Turmluke bietet Zugang ins Innere des Panzers.
Einen thematisch in sich abgeschlossenen Bereich bilden die sogenannten „Elemente des Krieges“. Hierbei handelt es sich um einen Saal, in dem kleinere Objekte thematisch zusammengefasst sind:
- Im Bereich „Eisen“ werden Handwaffen und Munition vom 17. Jahrhundert bis in die Gegenwart gezeigt und primär technikhistorisch kontextualisiert.
- Im Bereich „Stoff“ sind Uniformen vom späten 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart zu betrachten, diese sind primär sozialhistorisch kontextualisiert.
- Im Bereich „Gold“ werden Orden und Ehrenzeichen vom späten 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart präsentiert und primär kulturhistorisch kontextualisiert.
- Im Bereich „Holz“ wird Kriegs- und Gewaltspielzeug aus dem 20. und 21. Jahrhundert gezeigt und primär alltagsgeschichtlich kontextualisiert.[8]
Besondere Objekte sind eine Totenmaske von Erwin Rommel sowie der Marschallstab von Generalfeldmarschall Günther von Kluge. Die lange Zeit als Original ausgestellte Uniformjacke von Erwin Rommel wurde inzwischen als Fälschung klassifiziert. Die Jacke wird mit neuer Erklärung jedoch weiterhin gezeigt, um auf die Problematiken von Fälschungen in Museen hinzuweisen.
Angebote
Das DPM zeigt in seinem Eingangsbereich wechselnde Sonderausstellungen, die sich über ein weites Themenfeld erstrecken und häufig aus Bereichen stammen, die bewusst mit Militärgeschichte nichts oder nur wenig zu tun haben, wie im Sommer 2009 etwa das sibirische Straflager Workuta oder die Ausstellung Es war einmal Krieg mit Bildern von Wiebke Kramer (2010). Eigene Sonderausstellungen produzierte das Haus im Jahr 2010 mit dem Titel „Das überschreitet die Grenzen der Vernunft“ zum Westfeldzug und im Jahre 2012 mit dem Titel „Freiwillige vor!“ zur Nachwuchswerbung der Bundeswehr.[9]
Für Besucher stehen Multimedia-Guides zur Verfügung, mit denen an ausgewiesenen Punkten der Abruf zusätzlicher Informationen möglich ist. Besucher können sich das Museum frei erschließen oder einer vorgegebenen Route folgen. Die Informationen werden audiovisuell vermittelt, indem der Multimedia-Guide neben vorgelesenen Texten auch historische Bilder und Fotografien zeigt. Es sind drei Touren verfügbar:
- In der von Ernst Meincke gelesenen Tour „Die Geschichte des Panzers“ steht die gesamtgeschichtliche Entwicklung der Panzerwaffe im Vordergrund, losgelöst von den Einzelexponaten und eingebettet in die Kultur-, Sozial-, Politik- und Wirtschaftsgeschichte.
- Diese Tour ist auch in englischer Übersetzung verfügbar.
- In der von Franziska Pigulla gelesenen Tour „Frauen in Krieg und Militär“ wird ein geschlechtergeschichtlicher Blickwinkel vor allem auf die europäische Militärgeschichte der Neuzeit geworfen.
Für Gruppen besteht die Möglichkeit, eine Museumsführung zu buchen. Ein Museumsführer erläutert die Exponate und die geschichtliche Entwicklung der Panzerwaffe. Die Führungen erfolgen in deutscher Sprache, jedoch sind auch Führungen auf Englisch möglich. Für Kinder(gruppen) hält das Museum ein besonderes Konzept und Kinderarbeitsblätter vor.
Für Studierende, Schüler sowie nach Absprache für weitere Personen besteht die Möglichkeit, Praktika im DPM zu absolvieren.
Das DPM verfügt über ein kleines Spezialarchiv, dessen Inhalte zukünftig erschlossen werden.
Online-Angebot
Über den Youtube-Kanal des Panzermuseums werden Videobeiträge sowohl zu den einzelnen Exponaten des Museums als auch Beiträge zur Militärgeschichte im Allgemeinen bereitgestellt.
Events
Es gibt diverse jährliche Events im Deutschen Panzermuseum Munster:
- Stahl auf der Heide: Diese Veranstaltung war bis ins Jahr 2014 ein „Tag der Offenen Tür“, dessen Höhepunkt Vorführungen fahrfähiger Panzer sind.[10] Seit 2015 ist diese Veranstaltung nur durch Erwerb eines Tickets im Vorverkauf möglich. Seit 2017 findet die Veranstaltung an zwei Tagen statt, immer am ersten Wochenende im September.[11]
- Mehrmals im Jahr finden Panzer des Monats statt, bei denen ausgewählte Exponate für die Besucher geöffnet werden um so einen Blick in die Panzer zu ermöglichen.[12]
Museumsdaten
Das Museum verfügt über Außenanlagen mit Ausstellungsflächen, ein modernes Eingangsgebäude mit den zugehörigen fünf Ausstellungshallen, die 7500 m² des etwa 9000 m² umfassenden Museumsgeländes einnehmen. Gezeigt werden mehrere tausend Exponate, darunter mehr als 100 Großgeräte (Panzer, Geschütze, Fahrzeuge).
Seit der Eröffnung 1983 kamen bis 2010 mehr als 1,8 Millionen Besucher. Mit 104.297 Besuchern im Jahr 2013 gehörte es zu den 3,8 % der deutschen Museen mit mehr als 100.000 Besuchern pro Jahr.[13] 2019 wurde das Museum mit dem Museumsgütesiegel des Museumsverbands Niedersachsen und Bremen e.V. ausgezeichnet.[14]
2017 wurden Planungen zu umfangreichen Umbauten bekannt, die eine modernisierte Ausstellung ermöglichen sollen. Dies soll durch den Abriss alter Hallen und den Bau eines neuen Gebäudes geschehen.[15] Dazu werden acht Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung gestellt.[16] 2018 wurde dem Verteidigungsministerium ein Budget im Rahmen von 19,3 Millionen Euro für den Neubau der älteren Hallen zu Verfügung gestellt.[17] Der Ausschreibungsprozess soll jedoch erst 2025 beginnen. Deshalb ist eine vorübergehende Schließung der älteren Hallen, aus Sicherheitsgründen nicht ausgeschlossen.[18]
Träger
Kern
Das Museum wird durch die Kooperation von drei Gruppen betrieben:
- Die Bundeswehr stellt in Form der Lehrsammlung den größten Teil der Exponate und gewährleistet auch deren Restaurierung, Pflege und Wartung.
- Die Stadt Munster leistet den eigentlichen Museumsbetrieb und stellt dabei den alltäglichen Betrieb in organisatorischer und wissenschaftlicher Hinsicht sicher.
- Der Verein der Freunde und Förderer des Deutschen Panzermuseums Munster e. V. setzt sich aus interessierten Personen zusammen, die an der Förderung des Museums interessiert sind. Der Verein unterstützt das Museum bei Erwerbungen und gibt Anregungen für seine Weiterentwicklung.
Erweiterter Kreis
Ehrenamtliche Helfer unterstützen den Betrieb des Museums. Die sogenannten „Hobbykommandanten“ helfen der Lehrsammlung bei der Wartung der Fahrzeuge und stehen an Aktionstagen mit ihrem Fachwissen zu einzelnen Exponaten den Besuchern zur Verfügung.
Des Weiteren verfügt das Museum über einen Beirat. Er setzt sich aus Vertretern der Stadt, der Bundeswehr, der kommunalen Politik, der zivilen Wissenschaft und der Traditionsverbände der Bundeswehr zusammen. Der Beirat beaufsichtigt die Entwicklung des Museums und gibt Anregungen.
Siehe auch
Literatur
- Ralf Raths: Deutsches Panzermuseum Munster: Katalog. Selbstverlag, Munster 2013.
- Ralf Raths: From Technical Showroom to Full-fledged Museum: The German Tank Museum Munster. In: Wolfgang Muchitsch (Hrsg.): Does War Belong in Museums? The Representation of Violence in Exhibitions. (= Edition Museumsakademie Joanneum. Vol. 4). Transcript, Bielefeld 2013, ISBN 978-3-8376-2306-2, S. 83 ff. (Online)
- Peter Steinmüller: Die Faszination der Gewalt brechen, in: VDI nachrichten 12/2020 vom 20. März 2020, S. 26f
Weblinks
- Offizielle Homepage
- Youtube-Kanal des Deutschen Panzermuseums
- faz.net 10. Juli 2021/FAZ: Unter Großkatzen
Einzelnachweise
- Frank Keil: Der Kampf geht weiter in Die Zeit vom 31. Mai 2012
- Walter Benjamin, Friedensware 1926
- Deutsches Panzermuseum Munster: Detail. In: www.daspanzermuseum.de. Abgerufen am 20. September 2016.
- Stahl auf der Heide, auf YouTube.
- Ralf Michel: Umstrittene Panzer-Ausstellung. Museumsleiter warnt vor Kritiklosigkeit. In: Weser-Kurier. Weser-Kurier Mediengruppe, 15. Mai 2013, abgerufen am 22. Oktober 2018: „Im Panzermuseum Munster ist seit kurzem der Panzerkampfwagen VI "Tiger" zu sehen“
- Anja Trappe: Tiger verlässt das Panzermuseum, Böhme-Zeitung, 5. Dezember 2016. Abgerufen am 4. Januar 2017.
- Deutsches Panzermuseum: Geschichte(n) aus Stahl SPEZIAL: Geschichte(n) aus Kunststoff - der PlasTiger. Deutsches Panzermuseum, 19. Mai 2017, abgerufen am 22. November 2020.
- www2.le.ac.uk.
- Panzermuseum-Munster.de (Memento vom 10. Oktober 2014 im Internet Archive).
- youtube.com.
- boehme-zeitung.de.
- Panzer des Monats – Deutsches Panzermuseum. Abgerufen am 29. Juni 2018 (deutsch).
- Panzermuseum knackt Besucherrekord (Memento vom 4. Januar 2014 im Internet Archive), Pressemitteilung vom 6. Dezember 2013, abgerufen am 4. Januar 2014.
- Neun Museen mit Gütesiegel ausgezeichnet bei ndr.de vom 6. Februar 2019
- Umbau des Panzermuseums Munster geplant bei ndr.de vom 9. März 2017
- Acht Millionen Euro für Panzermuseum Munster bei ndr.de vom 11. Oktober 2018
- In Krieg und Frieden der Rotenburger Rundschau vom 13. Juli 2020
- Der Umbau des Panzermuseums vor dem Aus? (SSP041) ein YouTube-Video des Museums vom 1. November 2020