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Gotter, Friedrich Wilhelm

Lebensdaten
1746 – 1797
Geburtsort
Gotha
Sterbeort
Gotha
Beruf/Funktion
Dramenschriftsteller ; gothaischer Geheimsekretär ; Schriftsteller ; Jurist ; Archivar ; Übersetzer ; Librettist
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118540939 | OGND | VIAF: 7428371
Namensvarianten

  • Gotter, Friedrich Wilhelm
  • G-r.
  • Gotter
  • Gotter, F. W.
  • Gotter, Ferdinand Wilhelm
  • Gotter, Friedrich W.
  • Gotter, Friedrich Wilh.
  • Gotter, J. F.
  • Gotter, Johann Friedrich
  • Gotter, Johann Friedrich Wilhelm
  • Gotther, Friedrich Wilhelm
  • Gotther
  • Gotther, F. W.
  • Gotther, Ferdinand Wilhelm
  • Gotther, Friedrich W.
  • Gotther, Friedrich Wilh.
  • Gotther, J. F.
  • Gotther, Johann Friedrich
  • Gotther, Johann Friedrich Wilhelm

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Zitierweise

Gotter, Friedrich Wilhelm, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118540939.html [30.10.2024].

CC0

  • Gotter, Friedrich Wilhelm

    Schriftsteller, * 3.9.1746 Gotha, 18.3.1797 Gotha. (evangelisch)

  • Genealogie

    V Heinr. Ernst (1703–72), Archivar, Legationsrat in G., S d. Ludw. Andr. (1661–1735), Hofrat in G., geistl. Liederdichter d. Halleschen Pietismus, v. ihm u. a. „Herr Jesu, Gnadensonne“, „Schaffet, schaffet, Menschenkinder“, „Womit soll ich dich wohl loben“ (s. ADB IX; Goedeke III, S. 304; RGG²) (S d. Joh. Chrstn., s. Gen. 2), u. d. Susanna Katharina Zinkernagel;
    M Ludmilla Magd. Wilh. v. Gotter, Schw d. Gustav Adolf (s. 2);
    Gotha 1780 Luise (1760–1826), Freundin d. Caroline Schelling geb. Michaelis ( 1809), T d. Caspar Herm. Stieler, Bgm. v. Erfurt, u. d. Frieder. Eleonore Juch;
    3 T, u. a. Pauline (1786–1854 [s. L], 1812 Frdr. Wilh. Jos. v. Schelling, 1854, Philos.);
    E Herm. v. Schelling (1824–1908), Staatssekr. d. Reichsjustizamts, preuß. Justizmin., Franziska (⚭ Carl v. Orff, 1817–95, bayer. Gen. d. Inf.);
    Ur-E Herm. v. Eichhorn ( 1918), preuß. GFM (s. NDB IV).

  • Biographie

    Als Knabe schon wurde G. durch seine Erziehung und das Vorherrschen des französischen Dramas auf dem Gothaer Hoftheater mit der französischen Kultur so eng vertraut, daß er französische Dramenversuche schrieb. Er verlor diese Orientierung auch nicht während seines Göttinger Jurastudiums (1763–66), der „Gouverneur“zeit (1768-69) und der 2 Amtsperioden als Legationssekretär in Wetzlar (1767, 1769-71), obwohl er dort Goethes Tafelrunde beitrat. Eine Reise durch die Schweiz nach Lyon, die er 1774 von Gotha aus unternahm, wo er von 1772 bis zu seinem Tode als herzoglicher Geheimsekretär lebte, vertiefte das französische Bildungserlebnis noch. Daher wurde die Rettung des französischen Dramas seine Lebensaufgabe. Seiner Meinung nach sollte das Theater dem „Vergnügen“ der „Gesellschaft“ dienen, nicht aber wie im Sturm und Drang zur „Marktschreyerbude“ entwürdigt werden. Zwar lobte er Goethes „Götz“ und noch mehr Shakespeare; wie fremd ihm aber das Tragische war, zeigen nicht nur die Umformungen von Shakespeares „Romeo und Julia“ („happy end“) und „Sturm“ (Oper „Die Geisterinsel“), sondern die gestelzten Alexandriner-Übertragungen französischer Trauerspiele („Elektra“, „Alzire“…). Einer Wieland verwandten Geisteshaltung entsprachen Lustspielübertragungen aus dem Französischen, Italienischen und Englischen mehr. Sein Instinkt für Bühnenwirksamkeit – er selber war ein glänzender Mime – machte seine zahlreichen Lustspiele (Die Dorfgalla, 1774, Die Erbschleicher, 1789) zu längeren Publikumserfolgen. Das galt auch für seine vom geistesverwandten, eingängigen Georg Benda vertonten modischen Singspiele („Romeo und Julie“, „Der Jahrmarkt…“) und Melodramen („Medea…“). – Wie den Dramen so fehlte auch seiner Lyrik, die 1770 mit der Herausgabe des 1. Göttinger Musenalmanachs nach französischem Vorbild (mit Boie) begann, Originalität. Als Anhänger der aufklärerischen Nachahmungstheorie schrieb er entweder anakreontisch, geistreich pointiert (wie Gleim) oder empfindsam (nach Young) oder moralisch im Sinne seiner aufgeklärten Humanität. Seine geschmeidige Sprache lockte zur Vertonung (Benda, Schweitzer, Reichardt…). – Von dem großen zeitgenössischen Ruhm, der hauptsächlich auf seinem Persönlichkeitszauber beruhte, ist heute nichts als eine gewisse kulturgeschichtliche Bedeutung, vor allem als Wegbereiter des Blankverses im Drama („Merope“), geblieben.

  • Werke

    Weitere W (Verz. s. Goedeke IV, 1, S. 659-61), u. a. Gedichte, Bremen u. Leipzig 1770;
    Die Dorfgalla, Lustspiel mit Arien u. Gesängen v. Schweitzer, Gotha 1774;
    Merope, Trauersp. in 5 Aufzügen nach Voltaire, ebd. 1774;
    Medea, Musik v. G. Benda, ebd. 1775, Leipzig 1778, Straßburg 1781, Nachdr. Frankenthal 1778;
    Singspiele, 1. Bd. enth.: Der Jahrmarkt, komische Oper, Romeo u. Julie, Schauspiel mit Gesang, Das tartar. Gesetz, Schausp. mit Musik, alle 3 mit Musik v. G. Benda, Leipzig 1779, auch einzeln ebd. 1779;
    Alzire. Trauersp. nach Voltaire, Wien 1783;
    Gedichte I, Gotha 1787, Nachdr. Wien 1787;
    Gedichte II (darin auch: Elektra, Merope, Alzire, Medea), Gotha 1788;
    Schauspiele, darin: Die stolze Vasthi, Lustsp., Esther, Schausp., Die Basen, Lustsp. nach Riccoboni, Leipzig 1795;
    Die Geisterinsel nach Shakespeares Sturm, mit H. v. Einsiedel, zuerst in: Schillers Horen, Stuttgart 1797;
    Gedichte III (Nachlaß, mit Nekr. F. v. Schlichtegrolls, Mariane, Die Geisterinsel, Maria Theresia), 1802 (P).

  • Literatur

    ADB IX;
    F. W. L. Schröder, Briefe an G., hrsg. v. B. Litzmann, 1887;
    R. Schlösser, Zur Gesch. u. Kritik v. G.s Merope, Diss. Leipzig 1890;
    ders.,|F. W. G., s. Leben u. s. Werke, 1894;
    Zur G.-Bibliogr., in: Seufferts Vj.schr. 6, 1893;
    F. Wollmann, Die Quellenfrage b. G.s „Erbschleichern“, in: Progr. d. Staatsrealschule Wien 1898;
    W. Deetjen, Der „Sturm“ als Operntext bearb. v. Einsiedel u. G., in: Shakespeare Jb. 64, 1928;
    L. E. Gemeinhardt, The cast of the first Hamburg Performance of G.s „Jahrmarkt“, in: Modern Language Quarterly 7, Seattle 1946;
    I.-M. Kümmel, F. W. G. als Elegien- u. Romanzendichter, Diss. Halle 1952 (ungedr.);
    Frels;
    K. Lorenzen, in: MGG, Spalte 562 f. (P). - Zu T Pauline: E. Waitz, Goethe u. P. G., 1919;
    J. Wähle, in: Jb. d. Goethe-Ges. 12, 1926, S. 218-22.

  • Porträts

    aus Lavaters Physiognom. Kab., Abb. in: Chronik des Wiener Goethe-Vereins 48/50, 1946, Tafel 3;
    Stich nach Gemälde v. Kauxdorf, Abb. in: H. Gloël, Goethe u. Lotte, 1922;
    Silhouette, Abb. in: Silhouetten d. Goethezeit, hrsg. v. L. Grünstein, 1909, Tafel 37;
    Kupf. v. J. H. Lips (Veste Coburg);
    H. W. Singer, Allg. Bildniskat. V, 1931, 33750-60.

  • Autor/in

    Käte Lorenzen
  • Zitierweise

    Lorenzen, Käte, "Gotter, Friedrich Wilhelm" in: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 658-659 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118540939.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Gotter, Friedrich Wilhelm

  • Biographie

    Gotter: Friedrich Wilhelm G., ein um das Aufblühen der neueren Litteratur Deutschlands sehr verdienter Dichter, wurde am 3. Septbr. 1740 zu Gotha geboren und erhielt daselbst, ohne das Gymnasium zu besuchen, eine dem Geiste damaliger Zeit, dem französische Sprache und Litteratur als erstes Erforderniß und Bildungsmittel galt, angemessene Erziehung. Um die Rechte zu studieren, ging er 1763 nach Göttingen, wurde 1766 zweiter geheimer Archivar zu Gotha, begleitete 1767 den Freiherrn v. Flemmingen als Legationssecretär nach Wetzlar und 1768 zwei junge Edelleute als Führer nach Göttingen zurück, wo die mit Boie begründete Herausgabe des Musenalmanachs ihm zuerst einen litterarischen Namen erwarb. Viel Einfluß auf ihn hatte damals die Ackermann’sche Schauspielergesellschaft in Göttingen und später in Wetzlar und hier seine Verbindung mit Goethe und dem jüngeren Jerusalem, als er 1769 dahin zurückgekehrt war. Eine Reise nach Lyon und durch die Schweiz machte ihn mit dem französischen Theater, sowie mit Geßner und Lavater genau bekannt. Er starb als Geheimsecretär zu Gotha, wo er bis zu seinem Tode dem neu errichteten Hoftheater (unter Ekhof, Iffland, Beil u. a.) seine Theilnahme zugewendet hatte, den 18. März 1797, 51 Jahre alt. Gotter's poetische Leistungen sind gleich denen Wieland's und J. Nik. Götz' der getreueste Abdruck seiner französischen Bildung und des eleganten Geschmacks in der damaligen deutschen Litteratur. In seinen lyrischen Gedichten (Gotha 1787—1802) spricht eine zarte Innigkeit sanfter Gefühle, erhöht durch große Correctheit der Sprache und des Versbaus und eine glückliche Wahl der Bilder den Leser wohlthuend an, namentlich zeichnete er sich durch diese Eigenschaften im Liede und der Epistel vortheilhaft aus. In seinen Lustspielen, welche er mehr oder weniger ausländischen Mustern nachgebildet hatte, herrscht gewandte Charakterzeichnung und ein lebhafter und witziger Dialog und mehrere derselben, wie „Die Erbschleicher“ und „Der schwarze Mann“, waren lange Zeit Lieblinge des Publicums und haben sich auf der Bühne erhalten, dagegen fehlt es seinen Trauerspielen, die sich an Voltaire’sche Muster anlehnen (Elektra, Merope, Alzire) an Tiefe und Kraft, obwol die Diction stets angemeßen ist. Großen Beifall fanden zu ihrer Zeit seine Medea mit der Benda’schen Musik (vgl. Bd. II. S. 316) und die von Zumsteeg componirte „Geisterinsel“ nach Shakespeare's Sturm. Erstere, ein Drama mit Musik, nach dem Muster der Brandes’schen Ariadne, ward 1775 für Mad. Seyler geschrieben. Von der „Geisterinsel“ urtheilte Goethe, sie sei ein Meisterstück von Poesie und Sprache (vgl. Caroline, Briefe etc. her. von Waitz, Bd. I. S. 180). Am Text hat übrigens Einsiedel Antheil (l. c. S. 189 Anm.). Schon 1795 schrieb Fleischmann (s. Bd. VII. S. 114) eine Musik dazu; auch Himmel und Reichard. Gedruckt ward die Dichtung zuerst 1797 in den Horen, nach Gotter's Tode. Vielfaches Interesse gewährt der Briefwechsel Caroline Schelling's (in der Ausgabe von Waitz) mit G., seiner Frau, geborne Stieler, und ihren drei Töchtern. Ein bleibendes Verdienst hat sich G. durch die Herausgabe des ersten deutschen Musenalmanachs erworben, eine Idee, die für Deutschland von ihm ausging, wozu jedoch der seit 1765 in Paris erschienene „Almanac des Muses“ den Anstoß gegeben hatte und mit welcher auch sein Freund Boie sich alsbald befreundete, weil sie auch den deutschen Dichtern ein neues und eben darum lockendes Feld, ihre Talente zum Wettstreite aufzubieten, eröffnete. G. nahm den thätigsten Antheil an dieser Unternehmung und die in Erfindung und Ausdruck classischen lyrischen Stücke, mit denen er sogleich im Almanache auftrat ("Musenalmanach MDCCLXX. Göttingen bey J. C. Dieterich. Poetische Blumenlese... 16") erwarben ihm nicht nur einen allgemeinen und verdienten Ruhm, sondern auch, weil zu seinem hübschen leichten Talente auch eine überaus angenehme Persönlichkeit sich gesellte, die persönliche Bekanntschaft und Freundschaft mehrerer der vorzüglichsten Gelehrten in Göttingen, wie Heyne's, Kästner's u. a., welcher letztere dann auch der erste war, der den Almanach mit seinen Beiträgen unterstützte. Weitere Beiträge lieferten Boie selbst, dann Gleim, Thümmel, Ramler, Gerstenberg u. a. Indessen überwog in dem ersten Jahrgange die Zahl der bereits gedruckten, hier nur wiederholten Gedichte und G. trat schon mit Schluß des ersten Jahrgangs von der Redaction zurück, worauf Boie die Herausgabe allein bis 1775 besorgte; vgl. den Art. Göckingk, L. F. G.

  • Literatur

    Almanach f. Dichter u. schöne Geister für 1785, S. 38—39. Küttner, Charaktere, S. 498—500. Schlichtegroll's Nekrolog II. S. 248—316. Wachler, Handb. d. Litteratur III. S. 293. Goedeke, Gr. II. S. 645—46, woselbst seine sämmtlichen Werke verzeichnet sind.

  • Autor/in

    J. Franck.
  • Zitierweise

    Franck, Jakob, "Gotter, Friedrich Wilhelm" in: Allgemeine Deutsche Biographie 9 (1879), S. 450-451 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118540939.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA