Die Corona-Warn-App des RKI gilt als vorbildlich in Sachen Datenschutz: Sie arbeitet anonym, speichert Daten dezentral und ortet den Nutzer nicht. Trotzdem braucht sie auf Android-Handys Zugriff auf die Standortermittlung. test.de erklärt, warum das so ist und wie datenschutzbewusste Nutzer reagieren können.
Überraschende Frage nach dem Standort
Viele, die großen Wert auf ihre Privatsphäre legen, lassen die Ortungsfunktion ihres Smartphones meist abgeschaltet und aktivieren sie nur bei Bedarf, etwa zum Navigieren. Doch mancher Android-Nutzer, der so vorgeht, wird sich bei der Installation der neuen Corona-Warn-App des Robert-Koch-Instituts wundern: Beim ersten Start fordert sie den Nutzer auf, die Standortermittlung seines Handys zu aktivieren. Dabei soll die Warn-App doch nur vor möglichen Begegnungen mit Infizierten warnen – ohne das Handy dabei zu orten!
Entwarnung in der Datenschutzerklärung
Warum benötigt eine App, die den Standort nicht ermittelt, Zugriff auf die Ortungsfunktion? In der Datenschutzerklärung zur App steht dazu im Absatz 7b zu den App-Berechtigungen auf Android-Smartphones: „Die Standortermittlung Ihres Smartphones muss aktiviert sein, damit Ihr Gerät nach Bluetooth-Signalen anderer Smartphones sucht. Standortdaten werden dabei jedoch nicht erhoben.“
Auch Bluetooth zählt zur Standortermittlung
Tatsächlich liegt die Erklärung im Rechte-Management von Android: Das zählt zur „Standortermittlung“ nicht nur die Ortung per GPS, Mobilfunk- oder WLan-Netze, sondern auch den Bluetooth-Funk. Begründung: Auch über Bluetooth lassen sich Rückschlüsse auf den Standort ziehen. Damit die Corona-Warn-App per Bluetooth Daten mit anderen Handys austauschen und gegebenenfalls vor Begegnungen mit Infizierten warnen kann, muss auf Android-Geräten darum die Ortungsfunktion dauerhaft eingeschaltet sein – obwohl die Warn-App selbst nichts ortet.
Standort-Zugriff für einzelne Apps regeln
Solange die Standortermittlung eingeschaltet ist, könnten allerdings auch andere Apps sie nutzen, die in Sachen Datenschutz vielleicht weniger unbedenklich sind als die Warn-App. Dafür gibt es eine Lösung: Android-Nutzer können den Zugriff auf die Ortungsfunktion jeder einzelnen App erlauben oder verbieten. Die entsprechende Funktion findet sich im Einstellungsmenü in der Regel unter: Apps>App-Berechtigungen>Standort.
In der dort angezeigten Liste aller installierten Apps sollte man dieses Zugriffsrecht nur den wenigen Apps zugestehen, die es zwingend brauchen – zum Beispiel Navigations- oder Nahverkehrs-Apps.
Tipp: Alles rund um Corona und Gesundheit im großen Special Corona und Gesundheit.
Newsletter: Bleiben Sie auf dem Laufenden
Mit den Newslettern der Stiftung Warentest haben Sie die neuesten Nachrichten für Verbraucher immer im Blick. Sie haben die Möglichkeit, Newsletter aus verschiedenen Themengebieten auszuwählen.
-
- Wer soll sich überhaupt noch impfen lassen? Wen gefährdet das Coronavirus immer noch stark? Das Gesundheits-Team der Stiftung Warentest gibt Antworten.
-
- Wer ein nicht allzu altes Smartphone besitzt und bereit ist für ein technisches Experiment gegen die Ausbreitung des Coronavirus, kann sich jetzt die Corona-Warn-App der...
-
- Digitale Fotos enthalten nicht nur jede Menge Pixel – in den Bilddateien sind meist auch umfangreiche Zusatzinformationen gespeichert, etwa Uhrzeit, Ort und...
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Kommentarliste
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
Ist "fußballer499" eine seriöse Quelle? Warum schreibt sie/er nicht unter seinem Klarnamen?
Was kann/soll ich also mit meinem "alten" Handy tun?
Soll ich deswegen ein neues Mobilfunkgerät kaufen?
@killrooy: Die Warnapp nutzt kein GPS. Standortbestimmung und GPS sind nicht gleichzusetzen, GPS ist nur ein Teil davon. Auch bei Nutzung der Triangulation der Sendemasten müsste der Standortbestimmung zugestimmt werden. (Bu)
Die Standortbestimmung mittel GPS ist ein Grund dafür das ich die App nicht nutze. Wie schon bei Test erklärt worden ist kann einzelne apps entsprechend gehindert werden den Standort zu ermitteln. Ich stelle mir dann doch die Frage, warum ist es nicht möglich auf einer Alternative zurück zu greifen?
Wie wohl die meisten von uns wissen ist, das behörden auf Geräte mit einer Sim Karte auch bei ausgeschaltetem Gerät den Standort ermitteln kann, und zwar durch Triangulation drei um das Gerät stehende Sendemasten! Hierzu wird kein GPS benötigt.
Warum wurde diese Möglichkeit nicht in betracht genommen?
Jeder hätte die Wahl und Zustimmungsmöglichkeit von 2 unterschiedlichen Methoden zur Standortsermittlung zu wählen und somit eine höhere Akzeptanz für die Corona App zu bekommen!
@dragocheth: Sie müssen die Standortbestimmung allgemein zulassen, und dann für einzelne Apps konfigurieren. Bei aktuellen Betriebssystemen lässt sich GPS ja nicht allein deaktivieren, sondern alles, was bei der Standortbestimmung hilft, wird gemeinsam aktiviert oder deaktiviert. Also auch WLAN-Hotspots, Mobilfunkmasten und eben Bluetooth-Infos. Die Corona-Warn-App verwendet allerdings weder die Ortung per GPS noch die Ortung per WLAN, sondern nur die Möglichkeit zur Erfassung naher Bluetoothgeräte. Durch die dezentrale und anonymisierte Vorgehensweise handelt es sich hier eben nicht um Ortung, sondern eine reine Kontakterfassung. In aktuelleren Android Versionen kann man die Standortbestimmung einzeln für die Apps deaktivieren. (Bu)
Sie schreiben, ich muss die Standortermittlung aktivieren bei der Installation der App. Dadurch schaltet Android GPS auf meinem Gerät ein. Nach der Installation habe ich GPS wieder ausgeschaltet. Jetzt sieht es so aus wie auf ihrem Screenshot im Text. Tracet die App jetzt meine Begegnungen oder nicht?
Im Klartext: muss ich GPS auf meinem Gerät dauerhaft aktiviert lassen, damit die App funktioniert? PS: mein Handy hat nicht die neueste Android Version, man muss für diese Frage vermutlich nach Versionen differenzieren. Herzlichen Dank.