Barockoboe
Die Barockoboe ist jene Bauform der Oboe, die um die Mitte des 17. Jahrhunderts im Umfeld des französischen Königshofes (z. B. Jean de Hotteterre) aus der Schalmei entwickelt wurde und die heutzutage im Rahmen der historischen Aufführungspraxis für die Wiedergabe von Barockmusik eingesetzt wird.
Beschreibung
Die Neuerungen gegenüber der Schalmei waren die Aufteilung des Instruments in drei voneinander trennbare Teilstücke, eine engere Mensur, ein verändertes Endstück und zwei Klappen für die tiefsten Töne. Am bedeutendsten war allerdings, dass das Doppelrohrblatt nun direkt zwischen die Lippen des Spielers genommen wurde, während es bei den Vorläuferinstrumenten noch entweder vollständig in den Mund genommen wurde (ohne dass der Spieler dabei das Doppelrohrblatt berührte) oder in einer Kapsel eingeschlossen war. Die am französischen Hof entwickelten Instrumente wurden als „die Oboen des Königs“ (les hautbois du Roi) bald mit ähnlichen Privilegien und Besetzungsstärken versehen wie die Violinen (les violons du Roi).
Die Oboe wurde im Barock zunächst von Blockflötisten gespielt, da ihre Griffweise im Wesentlichen zur (Block-)Flöte identisch war. Durch die Notwendigkeit der Spezialisierung der Ansatz-, Blas- und Rohrbaukunst gab es bald eine Separierung der Aufgaben. Johann Joachim Quantz, der Traversflötenlehrer König Friedrichs II., wirkte bis zu seinem Engagement nach Potsdam ausschließlich als Oboist. Johann Sebastian Bach hatte in Leipzig zwei voll angestellte Oboisten, aber keinen Flötisten und nur einen Lehrling als Traversflötenspieler.
Wie alle Sopraninstrumente hat die Oboe im Barockorchester häufig colla parte mit den Violinen zu spielen. Die Standardbesetzung der Dresdner Hofkapelle war zu dieser Zeit 5 erste Geigen und 5 Oboen, 3 Fagotte und 2 Violoncelli. In vielen Noten der damaligen Zeit steht in den Violinstimmen lediglich con bzw. senza Oboi; dieses orgelregisterartige Hinzu- und Wegschalten macht einen gewichtigen Teil des barocken Orchesterklangs aus. Allerdings wurde die Oboe auch ausgiebig als Soloinstrument eingesetzt, so z. B. in Werken von Johann Sebastian Bach und Georg Philipp Telemann. Ferner war sie Instrument der damaligen Militärmusik. Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts hat sich daraus der Offiziersrang Hautboist als Leiter der Harmonie (des Bläserensembles des Orchesters) erhalten.[1] Als Taille wurde unspezifisch eine Barockoboe mit einer Stimmung etwa eine Quinte unterhalb der gewöhnlichen Oboe bezeichnet, im Gegensatz zur Oboe da caccia, die eine genaue Bauform meint.
Nach dem Barock bekam die Oboe nach und nach mehr Halbtonlöcher mit einem immer ausgefeilteren Klappensystem sowie eine noch engere Bohrung und entwickelte sich dadurch zur modernen Oboe, wodurch allerdings ihre spezifischen Klangeigenschaften zugunsten einer weitgehenden Einheitlichkeit aller Halbtöne und einer höheren Lautstärke verschwanden.
Siehe auch
Einzelnachweise
- Vgl. Rudolf Gerber u. a.: Illustriertes Musik-Lexikon. Engelhorn, Stuttgart 1927.