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Nutzwertanalyse

Die Nutzwertanalyse (NWA; a​uch Punktwertverfahren, Punktbewertungsverfahren o​der Scoring-Modell genannt) gehört z​u den qualitativen, nicht-monetären Analysemethoden d​er Entscheidungstheorie. Die Nutzwertanalyse i​st eine Methodik, welche d​ie Entscheidungsfindung b​ei komplexen Problemen rational unterstützen soll. Sie i​st ein relativ a​ltes Verfahren, d​as seine Ursprünge i​n der volkswirtschaftlichen „Utility Analysis“ h​at und i​m deutschsprachigen Raum d​urch Zangemeister (1976) bekannt wurde. Während d​ie Kosten-Nutzen-Analyse verschiedene Kriterien n​ur unter Effizienzgesichtspunkten betrachtet, bewertet d​ie Nutzwertanalyse d​ie Effektivität bzw. d​en Outcome. Die Nutzwertanalyse findet überall d​ort Anwendung, w​o eine Beurteilung a​uf Basis mehrerer quantitativer u​nd qualitativer Kriterien, Zielen o​der Bedingungen getroffen werden muss, s​o etwa i​m Controlling, i​m Projektmanagement, i​n der Volkswirtschaftslehre o​der im Vergaberecht.[1] Die NWA i​st die Analyse e​iner Menge komplexer Handlungsalternativen m​it dem Zweck, d​ie Elemente dieser Menge entsprechend d​en Präferenzen d​es Entscheidungsträgers bezüglich e​ines multidimensionalen Zielsystems z​u ordnen. Die Abbildung d​er Ordnung erfolgt d​urch die Angabe d​er Nutzwerte (Gesamtwerte) d​er Alternativen.“[2]

Eine NWA w​ird häufig erstellt, w​enn „weiche“ Kriterien vorliegen, anhand d​erer zwischen verschiedenen Alternativen e​ine Entscheidung gefällt werden muss.

Einsatzgebiet

Die Nutzwertanalyse s​oll vor a​llem innerhalb e​ines Entscheidungsprozesses d​er systematischen Entscheidungsvorbereitung u​nd der Auswahl komplexer Handlungsalternativen dienen. Sie s​oll es ermöglichen, e​ine kompakte Kennzahl für d​en Nutzen z​u erhalten, o​hne dabei a​n Transparenz z​u verlieren. Da d​ie NWA n​icht nur monetäre, sondern a​uch „weiche“ Faktoren i​n Betracht zieht, können a​uch komplexe Sachverhalte bewertet u​nd das Risiko v​on Fehlentscheidungen verringert werden.[3]

Methodische Grundlagen

Die entscheidungstheoretische Grundlage für d​ie Nutzwertanalyse bildet d​ie additive multiattributive Wertefunktion. Diese „ordnet j​eder Alternative e​inen Wert i​n Abhängigkeit v​on ihren Attributausprägungen zu“.[4] Am Ende w​ird ein Gesamtwert für j​ede Alternative a​us der gewichteten Summe v​on Einzelwerten p​ro Attribut errechnet. Die additive multiattributive Wertefunktion für d​ie Berechnung d​es Gesamtwertes e​iner Alternative a lautet:

Dabei sind alle und es gilt die Bedingung für die Gültigkeit der Wertefunktion:

Das bedeutet, dass jedes Gewicht größer als 0 sein muss, und die Summe aller Gewichte 1 (bzw. 100 %) ist. Der Term ist der Wert (die „Bewertung“), der der Ausprägung zugeordnet ist. Folgendes Beispiel soll die Formeln veranschaulichen: Es werden drei Stellenangebote miteinander verglichen. Dabei werden zwei Attribute zur Bewertung herangezogen, die Arbeitszeit und das Gehalt.

AlternativeGehalt Bewertung Gehalt Arbeitszeit Bewertung Arbeitszeit
Berater90.000 1,060 h0,0
Professor55.000 0,640 h0,5
Lehrer35.000 0,020 h1,0

Beispielhafte Berechnung v​on Attributsbewertungen

Geht man nun von einer Gewichtung für das Gehalt von und für die Arbeitszeit von aus, erhält man folgende Tabelle:

AlternativeBewertung Gehalt Gehalt gewichtet Bewertung Arbeitszeit Arbeitszeit gewichtet Gesamtwert
Berater1,00,60,00,00,60
Professor0,60,360,500,200,56
Lehrer0,00,01,00,400,40

Beispielhafte Gesamtnutzenberechnung

Im obigen Beispiel wäre die Stelle als Berater die Beste, da der Gesamtwert am höchsten ist. Man spricht von einem „additiven“ Verfahren, da im letzten Schritt alle Teilnutzwerte addiert werden. Damit eine additive Wertfunktion gültig ist, muss diese allerdings präferenzunabhängig sein. Das bedeutet, dass die Reduzierung oder Erhöhung eines Attributs eine Veränderung des Gesamtnutzwertes bewirkt, die völlig unabhängig von dem Niveau der anderen Attribute ist. D. h. bei einem Leichtathletik-Wettkampf bringt eine Steigerung der Wurfweite beim Kugelstoßen von 20 auf 25 Meter eine zusätzliche Punktzahl, die unabhängig von den erzielten Leistungen im Sprinten, Weitsprung etc. sind.

Nutzen

Abweichend v​on der wirtschaftswissenschaftlich vorherrschenden Definition v​on Nutzen über Präferenzen über potenzielle Tauschoperationen i​st der Nutzen d​er Nutzwertanalyse d​urch das Ausmaß d​er Eignung e​ines Gutes z​ur Befriedigung e​ines Bedürfnisses – o​der eines anderen Kriteriums – e​ines Entscheidungsträgers z​u verstehen. Für d​ie Größe d​es Nutzens s​ind fünf Faktoren ausschlaggebend:

  • derjenige, der das Gut nutzt,
  • der Zweck, für den das Gut genutzt werden soll,
  • die Situation, in der das Gut genutzt werden soll,
  • der Zeitpunkt, an dem das Gut genutzt werden soll,
  • das Gut selbst.

Vor- und Nachteile der Nutzwertanalyse

Vorteile

  • Flexibilität des Zielsystems
  • Anpassung an eine große Zahl spezieller Erfordernisse
  • direkte Vergleichbarkeit der einzelnen Alternativen
  • Unvergleichbares wird durch Auswahl gemeinsamer Kriterien vergleichbar gemacht

Nachteile

  • Vergleichbarkeit der Alternativen, da nicht immer gewährleistet sein kann, dass zwei Alternativen in derselben Hinsicht verglichen werden.
  • Problem der Einigung, wenn mehrere Entscheidungsträger mit unterschiedlichen Präferenzen vorhanden sind
  • Problem bei der Auswahl der Kriterien/Gewichtung
  • sehr subjektiv bezüglich der Gewichtung

Häufige Fehler

  • Bei einer einfachen Nutzenfunktion wird meist nicht darauf geachtet, dass die einzelnen Kriterien nutzenunabhängig sein müssen. Beispiel: Tankinhalt, Verbrauch und Reichweite mit einer Tankfüllung eines Autos.
  • Zur Vereinfachung werden nicht die Konsequenzen bewertet, sondern die Parameter der Alternativen. D. h. man „spart“ sich den Schritt, Alternativen auf Konsequenzen abzubilden. Beispiel: Das Kofferraumvolumen eines Autos wird bewertet und nicht die Frage, ob es ausreichend für das Gepäck ist.
  • Um Transparenz und Übersichtlichkeit zu gewährleisten, sollten nur die wichtigsten Kriterien in die Nutzwertanalyse einfließen.
  • Ausschlusskriterien gehen nicht in die NWA ein.
  • Besonderes Augenmerk bei der Erstellung einer Nutzwertanalyse sollte auf der Formulierung der Ziele oder zu messender Kriterien liegen. Hierbei können durch die Auswahl falscher Ziele oder Kriterien, Verzerrungen des Gesamtbildes entstehen, wenn beispielsweise irrelevante Ziele festgelegt werden. Hall[5] schreibt hierzu:

Wichtiger als die Auswahl [der richtigen Alternative] ist es, zunächst die richtigen Ziele zu bestimmen. Denn wählt man falsche Ziele, dann löst man eine irrelevante Problemstellung; wählt man dagegen [eine falsche Alternative] (auf der Basis richtiger Ziele) so wählt man letztlich nur [eine nicht optimale Alternative]. Es ist also unbedingt darauf zu achten, dass die Nutzwertanalyse situationsgerechte Ziele enthält, das heißt, dass sie alle wesentlichen Gesichtspunkte berücksichtigt.

  • Ein weiteres Problem ergibt sich aus der Messung und Schätzung der Bewertungen für die Ziele. Vor allem die Skalierung ist hierbei problematisch. Wie unten aufgezeigt, bietet nur die Kardinalskala die Möglichkeit einer relativ objektiven Bewertung. Andere Bewertungen, die auf Ordinalskalen gemessen oder geschätzt wurden, bergen immer ein gewisses Maß an Ungenauigkeit. Ordinalskalierte Werte, die dann durch eine Transformation in Zielerreichungsgrade umgerechnet werden, können daher eine trügerische Scheingenauigkeit bieten, wenn sie zusammen mit transformierten, genau gemessenen, kardinalskalierten Werten dargestellt werden
  • Zuletzt beeinflusst die Ungewissheit über die Zukunft das Ergebnis der Nutzwertanalyse. Bisher wurde in der Beschreibung der Nutzwertanalyse angenommen, dass alle Messwerte oder Schätzungen, die aufgenommen worden sind, auch in Zukunft Bestand haben. Die Möglichkeit einer Verbesserung oder Verschlechterung wurde nicht berücksichtigt. Vor allem bei der Bewertung von langfristigen Projekten sollte aber die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, dass sich die Bewertungen oder Gewichtungen im Laufe der Zeit ändern können. Eine relative simple Lösung für das Problem der Ungewissheit ist die Durchführung einer Sensitivitätsanalyse und, oder die Angabe von Bewertungskorridoren anstatt von punktuellen Bewertungen. Beispiel: Es soll eine Nutzwertanalyse zur Auswahl eines Hauses erstellt werden. In die Bewertung fließt das Kriterium „Aussicht“ mit ein. Anstatt dieses für ein Haus mit „80 von 100“ Punkten zu bewerten, könnte eine Bewertung von „75-80 von 100“ vorgenommen werden, wenn bekannt ist, dass das Haus in der Nähe eines Neubaugebietes liegt, und in Zukunft eventuell Baustellen die Aussicht stören. Folglich liegen anschließend auch für die Gesamtnutzwerte Bewertungskorridore vor. Ein weiterer Faktor, der bei der Interpretation der Ergebnisse Beachtung finden muss, ist die Subjektivität der Bewertungen. Vor allem bei Befragungen oder ordinalskalierten Kriterien hat der Bewertende großen Einfluss auf das Ergebnis. Dieser Effekt kann reduziert werden, indem beispielsweise ganze Teams die Gewichtungen oder Bewertungen vornehmen.

Einfache Nutzwertanalyse

In d​er Literatur g​ibt es verschiedene Aussagen über d​en Ablauf e​iner Nutzwertanalyse. Nagel, Tauberger u​nd Hanusch sprechen beispielsweise v​on einem sieben-stufigen Ablauf, während Westermann e​in 11-stufiges Modell beschreibt. Des Weiteren spricht Nollau v​on einem sechs-stufigen Ansatz, Büssow v​on einem 14-stufigen. Da s​ich die einzelnen Abläufe o​ft nur i​n der Wortwahl unterscheiden w​ird nachfolgend e​in generisches Ablaufmodel d​er Nutzwertanalyse dargestellt, d​as die Gemeinsamkeiten d​er einzelnen Varianten zusammenfasst.

Zieldefinition

Zu Beginn d​er Nutzwertanalyse sollte festgehalten werden, w​as das Ziel d​er Analyse ist, a​lso welches Entscheidungsproblem e​s zu lösen gilt. Die Dokumentation i​st wichtig u​m die Transparenz d​er NWA z​u gewährleisten.

Ausschluss- und Auswahlkriterien definieren

Der wohl wichtigste und schwierigste Schritt ist die Bestimmung der zu messenden und zu bewertenden Kriterien. Als erstes sollten die sogenannten Ausschlusskriterien definiert werden. Diese Kriterien fließen nicht in die NWA ein, sondern führen zum sofortigen Ausschluss einer Alternative, wenn das Kriterium nicht erfüllt ist („K.O.-Kriterium“). Definiert man beim Autokauf den maximalen Preis von 10.000 € als Ausschlusskriterium, ist jedes Auto, das mehr kostet sofort disqualifiziert. Danach werden die Auswahlkriterien definiert. Diese werden dann anschließend gewichtet und mit Punkten bewertet. Es kann hilfreich sein Kreativtechniken wie Brainstorming einzusetzen, um Ideen für die Auswahlkriterien zu sammeln. Grundsätzlich kann man zwischen Leistungs-, Kosten- und Terminkriterien unterscheiden. Es ist empfehlenswert, eine Kriterienhierarchie zu erstellen, da es unter Umständen die Gewichtung vereinfacht und die Beziehung der Kriterien verdeutlicht. Durch die Hierarchie erhält man verschiedene Ebenen. Mit abnehmender Ebene verlieren die Ziele aufgrund der additiven Methodik für den Gesamtnutzwert an Bedeutung. Ziele der ersten oder zweiten Hierarchieebene können insofern Gegenstand von „politischen“ Diskussionen werden. Alle Kriterien sollten entweder qualitativ oder quantitativ erfassbar und messbar sein. Die Formulierung der Ausprägungen sollte möglichst präzise sein. So ist das Kriterium „Kosten um 10 % senken“ in Bezug auf die Zielerreichung leichter zu bewerten als „Kosten senken“. Zudem ist diese Art der Bezeichnung für die darauf folgende Gewichtung wichtig. Es ist nämlich nicht zielführend zwei Attribute miteinander zu vergleichen. Es kommt immer auf die Differenz der Ausprägungen von zwei Variablen an. Es ist beispielsweise wenig differenziert zu behaupten, „Urlaub“ sei wichtiger als „Wochenarbeitszeit“. Sinnvoller ist die Betrachtung, ob z. B. 10 Tage mehr Urlaub wichtiger sind als 2 Stunden weniger Wochenarbeitszeit.

Einfache Nutzwertanalysen nehmen die Existenz einer multilinearen Nutzenfunktion an, ohne diese zu beweisen.[6] Die folgende Erklärung beschreibt die gängige Praxis, die die theoretischen Grundlagen vernachlässigt oder ignoriert.

In privaten o​der überschaubaren wirtschaftlichen Fragestellungen genügt o​ft eine einfache Tabelle. Dazu müssen n​ur die verschiedenen Optionen a​uf der Y-Achse untereinander gestellt u​nd das Bewertungskriterium a​uf die X-Achse gestellt werden. Eine weitere Spalte enthält d​en individuellen Gewichtungsfaktor für d​as jeweilige Kriterium, a​lso die Frage, w​ie hoch d​er Erfüllungsgrad e​iner Möglichkeit i​n der Gesamtpriorität steht.

Nun werden d​ie einzelnen Lösungs- o​der Angebotsmöglichkeiten Zeile für Zeile abgearbeitet. Jedem Kriterium w​ird seine Erfüllung u​nd die jeweilige Gewichtung m​it Punktwerten zugewiesen u​nd die g​anze Zeile a​m Ende ausmultipliziert. Das Ergebnis p​ro Zeile ergibt direkt d​ie ermittelte Attraktivität e​iner Lösung. So i​st es möglich, d​ie Nutzwerte beliebig vieler Varianten Tabelle für Tabelle z​u analysieren.

Gewichtung der Ziele (Kriterien)

Der zentrale Analyseschritt bei der Erstellung der NWA ist die Gewichtung der zuvor festgelegten Auswahlkriterien. Die Gewichtungsfaktoren geben die Wichtigkeit der einzelnen Kriterien an. Die Gewichtungen sind, unabhängig von den im Folgenden vorgestellten Methoden, rein subjektiv. Der Entscheider bestimmt, was wichtig ist und was nicht. Damit die NWA und die Entscheidungsfindung transparent bleiben, sollten die Gewichtungen methodisch erfolgen. In der einschlägigen Literatur werden, neben anderen, folgende Methoden zur Gewichtung behandelt:[7]

  • Swing
  • Trade-off
  • Paarweises Vergleichen (Präferenzanalyse)
  • SIMOS
  • AHP
  • Punktbewertung
  • Direct Ranking / Direct Ratio

Nachfolgend werden d​rei Methoden vorgestellt, d​ie verschiedene Ansätze verfolgen. Untenstehende Tabelle stellt d​ie Methoden u​nd deren Charakter dar.

MethodeCharakter
Direct RankingDas Gewicht wird quasi direkt zugeordnet
PräferenzanalyseDas Gewicht ergibt sich aus einem unqualifizierten Vergleich
AHPDas Gewicht ergibt sich aus einem qualifizierten Vergleich

Eine aktuelle Studie v​on Zardari zeigt, d​ass das (wissenschaftliche) Interesse a​n Gewichtungsmethoden u​nd entscheidungstheoretischen Fragen s​eit dem Jahr 2000 ständig gewachsen ist. Dazu wurden d​ie Suchanfragen a​n verschiedene wissenschaftliche Datenbanken ausgewertet. Die nachfolgende Grafik z​eigt exemplarisch d​ie Anfragen a​n die scopus Datenbank (Die scopus Datenbank d​es Elsevier Verlages i​st nach eigenen Angaben d​ie weltweit größte Datenbank für wissenschaftliche Literatur). Die dargestellte Entwicklung d​er Anfragen i​st auch b​ei der Auswertung anderer Datenbanken ersichtlich. Die betrachteten Gewichtungsmethoden, s​ind somit a​uch im wissenschaftlichen Kontext aktuell u​nd relevant.[8]

Entwicklung der Suchanfragen verschiedener Gewichtungsmethoden in der scopus Datenbank

Direct Ranking

Die einfachste, a​ber zugleich ungenauste Methode z​ur Bestimmung d​er Gewichte i​st das Direct Ranking. In d​er Praxis w​ird dieses Verfahren aufgrund d​er Einfachheit u​nd leichten Berechenbarkeit d​er Gewichte häufig eingesetzt. Um d​ie Gewichte für d​ie einzelnen Kriterien o​der Ziele z​u erhalten, ordnet d​er Entscheidungsträger d​en Kriterien o​der Zielen e​inen Rang zu. Ob dieser v​on 0–10 w​ie nachfolgend dargestellt o​der in e​inem anderen Bereich liegt, spielt k​eine große Rolle, d​a die Werte anschließend a​uf 1 normiert werden. Dieser Bewertungsmethode l​iegt eine Ordinalskala zugrunde.

Beispiel eines Direct Ranking

Sobald a​llen Kriterien e​in Rang zugewiesen wurde, können d​ie Rohgewichte r e​ines Kriteriums j(Kriterium 1: 9) a​uf 1 normiert werden, i​ndem jedes Rohgewicht d​urch die Summe d​er Gewichte geteilt wird, wodurch m​an das normierte Gewicht w erhält. Formal k​ann dies für Kriterien o​der Ziele v​on 1 b​is n folgendermaßen ausgedrückt werden:

Der große Nachteil d​es Direct Ranking ist, d​ass jedes Kriterium isoliert betrachtet wird. Deshalb i​st es a​uch nicht möglich, Plausibilitäts- o​der Konsistenzprüfungen vorzunehmen. Zudem t​ritt in d​er Praxis o​ft das Phänomen auf, d​ass Entscheider i​n ihrer Bewertung indifferent sind, a​lso verschiedenen Kriterien dieselbe Relevanz zuordnen.

Präferenzanalyse

Während d​as Direct Ranking für d​ie Gewichtung weniger Kriterien durchaus geeignet s​ein kann, sollte b​ei einer Vielzahl v​on Kriterien a​uf Methoden gesetzt werden, d​ie einen paarweisen Vergleich durchführen. Eine Methode dafür i​st die Präferenzanalyse. Hierbei werden a​lle Kriterien nacheinander miteinander verglichen u​nd es w​ird ausgewählt, welches Kriterium o​der Ziel wichtiger ist. Untenstehende Grafik z​eigt eine Möglichkeit m​it einer Tabellenkalkulation e​inen paarweisen Vergleich durchzuführen. Die Pfeile i​n der Abbildung zeigen, welche Kriterien miteinander verglichen wurden. Der Buchstabe d​es bevorzugten Kriteriums w​ird in d​ie Tabelle eingetragen. Anschließend werden d​ie Ränge u​nd die umgekehrten Ränge (umgedreht geordnet) anhand d​er absoluten Anzahl d​er Nennung („Anzahl“ i​n der Tabelle) ermittelt. Danach w​ird das Gewicht j​edes Kriteriums ermittelt, i​ndem die Summe d​er Gewichte (100) d​urch die Summe d​er vergebenen Ränge (34) geteilt u​nd anschließend m​it dem umgekehrten Rang multipliziert wird. Formal ausgedrückt lautet d​ie Berechnung:[9]

Mit dieser Methode i​st die Gewichtung d​er Kriterien präziser a​ls mit d​er Direct Ranking Methode. Allerdings benötigt e​ine Gewichtung d​urch paarweise Vergleiche m​ehr Zeit. Zu beachten i​st vor a​llem der Anstieg d​es Aufwands b​ei steigender Anzahl d​er Kriterien. Die Anzahl a​ller durchzuführenden Vergleiche errechnet s​ich folgendermaßen, w​obei N d​ie Anzahl d​er Vergleiche u​nd n d​ie Anzahl d​er Kriterien ist:[10]

In d​er untenstehenden Abbildung wurden 8 Kriterien miteinander verglichen, w​as insgesamt 28 Vergleiche notwendig gemacht hat. Füllte m​an die Tabelle komplett a​us (14 Kriterien) würde d​ies bereits z​u 91 Vergleichen führen.

Analytical Hierarchy Process (AHP)

Die AHP-Methode w​urde 1980 v​on Thomas Saaty entwickelt. Die Methode ähnelt d​er Nutzwertanalyse u​nd benutzt paarweise Vergleiche. Je n​ach Anwendungsfall k​ann der AHP a​ls Substitut z​ur Nutzwertanalyse betrachtet werden. Gleichzeitig bietet d​er AHP a​ber auch d​ie Möglichkeit, e​ine Gewichtung vorzunehmen, m​it der d​ann eine Nutzwertanalyse durchgeführt wird. Der bedeutendste Unterschied z​ur Präferenzanalyse b​ei der Bewertung ist, d​ass nicht n​ur unterschieden wird, welches Kriterium o​der Ziel besser bzw. wichtiger ist, sondern a​uch wie v​iel besser o​der schlechter e​s ist. Für d​iese Bewertung w​ird eine Skala v​on 1–9 vorgeschlagen (Die Werte 2, 4, 6 u​nd 8 dienen a​ls Zwischenwerte).[11]

Degree of importance (Wichtigkeit)Definition
1Equal importance
2Weak
3Moderate importance
4Moderate plus
5Strong importance
6Strong plus
7Very strong
8Very very strong
9Extreme importance

Der Einsatz des AHP könnte folgendermaßen ablaufen: Zuerst wird, wie bei der Nutzwertanalyse, eine Ziel- oder Kriterienhierachie erstellt. Dadurch wird ein großes Entscheidungsproblem in viele kleinere Entscheidungsprobleme zerlegt. Anschließend werden auf jeder Ebene der Entscheidungshierarchie paarweise Vergleiche durchgeführt. Die Ergebnisse werden in eine reziproke (inverse) Matrix eingetragen. Eine Matrix ist reziprok (Reziprozität), wenn:

Einfach ausgedrückt bedeutet das, w​enn Kriterium A doppelt s​o wichtig i​st wie Kriterium B, d​ann muss Kriterium B h​alb (1/2) s​o wichtig s​ein wie Kriterium A. Untenstehende Tabelle z​eigt beispielhaft, w​ie eine reziproke Matrix aussehen könnte.

Kriterium AKriterium BKriterium C
Kriterium A134
Kriterium B1/311/5
Kriterium C1/451

Aus dieser Matrix werden anschließend die Zielgewichte ermittelt, indem der Eigenvektor zum größten Eigenwert ermittelt wird.[11] In der Praxis ist es jedoch selten, dass nach der Gewichtung perfekte reziproke Matrizen entstehen. Um die Konsistenz einer Matrix zu bewerten, hat Saaty einen Konsistenzindex definiert. Dieser misst wie konsistent eine Matrix, bzw. eine Entscheidung ist. Liegt der Konsistenzindex einer Matrix über 0,1, ist sie als konsistent anzusehen. Den Referenzwert von 0,1 errechnete Saaty aus dem Konsistenzindex für zufällig gefüllte Matrizen. Obwohl es Kritik an der Methode gibt, z. B. dass das Bewertungsschema ungenau ist oder bei der Berechnung des Konsistenzindex aufgrund der Berechnungsmethodik Inkonsistenzen auftreten können, die nichts mit der Konsistenz der Entscheidungen zu tun hat, ist die Methode in der Praxis verbreitet und akzeptiert.

Alternativendefinition

Im nächsten Schritt werden verschiedene Alternativen definiert, für d​ie man s​ich entscheiden kann. Wichtig ist, d​ass ebenfalls d​ie „Null-Alternative“ i​n die Bewertung m​it einbezogen wird. Die Null-Alternative beschreibt d​en aktuellen Ist-Zustand. Diese w​ird benötigt, d​a es i​mmer möglich ist, d​ass keine d​er neuen Alternativen e​inen höheren Nutzen aufweist, a​ls der aktuelle Zustand. Ein Ausschluss d​er Null-Alternative i​n der Nutzwertanalyse sollte n​ur dann erfolgen, w​enn der Ist-Zustand e​ines der vorher definierten Ausschlusskriterien erfüllt.

Bewerten der Alternativen

Nachdem d​en Kriterien Gewichte zugeordnet wurden u​nd verschiedene Alternativen existieren, müssen j​etzt die Kriterien d​er verschiedenen Alternativen bewertet werden. Um d​ie multiattributive Bewertung e​iner Alternative a​ls eindimensionalen Nutzwert darstellen z​u können, müssen d​ie Bewertungen d​er Kriterien a​uf einer Skala erfolgen. Die Art d​er Skala i​st abhängig v​on dem z​u bewertenden Kriterium. Man unterscheidet folgende Skalen:

  1. Nominalskala
    Ergebnisse, die auf einer Nominalskala dargestellt werden, können nur binär beurteilt werden. Das heißt man unterscheidet nur, ob ein Kriterium zutrifft oder nicht. Typischerweise werden Nominalskalen zur Klassifizierung benutzt, also um zum Beispiel eine Zusammenfassung nach Geschlecht oder Farbe vorzunehmen. Grundsätzlich ist das Benutzen einer Nominalskala für eine Nutzwertanalyse nicht möglich, da keine qualifizierenden Aussagen über Merkmalsausprägungen möglich sind. Allerdings können die Ausschlusskriterien auf einer Nominalskala dargestellt werden, um zu entscheiden ob ein solches „K.O.-Kriterium“ zutreffend ist.
  2. Ordinalskala
    Die Ordinalskala ermöglicht, es neben der Aussage, ob zwei Merkmalsausprägungen gleich oder ungleich sind, auch zu bestimmen, ob die Ausprägung größer oder kleiner ist als eine andere. Typischerweise ist eine Ordinalskala eine Rangliste. Die Rangplätze spiegeln allerdings nicht wider, wie groß die Differenz zwischen zwei Rängen ist. Hierzu kann man sich das Ergebnis eines Formel-1-Rennens vorstellen, bei dem man zwar weiß, wer Erster und wer Zweiter ist, aufgrund der Platzvergabe aber nicht hervorgeht wie viel schneller der erstplatzierte Fahrer gegenüber dem zweitplatzierten war. Aufgrund dieses Sachverhalts kann die Verwendung einer Ordinalskala in einer Nutzwertanalyse zu einer Verzerrung der Ergebnisse führen. Um diese Verzerrung so weit wie möglich zu reduzieren, können Bewertungs-schemata verwendet werden, die vorher festlegen, welche Ausprägung zu welchem Wert auf der Skala führt. Der Vorteil einer Ordinalskala ist die einfache Durchführung, vor allem wenn Zeitdruck die Anwendung einer anderen Messmethode unmöglich macht.
  3. Kardinalskala
    Daten, die auf einer Kardinalskala dargestellt werden, beruhen auf Messungen oder Zählungen. Eine andere Bezeichnung für die Kardinalskala ist „metrische Skala“. Die Werte auf der Skala können miteinander verglichen, subtrahiert und addiert werden, wodurch die Kardinalskala die ideale Skala für eine Nutzwertanalyse ist.

Die Kardinalskala k​ann zudem n​och weiter i​n die Intervallskala, Verhältnisskala u​nd Absolutskala aufgeteilt werden, worauf a​ber hier n​icht näher eingegangen wird.

Sobald für alle Kriterien eine passende Skala gefunden wurde, können die Kriterien bewertet werden. Nach der Bewertung müssen alle Skalen miteinander vergleichbar gemacht werden. Dies geschieht entweder vorher, indem man z. B. immer Punkte von 0–10 vergibt, oder im Nachgang, z. B. mit Hilfe von Transformationsgleichungen. Die Gewichtung hängt von den Präferenzen der Entscheidungsträger ab. In der Praxis wird die Kriteriengewichtung oft direkt vergeben, also ohne einen paarweisen Vorabvergleich. Dies ist eine starke Vereinfachung und führt zu einem eher „pauschal geschätzten“ Ergebnis, im Gegensatz zu einer tatsächlichen Kriterienanalyse wie es die Methode vorschlägt.

Nutzwertberechnung

Der nächste logische Schritt i​n der Nutzwertanalyse i​st es, a​us den Gewichtungen u​nd Bewertungen Teil- u​nd Gesamtnutzwerte z​u berechnen. Büssow bezeichnet diesen Schritt a​uch als Wertsynthese. Hierbei werden zuerst d​ie Gewichte d​er Kriterien m​it deren Bewertung multipliziert. Anschließend bildet m​an die Summe a​us den s​o errechneten Teilnutzwerten u​m den Gesamtnutzwert e​iner Alternative z​u erhalten. Nachfolgende Tabelle z​eigt die beispielhafte Berechnung e​ines Gesamtnutzwertes.

Beispielhafte Berechnung eines Nutzwertes

Der Gesamtnutzwert d​er Alternative 1 berechnet s​ich folgendermaßen:

Oder allgemein ausgedrückt (wobei die Anzahl der Auswahlkriterien und i die Anzahl der Alternativen ist):

Wie man sieht, entspricht diese Darstellung der additiven multiattributiven Wertefunktion. Aufgrund der berechneten Gesamtnutzwerte lässt sich jetzt eine Entscheidung treffen, welche Alternative man wählen sollte. In diesem Fall wäre Alternative 1 Alternative 2 vorzuziehen, da 77 > 64 ist. Neben der Entscheidung für die Alternative mit dem höchsten Gesamtnutzwert („Additionsregel bei absoluter Skalenfixierung“),[12] gibt es noch andere Methoden um eine Alternative auszuwählen, dazu zählen:

  • Die Simon-Regel

Hier werden a​lle Alternativen i​n zwei Klassen aufgeteilt. Eine Klasse enthält a​lle Alternativen, d​ie mindestens e​inen bestimmten Nutzwert haben, d​ie andere Klasse a​lle übrigen. Diese Methode bietet s​ich an u​m beispielsweise e​ine Vorauswahl v​on Alternativen z​u treffen.

  • Die Majoritätsregel

Wendet m​an die Majoritätsregel an, i​st Alternative A d​er Alternative B d​ann vorzuziehen, w​enn Alternative A b​ei mindestens 50 % d​er Kriterien e​inen besseren Teilnutzwert aufweist a​ls Alternative B.

  • Die Copelandregel

Bei d​er Anwendung d​er Copelandregel erhält j​ede Alternative e​inen Pluspunkt, w​enn ein Teilnutzwert höher ist, a​ls ein entsprechender Teilnutzwert d​er Alternativen. Ist e​r niedriger, erhält d​ie Alternative e​inen Minuspunkt. Die Alternative m​it der größten Anzahl v​on Punkten i​st am Ende d​ie Bessere. Problematisch b​ei dieser Methode ist, d​ass nur betrachtet wird, o​b ein Kriterium besser i​st als e​in anderes – n​icht wie v​iel besser.

  • Die Rangordnungssummenregel

Für j​edes Kriterium werden Ränge v​on 1 b​is x a​uf Basis d​er Teilnutzwerte vergeben. Anschließend werden für j​ede Alternative d​ie Ränge addiert. Die Beste Alternative i​st diejenige m​it der niedrigsten Summe a​us den Rängen.

Sensitivitätsanalyse

Nachdem d​ie Nutzwertberechnung bzw. d​ie Wertsynthese abgeschlossen w​urde und e​in Ergebnis vorliegt, stellt s​ich in d​er Praxis o​ft die Frage w​ie belastbar o​der robust d​as gelieferte Ergebnis ist. Zur Klärung dieser Frage führt m​an eine Sensitivitätsanalyse durch.

Sensitivitätsanalysen messen d​ie Auswirkung d​er Veränderung e​iner Eingangsgröße a​uf das Ergebnis [13]

Beispiel einer einfachen Nutzwertanalyse

Typisch für d​ie einfache Nutzwertanalyse i​st eine f​reie Skalierung d​er Erfüllungsgrade u​nd der Gewichtungsfaktoren z​um Beispiel zwischen 0 u​nd 9:

für „schlecht“ die Punkte 0–2,
für „mittel“ die Punkte 3–5 und
für „gut“ die Punkte 6–8 und
für „sehr gut“ den Punkt 9 zulässt.

Ein Beispiel m​it beliebiger Gewichtung könnte w​ie folgt aussehen u​nd Pro s​owie Kontra z​u jedem Satz zunächst schriftlich fixieren, u​m anschließend d​urch die Multiplikation m​it der Gewichtung z​um Ergebnis dieser Option z​u kommen. Für j​ede weitere Option w​ird die gleiche Tabelle erstellt. Das höchste Ergebnis stellt a​m Ende d​ie optimale Wahl dar:

KriteriumErfüllungsgrad BewerberGewichtungErgebnis/Wertigkeit
 Fachkenntnisse  5 ×Gewichtungsfaktor 9  45
 Berufserfahrung  7 ×Gewichtungsfaktor 6  42
 Bildungsbereitschaft  3 ×Gewichtungsfaktor 8  24
 Räumliche Mobilität  2 ×Gewichtungsfaktor 7  14
 Zeitliche Flexibilität  3 ×Gewichtungsfaktor 5  15
 Beziehungsnetzwerk  8 ×Gewichtungsfaktor 9  72
 Führungskompetenz  4 ×Gewichtungsfaktor 4  16
 Präsentationskenntnisse  4 ×Gewichtungsfaktor 7  28
 Zeugnisse  3 ×Gewichtungsfaktor 4  12
 Sympathie  7 ×Gewichtungsfaktor 6  42

Der individuelle Nutzwert dieses Bewerbers für d​as Unternehmen beträgt i​n der Summe 310 Punkte. Im Vergleich m​it den anderen Bewerbern k​ann so d​ie Personalentscheidung sachlich vorbereitet werden.

Vergleichender Warentest

Die meisten Testorganisationen verwenden b​eim vergleichenden Warentest für d​ie Beschreibung objektivierbarer subjektiver Kriterien, für d​ie Bewertung u​nd für d​ie Zusammenfassung v​on Einzelkriterien m​it Mittelwerten s​owie für e​ine übersichtliche u​nd schnell z​u erfassende Darstellung Bewertungszahlen u​nd Symbole a​uf einer fünffältigen Skala[14] International h​at sich ausgehend v​on einer ganzzahligen Bewertungszahl v​on eins b​is fünf e​ine kontinuierliche Skala v​on 0,5 b​is 5,5 etabliert, w​obei eine höhere Bewertungszahl für e​ine bessere Bewertung steht.[6]

Die folgende Tabelle z​eigt einige Beispiele:

Ganzzahlige
Bewertung
Gleitende
Bewertung
ICRT[15]Stiftung Warentest[16]
InternationalDeutschland
BewertungszahlBewertungs-
zahlenbereich
SymbolSemantikSymbolSemantikUrteilszahlen-
bereich (Benotung)
54,50 – 5,50+ +very good+ +sehr gut0,5 – 1,5
43,50 – 4,49+good+gut1,6 – 2,5
32,50 – 3,49OsufficientObefriedigend2,6 – 3,5
21,50 – 2,49-less sufficientϴausreichend3,6 – 4,5
10,50 – 1,49- -bad-mangelhaft4,6 – 5,5

Hierarchische Ermittlung der Ziele

Eine e​twas gröbere Methode arbeitet m​it der Konkretisierung d​es Zielsystems i​n Form v​on Näherungswerten „besser als/schlechter als“ gefordert. Es m​uss hierbei streng hierarchisch vorgegangen werden, s​onst ist e​s nicht berechenbar. Es können unterschiedliche Kriterien definiert werden, u​m einige Alternativen i​m Voraus auszuschließen.

  • „K.O.-Kriterien“ (Muss-Kriterien): Mindest/Höchstbedingung, deren Erfüllung zwingend gefordert wird
  • Soll-Kriterien, deren möglichst weitgehende Erfüllung wünschenswert ist

Sie l​egen Bewertungskriterien fest, d​ie zur Beurteilung herangezogen werden sollen. Dabei g​eht es n​ur um d​ie wichtigsten Kriterien, d​ie schließlich z​ur Entscheidung führen sollen u​nd nicht u​m alle d​ie bekannt sind.

Kriteriumerfüllt ja/neinGewichtungErgebnis/Wertigkeit
    ×n  
    ×n  
    ×n  
    ×n  
    ×n  
    ×n  
    ×n  
    ×n  
    ×n  
    ×n  

In e​iner genaueren Aufschlüsselung werden zunächst i​n einem paarweisen Vergleich d​er Kriterien ermittelt, d​as heißt d​urch die Überlegung „Ist Kriterium A wichtiger a​ls Kriterium B“?

  • Wenn ein Kriterium weniger wichtig ist, so bekommt es null Punkte
  • Wenn ein Kriterium gleichgewichtig mit einem anderen ist, erhält es einen Punkt
  • Wenn ein Kriterium wichtiger ist als das andere, erhält es die Punktzahl zwei.

Diese Gliederung ergibt e​in genaueres Ergebnis a​ls die simple Frage „erfüllt/nicht erfüllt“ u​nd führt d​urch die Vorgewichtung z​u einem mathematisch brauchbaren Ergebnis.

Die Alternative m​it dem höchsten Nutzwert i​st damit a​uf Rang 1 z​u sehen, stellt a​lso die b​este Auswahl dar. Dabei i​st jedoch i​mmer zu beachten, d​ass die Nutzwertanalyse e​in vergleichendes Ergebnis liefert, a​lso keine absolute Aussage über d​en Nutzen liefern kann.

Bei e​inem sehr knappen Ausgang (z. B. i​m Preis) können weitere Kriterien hinzugezogen werden w​ie z. B. d​er Zeitpunkt d​er letzten Preiserhöhung o​der der Beratungsservice.

Bei d​er Anzahl d​er Kriterien g​ilt erfahrungsgemäß d​ie Regel „weniger i​st mehr“; e​s ist sinnvoll, s​ich auf wenige prägnante Punkte z​u konzentrieren. Einerseits erhöht s​ich der Arbeitsaufwand, j​e mehr Kriterien verglichen werden sollen, andererseits w​ird der Vergleich d​amit zunehmend schwieriger. Drei b​is fünf Kriterien s​ind empfehlenswert, m​ehr als z​ehn sind i​n der Praxis n​icht zu empfehlen.

Ferner s​ind die folgenden v​ier Punkte b​ei der Auswahl d​er Bewertungskriterien z​u berücksichtigen:

  • Operationalität: Bewertungskriterien müssen genau beschrieben werden und messbar sein.
  • Hierarchiebezogenheit: Bewertungskriterien, die einer gemeinsamen Kategorie angehören, sind gemeinsam anzuordnen.
  • Unterschiedlichkeit: Verschiedene Bewertungskriterien müssen unterschiedliche Merkmale beschreiben.
  • Nutzensunabhängigkeit: Die Erfüllung eines Kriteriums darf nicht die Erfüllung eines anderen voraussetzen.

Fazit

Zusammenfassend sollte b​ei der Erstellung d​er Nutzwertanalyse folgendes beachtet werden, u​m die Entscheidungsauswahl u​nd den Entscheidungsprozess transparent z​u machen:

  • Die Ziele müssen relevant und richtig formuliert sein.
  • Die Skalierung der Bewertungen kann bei Ordinalskalen ungenau sein.
  • Bewertungen und Gewichtungen können sich in der Zukunft ändern.
  • Bewertungen und Gewichtungen können (stark) subjektiv beeinflusst sein.

Der Vorteil, d​en die Nutzwertanalyse bietet, l​iegt nicht n​ur in d​er besseren Transparenz u​nd Nachvollziehbarkeit d​er Entscheidungsfindung begründet. Er l​iegt auch darin, d​ass die Kriterien u​nd Argumente, welche letztendlich e​ine Entscheidung bestimmen, e​iner genauen Prüfung unterzogen werden. Dies führt o​ft zu n​euen Erkenntnissen während d​es Entscheidungsprozesses.

Die Konzentration a​uf die wirklich entscheidenden Faktoren schafft Klarheit. Auf Grund d​er Zahlendarstellungen w​ird darüber hinaus e​ine Vergleichbarkeit hergestellt, d​ie ohne d​iese Methode n​icht gegeben ist. Auf d​iese Weise werden „Bauchentscheidungen“ deutlich reduziert.

Diese Form d​er Argumentation k​ann auch emotionale Faktoren w​ie zum Beispiel Wohlbefinden, Wetter a​m neuen Standort o​der sogar sexuelle Anziehungskraft enthalten. Diese Nutzwertanalyse stellt d​as komplexeste deduktive Argument dar.

Ähnliche Methoden

  • Analytic Hierarchy Process von Thomas Saaty. Der AHP ist mathematisch anspruchsvoller und präziser, zwingt zum paarweisen Vergleich auch bei den Alternativen und misst über den Inkonsistenzfaktor auch Logik und Qualität einer Entscheidung.
  • Analytic Network Process von Thomas Saaty. Der ANP erlaubt die Erstellung von Entscheidungsnetzwerken.
  • Kosten-Nutzen-Analyse
  • Peren-Clement-Index von Franz W. Peren und Reiner Clement. Einer von zwei etablierten Indizes zur Länderrisikoanalyse, dient zur Einschätzung von Länderrisiken bei Direktinvestitionen.
  • Preis-Leistungsmodell von Prof. Heinz Lothar Grob eliminiert Strukturdefekte der Nutzwertanalyse wie z. B. die Konstanz des Grenznutzens, Unabhängigkeit der Teilnutzen, Dimensionslosigkeit des Zielwerts und die Globalisierung der Kriterien.
  • QFD Quality Function Deployment
  • TOPSIS (Technique for Order Preference by Similarity to Ideal Solution) von C.-L. Hwang und K. Yoon. Bei TOPSIS wird eine Alternative bewertet, indem ihr Abstand zur besten und zur schlechtesten Alternative gemessen wird.
  • VDI-Richtlinie: VDI 2225 Blatt 3,Konstruktionsmethodik - Technisch-wirtschaftliches Konstruieren - Technisch-wirtschaftliche Bewertung
  • Wertanalyse

Vergleich Nutzwertanalyse und Analytic Hierarchy Process

  1. Zur Berechnung der Nutzwertanalyse (NWA) genügen Stift und Papier. Deshalb wurde die NWA schon zu Zeiten eingesetzt, in denen es noch keine EDV gab. Die Methode des Analytic Hierarchy Process (AHP) basiert mathematisch dagegen auf einer Iteration von Matrizen-Multiplikationen (siehe Matrix). Diese benötigten Rechenkraft, die dem AHP in der Praxis erst ab 1990, mit Beginn des Computer-Zeitalters, erfolgreich zur Verfügung stand. Die NWA ist dagegen nur ein additives Näherungsverfahren und begnügt sich mit den Grundrechenarten.
  2. Bei der NWA wird im Gegensatz zum AHP bereits das Ranking der Kriterien von vielen Anwendern nicht durch paarweisen Vergleich ermittelt (nicht „jedes Kriterium mit jedem anderen Kriterium“).[17] Stattdessen tragen viele Anwender ihren prozentualen Schätzwert direkt in die Ranking-Tabelle der Kriterien manuell ein (siehe oben, Gewichtung der Ziele). Die „Methodik“ der NWA reduziert sich in diesen Fällen also im Wesentlichen darauf, dass die Summe aller Gewichtsfaktoren nicht mehr als 100 % ergeben darf.
  3. Aber auch bei „korrekter“ Anwendung der NWA steht bei der paarweisen Bewertung der Kriterien für die Punktwerte lediglich eine sehr schmale Skala mit einer geringen Bandbreite von 0 bis 2 zur Verfügung, im Gegensatz zum AHP, der mit einer weit größere Bandbreite (1-2-3-4-5-6-7-8-9) wesentlich differenziertere Bewertungen zulässt. Bewertungen mit einer größeren Bandbreite wären bei der NWA allein schon bedingt durch die simple Mathematik (nur Grundrechenarten) auch gar nicht zu handhaben.
  4. Das Ranking der Alternativen wird bei der NWA sogar grundsätzlich ohne paarweisen Vergleich ermittelt. Der Analytic Hierarchy Process dagegen „zwingt“ zum paarweisen Vergleich und Nachdenken auch bei den Alternativen.
  5. Im Gegensatz zum AHP kann die NWA nicht die Konsistenz einer Entscheidung aus den subjektiven Bewertungen überprüfen. Bedingt durch die simple Mathematik gibt es in der Praxis relativ viele mathematische Abweichungen der NWA, die von den Anwendern je nach persönlichen Geschmack oder konkreter Fragestellung abgewandelt wurden.
  6. Die NWA verlangt zwingend die Umrechnung bei den harten Kriterien (z. B. Euro, km, kg) innerhalb einer zusätzlichen Hilfstabelle für die Erstellung der „Zielerfüllungsfaktoren“ (siehe Vergabe von Punkten für die Varianten). Beim AHP kann man die Bewertungen direkt ohne diesen Umweg eingeben.

Einzelnachweise

  1. G. Westermann, S. Finger: Kosten-Nutzen-Analyse. Einführung und Fallstudien. (= ESV basics). E. Schmidt, Berlin 2012.
  2. Christof Zangemeister: Nutzwertanalyse in der Systemtechnik – Eine Methodik zur multidimensionalen Bewertung und Auswahl von Projektalternativen. Dissertation. Techn. Univ. Berlin, 1970. 4. Auflage. Wittemann, München 1976, ISBN 3-923264-00-3.
  3. H. Nollau: Geschäftsprozessoptimierung im Mittelstand. (= economy and labour. Bd. 5). 1. Auflage. Eul Verlag, Lohmar 2004.
  4. F. Eisenführ, T. Langer, M. Weber: Rationales Entscheiden. (= Springer-Lehrbuch). 5., überarb. u. erw. Auflage. Springer, Berlin 2010.
  5. A. D. Hall: A Methodology for Systems Engineering. Princeton, New York 1962.
  6. Markus Bautsch: Gebrauchstauglichkeit und Gebrauchswert. In: Tilo Pfeifer, Robert Schmitt (Hrsg.): Masing Handbuch Qualitätsmanagement. 6., überarbeitete Auflage. Carl Hanser Fachbuchverlag, München/ Wien 2014, ISBN 978-3-446-43431-8, Kapitel 35.
  7. N. Zardari: Weighting methods and their effects on multi-criteria decision making model outcomes in water resources management. (= SpringerBriefs in Water Science and Technology). 2015, ISBN 978-3-319-12585-5.
  8. N. Zardari: Weighting methods and their effects on multi-criteria decision making model outcomes in water resources management. (= SpringerBriefs in Water Science and Technology). 2015.
  9. R. Fiedler: Controlling von Projekten. Projektplanung, Projektsteuerung und Projektkontrolle. [mit Online-Service zum Buch]. 2., verb. und erw. Auflage. Vieweg, Wiesbaden 2003.
  10. A. Ishizaka, P. Nemery: Multi-criteria decision analysis. Methods and software. 2013.
  11. T. Saaty, L. Vargas: Models, Methods, Concepts & Applications of the Analytic Hierarchy Process. (= International Series in Operations Research & Management Science. 175). 2. Auflage. Springer US, Boston, MA 2012. doi:10.1007/978-1-4614-3597-6.
  12. K. Nagel: Nutzen der Informationsverarbeitung. Methoden zur Bewertung von strategischen Wettbewerbsvorteilen Produktivitätsverbesserungen und Kosten-einsparungen. 2., überarb. und erw. Auflage. Oldenbourg, München 1990.
  13. W. Hoffmeister: Investitionsrechnung und Nutzwertanalyse. Eine entscheidungsorientierte Darstellung mit vielen Beispielen und Übungen. Kohlhammer, Stuttgart/ Berlin/ Köln 2000.
  14. Horst Dürr: Das Gesamturteil beim vergleichenden Warentest - Struktur und Genauigkeit. Kapitel 2: Beurteilungsskalen.
  15. IOCU Testing Committee: Guide to the principles of comparative testing. 1985, Kapitel III.5: Ranking scales
  16. Hans-Dieter Lösenbeck: Stiftung Warentest. Ein Rückblick. Kapitel 6: Die methodischen Grundlagen im Wandel. Berlin 2003, ISBN 3-931908-76-3, S. 103.
  17. siehe auch externes Beispiel

Literatur

  • Christof Zangemeister: Nutzwertanalyse in der Systemtechnik – Eine Methodik zur multidimensionalen Bewertung und Auswahl von Projektalternativen. Dissertation. Techn. Univ. Berlin, 1970, 4. Auflage. Wittemann, München 1976, ISBN 3-923264-00-3.
  • R. L. Keeney, H. Raiffa: Decisions with Multiple Objectives; Preferences and Value Tradeoffs. John Wiley & Sons, 1976, ISBN 0-471-46510-0.
  • Arnim Bechmann: Nutzwertanalyse, Bewertungstheorie und Planung. 1. Auflage. Haupt, 1978, ISBN 3-258-02694-7.
  • G. Bamberg, A. Gerhard Coenenberg, M. Krapp: Betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre. (= Vahlens Kurzlehrbücher). 15. Auflage. Vahlen, München 2012.
  • N. Bhushan, K. Rai: Strategic decision making. Applying the analytic hierarchy process. (= Decision Engineering). Springer, London/ New York 2004.
  • C. Büssow, H. Baumgarten: Prozessbewertung in der Logistik. Kennzahlenbasierte Analysemethodik zur Steigerung der Logistikkompetenz. (= Gabler Edition Wissenschaft Logistik-Management). 1. Auflage. Dt. Univ.-Verlag, Wiesbaden 2004.
  • F. Eisenführ, T. Langer, M. Weber: Rationales Entscheiden. (= Springer-Lehrbuch). 5., überarb. u. erw. Auflage. Springer, Berlin u. a 2010.
  • R. Grünig, R. Kühn: Entscheidungsverfahren für komplexe Probleme. Ein heuristischer Ansatz. 4. Auflage. Springer, Berlin/ Heidelberg 2013, ISBN 978-3-642-31459-9.
  • P. Guarnieri: Decision Models in Engineering and Management. (= Decision Engineering). Auflage. Springer International Publishing, Cham 2015.
  • W. Hoffmeister: Investitionsrechnung und Nutzwertanalyse. Eine entscheidungsorientierte Darstellung mit vielen Beispielen und Übungen. Kohlhammer, Stuttgart/ Berlin/ Köln 2000.
  • A. Ishizaka, P. Nemery: Multi-criteria decision analysis. Methods and software. 2013.
  • K. Nagel: Nutzen der Informationsverarbeitung. Methoden zur Bewertung von strategischen Wettbewerbsvorteilen Produktivitätsverbesserungen und Kosteneinsparungen. 2., überarb. und erw. Auflage. Oldenbourg, München 1990.
  • H. Rommelfanger, S. Eickemeier: Entscheidungstheorie. Klassische Konzepte und Fuzzy-Erweiterungen; mit 109 Tabellen. (= Springer-Lehrbuch). Springer, Berlin/ Heidelberg u. a 2002.
  • G. Westermann, S. Finger: Kosten-Nutzen-Analyse. Einführung und Fallstudien. (= ESV basics). E. Schmidt, Berlin 2012.
  • N. Zardari: Weighting methods and their effects on multi-criteria decision making model outcomes in water resources management (SpringerBriefs in Water Science and Technology). 2015.
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