Adolf Wicht
Adolf Wicht (* 19. Januar 1910 in Golmkau bei Danzig; † 1996) war ein deutscher Brigadegeneral der Bundeswehr und Pressereferent des Bundesnachrichtendiensts in Hamburg.
Leben
Tätigkeit bei der Wehrmacht
Wicht war auf der Kriegsschule in Potsdam, bis diese am 1. September 1939 geschlossen wurde. Bei der Wiedereröffnung am 7. April 1940 nahm Wicht an einem Generalstabslehrgang teil. Ende Januar 1941 war Wicht Hauptmann bei der Nachrichtenabteilung 71 der 50. Infanterie-Division. Mitte September 1941 wurde er mit dem Panzergruppen-Nachrichten-Regiment 10 in Nordafrika stationiert. In Nordafrika bekam Wicht das Kommando über die Panzer-Nachrichtenabteilung 78 der 15. Panzer-Division. Zum 1. Juni 1942 wurde er Major und zum Generalstab des Heeres in die Abteilung Fremde Heere Ost versetzt. Ende Januar 1944 kam Wicht zum Stab der 212. Infanteriedivision unter Karl Koske am Wolchow. Zum 1. Juni 1944 wurde Wicht zum Generalstab versetzt.
Im Zweiten Weltkrieg erhielt er das Eiserne Kreuz I. Klasse.
Tätigkeit beim Bundesnachrichtendienst
1946 gab es vergebliche Versuche des britischen Geheimdienstes, Wicht anzuwerben. Dieser lehnte ab, ließ sich jedoch später durch Reinhard Gehlen für die Organisation Gehlen anwerben.[1] Ab 1952 war Wicht bei der Organisation Gehlen bzw. ihrer Nachfolgeorganisation, dem Bundesnachrichtendienst, tätig. Dabei arbeitete er mit einer Scheinidentität als Kaufmann in Hamburg. 1958 wurde er Generalstabsoffizier in der Bundeswehr.[2]
Von 1953 bis 1962 trat Wicht als Leiter der Terrapress, der Herausgeberin des Ost-Dienstes und der Ost-Korrespondenz, Hamburg auf.[3] Als Pressereferent war Wicht der Ansprechpartner für die Redaktionen, zu denen u. a. Der Spiegel, Die Welt, die Hamburger Morgenpost, der Kölner Stadtanzeigers, die Westdeutsche Allgemeine Zeitung, die Düsseldorfer Nachrichten und die Neue Ruhr Zeitung zählten.
Im Jahre 1962 war Wicht in die Spiegel-Affäre involviert. BND-Chef Reinhard Gehlen wollte (aus eher privaten Gründen) vorab wissen, was Spiegel-Redakteur Conrad Ahlers über seinen Freund Friedrich Foertsch zu schreiben beabsichtige und schickte Wicht deshalb in die Spiegel-Redaktion. Wicht erhielt von Ahlers statt des Foertsch-Manuskripts einen Katalog von 13 Fragen zu einem ganz anderen Thema: Sie betrafen die Frage, ob die geplanten Enthüllungen über die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr der Geheimhaltung unterlägen.[4] Wicht leitete den Katalog an die Zentrale in Pullach weiter; BND-Militärexperten meldeten an zwei Stellen Bedenken an, die vom Spiegel berücksichtigt wurden. Am 8. Oktober erschien die Spiegel-Titelstory „Bedingt abwehrbereit“. Als der Verlagsdirektor des Spiegels, Hans Detlev Becker, Wicht am 16. Oktober 1962 erzählte, dass Ahlers von Ermittlungen gehört habe, meldete Wicht dies nach Pullach, wo dies nach eigenen Recherchen bestätigt wurde. Am 18. Oktober 1962 kam Wicht in die Spiegel-Redaktion und bestätigte das Ermittlungsverfahren, wie es sich Becker unter „Vorsprache Wicht“ notierte.
Nachdem der Staatsanwalt Siegfried Buback das Notizbuch Beckers beschlagnahmen ließ, wurde Wicht am 2. November 1962 unter dem Vorwurf des Landesverrats festgenommen und kam für 49 Tage in Haft. Bundeskanzler Konrad Adenauer nahm in einer Bundestagsrede am 7. November 1962 sogar eine öffentliche Vorverurteilung Wichts vor, in dem er – auf Wicht gemünzt, ohne seinen Namen zu nennen – davon sprach: „Wir haben einen Abgrund von Landesverrat im Lande. Ist es dann nicht erschreckend, wenn ein Oberst der Bundeswehr, nachdem er gehört hat, daß ein Verfahren gegen Augstein und Redakteure des SPIEGEL eingeleitet sei, hingeht und denen Bescheid gibt, damit Beweismaterial beiseite geschafft wird?“[5] – was zu einem Konflikt mit seinem Koalitionspartner FDP führte. Die Generalbundesanwaltschaft ermittelte bis 10. März 1965 gegen Wicht und stellte das Verfahren dann ein.[6][7] Obwohl ihm keine Verfehlungen nachgewiesen wurden, konnte Wicht nicht auf seinen alten Dienstposten zurückkehren und blieb für den Rest seiner Karriere gebrandmarkt. Die bereits 1962 vorgesehene Ernennung zum Brigadegeneral unterblieb bis zu seiner Pensionierung.[8] Erst 1967 gab Adenauer – insbesondere auf Drängen von Karl Wienand – eine Ehrenerklärung zugunsten Wichts ab.[5] 1968 wurde Wicht nach Erreichen der für Oberste der Bundeswehr geltenden Altersgrenze pensioniert. Nach der Teilnahme an Reserveübungen wurde er 1970 zum Brigadegeneral der Reserve ernannt.[8]
Nach seiner Pensionierung arbeitete Wicht als Lektor und in der Vertriebsleitung des Spiegel. Er erhielt nach seiner Pensionierung monatlich 950 DM als „Verbindungsführer“ des BND unter dem Decknamen „Winkler“.[2]
Veröffentlichungen
- Zehn Jahre sowjetische Deutschlandpolitik. In: Die Ost-Reihe, Heft 11. Terrapress, Hamburg 1955.
Einzelnachweise
- Der Abgrund. In: Der Spiegel. Nr. 21, 1965, S. 23–25 (online).
- Lebenslauf 50. Infanteriedivision
- Bundesarchiv
- Dummheiten des Staates. In: Der Spiegel. Nr. 43, 2002, S. 62–86 (online).
- Rehabilitierung. In: Der Spiegel. Nr. 16, 1967, S. 24 (online).
- BND im Zwielicht. In: Die Zeit, Nr. 43/1982
- Der fast vergessene Oberst Wicht. In: Der Spiegel. Nr. 46, 1964, S. 28 (online).
- Berufliches. In: Der Spiegel. Nr. 22, 1970, S. 214 (online).