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Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz; Stand: 25.05.2022

4. Justiz

4.1. Beanstandung einer Staatsanwaltschaft wegen unterbliebener Anhörung vor Gewährung einer Akteneinsicht

Eine Bürgerin, die sich hilfesuchend an mich wandte, war zunächst Beschuldigte in mehreren Ermittlungsverfahren, die auf Anzeigen verschiedener Personen zurückgingen. Diese Verfahren wurden von der zuständigen Staatsanwaltschaft zu einem Verfahren verbunden. Letztlich wurde dieses Ermittlungsverfahren wegen nicht ausschließbarer Schuldunfähigkeit der Beschuldigten gemäß § 170 Abs. 2 Strafprozeßordnung (StPO) eingestellt.

Einer verletzten Person wurde nach Abschluss der Ermittlungen und nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens vollumgänglich und uneingeschränkt Akteneinsicht in die Ermittlungsakte - und damit auch in diese Person nicht betreffende Bestandteile - sowie ferner in ein forensisch-psychiatrisches Gutachten zur Frage der Schuldunfähigkeit der Beschuldigten (vgl. §§ 20, 21 Strafgesetzbuch - StGB) gewährt. Dieses forensisch-psychiatrische Gutachten enthielt auch eine auszugsweise Schilderung des Lebens samt Familien- und Krankengeschichte der Beschuldigten.

Die Staatsanwaltschaft trug vor, dass die Akteneinsicht auf der Rechtsgrundlage des § 406e StPO gewährt worden sei. Die Gewährung von Akteneinsicht sei zeitgleich mit der Einstellung des Ermittlungsverfahrens gemäß § 170 Abs. 2 StPO wegen nicht ausschließbarer Schuldunfähigkeit verfügt worden. Grundlage für die Entscheidung einer Einstellung sei das Gutachten gewesen. Eine Anhörung der Beschwerdeführerin vor Gewährung der Akteneinsicht sei deshalb nicht erfolgt, da der verletzten Person in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Übersendung der Einstellungsentscheidung eine eigene Prüfung der Einstellungsgründe ermöglicht werden sollte.

Die Staatsanwaltschaft teilte ferner mit, dass im Rahmen der Einstellungsentscheidung neben der Frage einer (nicht ausschließbaren) Schuldunfähigkeit der Beschuldigten auch zu prüfen gewesen sei, ob im Wege eines Sicherungsverfahrens eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB anzustreben sei. Hierzu befänden sich im letzten Absatz der Einstellungsgründe Ausführungen, wonach in der Gesamtbetrachtung aller angezeigten Handlungen der Beschuldigten der Bereich der mittleren Kriminalität nicht erreicht gewesen sei, weshalb im Ergebnis kein Sicherungsverfahren durchzuführen gewesen sei. Man sei davon ausgegangen, dass die verletzte Person hierzu im Rahmen einer Beschwerde hätte geltend machen können, dass die Voraussetzungen einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus vorlägen. Zu einer solchen Bewertung habe es allerdings der Kenntnis aller angezeigten Handlungen bedurft, so dass eine Beschränkung der Akteneinsicht auf einzelne Aktenbestandteile nicht angezeigt gewesen sei.

Nach datenschutzrechtlicher Prüfung dieses Sachverhalts kam ich zu dem Ergebnis, dass die Gewährung von Akteneinsicht in die vollständige Ermittlungsakte samt Gutachten unzulässig war und die Beschwerdeführerin in ihren Datenschutzrechten verletzte. Daher habe ich die Maßnahme der Staatsanwaltschaft gemäß Art. 16 Abs. 4 BayDSG förmlich beanstandet. Ausschlaggebend für die Beanstandung war insbesondere, dass die Akteneinsicht nach § 406e Abs. 1 bis 3 StPO rechtsfehlerhaft gewährt wurde, weil die Beschuldigte vor Gewährung der Akteneinsicht nicht angehört worden war.

Zwar konnte ich im konkreten Fall die Argumente der Staatsanwaltschaft zur Gewährung einer vollumfänglichen Akteneinsicht sowohl in die Ermittlungsakte als auch in das forensisch-psychiatrische Gutachten im Grundsatz nachvollziehen.

Jedoch verlangt die Rechtsprechung zu § 406e StPO, dass die betroffene Person vor einer Akteneinsichtsgewährung anzuhören ist; sie stützt dies auf eine entsprechende Anwendung von § 33 Abs. 3 StPO, das Rechtsstaatsprinzip sowie das Gebot der Sachaufklärung. Von einer Anhörung kann entsprechend § 33 Abs. 4 StPO nur dann abgesehen werden, wenn sie den Zweck der Anordnung gefährden würde oder wenn der Anhörung tatsächliche Gründe entgegenstehen, beispielsweise der Aufenthaltsort der beschuldigten Person unbekannt ist. Keiner dieser Fälle war vorliegend einschlägig. Die Staatsanwaltschaft begründete die unterbliebene Anhörung damit, dass der verletzten Person zeitnah zur Übersendung der Einstellungsentscheidung eine eigene Prüfung der Gründe ermöglicht werden sollte. In dieser Begründung kann ich keine Ausnahme nach § 33 Abs. 4 StPO feststellen. Mangels Anhörung konnte die betroffene Person auch keine Stellung zur Gewährung einer Einsicht - insbesondere in das Gutachten - nehmen.

Die Staatsanwaltschaft räumte schließlich ein, dass dieses durch die Rechtsprechung entwickelte Recht auf Anhörung der beschuldigten Person vor einer Akteneinsicht an verletzte Personen vorliegend nicht beachtet worden sei. Auf die Beachtung dieses Rechts seien nun die Dezernentinnen und Dezernenten bereits mündlich hingewiesen worden. In Ergänzung würden alle mit der Gewährung von Akteneinsicht befassten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nochmals schriftlich hierfür sensibilisiert.

Vor allem bei der Gewährung von Einsicht in forensisch-psychiatrische Gutachten, die überwiegend besondere Kategorien personenbezogener Daten enthalten und tiefe Einblicke in das Leben eines Menschen samt Krankheitsgeschichte zulassen können, ist sorgfältig zu prüfen, ob Einsicht gewährt werden darf. Ferner ist sicherzustellen, dass bei Gewährung von Akteneinsicht gemäß § 406e StPO die betroffene Person im Rahmen einer Anhörung ihren Rechten nachkommen kann und gegebenenfalls auch Gründe vorbringen kann, weshalb keine Einsicht gewährt werden soll beziehungsweise gewährt werden darf. Der Staatsanwaltschaft obliegt dann eine Abwägung der Interessen der verletzten Person mit den Interessen der beschuldigten Person.

4.2. Unzulässige Videobeobachtung eines Untersuchungsgefangenen

Eine Justizvollzugsanstalt meldete mir nach Art. 33 DSGVO in Verbindung mit Art. 205 Abs. 3 Bayerisches Strafvollzugsgesetz (BayStVollzG), Art. 28 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 2 BayDSG folgenden Fall: Versehentlich wurde ein Untersuchungsgefangener für knapp zwei Wochen in seinem Einzelhaftraum videoüberwacht (Live-Beobachtung), ohne dass die dafür erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen vorlagen. Dieses Versehen fiel erst auf, nachdem der Untersuchungsgefangene in eine andere Abteilung verlegt wurde.

Ursächlich für den Fehler war, dass der Untersuchungsgefangene aus gesundheitlichen Gründen während der COVID-19-Pandemie in einem Einzelhaftraum untergebracht werden musste. Der einzig verfügbare Einzelhaftraum in der Zugangsabteilung war jedoch derjenige, welcher üblicherweise für Personen vorgesehen ist, die als besondere Sicherungsmaßnahme videoüberwacht werden. Bei der Belegung dieses Einzelhaftraums mit dem betroffenen Untersuchungsgefangenen war schlicht übersehen worden, die Videoüberwachung zu unterbinden.

Die Justizvollzugsanstalt teilte mir mit, sie habe den betroffenen Untersuchungsgefangenen über den Datenschutzverstoß informiert und die Bediensteten der betroffenen Abteilung ausdrücklich auf die Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen, insbesondere auf die gesetzlichen Voraussetzungen der Videoüberwachung als besondere Sicherungsmaßnahme, hingewiesen. Ferner entwickelte die Justizvollzugsanstalt eine Abdeckungsvorrichtung für die Videoüberwachungsanlage, um den Einzelhaftraum im Einzelfall - ohne Vorliegen der Voraussetzungen einer besonderen Sicherungsmaßnahme - künftig belegen zu können.

Justizvollzugsanstalten können gegenüber sich in Strafhaft und in Untersuchungshaft befindenden Personen verschiedene, sogenannte besondere Sicherungsmaßnahmen anordnen, wenn nach ihrem Verhalten oder aufgrund ihres seelischen Zustands in erhöhtem Maß Fluchtgefahr oder die Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen oder die Gefahr des Selbstmords oder der Selbstverletzung besteht. Gleiches gilt für Jugendarrestanstalten und Einrichtungen für Sicherungsverwahrung.

Als eine besondere Sicherungsmaßnahme kann die ständige Beobachtung, auch mit technischen Mitteln, angeordnet werden. Rechtsgrundlage hierfür ist Art. 96 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 BayStVollzG gegebenenfalls in Verbindung mit Art. 27 Bayerisches Untersuchungshaftvollzugsgesetz beziehungsweise Art. 22 Abs. 2 Bayerisches Jugendarrestvollzugsgesetz. Im Rahmen der Sicherungsverwahrung findet sich die Rechtsgrundlage in Art. 74 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 Bayerisches Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz.

Wird als besondere Sicherungsmaßnahme eine ständige Beobachtung mit technischen Mitteln angeordnet, so ist zu berücksichtigen, dass beim Einsatz technischer Mittel, beispielsweise in Form einer Videokamera, keine Aufzeichnung von Videosequenzen erfolgen darf. Zulässig ist allein eine Live-Beobachtung.

Ich habe den gemeldeten Vorfall zum Anlass genommen, um stichprobenartig weitere zehn Justizvollzugsanstalten zu dieser Thematik zu prüfen. Die Justizvollzugsanstalten wurden um Mitteilung gebeten, ob in der jeweiligen Anstalt eine Nutzung der videoüberwachten Einzelhafträume erfolgte, um aufgrund der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Unterbringungssituation reagieren und eine vermehrte Unterbringung in Einzelhafträumen ermöglichen zu können, ohne dass die Voraussetzungen für eine besondere Sicherungsmaßnahme vorlagen. Ferner wurden die Justizvollzugsanstalten im Falle der Bejahung dieser Frage gebeten, mitzuteilen, welche (technischen) Vorkehrungen getroffen wurden, um in diesen Fällen eine Videobeobachtung auszuschließen.

Alle zehn Justizvollzugsanstalten teilten mit, dass eine Nutzung der videoüberwachten Einzelhafträume ohne Vorliegen der Voraussetzungen für eine besondere Sicherungsmaßnahme nicht erfolgte - auch unabhängig von der Unterbringungssituation während der COVID-19-Pandemie. Eine Justizvollzugsanstalt teilte mir überdies ergänzend mit, dass die Kameras mit blickdichten Abdeckhauben für den Fall bedeckt werden, dass eine Belegung des Einzelhaftraums ohne gleichzeitige Anordnung einer ständigen Beobachtung erfolgt. So ist zugleich für die Personen, die in einem solchen Einzelhaftraum untergebracht werden, nachvollziehbar und prüfbar, dass eine Beobachtung mit technischen Mitteln ausgeschlossen ist.

4.3. Nutzung privater Mobiltelefone für erkennungsdienstliche Maßnahmen im Maßregelvollzug

Nach Art. 34 Bayerisches Maßregelvollzugsgesetz (BayMRVG), Art. 205 Abs. 3 Bayerisches Strafvollzugsgesetz (BayStVollzG), Art. 2 Satz 1 BayDSG, Art. 28 Abs. 2 Satz 2 BayDSG in Verbindung mit Art. 33 DSGVO besteht auch im Bereich des Maßregelvollzugs eine Pflicht des Verantwortlichen, der Aufsichtsbehörde Verletzungen des Schutzes personenbezogener Daten zu melden.

Über mein Online-Formular hat mich eine solche Meldung einer forensischen Klinik erreicht. Nach Art. 28 BayMRVG können zur Sicherung des Vollzugs der Unterbringung, zur Identitätsfeststellung und zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder des geordneten Zusammenlebens in der Maßregelvollzugseinrichtung von Patientinnen und Patienten Lichtbilder aufgenommen werden. In dem gemeldeten Fall nutzte ein Mitarbeiter dafür einfachheitshalber ein privates Handy; die Bilder ließ er anschließend der Klinik über seine private E-Mail-Adresse zukommen.

Wie ich bereits in meinem 25. Tätigkeitsbericht 2012 unter Nr. 7.3 dargelegt habe, halte ich die Nutzung privater Endgeräte im Krankenhaus grundsätzlich für nicht zulässig. Auch wenn der Mitarbeiter beauftragt war, erkennungsdienstliche Aufnahmen für den Maßregelvollzug anzufertigen und er nach dem Versand an die Klinik selbständig die besagte E-Mail sowie die Lichtbilder von seinem privaten Handy gelöscht hatte, hat er das Verbot der Klinik missachtet, private Endgeräte zu nutzen. Aus diesem Grund wurde er von der Klinik arbeitsrechtlich ermahnt sowie datenschutzrechtlich geschult.

Der Vorfall unterstreicht nochmals, wie wichtig das Zur-Verfügung-Stellen klinikeigener Geräte und die regelmäßige Sensibilisierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für datenschutzrechtliche Belange ist.

4.4. Protokollierung von Zugriffen in der Haftdatei IT-Vollzug

Die Haftdatei IT-Vollzug ist ein Fachverfahren für die Datenverarbeitung im bayerischen Justizvollzug. Sie dient der Erfassung und Dokumentation und der Daten von Gefangenen und Sicherungsverwahrten; sie unterstützt die Bediensteten in den Justizvollzugsanstalten bei der Durchführung vollzuglicher Maßnahmen und bei Verwaltungsvorgängen durch die Bereitstellung von Informationen.

Bedienstete der Justizvollzugsanstalten haben dabei in der Regel nur Zugriff auf die Daten derjenigen Gefangenen, die sich in der jeweiligen Anstalt befinden. Eine bayerweite Personensuche in IT-Vollzug ist nur ausgewählten Personengruppen für dienstlich notwendige Tätigkeiten vorbehalten. Unter diese ausgewählten Personengruppen fallen beispielsweise die Leiterinnen und Leiter der Justizvollzugsanstalten, aber auch Angehörige der allgemeinen Justiz wie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Im Rahmen der bayernweiten Personensuche in IT-Vollzug wird deshalb zwischen sogenannten internen und externen Nutzerinnen und Nutzern unterschieden. Während Bedienstete der Justizvollzugsanstalten sogenannte interne Nutzerinnen und Nutzer sind, werden Bedienstete der allgemeinen Justiz als externe Nutzerinnen und Nutzer angesehen. Ihnen wird dabei regelmäßig ein Zugriff in abgestuftem Umfang gewährt.

In IT-Vollzug wurden zunächst nur die Eingabe, die Änderung sowie die Löschung von Daten protokolliert. Der lesende Zugriff interner Nutzerinnen und Nutzer wurde nicht protokolliert. Hingegen erfolgte und erfolgt eine Protokollierung lesender Zugriff externer Nutzerinnen und Nutzer bei der bayernweiten Personensuche in IT-Vollzug.

Im Rahmen einer datenschutzrechtlichen Prüfung der Protokollierung von Verarbeitungsvorgängen in IT-Vollzug machte ich das Bayerische Staatsministerium der Justiz auf die mit Wirkung vom 1. August 2018 eingeführte gesetzliche Protokollierungspflicht in Art. 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Bayerisches Strafvollzugsgesetz (BayStVollzG) aufmerksam. Diese Regelung sieht seit dem 1. August 2018 - mit der Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Übergangsfrist bis 6. Mai 2023 (Art. 205 Abs. 4 BayStVollzG) - vor, dass jeder Abruf von personenbezogenen Daten in IT-Vollzug zu protokollieren ist. Die Praxis, nur Abrufe durch externe Nutzerinnen und Nutzer zu protokollieren, genügt daher nicht den neuen gesetzlichen Anforderungen.

Das Justizministerium teilte mir daraufhin mit, dass man zwischenzeitlich eine Protokollierung sämtlicher lesender und verarbeitender Zugriffe vornehme.

Im Verlauf der Prüfung wies ich auch darauf hin, dass die Protokolle von Abrufen auch die für den Abruf maßgeblichen Gründe nennen, Datum und Uhrzeit des Abrufs enthalten und, soweit möglich, die Feststellung der Identität der abrufenden Person sowie des Empfängers ermöglichen müssen (Art. 199 Abs. 3 Satz 2 BayStVollzG). Zwischenzeitlich berichtete das Justizministerium, dass diesbezüglich die technische Programmierung und Umsetzung erfolgt sei.

4.5. Dokumentation von Lichtbildanforderungen im Rahmen von Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren

Die Ordnungswidrigkeitenbehörden, die für die Verfolgung und Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten zuständig sind, dürfen im Rahmen der Ermittlung der betroffenen Fahrzeugführerin oder des betroffenen Fahrzeugführers Lichtbilder von den Personalausweis- und Passbehörden zum Abgleich anfordern. Voraussetzung für die Zulässigkeit der Lichtbildanforderung ist stets, dass die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen. In meinem 30. Tätigkeitsbericht 2020 unter Nr. 2.4.2 habe ich die Rechtslage hierzu ausführlich dargestellt.

Dürfen Ordnungswidrigkeitenbehörden bei den Personalausweis- und Passbehörden Daten, insbesondere Lichtbilder, anfordern, müssen sie den Anlass des Ersuchens und die Herkunft der übermittelten Daten und Unterlagen aktenkundig machen, siehe § 24 Abs. 3 Satz 3 Personalausweisgesetz (PAuswG) und § 22 Abs. 3 Satz 3 Passgesetz (PassG).

§ 24 PAuswG

Verwendung im Personalausweisregister gespeicherter Daten

[...]

(3) Die ersuchende Behörde trägt die Verantwortung dafür, dass die Voraussetzungen des Abs. 2 vorliegen. Ein Ersuchen nach Abs. 2 darf nur von Bediensteten gestellt werden, die vom Behördenleiter dazu besonders ermächtigt sind. Die ersuchende Behörde hat den Anlass des Ersuchens und die Herkunft der übermittelten Daten und Unterlagen zu dokumentieren. Wird die Personalausweisbehörde vom Bundesamt für Verfassungsschutz, den Landesbehörden für Verfassungsschutz, dem Militärischen Abschirmdienst, dem Bundesnachrichtendienst, dem Bundeskriminalamt oder dem Generalbundesanwalt oder der Generalbundesanwältin um die Übermittlung von Daten ersucht, so hat die ersuchende Behörde den Familiennamen, die Vornamen und die Anschrift des Betroffenen unter Hinweis auf den Anlass der Übermittlung aufzuzeichnen. Die Aufzeichnungen sind gesondert aufzubewahren, durch technische und organisatorische Maßnahmen zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Übermittlung folgt, zu vernichten.

[...]

Im Rahmen meiner Prüfungstätigkeit habe ich fünf große Zweckverbände, die für die kommunale Verkehrsüberwachung zuständig sind, um Erläuterung ihrer Dokumentation gemäß § 24 Abs. 3 Satz 3 PAuswG und § 22 Abs. 3 Satz 3 PassG gebeten.

Die fünf Zweckverbände kamen dieser Aufforderung nach. Regelmäßig wird zur Anforderung von Lichtbildern ein Vordruck genutzt, den die Zweckverbände an die zuständige Personalausweis- oder Passbehörde senden. Ein Abdruck dieser Anfrage wird zur jeweiligen Akte genommen. Die Vordrucke dokumentieren in der Regel, auf welcher Rechtsgrundlage und aus welchen Gründen ein Lichtbild der betroffenen Person angefordert wird. Diese Vordrucke legten mir die Zweckverbände vor. Daneben geht aus den Anforderungen und den entsprechenden Antworten der Personalausweis- und Passbehörden hervor, woher die übermittelten Daten stammen.

Im Ergebnis konnte ich feststellen, dass alle fünf Zweckverbände die Dokumentationspflichten gesetzeskonform einhalten. Die zur jeweiligen Akte genommene Anforderung samt entsprechender Antwort sind geeignet, die Dokumentationspflicht aus § 24 Abs. 3 Satz 3 PAuswG und § 22 Abs. 3 Satz 3 PassG praktisch umzusetzen. Allerdings waren die Vordrucke für Auskunftsersuchen - Lichtbildanforderungen - teils nicht (mehr) gesetzeskonform ausgestaltet, da beispielsweise veraltete Rechtsgrundlagen angegeben waren.

Die einzelnen Zweckverbände wurden im Hinblick auf die Vordrucke und den jeweiligen Anpassungsbedarf um Überarbeitung gebeten. Dem kamen die Zweckverbände nach und legten mir die überarbeiteten Vordrucke anschließend zur Prüfung vor. Sämtliche mir vorgelegten Vordrucke entsprechen nun vollständig den gesetzlichen Anforderungen.

  1. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 30. Oktober 2016, 1 BvR 1766/14, BeckRS 2016, 55370. [Zurück]