Der Morgen. Wiener Montagblatt
Der Morgen mit dem Untertitel Wiener Montagblatt, von August 1919 bis August 1920 am Montag, war eine zwischen 1910 und 1938 wöchentlich am Montag erscheinende Zeitung in Wien.
Geschichte
Im Dezember 1909 gründete Maximilian Schreier mit Carl Colbert die Wiener Zeitungsgesellschaft m.b.H.,[1] deren Unternehmensgegenstand vor allem die Herausgabe der Zeitung Der Morgen. Wiener Montagblatt war. Ab 1917 war Schreier alleiniger Geschäftsführer,[2] er war zudem seit Anbeginn der Herausgeber. Es gibt Hinweise, dass der ehemalige Ministerpräsident Cisleithaniens Max Wladimir von Beck das Gründungsprojekt finanziell unterstützt hat.[3]
Chefredakteure waren Karl Reinberger, Karl Blaschek, Rudolf Blaschek (21. Februar 1910 bis 26. Mai 1919), Hugo Bettauer (2. Mai 1922 bis 17. April 1925), Rudolf Kalmar (20. Juli bis 5. Oktober 1925) und Schreier selbst (2. Juni 1919 bis 24. April 1922; 30. März 1925 bis 13. Juli 1925; 12. Oktober 1925 bis 1938). Die letzte Nummer erschien am 7. März 1938 kurz vor dem „Anschluss Österreichs“.
Die Redaktion befand sich zuerst in der Wipplingerstraße 24–26 und in der Mariannengasse 17, ab Juni 1910 in der Pelikangasse 4 und ab April 1913 in der Canisiusgasse 8–10. Nach der Gründung von der Abendzeitung Abend, welche täglich erschien und den Morgen ergänzen sollte, entwickelten sich die beiden Publikationen bald auseinander.
Gedruckt wurde die Zeitung anfangs bei Karl Brakl, Schottenfeldgasse 41–43, Wilhelm Fischer, Wien IX., dann von Johann N. Vernay, Wien IX. Mariannengasse 17, später Canisiusgasse 8–10.
Nach dem „Anschluss Österreichs“ wurde mehrere Mitarbeiter sowie der Chefredakteur Schreier wegen ihrer nazifeindlichen Einstellung und ihrer jüdischen Herkunft deportiert. In der Ausstellung „Der ewige Jude“ in der Wiener Nordwestbahnhalle wurden viele an der Zeitung Beteiligten verhöhnt und in der damaligen Diktion „beschrieben“.[4]
Ausrichtung und Inhalte
Die Richtung der Zeitung war fortschrittlich-liberal und trat für deutschfreiheitliche Wahlkandidaten ein, bekämpfte Christlichsoziale und den Klerus und wandte sich gegen Attacken auf die Freimaurerei. In der humoristischen Beilage Der blaue Montag erschienen Humoresken, Witze, Satiren und politische Karikaturen.
Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs warb das Blatt für den Anschluss an Deutschland und prangerte den Imperialismus der Entente an. In der Ersten Republik ging die Blattlinie mehr auf politische Fragen ein und polemisierte gegen Seipel. Überdies wurden in der Folge – zum Teil nur kurzfristig – neue Rubriken eingeführt: Der Morgenruf, Ein demokratisches Wahlblatt, und Die Frau als Wählerin, Wahlblatt des Deutschösterreichischen Vereines für Frauenstimmrecht (1919); Sportblatt des „Morgen“ (ab Mai 1922), Auto-Morgen (ab Februar 1923), Der Morgen in Bildern (1925), Mode-Morgen, Praktische Hausfrau und Filmseiten.
Mit Dollfuß wurde ein Ausgleich gefunden und die Blattlinie trat ab 1933 vehement gegen den Nationalsozialismus ein.
Bekannte Autoren
Bekannte Mitarbeiter waren unter anderem Hugo Bettauer,[5] Richard Charmatz,[6] Karl Farkas und Fritz Grünbaum,[7] Else Feldmann,[8] Max Graf,[9] Rudolf Kalmar,[10] Anton Kuh,[11] Beda,[12] Pem,[13] Alfred Polgar,[14] Walter Rode[15] oder Wauwau.[16]
Literatur
- Helmut W. Lang (Hrsg.): Österreichische Retrospektive Bibliographie (ORBI). Reihe 2: Österreichische Zeitungen 1492–1945. Band 2: Helmut W. Lang, Ladislaus Lang, Wilma Buchinger: Bibliographie der österreichischen Zeitungen 1621–1945. A–M. Bearbeitet an der Österreichischen Nationalbibliothek. K. G. Saur, München 2003, ISBN 3-598-23384-1.
- Gabriele Melischek, Josef Seethaler (Hrsg.): Die Wiener Tageszeitungen. Eine Dokumentation. Band 3: 1918–1938. Peter Lang, Frankfurt/Main 1992, ISBN 3-631-44409-5, S. 130 f.
Weblinks
- Von der Österreichischen Nationalbibliothek digitalisierte Ausgaben: Der Morgen. Wiener Montagblatt (online bei ANNO).
Einzelnachweise
- Firma-Protokollierung. Abteilung C.. In: Amtsblatt zur Wiener Zeitung, 29. Dezember 1909, S. 713 (online bei ANNO).
- Firma-Protokollierung. Abteilung C.. In: Amtsblatt zur Wiener Zeitung, 21. November 1917, S. 313 (online bei ANNO).
- Alexander Emanuely: Das Beispiel Colbert. Fin de siècle und Republik. Wien: Verlag der Theodor Kramer Gesellschaft 2020, ISBN 978-3-901602-85-6, S. 243
- Zur Ausstellung „Der ewige Jude“ in der Wiener Nordwestbahnhalle: Die Schreibleitung des ehemaligen Montagblattes Der Morgen. In: Die Wiener Bühne, Jahrgang 1938, S. 32, Heft 478, Zweites Augustheft (online bei ANNO). und Folgeseite 33
- Hugo Bettauer: Treibjagd auf Liebe. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 14. Februar 1921, S. 4 (online bei ANNO).
Hugo Bettauer: Rund um die Nase. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 19. März 1921, S. 4 (online bei ANNO). - Richard Charmatz: Am Scheideweg. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 21. Oktober 1918, S. 5 (online bei ANNO).
Richard Charmatz: Die Rückkehr zur Arbeit. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 3. Mai 1920, S. 1 (online bei ANNO). - Farkas & Grünbaum: »Nyon und der Tag des Pferdes«. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 27. September 1937, S. 7 (online bei ANNO).
Farkas & Grünbaum: „Lautes und Leises“. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 1. November 1937, S. 6 (online bei ANNO).
Farkas & Grünbaum: „Kabinette, Kinderstuben und Brautzimmer!“. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 24. Jänner 1938, S. 8 (online bei ANNO).
Farkas & Grünbaum: „Nordlicht, Nordlicht, aber sonst wenig Licht!“. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 31. Jänner 1938, S. 8 (online bei ANNO). - Else Feldmann: Der Mensch ist gut. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 15. Juli 1918, S. 5 (online bei ANNO).
Else Feldmann: Jugendgericht. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 13. Juli 1925, S. 5 (online bei ANNO). - Max Graf: Die Aufführung der „Matthäuspassion“. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 26. März 1923, S. 3.
Max Graf: Moralpredigt über Politik. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 15. September 1930, S. 7 (online bei ANNO).
Max Graf: Minister gesucht.. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 8. Februar 1932, S. 5 (online bei ANNO). - Rudolf Kalmar: Materialisationen. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 7. Mai 1923, S. 5 (online bei ANNO).
Rudolf Kalmar: Erlebte Schulreform. Die neue Unterrichtsmethode in der Praxis. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 7. Jänner 1924, S. 5 (online bei ANNO).
Rudolf Kalmar: Wahnsinn… Der Unfug der Hungerkünstler. – Der Berliner Ballmann erleidet einen Tobsuchtsanfall und bricht aus dem Käfig aus. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 12. April 1926, S. 5 (online bei ANNO).
Rudolf Kalmar: Panzer aus Eisen und Beton. Im Tresor einer modemen Wiener Großbank. – Türen und Mauern, die nicht zu erbrechen sind. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 25. Februar 1929, S. 9 (online bei ANNO). - Anton Kuh: Karl Kraus, der jüdische Advokat. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 31. Jänner 1921, S. 4.
- Beda: Ein Thron ist zu vergeben. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 29. September 1913, S. 7 (online bei ANNO).
Beda: Tango. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 1. Dezember 1913, S. 9 (online bei ANNO).
Beda: Der große Wauwau. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 16. Februar 1914, S. 9 (online bei ANNO). - Von Pem erschienen nach seiner Flucht aus dem Deutschen Reich 1933 vor allem Filmberichte und -kritiken, so die Glossen „Filmkritik – aufrichtig!“, „Film“ und später „Scharf gesehen – aber richtig“ sowie Nachrichten aus der Künstlerwelt;
Vgl. auch: Thomas Willimowski: „Emigrant sein ist ja kein Beruf“. Das Leben des Journalisten Pem. Wissenschaftlicher Verlag Berlin, Berlin 2007, ISBN 978-3-86573-236-1, S. 93–100.
pem: Filmkritik – aufrichtig. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 15. Oktober 1934, S. 10 (online bei ANNO).
pem: Filmkritik – aufrichtig. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 22. Oktober 1934, S. 11 (online bei ANNO). (U. a. über Jud Süß (1934))
pem: Filmkritik – aufrichtig. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 15. Oktober 1934, S. 10 (online bei ANNO).
Pem (Paris): Rostands Friedensrede, Guitrys Durchfall und ein Gruß aus Paris. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 14. Oktober 1935, S. 9.
Pem (London): Shakespeare-Revue von Max Reinhardt. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 14. 21 1935, S. 10 (online bei ANNO).
pem: Film. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 28. Oktober 1935, S. 10 (online bei ANNO).
pem: Hinter dem Kurbelkasten. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 2. Dezember 1935, S. 10 (online bei ANNO).
pem: Scharf gesehen – aber richtig. Hans Albers als Kohlhiesel. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 16. Dezember 1935, S. 11.
pem (UND) (Pem.): Ein Kinderstar wird geboren. (UND) Scharf gesehen – aber richtig. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 18. Mai 1936, S. 11 (online bei ANNO).
Pem.: Londoner Bilderbogen. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 12. April 1937, S. 8 (online bei ANNO).
Pem.: Union ausländischer Dienstmädchen in London. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 24. Jänner 1938, S. 4 (online bei ANNO).
pem (London): Alexander Kordas Glück und Ende. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 31. Jänner 1938, S. 11.
pem. London: Kortner ganz nach Amerika übersiedelt. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 7. Februar 1938, S. 8. - Alfred Polgar: Theater. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 12. Jänner 1925, S. 3 (online bei ANNO).
Alfred Polgar: Die Präsidentenfrage bei der Alpinen Montangesellschaft. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 26. Jänner 1925, S. 4.
Alfred Polgar: Helge Lindberg. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 9. Jänner 1928, S. 4 (online bei ANNO). - Walter Rode: Dialittischüler. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 13. Februar 1922, S. 2 (online bei ANNO).
Walter Rode: Patrioten. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 17. Mai 1926, S. 5 (online bei ANNO).
Walter Rode: Wahlen in Österreich. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 21. März 1927, S. 5 (online bei ANNO).
Walter Rode: Lord Rothermere. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 13. Februar 1928, S. 5.
Walter Rode: Das Geheimnis der Mavatscholesen. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 29. Mai 1929, S. 8. - Wauwau: Militärische Grenzregulierungen.. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 14. Februar 1910, S. 14 (online bei ANNO).
Wauwau: Goldene Kanzlerworte.. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 18. Februar 1924, S. 16 (online bei ANNO).
Wauwau: Lieber Kommilitone Nazi!. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 9. Februar 1931, S. 16 (online bei ANNO).