Naturdarm
Als Naturdarm wird – zur Unterscheidung vom Kunstdarm – der echte Darm eines Tieres bezeichnet, der etwa als Wursthülle verwendet wird. Er kann vom Rind, Schwein oder Schaf stammen, aber auch von anderen Nutztieren. Nach der Herkunft wird der Naturdarm auch mit verschiedenen Begriffen bezeichnet, so heißen die Därme vom Rind auch Kranz-, Butt- und Mitteldarm sowie Fettende; vom Schwein enger Darm, Butte, Krausedarm (bei Rind und Schaf fehlend), Nachende oder Fettende und die vom Schaf Saitling, Buttdarm, Mitteldarm oder Fettende.
Vorbereitung
Zur Vorbereitung werden die Därme nach der Schlachtung des Tieres gewendet, gereinigt, von der Muskelschicht und der Schleimhaut befreit und gebrüht. Darmsortiergeräte kommen zum Einsatz, um die unterschiedlichen Durchmesser zu bestimmen. Zur Konservierung bei der Lagerung werden die Därme trocken eingesalzen oder in Salzlake eingelegt.
Verwendung
Je nach Wurstsorte werden unterschiedliche Darmabschnitte von unterschiedlichen Tieren bevorzugt:
- Därme vom Rind, wie Kranz-, Butt- und Mitteldarm sowie Fettende, sind als Hülle für hochwertige Roh-, Koch- und Brühwürste von größerem Durchmesser geeignet, bei denen der Darm nicht mitgegessen wird.
- Die entsprechenden, etwas kleineren Stücke vom Schwein heißen enger Darm, Butte, Krausedarm (bei Rind und Schaf fehlend), Nachende und Fettende.
- Die zartesten (teuersten) Därme kommen vom Schaf, dort heißt der dem Kranzdarm bzw. engen Darm entsprechende Abschnitt Saitling, aus ihm werden traditionell Saiten hergestellt, die weiteren wieder Buttdarm, Mitteldarm und Fettende. Saitlinge werden vor allem für dünne Brühwurstsorten wie Frankfurter und Wiener Würstchen oder Nürnberger Rostbratwurst und Pfefferbeißer verwendet, die mit Darm verzehrt werden. Das Fettende – der letzte Darmabschnitt – dient meist als Hülle für Leber- oder Blutwurst.
Im Bereich Musik werden vom Saitenmacher Naturdärme von Schaf und Rind zur Herstellung von Saiten für Zupf- und Streichinstrumente verwendet. In erster Linie werden diese Saiten in der Historischen Aufführungspraxis verwendet.
Herkunft
Heute kommen die meisten Schafdärme (Saitlinge) aus China (abnehmend), der Türkei (zunehmend) und anderen orientalischen Ländern. Die Qualitäten sind sehr unterschiedlich, was die Längen, (Wand-)Stärken und andere Eigenschaften der Därme betrifft. So ist es z. B. ein großer Unterschied in der Produktion, ob Würste aus 2- oder 5-Meter-Därmen hergestellt werden. Der Zeitaufwand für den Darmwechsel ist bei kurzen Darmstücken größer, und auch der Ausschuss ist größer, weil die Restlängen (der letzten Wurst eines Darmstrangs) bei kürzeren Därmen öfter nicht dem Mindestmaß der Wurst entsprechen als bei längeren Därmen.
Vergleich Natur- zu Kunstdarm
Naturdarm besitzt andere chemische und mechanische Eigenschaften als vergleichbare Produkte aus Kunststoff. Der wesentliche Unterschied ist jedoch, dass er sich besser für Konservierungsverfahren wie Räuchern und Trocknen eignet. Er wird darum zur Fertigung von über 50 % der deutschen Wurstwaren verwendet. Der hauptsächlich aus Kollagen bestehende und daher luftdurchlässige Naturdarm trägt zur Entfaltung des Aromas bei, bei Dauerwürsten auch zur natürlichen Konservierung durch Feuchtigkeitsentzug.
Geschichte
Bereits im 3. Jahrtausend v. Chr. wurde Naturdarm in Persien benutzt, sowohl als Hilfsmittel zum Kochen von Fleischgerichten als auch zum Bau von Schwimmgürteln für Soldaten. Auch heute noch ist der Iran als Schafzucht betreibende Nation eines der wichtigsten Herkunftsländer für Naturdärme, vorwiegend für Saitlinge. Im Mittelalter und bis ins 18. Jahrhundert wurde einseitig zugeknoteter Schafsdarm auch als Verhütungsmittel (Präservativ) verwendet.[1]
Weblinks
Einzelnachweise
- Abbildung „Schafsdarmkondom“ in: Frauendusche und Schafsdarmkondom: Die Geschichte der Verhütung, Spiegel-online, 25. Februar 2013.