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Zeitschrift-Artikel: August Jung: Vorn Kampf der Väter - Schwärmerische Bewegungen im ausgehenden 19. Jahrhundert

Zeitschrift: 77 (zur Zeitschrift)
Titel: August Jung: Vorn Kampf der Väter - Schwärmerische Bewegungen im ausgehenden 19. Jahrhundert
Typ: Buchbesprechung
Autor: Wolfgang Bühne
Autor (Anmerkung):

online gelesen: 2283

Titel

August Jung: Vorn Kampf der Väter - Schwärmerische Bewegungen im ausgehenden 19. Jahrhundert

Vortext

Text

Eine erstaunliche, überaus interessante Arbeit, die den Brüdern der Bundesleitung der Freien evangelischen Gemeinden (FeG), wie auch den Verantwortlichen der Deutschen Ev. Allianz schlaflose Nächte bereiten müßte!

Der Verfasser schildert und dokumentiert, wie in den Jahren 1870 bis 1900 (also vor Beginn der Pfingstbewegung) vor allem in den Reihen der FeG Prediger aufgestanden sind, die unbiblische Ansichten und Praktiken über Heiligung, Heilung und Sündlosigkeit verbreitet haben und damit nicht nur für Verwirrungen, Spaltungen und Trennungen sorgten, sondern teilweise in die denkbar schlimmsten Irrtümer und moralischen Sünden gefallen sind. Manche Zusammenkünfte waren so chaotisch, daß sogar die Ordnungshüter eingreifen mußten, um gewaltsam die Veranstaltungen zu beenden, die einen öffentlichen Skandal darstellten.

A. Jung zeigt, daß es damals mutige und geistliche Führer wie Neviandt, Schopf, Busseiner, Nagel usw. gegeben hat, die durch deutliche Stellungnahmen die Gemeinden vor weiteren Schäden dieser Schwärmer bewahrt haben. Interessant ist festzustellen, daß diese geistlichen Auseinandersetzungen schließlich dazu führten, daß die etwa 1906 in Deutschland anbrechende Pfingstbewegung von den verantwortlichen Brüdern der FeG in Deutschland durchschaut und abgelehnt wurde. Sie waren die ersten, die durch eindeutige Aufklärungsschriften vor dieser Bewegung warnten, leider aber von den Führern der Allianzbewegung und des Gnadauer Verbandes erst ernst genommen wurden, als das Kind schon im Brunnen lag.

Das Brisante und Kuriose dieser Geschichte ist, daß etwa 100 Jahre später - also in der Gegenwart - eine Neuauflage dieser unnüchternen Bewegung die FeG beeinflußt, die allerdings von heutigen Verantwortlichen der FeG verharmlost oder sogar positiv beurteilt wird. Peter Strauch z.B., der Präses des Bundes der FeG, gleichzeitig Präsident der Vereinigung evangelischer Freikirchen und stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Ev. Allianz, empfiehlt die Zusammenarbeit mit gemäßigten Pfingstgemeinden und praktiziert sie - wenn auch nicht unkritisch -zumindest beim "Jesus Marsch 2000" sogar mit extremen Charismatikern (siehe "Jesus Marsch 2000" und das Interview von Ulrich Eggers mit Peter Strauch und Walter Heidenreich in "Aufatmen" 4/96).

Erstaunlich ist allerdings, daß der Bundes Verlag, der durch seine Zeitschriften "Aufatmen", "Dran", "Family" usw. ganz bewußt die Annäherung und Zusammenarbeit von Charismatikern und Evangelikalen sucht und praktiziert, mit diesem Buch eine sehr ernst zu nehmende, unmissverständliche Warnung vor genau dieser Zusammenarbeit veröffentlicht. Allerdings beschleicht einen die Sorge, daß dieses überdeutliche Signal aus der "zweiten Reihe" von den derzeitigen Männern der "ersten Reihe" nicht ernstgenommen oder sogar ignoriert wird.

Die Brüder der FeG haben jetzt die seltene Chance, den Gegenbeweis für die bekannte Erfahrung zu liefern: "Man lernt aus der Kirchengeschichte, daß die Kirche aus der Kirchengeschichte nichts gelernt hat." 

Nachtext

Quellenangaben

Bundes Verlag, Pb., 304 S., DM 29,80