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Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz; Stand: 31.12.2022
8. Steuer- und Finanzverwaltung
8.1. Neuregelung der Datenschutzaufsicht im Bereich der Grundsteuer
Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2018 die Ermittlung der Grundsteuer auf Basis veralteter Einheitswerte für unvereinbar mit dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG) erklärt und den Gesetzgeber zu einer Neuregelung aufgefordert.
Daraufhin hat der Bund in Art. 105 Abs. 2 Satz 1 GG zum einen die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für die Grundsteuer klargestellt und zum anderen den Ländern in Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 GG erlaubt, von den Regelungen des Bundes durch Gesetz abzuweichen. Im Rahmen der sogenannten Abweichungsgesetzgebung dürfen die Länder ein eigenes Grundsteuermodell einführen und ab 2025 (vgl. Art. 125b Abs. 3 GG) die "neue" Grundsteuer erheben. Auf dieser Grundlage beruht das bereits zum 1. Januar 2022 in Kraft getretene Bayerische Grundsteuergesetz (BayGrStG).
Neben Fragen der Bemessung der Grundsteuer regelt das Gesetz auch das von Finanzamt und Gemeinden zu beachtende Verfahren sowie die Datenschutzaufsicht. Gemäß Art. 10 Abs. 2 Satz 2 BayGrStG überwache ich die staatlichen Finanzbehörden und die Gemeinden bei der Verwaltung der bayerischen Grundsteuer. Die Vorschrift lautet:
"2§ 32h AO gilt mit der Maßgabe, dass der Landesbeauftragte für den Datenschutz zuständig und das Bayerische Datenschutzgesetz einschlägig ist."
8.1.1. Bisher: Aufsichtszuständigkeit nach § 32h Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung
Übergangsweise bis einschließlich 2024 wird die Grundsteuer weiterhin nach den bisherigen bundesgesetzlichen Regelungen erhoben (vgl. Art. 10 Abs. 1 Satz 2 BayGrStG). Insoweit ist für die Datenschutzaufsicht gemäß § 32h Abs. 1 Satz 1 AO weiterhin der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit zuständig. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die staatlichen Finanzbehörden (Feststellung des Grundsteuer-Messbetrags) oder die Gemeinden (Erlass des Grundsteuerbescheids) handeln.
Für die Finanzämter folgt die Zuständigkeit des Bundesbeauftragten unmittelbar aus § 32h Abs. 1 Satz 1 AO. Demnach überwacht der Bundesbeauftragte die Finanzbehörden von Bund und Ländern im Anwendungsbereich der Abgabenordnung. Das ist gemäß § 1 Abs. 1 AO bei der Verwaltung europa- oder bundesgesetzlich geregelter Steuern, mithin auch beim Vollzug des vorübergehend noch anzuwendenden Grundsteuergesetzes des Bundes der Fall.
Was die Gemeinden betrifft, folgt die Zuständigkeit des Bundesbeauftragten aus § 1 Abs. 2 Nr. 1 AO. Da die Grundsteuer eine Realsteuer ist (vgl. § 3 Abs. 2 AO), gilt nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 AO die in § 32h AO geregelte Datenschutzaufsicht durch den Bundesbeauftragten "sinngemäß"; § 32h AO kann nur "sinngemäß" gelten, weil die Gemeinden nicht, wie § 32h Abs. 1 Satz 1 AO eigentlich voraussetzt, Finanzbehörden im Sinne der Abgabenordnung sind (vgl. § 6 AO). Gemäß § 1 Abs. 2 AO sind sie aber wie Finanzbehörden zu behandeln.
Hätte der Bundesgesetzgeber die partielle Datenschutzaufsicht des Bundesbeauftragten über die Gemeinden ausschließen wollen, hätte er die Regelung zur Datenschutzaufsicht nicht in den Katalog der für die Gemeinden geltenden Vorschriften der Abgabenordnung aufnehmen dürfen. Dann wäre es selbstverständlich, dass die Gemeinden bei der Verwaltung der Grundsteuer datenschutzrechtlich - wie üblich - als öffentliche Stellen der Länder behandelt werden und der Datenschutzaufsicht auf Landesebene unterliegen.
8.1.2. Neuregelung nach dem Bayerischen Grundsteuergesetz
Auch wenn die Grundsteuer nach dem Bayerischen Grundsteuergesetz erst ab 2025 erhoben wird, hat die staatliche Finanzverwaltung mit der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen nach dem neuen Recht bereits begonnen. Schon jetzt stellen sich daher auch praktische Fragen bei der Aufsichtszuständigkeit.
Ich begrüße es, dass mit Art. 10 Abs. 2 Satz 2 BayGrStG die Aufsichtszuständigkeit entgegen § 32h AO zu mir zurückkehren soll. Allerdings bezweifle ich, dass der bayerische Gesetzgeber aufgrund der Befugnis, gemäß Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 GG vom Grundsteuermodell des Bundes abzuweichen, auch die Aufsichtszuständigkeit gänzlich eigenständig regeln konnte.
Nach meiner Einschätzung trägt die Befugnis zur Abweichung von den Grundsteuervorschriften des Bundes, auf die ausweislich der Gesetzesbegründung das gesamte Bayerische Grundsteuergesetz gestützt ist, die in Art. 10 Abs. 2 Satz 2 BayGrStG enthaltene Zuständigkeitszuweisung nicht. Gleichwohl sehe ich mich zumindest teilweise für die Datenschutzaufsicht bei der Verwaltung der bayerischen Grundsteuer als zuständig an. Nach meiner Auffassung sind hier drei Konstellationen zu unterscheiden. Bevor ich näher darauf eingehe, möchte ich aber bemerken, dass die nachfolgenden Ausführungen unter dem Vorbehalt der verfassungsgerichtlichen Klärung einiger grundlegender Fragen der noch vergleichsweise jungen Abweichungsgesetzgebung nach Art. 72 Abs. 3 GG stehen.
8.1.2.1. Verwaltung der Grundsteuer B durch die Finanzämter
Für die Grundsteuer B ("baulich", betrifft Grundvermögen und Grundstücke, im Gegensatz zur Grundsteuer A, "agrarisch", betrifft Land- und Forstwirtschaft) enthält das Bayerische Grundsteuergesetz in Art. 1 bis 5 BayGrStG detaillierte Regelungen, die sich vom Bundesmodell erheblich unterscheiden. Die bayerische Grundsteuer B wird flächenabhängig berechnet. Anders als im Bundesmodell fließt der Grundstückswert nicht in die Berechnung ein.
Ist die Grundsteuer B folglich als landesrechtliche Steuer anzusehen, ist die Abgabenordnung nicht unmittelbar anwendbar, da sie für die staatlichen Finanzbehörden gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AO nur gilt, "soweit" sie bundes- oder europarechtliche Steuern verwalten. Das wiederum hätte zu Folge, dass auch § 32h Abs. 1 AO, der die Aufsichtszuständigkeit des Bundesbeauftragten vorsieht, nicht anzuwenden wäre. Stattdessen müsste meine Zuständigkeit aus der allgemeinen Vorschrift des Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayDSG folgen. Danach überwache ich die Einhaltung des Datenschutzrechts bei bayerischen öffentlichen Stellen.
Daran ändert auch die in Art. 10 Abs. 2 Satz 1 BayGrStG angeordnete entsprechende Geltung der Abgabenordnung - als Landesrecht - nichts. Landesrechtlich kann die in § 32h Abs. 1 AO vorgesehene Zuständigkeit des Bundesbeauftragten nicht begründen werden, weil ein Landesgesetz dem Bund nur unter besonderen Voraussetzungen Aufgaben übertragen kann; diese Voraussetzungen (insbesondere eine Übernahme der Verwaltungskosten des Bundesbeauftragten durch den Freistaat) sind hier aber nicht gegeben (vgl. § 32h Abs. 3 AO).
Vor diesem Hintergrund halte ich Art. 10 Abs. 2 Satz 2 BayGrStG hinsichtlich der Verwaltung der Grundsteuer B durch die staatlichen Finanzbehörden jedenfalls für überflüssig, soweit er abweichend von Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayDSG meine Zuständigkeit im Wege einer entsprechenden Anwendung von § 32h AO bestimmt, der zudem nur modifiziert gelten soll. An die Stelle der in § 32h Abs. 1 Satz 2 AO angesprochenen §§ 13 bis 16 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) sollen die entsprechenden Vorschriften des Bayerischen Datenschutzgesetzes treten, das sich mit den in §§ 13 bis 16 BDSG geregelten Fragen allerdings allenfalls am Rande befasst. Einen Vorteil dieser umständlichen Konstruktion gegenüber einer Zuständigkeit nach Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayDSG kann ich daher nicht erkennen.
Nicht verschweigen will ich in diesem Zusammenhang, dass die Einordnung der Grundsteuer als landesgesetzliche Steuer auch anders gesehen werden kann. Insbesondere wird vertreten, dass nur eine landesrechtliche Vollregelung den Charakter der Grundsteuer als Landesgesetz begründen könne. Immer dann, wenn die vollständige Steuerregelung aus Bundes- und Landesrecht zusammengesetzt ist, soll die Abgabenordnung gemäß § 1 Abs. 1 AO anzuwenden sein, da die Finanzbehörden - zumindest auch - Bundesrecht anwenden.
Eine Vollregelung in diesem Sinne enthält das Bayerische Grundsteuergesetz nicht; gemäß Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayGrStG sind bundesrechtliche Bestimmungen des Grundsteuergesetzes und des Bewertungsgesetzes ergänzend anzuwenden. Mit dem bayerischen Gesetzgeber nehme ich derzeit aber an, dass jedenfalls die Grundsteuer B nach dem Bayerischen Grundsteuergesetz als landesgesetzliche Steuer zu behandeln ist. Immerhin regelt das Bayerische Grundsteuergesetz die wesentlichen Aspekte der Grundsteuer B umfassend.
8.1.2.2. Verwaltung der Grundsteuer A durch die Finanzämter
Gemäß Art. 10 Abs. 2 Satz 2 BayGrStG bin ich auch für die Aufsicht über die Finanzbehörden bei der Verwaltung der die Land- und Forstwirtschaft betreffenden Grundsteuer A zuständig. Im Gegensatz zur Grundsteuer B soll die Grundsteuer A weiterhin im Wesentlichen nach den bundesgesetzlichen Vorgaben ermittelt werden. Art. 9 BayGrStG ergänzt diese um Details. Ob auf dieser Grundlage von einer eigenen bayerischen Grundsteuer A gesprochen werden kann, kann bezweifelt werden.
Dennoch vertrete ich derzeit die Auffassung, dass bei der bayerischen Grundsteuer insgesamt eine landesgesetzlich geregelte Steuer vorliegt. Dafür spricht eine Gesamtbetrachtung der Grundsteuer. Die Summe aus einer eigenständigen Regelung der Grundsteuer B und Abweichungen bei der Grundsteuer A verleiht der Grundsteuer insgesamt einen bayerischen Charakter.
Dann wenden die Finanzämter auch mit der Grundsteuer A kein Bundesrecht an, so dass - wie bei der Verwaltung der Grundsteuer B durch die Finanzämter - mangels Anwendbarkeit der Abgabenordnung eine Bundesaufsicht gemäß § 32h Abs. 1 AO ausscheidet. Auch hinsichtlich der Verwaltung der Grundsteuer A durch die Finanzämter sehe ich mich deshalb auf der Grundlage von Art. 10 Abs. 2 Satz 2 BayGrStG für die Datenschutzaufsicht als zuständig an. Noch mehr als bei der Grundsteuer B halte ich allerdings eine andere Betrachtungsweise, nämlich die Grundsteuer A weiterhin als im Sinne von § 1 Abs. 1 AO bundesgesetzlich geregelt anzusehen, für ebenso gut vertretbar.
8.1.2.3. Verwaltung der Grundsteuer durch die Gemeinden
Schwierigkeiten bereitet mir die in Art. 10 Abs. 2 Satz 2 BayGrStG vorgesehene Zuständigkeit für die Datenschutzaufsicht über die Gemeinden. Bei den Gemeinden kommt es für die Geltung der Abgabenordnung einschließlich § 32h AO nur darauf an, ob sie Realsteuern (Grund- oder Gewerbesteuer, vgl. § 3 Abs. 2 AO) verwalten oder nicht, vgl. § 1 Abs. 2 AO. Anders als bei den Finanzbehörden ist es nicht entscheidend, ob es um eine europa- und bundesgesetzlich geregelte Steuer geht. Die Abgabenordnung kann - unmittelbar, nicht als Landesrecht - auch gelten, wenn die Gemeinden ein Landessteuergesetz anwenden.
Vor diesem Hintergrund halte ich die Abgabenordnung in dem in § 1 Abs. 2 AO genannten Umfang grundsätzlich für anwendbar. Das schließt § 32h AO ein, auch wenn hinterfragt werden kann, ob diese Vorschrift als solche den verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht (siehe hierzu meine Ausführungen im 28. Tätigkeitsbericht 2018 unter Nr. 10.1.6). Solange die Vorschrift in der Abgabenordnung enthalten ist, ist sie als gültig anzusehen.
Demnach wäre auch bei der bayerischen Grundsteuer der Bundesbeauftragte für die Datenschutzaufsicht bei den Gemeinden zuständig, da sich Bundesrecht (§ 32h AO) gegen Landesrecht (Art. 10 Abs. 2 Satz 2 BayGrStG) grundsätzlich durchsetzt (vgl. Art. 31 GG). Anderes könnte nur gelten, wenn der Landesgesetzgeber auch von den Vorschriften der Abgabenordnung abweichen dürfte.
Insofern ist zu beachten, dass das Grundgesetz dem Bund die Regelung des Verfahrens der Gemeinden bei der Grundsteuer auch für den Fall gestattet, dass es um die Anwendung eines Landesgesetzes geht (vgl. Art. 108 Abs. 5 Satz 2 GG). Die Gesetzgebungskompetenzen für steuerliche und sonstige Vorschriften können daher auseinanderfallen. Eine steuerliche Regelung liegt vor, soweit sich ein Gesetz mit Fragen von Steuersubjekt, Steuerobjekt, Bemessungsgrundlage, Bewertung und Tarif befasst. Dagegen zählen zum Verfahren die Art und Weise der Ausführung von Gesetzen, die Prüfung von Entscheidungen sowie verwaltungsinterne Mitwirkungs- und Kontrollvorgänge.
Nach meiner Auffassung gestattet Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 GG den Ländern nur Abweichungen von den grundsteuerlichen Regelungen des Bundes. Soweit der Bund von seiner entsprechenden Gesetzgebungskompetenz (Art. 105 Abs. 2 Satz 1 GG) Gebrauch gemacht hat, können die Länder durch eigene Regeln davon abweichen. Das betrifft in erster Linie das Grundsteuergesetz und das Bewertungsgesetz und die Entscheidung für ein bestimmtes Grundsteuermodell. Von anderen Vorschriften des Bundes kann nach meiner Einschätzung im Wege der Abweichungsgesetzgebung nur abgewichen werden, soweit es zur Durchsetzung des eigenen Grundsteuermodells erforderlich ist.
§ 32h AO beruht weder auf einem Gesetz des Bundes zur Regelung der Grundsteuer, noch betrifft die Regelung der Datenschutzaufsicht eine grundsteuerspezifische Frage. Die Bestimmung der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde ist für die Einführung eines eigenen bayerischen Grundsteuermodells aus meiner Sicht nicht relevant. Auch der Bund könnte § 32h AO nicht auf seine Kompetenz zur Regelung der Grundsteuer (Art. 105 Abs. 2 Satz 1 GG) stützen. Damit scheidet diese Vorschrift als Gegenstand einer grundsteuerlichen Abweichungsgesetzgebung durch die Länder wohl aus.
Dann fehlt es aber an einer Rechtsgrundlage, die dem bayerischen Gesetzgeber eine Abweichung von § 32h AO gestatten würde. Die Gesetzgebungskompetenz für § 32h AO wird teilweise in Art. 108 Abs. 5 GG gesehen, der dem Bund die Regelung des Verfahrens erlaubt, teilweise in Art. 87 Abs. 3 GG, der die Errichtung von obersten Bundesbehörden wie den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit betrifft. Beide Vorschriften kennen keine Abweichungsbefugnis für die Länder. Somit bleibt es aus meiner Sicht beim Vorrang des Bundesrechts (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 32h Abs. 1 Satz 1 AO) vor entgegenstehendem Landesrecht (Art. 10 Abs. 2 Satz 2 BayGrStG) - und somit bei der Zuständigkeit des Bundesbeauftragten für die Datenschutzaufsicht bei den Gemeinden, wenn es um Verarbeitungen personenbezogener Daten bei der Verwaltung der Grundsteuer geht.
8.1.3. Vorläufige Bewertung und Ausblick
Den im Jahr 2018 in Kraft getretenen § 32h AO betrachte ich seit jeher - und auch weiterhin unverändert - sehr kritisch (vgl. dazu meinen 28. Tätigkeitsbericht 2018 unter Nr. 10.1). Ich bin der Auffassung, dass auch die bayerischen Finanzbehörden und Gemeinden von einer ungeteilten Datenschutzaufsicht profitieren sollten. Dennoch habe ich mich im Gesetzgebungsverfahren zum Bayerischen Grundsteuergesetz ausdrücklich gegen die Vorschrift des Art. 10 Abs. 2 Satz 2 BayGrStG ausgesprochen. Aus den oben dargelegten Gründen halte ich diese Regelung für sachlich entbehrlich, rechtlich problematisch und - mit Blick auf die Verweisung in das Bayerische Datenschutzgesetz - für teilweise unverständlich.
Soweit die Abgabenordnung nicht anwendbar ist, wäre ich gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayDSG auch unabhängig von Art. 10 Abs. 2 Satz 2 BayGrStG zuständig. Und soweit die Abgabenordnung - nach meiner Auffassung jedenfalls für die Gemeinden - gemäß § 1 Abs. 2 AO als Bundesrecht anwendbar ist, kann sich der bayerische Gesetzgeber darüber nicht im Wege der grundsteuerlichen Abweichungsgesetzgebung hinwegsetzen und die entsprechende Anwendung der Abgabenordnung als Landesrecht mit einem modifizierten § 32h AO anordnen. Entsprechendes würde hinsichtlich der Finanzämter gelten, falls die Grundsteuer aufgrund der Anwendung von grundsteuerlichen Regeln des Bundes neben dem Bayerischen Grundsteuergesetz in den Anwendungsbereich von § 1 Abs. 1 AO fiele.
Da ich mich an die Vorgaben des bayerischen Gesetzgebers gleichwohl gebunden fühle und die Einschätzung des bayerischen Gesetzgebers, die Grundsteuer sei eine Landessteuer, für gut vertretbar halte (siehe oben Nr. 8.1.2), habe ich mit Blick auf Art. 10 Abs. 2 Satz 2 BayGrStG begonnen, die Datenschutzaufsicht über die Verwaltung der bayerischen Grundsteuer durch die Finanzbehörden auszuüben.
Ab dem Jahr 2025, wenn die bayerische Grundsteuer erstmals erhoben wird, werden auch die Gemeinden durch den Erlass von Grundsteuerbescheiden aktiv. Dann könnte sich die oben angesprochene Frage nach der Verfassungsmäßigkeit des § 32h AO - soweit er über § 1 Abs. 2 Nr. 1 AO für die Gemeinden gilt - für die bayerische Grundsteuer konkret stellen. Möglicherweise ist aber auch Art. 10 Abs. 2 Satz 2 BayGrStG einschränkend dahingehend auszulegen, dass er nur die Aufsicht über die Finanzbehörden bei der Verwaltung der Grundsteuer betrifft. Bis zum Jahr 2025 ist noch genügend Zeit, bestehende Unklarheiten auszuräumen.
Wenn der bayerische Gesetzgeber meine Aufsichtsbefugnisse im Steuerbereich tatsächlich stärken möchte, wäre aus meiner Sicht eine Initiative zur Änderung der Abgabenordnung die vorrangig zu ergreifende Maßnahme. Auch wenn eine Änderung des verfassungsrechtlich höchst bedenklichen § 32h AO wohl mangels bundesweiten Interesses an einer Rückübertragung der Aufsichtsbefugnisse über die Finanzbehörden auf die Landesbeauftragten wohl kaum durchzusetzen ist, wäre für den Bereich der Grundsteuer schon viel gewonnen, wenn die "Datenschutzaufsicht" aus § 1 Abs. 2 Nr. 1 AO gestrichen würde. Dann wäre § 32h AO, der ausdrücklich auf Finanzbehörden im Sinne von § 6 AO abstellt, für die Gemeinden von vornherein nicht anwendbar, und ich wäre bei der Verwaltung der bayerischen Grundsteuer ohne jeden Zweifel für die Gemeinden zuständig. Aktuell wird das letztlich durch die missglückte Vorschrift des § 32h AO bewirkte datenschutzrechtliche "Zuständigkeitschaos" jedoch in der Tendenz noch weiter vergrößert.
8.2. Erste praktische Erfahrungen mit dem Bayerischen Grundsteuergesetz
Zum 1. Januar 2022 ist das Bayerische Grundsteuergesetz (BayGrStG) in Kraft getreten (vgl. dazu allgemein den Beitrag unter Nr. 8.1). Auch wenn die Grundsteuer nach diesem Gesetz erst ab dem Jahr 2025 erhoben wird, hat die Finanzverwaltung mit den Vorbereitungen zur Erhebung der bayerischen Grundsteuer bereits begonnen. Mehrere Millionen bayerische Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer wurden aufgefordert, eine Grundsteuererklärung abzugeben.
8.2.1. Drei Fallgruppen von Datenschutzbeschwerden
Da Steuererklärungen personenbezogene Daten enthalten, sind sie naturgemäß datenschutzrelevant. Verglichen mit der schieren Masse an Grundsteuerfällen war die Anzahl der bei mir eingegangenen Datenschutzbeschwerden im Zusammenhang mit der bayerischen Grundsteuer bislang allerdings gering. Die Beschwerden können ganz überwiegend in drei Gruppen eingeteilt werden.
8.2.1.1. Namensverwechslungen
Eine erste Gruppe von Datenschutzbeschwerden betraf Namensverwechslungen. Aufgrund eines Programmierungsfehlers der Steuerverwaltung kam es in einigen Fällen vor, dass bei vollständiger oder teilweiser Namensgleichheit von Steuerpflichtigen (regelmäßig Vater und Sohn) die Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärung nicht an die Eigentümerin oder den Eigentümer des Grundstücks, sondern an die andere Namensträgerin oder den anderen Namensträger gerichtet war. Mitunter wurden auch Sohn und Mutter als Eigentümer und Eigentümerin ausgewiesen, obwohl das Grundstück dem Sohn und seiner Ehefrau gehörte.
In derartigen Konstellationen konnte der unzutreffende Eindruck entstehen, dass der - falsche - Empfänger der Aufforderung Eigentümerin oder Eigentümer eines Grundstücks war. In einem Fall befand sich der falsche Empfänger in einem Insolvenzverfahren und befürchtete, er könne verdächtigt werden, im Insolvenzverfahren einen erheblichen Vermögensbestandteil verschwiegen zu haben (Insolvenzstraftat nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch).
Auf meine Intervention hin haben die Finanzämter die fehlerhaften Schreiben rasch korrigiert und den Sachverhalt den betroffenen Personen gegenüber klargestellt. Ich habe im Übrigen keine Kenntnis davon, dass eine solche Namensverwechslung in der Folge zu einem greifbaren Nachteil geführt hätte.
8.2.1.2. Angaben zu Wohnungseigentümergemeinschaften
Mehrere Beschwerden von Wohnungseigentümerinnen und Wohnungseigentümern betrafen die Aufforderung, Angaben zu den Mitgliedern einer Wohnungseigentümergemeinschaft zu machen. Die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer machten vor allem geltend, dass sie über Angaben zu diesen ihnen regelmäßig fremden Personen nicht verfügten, überdies nicht wüssten, wie sie diese Informationen beschaffen sollten, und das im Übrigen auch nicht einsähen.
Hier lag allerdings ein Missverständnis vor. Die Pflicht zur Angabe der Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft bezieht sich allein auf die Wohnung, für welche die Steuererklärung abzugeben ist. Nur für diese Wohneinheit schulden Miteigentümerinnen und Miteigentümer gemeinsam die Grundsteuer (vgl. § 10 Abs. 2 Grundsteuergesetz in Verbindung mit Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayGrStG). Angaben zu Eigentümerinnen und Eigentümern fremder Wohnungen, für die ausschließlich andere Personen grundsteuerpflichtig sind, verlangt die Finanzverwaltung dagegen nicht. Die Missverständnisse konnte ich rasch aufklären.
8.2.1.3. Angabe der Wohnfläche
Eine dritte Gruppe von Beschwerden betraf schließlich die Verpflichtung zur Angabe der Wohnfläche. Die Steuerpflichtigen machten geltend, das Finanzamt habe keine Befugnis, die Größe der einzelnen Räume einer Wohnung zu erfragen. Dem stimme ich allerdings nur mit Einschränkung zu. Da sich die Grundsteuer nach der Gebäudefläche richtet und bei Wohnnutzung die nach der Wohnflächenverordnung berechnete Wohnfläche maßgeblich ist, ist in der Steuererklärung zwar nicht die Größe der einzelnen Räume, regelmäßig aber die gesamte Wohnfläche anzugeben (vgl. Art. 2 Abs. 1 BayGrStG).
Dieser Vorgabe entsprachen allerdings auch die Hinweise der Finanzverwaltung zum Ausfüllen der Steuererklärung. Nur wenn das Finanzamt berechtigte Zweifel hat, ob die Angabe der Wohnfläche zutrifft, kann sie nach allgemeinen steuerverfahrensrechtlichen Regeln den Sachverhalt näher erforschen, wozu auch eine genaue Ermittlung der Wohnfläche zählen kann. Das ist aber kein spezifisch grundsteuerliches Datenschutzproblem, sondern betrifft die allgemeine Verpflichtung des Finanzamts zur rechtmäßigen Steuerfestsetzung nach den Regeln der Abgabenordnung.
8.2.2. Vorläufige Bewertung
Von der Fallgruppe der Namensverwechslungen abgesehen, beruhten die Datenschutzbeschwerden ganz überwiegend auf Missverständnissen hinsichtlich der in der Steuererklärung geforderten Angaben. Zur relativ geringen Anzahl der Beschwerden haben sicherlich die aus meiner Sicht durchaus gelungenen Ausfüllhinweise der bayerischen Finanzverwaltung im Internet beigetragen. Insoweit beurteile ich den Beginn der praktischen Einführung der bayerischen Grundsteuer aus Datenschutzsicht bislang im Grundsatz positiv.
Ich hoffe aber, dass bis zur tatsächlichen Erhebung der Grundsteuer nach dem Bayerischen Grundsteuergesetz und der damit verbundenen Einbindung der Gemeinden, die den Grundsteuerbescheid erlassen, meine unter Nr. 8.1 geäußerten Bedenken hinsichtlich meiner Aufsichtszuständigkeit beseitigt sind. Noch könnten diese Zweifel durch den Bundesgesetzgeber recht unkompliziert ausgeräumt werden.
8.3. Weitergabe von persönlichen Daten durch die Staatliche Lotterie- und Spielbankverwaltung
Ein leicht kurioser Beschwerdesachverhalt betraf im Berichtszeitraum mit der Staatlichen Lotterie- und Spielbankverwaltung einen Seitenzweig der staatlichen Finanzverwaltung.
Der Beschwerdeführer war Inhaber eines Kontos bei einer privaten Geschäftsbank. Ein Konto mit derselben Kontonummer wurde bei dieser Bank zuvor für einen Dritten geführt. Dieser Dritte war Kunde der Staatlichen Lotterie- und Spielbankverwaltung. Für sein dortiges Kundenkonto hatte er der Lotterie- und Spielbankverwaltung eine Lastschrifteinzugsermächtigung auf sein früheres Bankkonto erteilt.
Offenbar hatte aber der Dritte vergessen, der Lotterie- und Spielbankverwaltung anzuzeigen, dass er nicht mehr Inhaber des Bankkontos war. Da auch der Bank bei einem Lastschrifteinzug der zwischenzeitliche Wechsel des Kontoinhabers nicht aufgefallen war, wurde die monatliche Zahlung im Ergebnis von dem Beschwerdeführer für den Glücksspieler geleistet.
Nachdem der Beschwerdeführer der Lotterie- und Spielbankverwaltung das Versehen angezeigt hatte, wollte einer ihrer Beschäftigten für einen "unbürokratischen" Zahlungsausgleich sorgen. Er informierte den Kunden und früheren Kontoinhaber über den Sachverhalt und leitete ihm Namen und Adresse des Beschwerdeführers mit der Bitte weiter, diesem den eingezogenen Betrag unter der allseits bekannten Kontonummer zu erstatten. Der Beschwerdeführer war mit der Weitergabe seiner Daten an den früheren Kontoinhaber allerdings nicht einverstanden und beschwerte sich deswegen bei mir.
Die Weitergabe personenbezogener Daten ist eine Datenverarbeitung im Sinne von Art. 4 Nr. 2 DSGVO. Jede Datenverarbeitung in diesem Sinne erfordert eine Rechtsgrundlage (vgl. Art. 6 DSGVO). Ohne wirksames Einverständnis der betroffenen Person dürfen bayerische öffentliche Stellen personenbezogene Daten an eine nicht öffentliche Stelle, wozu auch Privatpersonen zählen, nur übermitteln, wenn diese Stelle ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis dieser Daten glaubhaft darlegt und die betroffene Person kein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung hat (vgl. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayDSG). Diese Voraussetzungen waren hinsichtlich der Weitergabe der Daten des jetzigen an den früheren Kontoinhaber erkennbar nicht erfüllt. Daher habe ich nach Art. 16 Abs. 4 Satz 1 BayDSG gegenüber der Staatlichen Lotterie- und Spielbankverwaltung eine förmliche datenschutzrechtliche Beanstandung ausgesprochen. Die Lotterie- und Spielbankverwaltung hat den Rechts- und Datenschutzverstoß im Rahmen der vorherigen Anhörung sofort eingeräumt und das Vorkommnis bedauert.
Aus welchen Gründen die Lotterie-und Spielbankverwaltung nach Aufklärung des Sachverhalts den eingezogenen Betrag nicht dem Beschwerdeführer erstattet und diese Summe bei ihrem Kunden nachgefordert hat, hat sich mir nicht erschlossen.
- Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 10. April 2018, 1 BvL 11/14 u. a., BeckRS 2018, 4904. [Zurück]
- Vgl. Landtags-Drucksache 18/15755, S. 1. [Zurück]
- Vgl. Krumm, in: Tipke/Kruse, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Kommentar, Stand: 10/2022, § 1 AO Rn. 17a. [Zurück]
- Vgl. zum Beispiel Schwarz, in: Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz-Kommentar, Stand 3/2022, Art. 108 Rn. 59 ff.; Kube, in: Beck'scher Online-Kommentar Grundgesetz, Stand 11/2022, Art. 108 Rn. 23. [Zurück]