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Zeitschrift-Artikel: Lebensäußerungen einer gesunden Gemeinde (Teil 5)

Zeitschrift: 114 (zur Zeitschrift)
Titel: Lebensäußerungen einer gesunden Gemeinde (Teil 5)
Typ: Artikel
Autor: Wolfgang Bühne
Autor (Anmerkung):

online gelesen: 2504

Titel

Lebensäußerungen einer gesunden Gemeinde (Teil 5)

Vortext

Text

Natürliches Gemeindewachstum

»Der Herr aber fügte täglich hinzu, die gerettet werden sollten.« Apg 2,47

„Und das Wort Gottes wuchs, und die Zahl der Jünger in Jerusalem mehrte sich sehr, und eine
Menge der Priester wurde dem Glauben gehorsam.“ (Apg 6,7)

„Und die Hand des Herrn war mit ihnen, und eine große Zahl glaubte und bekehrte sich zu dem Herrn.“ (Apg 11,21)

„Als aber die aus den Nationen es hörten, freuten sie sich und verherrlichten das Wort des Herrn; und es glaubten, so viele zum ewigen Leben bestimmt waren.“ (Apg 13,48)


Wachstum ohne „Kunstdünger“

Das sehen wir in der Natur und freuen uns jedes Frühjahr darüber, wie nach einem langen, strengen und manchmal schneereichen Winter sich plötzlich nach wenigen Tagen die ersten Knospen und Blüten öffnen und es überall grün wird.

Eine gesunde, normale, an der Bibel ausgerichtete Gemeinde wird ohne viel Lärm und „Kunstdünger“ wachsen. Wenn wir in der Lehre der Apostel verharren, das Gedächtnis des Herrn
beim Abendmahl wertschätzen, die Gebetsversammlungen nicht versäumen und unser Leben in froher Gemeinschaft miteinander teilen, dann wird der Herr dafür sorgen, dass Menschen der
Gemeinde hinzugefügt werden. Schuld an unseren stagnierenden oder schrumpfenden Gemeinden ist nicht die böse Welt, der wachsende Aber- und Unglaube oder gar der in der Bibel prophezeite Abfall in der Endzeit, sondern unsere Treulosigkeit, Lauheit und Weltförmigkeit!
Auch in der letzten und dunkelsten Zeit des Volkes Gottes im AT gab es unter den Königen
Josaphat, Hiskija und Josia große und gewaltige Erweckungen, wenn das Volk Gottes sich vor Gott demütigte und im Gehorsam zum Wort Gottes zurückkehrte. Gott wirkt dann damals wie heute das, was wir auch mit größter Anstrengung und den ausgefeiltesten Gemeindewachstums-Programmen nicht produzieren können: Neues Leben!


Besondere Segenszeiten

Natürlich gibt es auch besondere Gnadenzeiten für ein Volk oder für einen Landstrich, wo in außergewöhnlicher Weise – ähnlich wie in der Apostelgeschichte – die „Hand des Herrn“ sichtbar
wird und Tausende zum lebendigen Glauben kommen. Luther hat das einmal mit einem plötzlichen Platzregen verglichen:

„Gottes Wort und Gnade ist wie ein fahrender Platzregen, der nicht wiederkommt, wo er einmal
gewesen ist. Er ist bei den Juden gewesen; aber hin ist hin, sie haben nun nichts mehr. Paulus brachte ihn nach Griechenland. Hin ist hin; nun haben sie den Türken. Rom und das lateinische Land haben ihn auch gehabt; hin ist hin, nun haben sie den Papst. Und ihr Deutschen dürft nicht denken, dass ihr ihn ewig haben werdet. Denn der Undank und die Verachtung wird ihn nicht dableiben lassen. Darum greift zu und haltet fest, wer greifen und halten kann! Faule Hände müssen ein böses Jahr haben.“
(Aus: „An die Ratsherren aller Städte deutschen Lands, dass sie christliche Schulen aufrichten und halten sollen“)

Zur Zeit erleben wir vor allem in China, wie „ein fahrender Platzregen“ dieses große Land segnet
und täglich viele – vor allem jungen Menschen – zum lebendigen Glauben kommen. Nicht durch evangelistische Großveranstaltungen, sondern vor allem durch den glaubwürdigen, schlichten, evangelistischen Lebensstil der Christen, welchen der Herr dort in besonderer Weise segnet.

Auch wenn wir im deutschsprachigen Europa zur Zeit leider keine Erweckung des Volkes Gottes und keinen „Platzregen der Gnade Gottes“ erleben, wie das damals in der Apostelgeschichte oder zur Zeit in China oder Lateinamerika geschieht, so gibt es auch genügend Beispiele in Deutschland und Österreich, dass immer dort, wo Gemeinden sich unter die Autorität des Wortes Gottes stellen und in Liebe verbunden dem Geist Gottes Raum lassen, neues Leben und neue Gemeinden entstehen, weil die „Hand des Herrn“ aktiv wird.

Wenn wir statt „Gäste-Gottesdiensten“ (ein Widerspruch in sich selbst) mit großer Freude Gott dienen und verehren und unsere Wohnungen Gästen wie Nachbarn, Bedürftigen und Hilfesuchenden öffnen würden, dann würden wir auch ganz natürlich und ohne Spektakel Gemeinde-Wachstum erleben. Gott wird dann das tun, was wir selbst mit besten Absichten und
Anstrengungen nicht produzieren können.


Unser Missionsfeld

Der verstorbene Straßenprediger Wolfgang Dyck pflegte zu sagen:
„Der Zulauf der Massen ist uns nicht verheißen – aber den Massen nachzulaufen ist uns befohlen!
Jeder Christ sollte ein Botschafter an Christi Statt sein. Jeder Christ ein Missionar, eine wandelnde
Bibel auf zwei Schuhsohlen, ein offener Brief – ein Eilbrief.“

Unsere unmittelbare Umgebung, unsere Nachbarschaft, Straße, Arbeitsstelle usw. – das sollte primär unser Evangelisations-Feld sein. „Geht hin!“ – lautet der Missionsbefehl. Von selbst wird kaum einer zu uns kommen. Aber wenn dann die Menschen, zu denen wir Kontakt gesucht und gefunden haben, tatsächlich einmal als Gäste in eine Gemeinde kommen, die wirklich auf Gott ausgerichtet ist, wo Freude, „Frohlocken und Schlichtheit des Herzens“ (Apg 2,46) erlebbar sind, dann wird auch in unserer Zeit der Herr Menschen der Gemeinde hinzufügen.

Nicht eine perfekt gestylte Organisation, ein professionell gestaltetes Programm, Beamer, Band und Bar machen eine Gemeinde attraktiv und anziehend für Außenstehende, sondern Echtheit, Glaubwürdigkeit, Freude am Herrn und an seinem Wort. Mit anderen Worten: Eine ganz normale, natürliche, gesunde Gemeinde mit allen Kinderkrankheiten, Pubertäts- und Alterserscheinungen
wird die „Herberge“ sein, in die der „barmherzige Samariter“ diejenigen führen wird, die gerettet werden sollen. Dort sollen sie eine herzliche und warme Gemeinschaft finden, wo sie mit guter, biblischer Nahrung versorgt werden und geistlich wachsen können.


Alles hängt von Gottes Segen ab

Wie ist der später als „Waisenvater von Bristol“ bekannt gewordene Georg Müller zum Glauben gekommen? Seine Bekehrungs-Geschichte ist völlig unspektakulär. Als junger Theologie- Student, der ein gottloses Leben führte und keine Beziehung zur Bibel hatte, besuchte er, durch einen Freund neugierig geworden, einen Hauskreis. Dort saßen ein paar schlichte Christen zusammen, sangen ein Lied und gingen dann zum Gebet auf die Knie, um Gottes Segen zu erbitten. Anschließend hörte man zu, wie einer der Brüder ein Kapitel aus der Bibel und anschließend eine gedruckte Predigt vorlas. Mit Lied und Gebet wurde die Stunde beendet.

Georg Müller hatte bis dahin noch nie jemand auf Knien beten gesehen und war so beeindruckt von dem, was er hier sah und hörte, dass ihm plötzlich alle früheren Vergnügungen leer und schal vorkamen. Dieser Besuch wurde zum Wendepunkt in seinem Leben.

Diese Geschichte zeigt einmal mehr, dass es bei der Evangelisation nicht auf ein perfektes Programm ankommt, sondern darauf, dass Gott sich zu einem echten, gelebten und bezeugten
Glauben bekennen kann.

Die ersten Missions-Teams der Apostelgeschichte bestanden aus jungen Christen, die aus Jerusalem vertrieben wurden. Sie hatten weder theologische Seminare besucht, noch Kurse für „gesellschaftsspezifische Evangelisation“ absolviert.
Aber auf ihrer Reise mit unbekanntem Ziel verkündigten sie „das Evangelium von dem Herrn
Jesus“
mit dem Ergebnis: „... und des Herrn Hand war mit ihnen und eine große Zahl glaubte und
bekehrte sich zu dem Herrn“
(Apg 11,20-21).
Auf diese Weise entstand die Gemeinde in Antiochien, die erste Gemeinde außerhalb der Grenzen Israels, die dann nach dem Besuch von Barnabas erleben durfte, dass „eine zahlreiche
Menge dem Herrn hinzugetan wurde.“


Wo Leben ist, da ist auch Wachstum und Vermehrung. Wenn unsere Gemeinden schrumpfen
und vertrocknen, dann sollten wir uns nicht beruhigen mit Sätzen wie „klein – aber fein!“
sondern uns vor dem Herrn demütigen und ihn bitten, uns die Ursachen unserer Fruchtlosigkeit
zu zeigen. 

Nachtext

Quellenangaben