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Torberg, Friedrich (Pseudonym)

Lebensdaten
1908 – 1979
Geburtsort
Wien
Sterbeort
Wien
Beruf/Funktion
Schriftsteller ; Publizist ; Journalist ; Herausgeber ; Übersetzer ; Theaterkritiker
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 118623362 | OGND | VIAF: 39391045
Namensvarianten

  • Kantor, Friedrich Ephraim (bis 1932)
  • Torberg, Friedrich (Pseudonym)
  • torberg, friedrich
  • Kantor, Friedrich Ephraim (bis 1932)
  • kantor, friedrich ephraim
  • Berg, Friedrich K.
  • Berg, Friedrich Kantor-
  • Kantor Torberg, Bedrich
  • Kantor, Friedrich
  • Kantor-Berg, Friedrich
  • Kantor-Berg, Friedrich Ephraim
  • Torberg, Frederick
  • Torberg, Fritz
  • Ṭorberg, Fridrikh
  • טורברג, פרידריך
  • Cantor, Friedrich Ephraim (bis 1932)
  • Berg, Friedrich Cantor-
  • Cantor Torberg, Bedrich
  • Cantor, Friedrich
  • Cantor, Friedrich Ephraim
  • Cantor-Berg, Friedrich
  • Cantor-Berg, Friedrich Ephraim

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Zitierweise

Torberg, Friedrich (Pseudonym), Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118623362.html [27.11.2024].

CC0

  • Torberg (bis 1932 Kantor), Friedrich Ephraim

    |Schriftsteller, Publizist, * 16.9.1908 Wien, 10.11.1979 Wien, Wien, Zentralfriedhof. (jüdisch)

  • Genealogie

    V Alfred (1874–1931), Angest. e. Spirituosenfabr. in W., seit 1921 in Prag, S d. Karl Kantor (1840–1911), in Melnik (Böhmen), u. d. Berta Deimel (um 1850–1916);
    M Therese (1878–1941? Ghetto Litzmannstadt), T d. Simon Berg (1840–1909), Fleischereibes. in W., u. d. Elisabeth Nussbaum (1846–1918);
    2 Schw Sidonie (1902–41? Ghetto Litzmannstadt), Ilse (1911–2000, Avraham [Abraham] Daus, 1902–74, aus Berlin, Dirigent, Komp., Pianist), Kinderbuchillustratorin, emigrierte 1939 n. Palästina;
    New York 1945 Marietta Bellak (1920–2000), aus W., Handelsangest. in d. USA, zuletzt in Klagenfurt; kinderlos.

  • Biographie

    In einem jüd.-liberalen Elternhaus aufgewachsen, besuchte T. erst in Wien, seit 1921 in Prag die Mittelschule (tschechoslowak. Staatsbürger 1924–45). Nach der Matura 1928 nahm er an der Univ. Prag das Studium zunächst der Philosophie, dann der Rechtswissenschaften auf, das er bereits 1929 abbrach, um ein einjähriges Volontariat beim „Leipziger Tageblatt“ zu absolvieren. Schon seit 1923 veröffentlichte er in Zeitschriften und Zeitungen Gedichte, kleine Erzählungen und Kampfartikel gegen das veraltete Mittelschulsystem; seit 1927 schrieb T. Sportreportagen und Theaterkritiken für das „Prager Tagblatt“, die zionistische Wochenzeitung „Selbstwehr“ und später für den „Prager Mittag“. Für seine Veröffentlichungen verwendete er seit 1929 das aus der zweiten Silbe seines Vaternamens und dem Geburtsnamen der Mutter zusammengesetzte Pseudonym „Torberg“, das 1932 offiziell auch als sein bürgerlicher Name anerkannt wurde.

    Mit seinem das damalige Schulsystem kritisierenden Erstlingsroman „Der Schüler Gerber hat absolviert“ (seit 1945 u. d. T. „Der Schüler Gerber“; zahlr. Überss.; verfilmt v. W. Glück 1981), der nach Vermittlung durch Max Brod 1930 im Paul Zsolnay Verlag in Wien erschien, erzielte T. einen seiner größten Erfolge. In den 1930er Jahren lebte er als freier Schriftsteller wechselweise in Prag und Wien, wo er, v. a. in seinem Stammcafé „Herrenhof“, u. a. mit Karl Kraus, Hermann Broch, Hilde Spiel, Robert Musil und Franz Werfel verkehrte. Im Juni 1938 emigrierte T. von Prag aus in die Schweiz und 1939 nach Frankreich. 1940 floh er über Spanien und Portugal in die USA und ließ sich in Hollywood nieder (US-Staatsbürger seit 1945). Als einer von „Ten Outstanding German Anti-Nazi-Writers“ wurde er ein Jahr lang vom Filmstudio „Warner Brothers“ finanziert und pflegte Kontakte u. a. zu Alma Mahler-Werfel, Franz Werfel, Gina Kaus, Ernst Deutsch und Walter Slezak. 1943 erschien T.s Novelle „Mein ist die Rache“, in der er am Schicksal von jüd. KZ-Häftlingen, die von einem sadistischen Lagerkommandanten bis in den Tod gequält werden, die Frage behandelt, ob das göttliche Exklusivrecht der Vergeltung zu akzeptieren sei.

    Seit 1944 lebte T. in New York und verfaßte den Roman „Hier bin ich, mein Vater“ (1948, verfilmt v. Ludwig Cremer 1970), die Geschichte eines jüd. Barpianisten aus Wien, der, um das Leben seines Vaters zu retten, zum Nazi-Spitzel wird. 1951 nach Wien zurückgekehrt, war T. als politisch engagierter Kulturjournalist tätig. 1954–65 leitete er die antikommunistisch ausgerichtete Zeitschrift „FORVM – Österreichische Monatsblätter für kulturelle Freiheit“, 1957–63 gab er die von ihm bearbeitete, vierbändige Ausgabe der Werke von Fritz v. Herzmanovsky-Orlando heraus, und seit 1961 übersetzte er die Werke des isr. Satirikers Ephraim Kishon (14 Bde.). 1972 veröffentlichte T. den Roman „Süßkind von Trimberg“ über den ersten jüd. Minnesänger dt. Sprache. 1975 erschien „Die Tante Jolesch oder Der Untergang des Abendlandes in Anekdoten“, T.s neben „Der Schüler Gerber“ bis heute populärstes Werk, mit dem er der vernichteten Welt des jüd. Bürgertums im alten Österreich ein literarisches Denkmal setzte.

    T. war ein vielseitig begabter Autor und stand in regem Kontakt zu zahlreichen Kulturschaffenden seiner Zeit, wovon ein umfangreicher Briefwechsel zeugt. Seine literarische und moralische Entwicklung wurde v. a. von Karl Kraus geprägt, seine selbstbewußte jüd. Lebenshaltung v. a. von Max Brod beeinflußt. In politischer Hinsicht vertrat T. den Standpunkt, daß man jede Spielart des Totalitarismus bekämpfen müsse, also auch den Kommunismus. Für diese Überzeugung trat er als Publizist polemisch ein (z. B. im „Wiener Brecht-Boykott“ 1953–63), was eine starke|Gegnerschaft politisch links stehender Kreise in Österreich und Deutschland provozierte, die mancherorts über seinen Tod hinausreichte.

  • Auszeichnungen

    A Julius-Reich-Preis d. Univ. Wien (1933);
    Prof.titel (1958);
    Korr. Mitgl. d. Dt. Ak. f. Sprache u. Dichtung, Darmstadt (1965);
    Preis d. Stadt Wien f. Publizistik (1966);
    Gr. BVK (1968);
    Österr. Ehrenkreuz f. Wiss. u. Kunst 1. Kl. (1968);
    Goldene Ehrenmedaille d. Bundeshauptstadt Wien (1968);
    Richard Meister-Medaille (1974);
    Österr. Ehrenzeichen f. Wiss. u. Kunst (1976);
    Gr. Österr. Staatspreis f. Lit. (1979);
    T.-Gasse, Wien-Penzing (seit 1981).

  • Werke

    Weitere W – und glauben, es wäre d. Liebe, Roman, 1932;
    Die Mannschaft, Roman e. Sportlebens, 1936;
    Die zweite Begegnung, Roman, 1950;
    Lebenslied, Gedichte, 1958;
    PPP, Pamphlete, Parodien, Post Scripta, 1964;
    Das fünfte Rad am Thespiskarren, Theaterkritiken, 2 Bde., 1966/67;
    Golems Wiederkehr u. andere Erzz., 1968;
    Die Erben d. Tante Jolesch, 1978;
    Apropos, Nachgelassenes, Kritisches, Bleibendes, hg. v. H. Eisenreich, Marietta Torberg u. d. Langen-Müller Verlag, 1981;
    In diesem Sinne …, Briefe an Freunde u. Zeitgenossen, hg. v. D. Axmann, Marietta Torberg u. H. Weigel, 1981;
    Kaffeehaus war überall, Briefwechsel mit Käuzen u. Origg., hg. v. D. Axmann u. Marietta Torberg, 1982;
    Pegasus im Joch, Briefwechsel mit Verlegern u. Redakteuren, 1983;
    Auch d. war Wien, Roman, 1984;
    Der letzte Ritt d. Jockeys Matteo, Novelle, 1985;
    Auch Nichtraucher müssen sterben, Essays, Feuilletons, Notizen, Glossen, 1985;
    Liebste Freundin u. Alma, Briefwechsel mit Alma Mahler-Werfel, 1987;
    Eine tolle, tolle Zeit, Briefe u. Dok. aus d. J. d. Flucht 1938–41, 1989;
    Voreingenommen wie ich bin, Von Dichtern, Denkern u. Autoren, 1991;
    Wien oder Der Unterschied, Lesebuch, 1998;
    Bibliogr.: D. Axmann, 2008 (s. L);
    Nachlaß: Österr. Nat.bibl. u. Wien-Bibl.

  • Literatur

    L J. Strelka (Hg.), Der Weg war schon d. Ziel, FS z. 70. Geb.tag, 1978;
    D. Axmann (Hg.), Und Lächeln ist d. Erbteil meines Stammes, Erinnerungen an F. T., 1988; ders., F. T., Die Biogr., 2008 (W, L
    , P);
    F.-H. Hackel, Zur Sprachkunst F. T.s, 1984;
    F. Tichy, F. T., Ein Leben in Widersprüchen, 1995 (P);
    M. Atze u. M. G. Patka (Hg.), Die „Gefahren d. Vielseitigkeit“, F. T. 1908–1979, Kat. z. Ausst. im Jüd. Mus. Wien, 2008 (P);
    Österreicher in Hollywood (P);
    Hist. Lex. Wien;
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L);
    Killy; Munzinger

  • Autor/in

    David Axmann
  • Zitierweise

    Axmann, David, "Torberg, Friedrich" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 350-351 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118623362.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA