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Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz; Stand: 14.12.2000

7. Justiz

7.1. Gesetzgebungsverfahren

7.1.1. Untersuchungshaftvollzugsgesetz

Bereits im August 1996 war durch das Bundesministerium der Justiz ein Referentenentwurf zur Regelung des Rechts der Untersuchungshaft erarbeitet worden, später folgte ein Gesetzentwurf der Bundesregierung. Die Bereitschaft zur Erfüllung der von mir schon seit Jahren erhobenen Forderung nach einer gesetzlichen Regelung habe ich begrüßt. Für den Bereich der allgemeinen Datenschutzbestimmungen nahm der Entwurf auf die Regelungen des Strafvollzugsgesetzes Bezug, über dessen Novellierung ich in meinem 18. Tätigkeitsbericht unter Nr. 7.1.4 berichtet habe. Darüber hinaus habe ich in einer Stellungnahme zum Entwurf gegenüber dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz die Berücksichtigung folgender Punkte gefordert:

  • der Untersuchungsgefangene sollte von der Überwachung seines Schriftverkehrs sowie etwa geführter Telefonate unterrichtet werden
  • bei der Überwachung des Schriftverkehrs und von Besuchen sollten für den Kontakt mit nahen Angehörigen im Hinblick auf den Schutz von Ehe und Familie auch Ausnahmen möglich sein
  • Auskunft über den Aufenthalt in Untersuchungshaft sollte nur gegenüber öffentlichen Stellen zugelassen werden. Diese sollten - falls ihnen Auskunft erteilt wurde - im Falle eines Freispruchs, einer Nichteröffnung oder einer nicht nur vorläufigen Einstellung des Verfahrens hiervon ebenfalls informiert werden

Nach einer Empfehlung des Rechtsausschusses des Bundesrates, in der wesentliche Verschlechterungen zu Lasten des Datenschutzes befürwortet wurden, haben die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder am 16.08.1999 eine Entschließung zur Novellierung des Untersuchungshaftvollzugsgesetzes gefasst (Anlage). Der Bundesrat hat im Wesentlichen entsprechend der oben angegebenen Empfehlungen votiert. Eine Gegenäußerung der Bundesregierung auf die Empfehlungen des Bundesrates ist bisher nicht erfolgt.

7.1.2. Aktenübermittlung beim Täter-Opfer-Ausgleich

Bereits in meinem 18. Tätigkeitsbericht (Nr. 7.3.2) habe ich über die datenschutzrechtliche Problematik bei der Durchführung des Täter-Opfer-Ausgleichs berichtet. Ich habe insbesondere dargestellt, dass eine Aktenübersendung an private Ausgleichsstellen ohne vorherige Einwilligung des Beschuldigten, insbesondere aber etwaiger Verletzter mangels Rechtsgrundlage unzulässig ist.

Aufgrund der vom Staatsministerium der Justiz vorgetragenen Einwände, dass eine Herbeiführung der Ausgleichsbereitschaft durch die Ausgleichsstellen ohne vorherige Akteneinsicht nicht möglich sei, habe ich mit den Mitarbeitern einer solchen Stelle sowie einem Vertreter des Justizministeriums ein Gespräch zu der datenschutzrechtlichen Problematik geführt. Ein für alle Seiten annehmbares Ergebnis konnte hierbei nicht erzielt werden.

Im November 1998 legte die Bundesregierung einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur strafverfahrensrechtlichen Regelung des Täter-Opfer-Ausgleichs vor. Erst auf mein ausdrückliches Nachfragen leitete mir das Staatsministerium der Justiz diesen im Februar 1999 zu. Der Referentenentwurf sah vor, dass eine Aktenzuleitung an die Ausgleichsstellen von Amts wegen oder auf Antrag dieser Stellen erfolgen könne. Lediglich bei einer ausdrücklichen Verweigerung des Einverständnisses durch das Opfer der Straftat sollte ein Ausgleichsversuch unterbleiben.

Ich habe in meiner Stellungnahme gegenüber dem Staatsministerium der Justiz gefordert, eine Aktenzuleitung an die Ausgleichsstelle nur mit Einwilligung des Verletzten und des Beschuldigten zuzulassen, da nur bei beiderseitigem Einverständnis mit einem Ausgleich zu rechnen und somit nur in diesem Falle eine Aktenzuleitung erforderlich sei. Darüber hinaus habe ich verlangt, für die Unterlagen der Ausgleichsstellen eine Vernichtungsfrist von einem Jahr ab Verfahrensabschluss festzulegen und diese Stellen einer anlassunabhängigen Datenschutzkontrolle zu unterwerfen.

Da der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf forderte, dass bei der Einleitung des Ausgleichsverfahrens der entgegenstehende Wille des Opfers nicht berücksichtigt werden sollte, haben die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder auf ihrer 58. Konferenz in einer Entschließung verlangt, eine Datenübermittlung an die Ausgleichsstelle unter Achtung des Willens und der Eigenverantwortung des Verletzten nur mit dessen Einwilligung zuzulassen (Anlage).

In dem Gesetz zur strafverfahrensrechtlichen Verankerung des Täter-Opfer-Ausgleichs vom 20.12.1999 ist zwar, meinen Forderungen entsprechend, eine enge Zweckbindung und eine Vernichtungsregelung für die Daten der Ausgleichsstelle sowie eine anlassunabhängige Datenschutzkontrolle durch die jeweils zuständige Stelle vorgesehen. Bei privaten Stellen, um die es sich im Regelfall handeln wird, sind dies die Aufsichtsbehörden im privaten Bereich, in Bayern also die Regierungen. Die Aktenzuleitung an die mit der Durchführung des Ausgleichs beauftragte Stelle wurde jedoch bedauerlicherweise auch ohne Einwilligung des Beschuldigten oder des Verletzten zugelassen.

7.1.3. Parlamentarische Kontrolle der akustischen Wohnraumüberwachung

In meinem 18. Tätigkeitsbericht (Nr. 7.1.5) hatte ich über das Gesetzgebungsverfahren zur Einführung des sogenannten "Großen Lauschangriffs" berichtet. In dem damals eingeführten Art. 13 Abs. 6 Grundgesetz wurde eine Berichtspflicht der Bundesregierung gegenüber dem Bundestag sowie eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle in den Ländern vorgeschrieben.

Das in Bayern zur Umsetzung dieser Verpflichtung erlassene Gesetz zur Anpassung des Bayerischen Landesrechts an Art. 13 des Grundgesetzes vom 10.07.1998 legt fest, dass die Staatsregierung den Landtag jährlich über Maßnahmen der akustischen Wohnraumüberwachung unterrichtet. Ein vom Landtag gewähltes Gremium soll auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle ausüben.

Zur Durchführung dieser Kontrolle hat der Bayerische Landtag das Gesetz zur parlamentarischen Kontrolle der Staatsregierung hinsichtlich der Maßnahmen nach Art. 13 Abs. 3 bis 5 des Grundgesetzes sowie der Tätigkeit des Landesamts für Verfassungsschutz vom 10.02.2000 beschlossen. Der Gesetzentwurf sah vor, ein parlamentarisches Kontrollgremium aus fünf Mitgliedern zu bestimmen, dessen Beratungen geheim sein sollten. In einem Schreiben an den Vorsitzenden sowie an den stellv. Vorsitzenden des Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen habe ich darauf hingewiesen, dass eine ausschließlich nicht-öffentliche Erörterung der Auswirkungen dieser tief greifenden und auch Unverdächtige betreffenden gesetzlichen Befugnis durch ein kleines Gremium mit der Verpflichtung zur Geheimhaltung eine öffentliche Kontrolle nicht sicherstellen würde. Ich habe daher vorgeschlagen, neben der Behandlung von Einzelfällen in einer geheim tagenden Kontrollkommission, entsprechend einer Verfahrensweise im Deutschen Bundestag, auch Berichte der Staatsregierung über die grundsätzlichen Erfahrungen mit dem neu eingeführten Verfahren vorzusehen, die im Plenum des Landtages öffentlich zu diskutieren wären.

Diese Vorschläge wurden in dem Gesetz nicht umgesetzt.

Zur Erfüllung ihrer Berichtspflicht hat die Bundesregierung am 27.12.1999 dem Deutschen Bundestag einen Bericht über den Einsatz des "Großen Lauschangriffes" zum Zweck der Strafverfolgung im Jahr 1998 vorgelegt. In einer Entschließung haben die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder den ungenügenden Umfang dieses Berichts kritisiert. Er enthält insbesondere keine Ausführungen über von der Maßnahme betroffene Personen, die nicht Beschuldigte und nicht Inhaber der überwachten Wohnung sind. Darüber hinaus wurde eine gleichwertige Berichterstattung auch bezüglich der zur Gefahrenabwehr veranlassten Maßnahmen gegenüber dem Landesparlament gefordert (Anlage 21). Zwischenzeitlich liegt auch ein Bericht der Bundesregierung für das Jahr 1999 vor, der in der Form dem Bericht für das Jahr 1998 entspricht.

Beide Berichte wurden bisher im Plenum des Bundestages nicht beraten. Das Staatsministerium der Justiz hat mir auf Anfrage mitgeteilt, dass bei seinen statistischen Erfassungen jeder Eigentümer, Mieter oder sonst Nutzungsberechtigte und, sofern hiervon nicht ohnehin umfasst, die Beschuldigten des Verfahrens als von der akustischen Wohnraumüberwachung Betroffene angegeben werden. Nicht erfasst würden damit Personen, die sich nur zufällig in der überwachten Wohnung aufgehalten haben. Ich habe das Staatsministerium der Justiz gebeten, klarzustellen, dass der Begriff der "Nutzungsberechtigten" alle Personen umfasst, die in diesen Räumen wohnen.

7.1.4. Bayerisches Schlichtungsgesetz

Der Landtag hat am 13.04.2000 das Bayerische Schlichtungsgesetz beschlossen, wonach einem Verfahren vor dem Zivilgericht bei bestimmten Streitigkeiten ein Schlichtungsverfahren bei einer Schlichtungsstelle zwingend vorauszugehen hat. Schlichtungsstellen sind Notare, Rechtsanwälte oder andere dauerhaft eingerichtete Schlichtungsstellen, die als Gütestellen durch den Präsidenten des Bayerischen Obersten Landesgerichtes anerkannt werden. Diese Schlichtungsstellen können vor ihnen geschlossene Vergleiche beurkunden, die sodann, nach Erteilung einer entsprechenden Klausel, vollstreckbar sind.

Der Recht suchende Bürger, der diese Stellen vor einem Zivilrechtsstreit aufsucht, offenbart dort in der Regel eine Vielzahl von persönlichen Informationen. Ich habe daher gegenüber dem Justizministerium gefordert, in dem Gesetz eine besondere Verschwiegenheitspflicht des mit der Schlichtung betrauten Personals sowie eine möglichst kurze Vernichtungsfrist für die dabei erlangten Daten festzulegen. Aufgrund des besonderen Angewiesenseins des Bürgers gegenüber der Schlichtungsstelle sowie deren Befugnis, vollstreckbare Vergleiche zu beurkunden, habe ich weiterhin eine Klarstellung im Gesetz gefordert, dass die Schlichtungsstellen eine hoheitliche Aufgabe der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen und damit öffentliche Stellen im Sinne des Bayerischen Datenschutzgesetzes sind, die meiner Datenschutzkontrolle unterliegen.

Meine Anregungen wurden im Gesetzgebungsverfahren leider nicht berücksichtigt.

7.1.5. Strafverfahrensänderungsgesetz 1999

Bereits in meinen beiden letzten Tätigkeitsberichten hatte ich über die Gesetzgebungsarbeiten zu einem Strafverfahrensänderungsgesetz berichtet. Im Februar 1999 hat die Bundesregierung einen neuen Entwurf für ein Strafverfahrensänderungsgesetz vorgelegt, der dem Entwurf von 1996 weitgehend entsprach.

In meiner Stellungnahme zu diesem Gesetzentwurf habe ich zunächst darauf hingewiesen, dass auch in dem neuen Entwurf Regelungen zur Aufbewahrung, Aussonderung und Vernichtung der Akten fehlen. Weiterhin habe ich mich insbesondere zu folgenden Bereichen geäußert:

  1. Das Recht eines nicht durch Verteidiger vertetenen Beschuldigten auf Akteneinsicht, das auch schon der europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem Frankreich betreffenden Fall gefordert hatte, sollte dem Beschuldigten zwingend zustehen und nicht lediglich im Ermessen der die Akteneinsicht gewährenden Stelle liegen.
  2. Längerfristige Observationen sollten nur auf der Grundlage eines richterlichen Beschlusses durchgeführt werden dürfen.
  3. Eine enge Zweckbindung, also besondere Beschränkung der Verwendung und Weitergabe, für Erkenntnisse aus besonders eingriffsintensiven Ermittlungen, wie sie bereits für Erkenntnisse aus dem Einsatz von Rasterfahndung, Telefonüberwachung, Abhörmaßnahmen und verdeckten Ermittlern normiert ist, sollte auch für Erkenntnisse aus einer Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung oder einer längerfristigen Observation gelten.

Nachdem der Bundesrat weitere schwer wiegende datenschutzrechtliche Verschlechterungen gefordert hatte, habe ich mich zusammen mit elf weiteren Landesbeauftragten für den Datenschutz in einer Pressemitteilung sowie in einem Schreiben an die Staatskanzlei und das Justizministerium hiergegen gewandt.

Die 59. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder hat sich in einer Entschließung ebenfalls gegen datenschutzrechtliche Verschlechterungen im Rahmen des Strafverfahrensänderungsgesetzes gewandt (Anlage 16).

Am 08.06.2000 hat der Bundestag eine Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Strafverfahrensrechts - Strafverfahrensänderungsgesetz 1999 - angenommen. Darin wurde unseren Bedenken insofern Rechnung getragen, als polizeilich veranlasste Öffentlichkeitsfahndungen einer nachträglichen Kontrolle durch die Staatsanwaltschaft unterliegen und eine Öffentlichkeitsfahndung nach Zeugen nur bei Straftaten von erheblicher Bedeutung durchgeführt werden darf. Die darüber hinaus von mir und den anderen Datenschutzbeauftragten des Bundes und Länder geltend gemachten Forderungen, u.a. ausdrückliche gesetzliche Regelung für längerdauernde Observationen schon ab einem Tag, Akteneinsicht für private Dritte nur bei rechtlichem, nicht schon bei bloß berechtigtem Interesse, fanden in dem Gesetz bedauerlicherweise keine Umsetzung.

7.1.6. Zustellungsreformgesetz

Seit Anfang 1997 ist ein Entwurf für ein Gesetz zur Reform des Verfahrens bei Zustellungen im gerichtlichen Verfahren in Bearbeitung. Ich habe in mehreren Stellungnahmen gegenüber dem Staatsministerium der Justiz meine Forderungen hierzu deutlich gemacht. Hierbei ging es vor allem um folgende Punkte:

  1. Für die öffentliche Zustellung durch Gerichtsaushang sollte ausdrücklich festgestellt werden, dass diese als letztes Mittel nur zulässig ist, wenn keine andere Form der Zustellung, etwa an einen Prozessbevollmächtigten, möglich ist.
  2. Die öffentliche Zustellung sollte durch Aushang lediglich einer Benachrichtigung und nicht mehr eines Auszuges des gesamten zuzustellenden Schriftstückes erfolgen.
  3. In den Entwürfen war für den Schriftverkehr mit Personen, "bei denen aufgrund ihres Berufes von einer erhöhten Zuverlässigkeit ausgegangen werden kann", die Möglichkeit einer Zustellung durch elektronische Datenfernübertragung vorgesehen. Ich habe mich dafür ausgesprochen, eine derartige Datenübermittlung nur zuzulassen, sofern Authentizität, Integrität und Vertraulichkeit der Daten, etwa im Wege einer elektronischen Signatur und der Verschlüsselung gewährleistet sind. Dies gilt um so mehr, als gerade bei dem bezogenen Personenkreis von der Übermittlung besonders sensibler Daten auszugehen ist, die eines besonderen Schutzes in technischer und organisatorischer Hinsicht bedürfen.

In dem inzwischen vorgelegten Gesetzentwurf der Bundesregierung ist eine öffentliche Zustellung im Fall des unbekannten Aufenthalts des Adressaten nur zugelassen, wenn, meiner Forderung entsprechend, eine anderweitige Zustellung an Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigte nicht möglich ist. Der Aushang soll sich auf ein Benachrichtigungsschreiben beschränken.

Als besondere Form der Zustellung an Personen mit besonderer Zuverlässigkeit sieht auch der Gesetzentwurf eine Übertragung als Telekopie oder als elektronisches Dokument vor. Die elektronische Datenübertragung soll hierbei mittels einer elektronischen Signatur und einem Schutz gegen unbefugte Kenntnisnahme seitens Dritter gesichert werden. Für die Datenübertragung per Telekopie besteht eine gleichwertige Sicherungsmöglichkeit nicht. Ich habe bezüglich dieser Übertragungsform daher weiterhin Bedenken im Hinblick auf eine Sicherung von Authentizität, Integrität und Vertraulichkeit.

7.1.7. Elektronisch überwachter Hausarrest

Seit Mai 2000 wird in Hessen die "elektronische Fußfessel" zur Umsetzung von Bewährungsüberwachungen eingesetzt. Hierbei wird dem Betroffenen für den Lauf seiner Bewährungszeit durch den Richter eine Weisung über einen festgelegten Tagesablauf sowie dessen Kontrolle mittels der elektronischen Fußfessel erteilt. Bereits im Juli 1997 sowie im Juli 1999 hatte es Gesetzentwürfe gegeben, die die Vollstreckung von Freiheitsstrafen mittels eines elektronisch überwachten Hausarrestes bundesweit erlauben sollten. Der Betroffene sollte hierdurch in die Lage versetzt werden, in seinem sozialen Umfeld zu verbleiben und seine materielle Lebensgrundlage zu erhalten.

Der elektronisch überwachte Hausarrest hat große öffentliche Aufmerksamkeit erfahren. Technisch gibt es unterschiedliche Umsetzungsmöglichkeiten. Bei dem derzeit gebräuchlichsten System bestätigt ein am Betroffenen befestigter Sender in bestimmten zeitlichen Abständen den Aufenthalt im Überwachungsbereich eines fest installierten Kontrollgerätes. Das Kontrollgerät sendet dann, permanent oder in bestimmten Intervallen, über die normale Telefonleitung die Bestätigung oder eine Fehlmeldung an die Überwachungseinheit weiter. Es gibt aber bereits technische Lösungen, die in Verbindung mit einem Global Positioning System (GPS) eine aktive Aufenthaltsbestimmung des Betroffenen zulassen. Mit der technischen Einrichtung eines elektronisch überwachten Hausarrestes werden bei den meisten Anwendungen auch die Vereinbarung eines festgelegten Tagesablaufes und regelmäßige Besuche von Vollzugsmitarbeitern sowie Alkohol- und Drogenkontrollen verbunden.

Ich halte den elektronisch überwachten Hausarrest für einen tiefgreifenden Eingriff in das Recht des Betroffenen und seiner Mitbewohner auf informationelle Selbstbestimmung sowie die Unverletzlichkeit der Wohnung. Hinsichtlich des Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Ausübung dieses Rechts durch die im Vollzug einer Freiheitsstrafe liegenden Beschränkungen von vorne herein limitiert ist. Die in der elektronischen Fußfessel als Alternative zum Strafvollzug liegenden Beschränkungen für den Verurteilten werden deshalb in ihrer Relevanz für diesen deutlich relativiert. Gleichwohl erfordert eine solche Maßnahme, soweit sie über einen zeitlich befristeten Modellversuch hinausgeht, eine bereichsspezifische und normenklare gesetzliche Regelung, die Voraussetzungen und Umfang des Eingriffs unter Berücksichtigung dieser Grundrechte festlegt. Dabei sind insbesondere folgende Anforderungen zu berücksichtigen:

  • Die Form der Überwachung sollte, entsprechend dem Gebot der Verhältnismäßigkeit, so konzipiert sein, dass sie den Einzelnen unter Berücksichtigung des Vollzugszweckes nur soweit erforderlich belastet. Das gilt sowohl für die Wahl des Überwachungssystems als auch eventuell begleitender Überwachungsmaßnahmen, bei denen insbesondere auf den Schutz sensibler, wie z. B. dem Arzt- oder Sozialgeheimnis unterliegender Daten Rücksicht zu nehmen ist.
  • Die Maßnahme sollte nur mit einer aufgeklärten Einwilligung des Betroffenen sowie sämtlicher einsichtsfähiger Mitbewohner stattfinden.
  • Die erhobenen Daten sollen sobald sie für die Maßnahme nicht mehr erforderlich sind wieder gelöscht werden.
  • Es ist auf eine enge Zweckbindung sowie eine technische und organisatorische Sicherung der Daten gegen den Zugriff Dritter zu achten.

7.2. Datenschutz bei der Strafverfolgung

7.2.1. Aufbewahrungsbestimmungen Strafakten

Obwohl die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder, schon auf ihrer 49. Konferenz im Jahre 1995 eine gesetzliche Regelung zur Aufbewahrung und Speicherung von Daten im Justizbereich gefordert haben, sind bis heute Aufbewahrungsfristen für Akten der Zivil- und Strafjustiz lediglich in bundeseinheitlichen Verwaltungsvorschriften der Landesjustizverwaltungen festgelegt. Das OLG Frankfurt a. Main hat am 16.08.1998 (NJW 1999, 73) entschieden, dass die Dauer der Aufbewahrung von Strafakten nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens, ihre Aussonderung und Vernichtung einer Regelung durch ein formelles, den Grundsätzen des Volkszählungsurteils entsprechendes Gesetz bedarf. Dabei hat es ausgeführt, dass der Zustand einer fehlenden gesetzlichen Grundlage für die Aufbewahrung von Akten für eine Übergangsfrist zwar noch hinzunehmen sei, dass dies jedoch nicht als nur mittelfristige Aufgabenstellung des Gesetzgebers betrachtet werden dürfe, sondern alsbald in Angriff zu nehmen sei.

Auf dieses Urteil hin ist mir keine gesetzgeberische Initiative bekannt geworden. Auch das Strafverfahrensänderungsgesetz 1999, das zwar Bestimmungen zu Speicherungsprüffristen für Dateien und über den Umgang mit Akten, insbesondere Fragen der Auskunftserteilung und Akteneinsicht enthält, enthält keine Bestimmung über die Aufbewahrungsdauer von Strafakten.

Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder haben daher auf ihrer 58. Konferenz erneut in einer Entschließung gefordert, unverzüglich mit der Schaffung gesetzlicher Regeln über die Aufbewahrung von gerichtlichen Akten der Zivil- und Strafjustiz zu beginnen
(Anlage 14).

7.2.2. Mitteilungen an das Wählerverzeichnis

Nach Nr. 12 der neugefassten Mitteilungen in Strafsachen (Mitteilung zum Wählerverzeichnis) ist der zuständigen Verwaltungsbehörde die Tatsache einer rechtskräftigen Verurteilung ohne Angabe der rechtlichen Bezeichnung der Tat und ohne Angabe der angewendeten Strafvorschriften mitzuteilen, sofern diese zu einem Verlust der Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden oder Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, oder des Rechts, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, geführt hat. In den Fällen der ausdrücklichen Aberkennung dieser Fähigkeiten oder Rechte ist auch die Zeit mitzuteilen, für die die Aberkennung wirksam ist. Werden vorstehend bezeichnete Fähigkeiten und Rechte wieder verliehen, so ist diese Tatsache in gleicher Weise mitzuteilen.

Das Staatsministerium der Justiz vertrat hierzu die Auffassung, der Verwaltungsbehörde sei lediglich die vom Gericht bestimmte Dauer des Rechtsverlusts, nicht aber dessen Endzeitpunkt, der sich nach der Dauer der Strafvollstreckung bemisst, mitzuteilen. Etwas anderes ergebe sich nur im Fall einer vorzeitigen Wiederverleihung der bezeichneten Fähigkeiten und Rechte. Die Verwaltungsbehörden hätten die Möglichkeit, im Wege einer Einzelabfrage beim Bundeszentralregister zu erfragen, ob der Betroffene zum Zeitpunkt der jeweiligen Wahl im Besitz der genannten Fähigkeiten und Rechte ist.

Nach meiner Auffassung besteht eine Verpflichtung der Justiz, der Verwaltungsbehörde eine Folgemitteilung über den errechneten Endzeitpunkt des Rechtsverlustes zu machen. Dies ergibt sich bereits aus der Vorschrift, die Zeit mitzuteilen, für die die Aberkennung wirksam ist. Durch eine Einzelabfrage beim Bundeszentralregister würden die Verwaltungsbehörden eine unbeschränkte Auskunft erhalten, die eine unverhältnismäßige Datenübermittlung darstellte, die dem Ziel einer beschränkten Auskunft, wie sie in Nr. 12 der Mitteilung in Strafsachen vorgeschrieben ist (ohne rechtliche Bezeichnung der Tat und ohne Angabe der angewendeten Strafvorschriften), widerspräche und die für die Aufgabenerfüllung der Verwaltungsbehörde nicht erforderlich wäre. Im Übrigen scheint mir nicht gesichert, dass die Verwaltungsbehörden tatsächlich in jedem Fall diese Einzelanfragen stellen würden.

Der Mistra-Ausschuss der Landesjustizverwaltungen hat dem Vorschlag, die Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen entsprechend zu ändern, zugestimmt. Dabei werte ich es als Erfolg meiner Arbeit, dass auch das Staatsministerium der Jusitz, nachdem es zuvor keine Kompromißbereitschaft hatte erkennen lassen, im MiStra-Ausschuss für eine Änderung der Mitteilungen in Strafsachen votiert hat.

7.2.3. DNA-Analyse

7.2.3.1. DNA-Identitätsfeststellung zur Strafverfolgung

  1. Überblick

    Über das Gesetzgebungsverfahren zur Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Durchführung einer DNA-Analyse zu Strafverfolgungszwecken und deren Speicherung hatte ich in meinem 18. Tätigkeitsbericht (Nr. 7.1.7) berichtet. In diesem DNA-Identitäts-feststellungsgesetz wurde festgelegt, dass die Entnahme von Körperzellen sowie deren molekulargenetische Untersuchung durch einen Richter anzuordnen sind und nur bei Straftaten von erheblicher Bedeutung in Betracht kommen. Der Richter muss, sofern die Untersuchung zum Zweck zukünftiger Strafverfahren durchgeführt werden soll, in einer Prognoseentscheidung darüber befinden, ob Grund zu der Annahme besteht, dass gegen den Betroffenen künftig erneut Strafverfahren wegen einer Straftat von erheblicher Bedeutung zu führen sein werden.
  2. Umsetzung und datenschutzrechtliche Beurteilung

    Bereits im Vorfeld des Inkrafttretens dieses Gesetzes haben sich insbesondere die Staatsministerien der Justiz und des Innern um eine zügige Umsetzung der neu geschaffenen Befugnisse gerade bei Strafgefangenen und im Maßregelvollzug befindlichen Personen gesorgt. Dabei waren sie von Anfang an bestrebt, die Probenentnahmen und Analysen auf der Grundlage einer Einwilligung des Betroffenen, also ohne richterlichen Beschluss durchzuführen. Hierfür wurde in Anweisungen an die Vollzugsbediensteten darauf hingewiesen, dass den Betroffenen eine freiwillige Abgabe nahe zu legen sei und dass im Falle einer Verweigerung des Einverständnisses insbesondere die Frage der Gewährung von Vollzugslockerungen oder Urlaub aus der Haft besonders sorgfältig zu prüfen sei.

    Ich habe vor allem gegenüber dem Staatsministerium der Justiz deutlich gemacht, dass ich erhebliche Zweifel habe, ob die Einwilligung des Betroffenen eine ausreichende Grundlage für die DNA-Analyse sein kann. Der Gesetzgeber hat für die Durchführung dieser Untersuchung eine richterliche Anordnung auf der Grundlage einer Prognose über künftige Strafverfahren gegen den Betroffenen verlangt. Diese Schutzmechanismen dürfen nicht durch die systematische Einholung von Einwilligungen der Betroffenen umgangen werden. Darüber hinaus ergeben sich gravierende Zweifel an der Freiwilligkeit einer Einverständniserklärung von Personen, die sich in einem Zwangsverhältnis wie dem Strafvollzug oder dem Maßregelvollzug befinden und Auswirkungen ihrer Entscheidung auf Vollzugslockerungen befürchten. Hinzu kommt bei Betroffenen im Maßregelvollzug das Fehlen einer kompetenten Prüfung ihrer Einwilligungsfähigkeit. Jedenfalls hat mir das Innenministerium, das die Einholung der Einverständniserklärungen von der Polizei durchführen lässt, trotz wiederholter Anfragen seit nunmehr einem guten halben Jahr keine Auskünfte dazu erteilt.

    Dessen ungeachtet werden weiterhin Probenuntersuchungen aufgrund der Einwilligung durchgeführt und deren Ergebnis in der beim Bundeskriminalamt errichteten DNA-Analysedatei gespeichert.

Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder haben auf ihrer 58. Konferenz eine Entschließung gefasst, in der sie deutlich gemacht haben, dass die Durchführung einer DNA-Analyse zu Zwecken der Strafverfolgung ohne richterliche Anordnung insbesondere bei Strafgefangenen der gesetzlichen Vorgabe widerspricht (Anlage 9).

Das Staatsministerium der Justiz hat meinen Bedenken nur in Randbereichen Rechnung getragen, als es gegenüber den Justizvollzugsanstalten darauf hingewiesen hat, dass eine Verweigerung des Einverständnisses nur so lange Auswirkungen auf die Gewährung von Vollzugslockerungen haben kann, bis ein richterlicher Beschluss über die Probenentnahme und - untersuchung erholt und ggf. durchgesetzt wurde. Darüber hinaus soll die Einholung der Einverständniserklärung beim Strafgefangenen nicht mehr von Vollzugsbediensteten sondern von Polizeibeamten vorgenommen werden. Diese Verfahrensänderungen stellen aus meiner Sicht eine gewisse Verbesserung dar. Sie räumen aber meine grundsätzlichen Bedenken gegen ein von den gesetzlichen Vorgaben abweichendes Verfahren nicht aus. Von einer Beanstandung habe ich lediglich deshalb abgesehen, weil in einzelnen Entscheidungen von Landgerichten die genannte Verfahrensweise für rechtmäßig angesehen wurde. Andere Landgerichte halten sie dagegen für rechtswidrig. Ich behalte mir eine Beanstandung deshalb ausdrücklich vor.

7.2.3.2. Hinweis auf DNA-Analyse auf Ladungskuvert

Ein Petent hatte mir mitgeteilt, dass er zur Abgabe einer Speichelprobe geladen worden sei. Das hierfür durch die Polizeidienststelle verwendete Kuvert trug auf der Außenseite bei der Absenderangabe den handschriftlichen Vermerk "AG-DNA-Altfälle". Ich habe der Polizei mitgeteilt, dass diese Beschriftung dem Datenschutz widerspricht. Durch diesen Vermerk ist für Dritte bereits von außen erkennbar, dass die Polizei an den Betroffenen im Rahmen der Erhebung einer DNA-Analyse herantritt, die nach dem Gesetz mit der Erwartung künftiger Straftaten von erheblicher Bedeutung verbunden ist.

Die Polizeidienststelle hat meiner Auffassung entsprochen und verwendet die zur Vereinfachung des Postrücklaufes angebrachte Beschriftung nicht mehr.

7.2.4. Fernmeldegeheimnis

7.2.4.1. TÜ-Abschriften in Sonderbänden

§ 100 b Abs. 6 StPO sieht vor, dass die durch eine Telefonüberwachung erlangten Unterlagen unverzüglich und unter Aufsicht der Staatsanwaltschaft zu vernichten sind, sobald sie zur Strafverfolgung nicht mehr erforderlich sind. Anlässlich einer Überprüfung der Umsetzung dieser Vorschrift habe ich festgestellt, dass eine einheitliche Handhabung nicht besteht. Ich habe gegenüber dem Staatsministerium der Justiz auf eine Klarstellung gedrungen, wie lange die Aufbewahrung von Unterlagen, die bei der Telefonüberwachung gewonnen wurden, zur Strafverfolgung erforderlich ist. Hierbei habe ich deutlich gemacht, dass eine Aufbewahrung nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens allein im Hinblick auf die theoretische Möglichkeit eines Wiederaufnahmeverfahrens im Widerspruch zu der gesetzlichen Regelung stünde.

Das Justizministerium hat auf eine übereinstimmende Regelung für sämtliche Oberlandesgerichtsbezirke in Bayern hingewirkt, nach der schriftliche Aufzeichnungen von Telefongesprächen in Sonderbänden abzuheften sind. Abschriften über einzelne Telefongespräche mit Beweisfunktion sind in die Ermittlungsakten aufzunehmen. Nach Rechtskraft des Urteils sind die bespielten Tonträger zu löschen und die Sonderbände zu vernichten. In den Ermittlungsakt aufgenommene Abschriften werden erst zusammen mit diesem vernichtet.

Dieses Verfahren stellt eine Verbesserung des Datenschutzes dar.

7.2.4.2. Dokumentation von TÜ-Materialien bei der Staatsanwaltschaft

In seinem Urteil vom 14.07.1999 zur Fernmeldeüberwachung durch den Bundesnachrichtendienst (siehe Nr. 6.3.1) hat das Bundesverfassungsgericht eine Dokumentation aller Fälle der Weitergabe oder zweckändernden Nutzung der durch einen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis erlangten Daten verlangt. Die Pflicht, die Daten zu kennzeichnen und deren Weitergabe zu protokollieren, besteht, um eine hinreichende Kontrolle der Speicherung, Zweckänderung und Übermittlung zu gewährleisten.

Wie ich anläßlich einer Prüfung erfahren habe, hält zumindest eine Staatsanwaltschaft eine lückenlose Dokumentation von Abschriften für nicht möglich. Ich habe mich daher an das Staatsministerium der Justiz gewandt und auf die durch das Bundesverfassungsgericht geforderte Dokumentationspflicht hingewiesen, durch die der Schutz des Fernmeldegeheimnisses sichergestellt werden soll.

Eine Antwort des Staatsministeriums der Justiz steht noch aus.

7.2.4.3. Benachrichtigung Beteiligter

Nach § 101 Abs. 1 StPO sind im Fall einer Telefonüberwachung die Beteiligten hiervon zu benachrichtigen, sobald dies ohne Gefährdung insbesondere des Untersuchungszweckes geschehen kann. Als Beteiligte kommen, neben dem Beschuldigten und einem eventuell personenverschiedenen Anschlussinhaber, alle Personen in Betracht, mit denen der Beschuldigte den überwachten Fernmeldeverkehr unterhalten hat. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Benachrichtigung selbst zu einer Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechtes des Beschuldigten oder des Anschlussinhabers führen kann, wenn Dritte erst durch die Benachrichtigung von der erfolgten Telefonüberwachung und damit von der Tatsache eines gegen den Beschuldigten gerichteten Strafverfahrens erfahren. Eine Information sollte aber gegenüber solchen Gesprächsteilnehmern erfolgen, deren Gespräche für beweiserheblich befunden und daher in den Ermittlungsakt aufgenommen wurden.

Anlässlich der Prüfung einer Staatsanwaltschaft habe ich festgestellt, dass der Pflicht zur Benachrichtigung des Beschuldigten und des Anschlussinhabers, wie auch anderer Gesprächsteilnehmer, deren Gespräch im Ermittlungsakt dokumentiert war, wiederholt nicht nachgekommen wurde. Ich habe daher verlangt, die Sachbearbeiter ggf. durch die Verwendung eines auszufüllenden Formblattes auf die gesetzliche Verpflichtung hinzuweisen.

Eine Stellungnahme hierzu steht noch aus.

7.2.4.4. Forschungsvorhaben zur Auswertung von TÜ-Maßnahmen

Bereits in meinem 17. Tätigkeitsbericht (Nr. 7.4.3.7) hatte ich von meiner Forderung nach einer Auswertung der Telefonüberwachungsmaßnahmen im Hinblick auf deren Erfolg berichtet. Auch die 59. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder hat erneut eine Überprüfung dieser staatlichen Befugnisse auf ihre Effektivität im Verhältnis zur Intensität des Eingriffs gefordert.

In diesem Sinn hat das Bundesministerium der Justiz am 20.08.1999 ein Forschungsvorhaben zum Thema "Rechtswirklichkeit und Effizienz der Überwachung der Telekommunikation nach den §§ 100 a, 100 b StPO" ausgeschrieben und an das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg vergeben. Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens sollen tatsächliche Erkenntnisse zur Bewertung der Notwendigkeit und Erfolgseignung von Fernmeldeüberwachungsmaßnahmen gewonnen werden, wobei auch geprüft werden soll, in welchem Umfang unbeteiligte Dritte von der Maßnahme betroffen werden.

7.3. Gerichtlicher Bereich

7.3.1. Mitteilungen in Zivilsachen (MiZi)

Wie in meinem 18. Tätigkeitsbericht (Nr. 7.1.1) geschildert, wurden die Befugnisse von Gerichten und Staatsanwaltschaften, von Amts wegen personenbezogene Daten an öffentliche Stellen zu übermitteln, durch das Justizmitteilungsgesetz vom 18. Juni 1997 geregelt. Aufgrund der veränderten Rechtslage haben die Justizverwaltungen der Länder den Entwurf einer Neuregelung der Anordnung über Mitteilungen in Zivilsachen erarbeitet. Zu dem Entwurf habe ich mich in Abstimmung mit den anderen Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder in einer Stellungnahme geäußert. Ich habe vor allem verlangt, die Mitteilungen regelmäßig auf den Entscheidungstenor zu beschränken und eine detaillierte Dokumentation der Mitteilungen vorzuschreiben. Ein besonderes Anliegen war mir, dass ein Betroffener über Mitteilungen, die aufgrund einer Ermessensentscheidung erfolgen, zwingend informiert wird. Gerade in diesen Fällen, in denen der Betroffene nichts von der Mitteilung weiss und auch nicht wissen kann, gebietet es das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie der Grundsatz eines fairen Rechtsschutzes, dass er von der Datenübermittlung unterrichtet wird.

Diese Vorschläge wurden, obwohl sie von sämtlichen Datenschutzbeauftragten geteilt wurden, in der Neufassung der Anordnung über Mitteilungen in Zivilsachen, die am 01.06.1998 in Kraft trat, nicht berücksichtigt. Nur in Fällen der Mitteilungen in Betreuungssachen zur Gefahrenabwehr und zur Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten wurde eine detaillierte Dokumentation vorgeschrieben. Auch eine Information des Betroffenen von der Mitteilung wurde lediglich für den Fall der Mitteilung an den Träger der Sozialhilfe über eine Kündigungsklage wegen Zahlungsunfähigkeit vorgeschrieben. Für die Fälle einer auf einer Ermessensentscheidung beruhenden Mitteilung wurde davon abgesehen.

Auch im Rahmen einer erneuten Änderung der MiZi zur Anpassung an das seit 01.01.1999 geltende Insolvenzverfahren habe ich eine Information des Betroffenen von der Mitteilung gefordert, sofern diese nicht zwingend, sondern aufgrund einer Ermessensentscheidung erfolgte. Auch in diesem Fall wurden meine Anregungen nicht umgesetzt.

7.3.2. Akteneinsicht eines ehemals Betreuten in den Betreuungsakt

Ein Bürger hatte sich an mich gewandt, da ihm eine Einsicht in die Gerichtsakten, die eine bereits abgeschlossene Betreuung seiner Person betrafen, durch das Gericht mehrfach mit dem Hinweis auf die fehlende Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses verweigert worden war. Ich habe dem Gericht daraufhin mitgeteilt, dass der Betroffene als Verfahrensbeteiligter bereits aufgrund dieser Stellung ein berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht hat, das nicht zusätzlich glaubhaft zu machen ist. Das Gericht hat die beantragte Akteneinsicht dementsprechend gewährt.

7.3.3. Presserichtlinien

Bereits in meinem 18. Tätigkeitsbericht (Nr. 7.4.5) habe ich über meine Vorschläge zur Neufassung der Richtlinien für die Zusammenarbeit der Bayerischen Justiz mit der Presse berichtet. Zu den von mir im einzelnen dargelegten Punkten konnte weitgehende Einigkeit erzielt werden. Insbesondere wurde aufgenommen, dass gegenüber dem Auskunftsanspruch der Presse stets das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen als verfassungsrechtlich geschütztes Rechtsgut zu berücksichtigen ist.

Auch die folgende Überarbeitung der Presserichtlinien wurde mir zur Kenntnis gebracht. In diesem Rahmen habe ich vor allem noch auf folgende Punkte hingewiesen:

  1. Personenbezogene Daten sollen bei einer Berichterstattung in Strafsachen nur ausnahmsweise weitergegeben werden. Dies gilt auch für weitere Angaben, durch die eine Identifizierung der Betroffenen ermöglicht würde.
  2. Eine aktive Öffentlichkeitsarbeit muss, sofern sie personenbezogen erfolgt, restriktiv gehandhabt werden. Hierbei ergibt sich gerade aus der Unschuldsvermutung vor Verurteilung eine besondere Verpflichtung zur Neutralität. Wertungen zu Lasten des Betroffenen sind deshalb zu unterlassen.
  3. Zur Unterrichtung über allgemein interessierende Zivilverfahren werden durch die Gerichte geeignet erscheinende Entscheidungen an die Justizpressestellen bei den Oberlandesgerichten sowie das Pressereferat des Staatsministeriums der Justiz weitergeleitet. Ich habe gefordert, diese justizinterne Weiterleitung nur in anonymisierter Form zuzulassen.

Das Staatsministerium der Justiz hat meine Forderung zu 1 und 2 akzeptiert, zu meiner Forderung zu 3 technische Schwierigkeiten geltend gemacht, die eine Berichterstattung wesentlich erschweren würden. Ich habe es akzeptiert, dass die Entscheidungen bis zur Behebung der technischen Probleme lediglich im Rubrum und gegebenenfalls im Tenor anonymisiert übermittelt werden.

7.3.4. Online-Abruf von Grundbuchdaten

Seit 1994 gibt es in Bayern, ausgehend vom Amtsgericht München, ein maschinell geführtes Grundbuch bei dem die Einsichtnahme, soweit vom Gesetz zugelassen, im Wege eines automatisierten Abrufverfahrens erfolgen kann. Im Rahmen dieses Verfahrens wird das nach der Grundbuchordnung für die Einsichtnahme darzulegende berechtigte Interesse in Form einer so genannten "Darlegungserklärung" mit den formularmäßigen Gründen "eigene Berechtigung am Grundstück", "Zustimmung des Eigentümers" oder "Zwangsvollstreckung" bei der Anfrage eingegeben. Wie auch die übrigen Eingaben des Abrufs wird diese Erklärung protokolliert.

Behörden, Notare und öffentlich bestellte Vermessungsingenieure sind bei der Grundbucheinsicht von der Darlegung des öffentlichen Interesses befreit. Aber auch bei deren Abrufen werden die abrufende Person/Stelle, Aktenzeichen, Datum des Abrufs und ausgegebenes Grundbuchblatt protokolliert. Zur Kontrolle, ob diese Abrufe nur bei Vorliegen eines berechtigten Interesses durchgeführt wurden, habe ich bei einer Behörde anhand der protokollierten Daten eine stichprobenartige Überprüfung vorgenommen. Hierbei konnte ich keine missbräuchliche Nutzung des automatisierten Abrufverfahrens feststellen.

7.4. Justizvollzugsanstalten

7.4.1. Briefkontrolle

  1. Brieföffnung bei bereits Entlassenen

    Durch eine Eingabe habe ich erfahren, dass in einer Justizvollzugsanstalt Briefe an einen bereits aus der Haft Entlassenen, die trotz Nachsendeantrages bei der Justizvollzugsanstalt eingegangen waren, nach dem Eingang geöffnet wurden. Nach der Öffnung wurden sie mit Heftklammer und Klebestreifen wieder verschlossen und an die neue Adresse nachgesandt.

    Auf mein Einschreiten hin hat die Justizvollzugsanstalt in einer Dienstanweisung darauf hingewiesen, dass eingehende Briefe an bereits aus der Haft Entlassene nicht geöffnet werden dürfen. Im Fall einer dennoch erfolgten versehentlichen Öffnung sei der Brief in einem zusätzlichen Umschlag, der keinen Rückschluss auf die Inhaftierung zulässt, zu verschließen und an die neue Adresse nachzusenden.
  2. Schreiben der Staatsanwaltschaft in Sammelumschlägen

    Bei der anlaßbezogenen Kontrolle der Briefüberwachung einer Justizvollzugsanstalt habe ich festgestellt, dass Schreiben der Staatsanwaltschaft, in deren Zuständigkeitsbereich die Justizvollzugsanstalt liegt, an dort Inhaftierte in einem Sammelumschlag ohne weitere Sicherung der einzelnen Schriftstücke geschickt werden. In der Justizvollzugsanstalt werden die Schreiben dann nach Adressaten sortiert und an diese ausgehändigt.
    Ich habe sowohl die Justizvollzugsanstalt als auch die Staatsanwaltschaft darauf hingewiesen, dass die Justizvollzugsanstalt durch diese Verfahrensweise zwangsläufig vom Inhalt der einzelnen Schreiben Kenntnis nehmen kann. Eine Überwachung des Briefverkehrs darf aber nach den gesetzlichen Bestimmungen nur für den Einzelfall aus Gründen der Behandlung oder der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erfolgen. Die Notwendigkeit, Schreiben der Staatsanwaltschaft aus diesen Gründen generell zu überwachen, kann ich nicht erkennen. Ich habe deshalb die Staatsanwaltschaft aufgefordert, ihre Praxis zu ändern und Schreiben an Inhaftierte jeweils in gesonderten Umschlägen zu verschicken.

    Eine Stellungnahme hierzu steht noch aus.

7.4.2. Praxis der Besucherüberprüfung

Wie ich in meinem 17. Tätigkeitsbericht (Nr. 7.3.2.10) berichtet habe, werden - soweit es von der Justizvollzugsanstalt für erforderlich gehalten wird - bei Polizei/Staatsanwaltschaft/Ver-waltungsbehörden Erkundigungen über potenzielle Besucher eingeholt. Grundlage war die Einverständniserklärung des Betroffenen, ohne die er zum Besuch nicht zugelassen wurde.

Aufgrund der seit 01.12.1998 wirksamen Novellierung des Strafvollzugsgesetzes können die Justizvollzugsanstalten nunmehr Daten über Dritte auch ohne deren Mitwirkung erheben, sofern dies für die Behandlung eines Gefangenen, die Sicherheit der Anstalt oder die Sicherung des Vollzuges einer Freiheitsstrafe unerlässlich ist und die Art der Erhebung schutzwürdige Interessen des Betroffenen nicht beeinträchtigt. Aufgrund einer Eingabe habe ich festgestellt, dass trotz der geänderten Rechtslage zumindest in einer Justizvollzugsanstalt weiterhin ein Formblatt verwendet wurde, in dem der potenzielle Besucher sein Einverständnis mit der Einholung von Auskünften über ihn bei den zuständigen Behörden geben kann. Diese Einverständniserklärung war nach dem Wortlaut des Formblatts Voraussetzung für die Entscheidung der Justizvollzugsanstalt über die Zulassung als Besucher.

Ich habe mich an das Staatsministerium der Justiz gewandt und dargelegt, dass es angesichts der geänderten Rechtslage nicht angehen könne, die Entscheidung der Justizvollzugsanstalt über einen Besuchsantrag vom Einverständnis des Antragstellers mit seiner Überprüfung abhängig zu machen. Das Staatsministerium hat daraufhin mitgeteilt, dass das Formblatt geändert werde. Auch die Formblätter anderer Justizvollzugsanstalten würden, sofern solche überhaupt Verwendung finden, entsprechend angepasst werden.

In dem geänderten Formblatt war weiterhin die Abgabe einer Einverständniserklärung vorgesehen, wobei der Zusatz, dass die Zustimmung Voraussetzung für die Zulassung als Besucher sei, weggelassen wurde. Dennoch könnte der Antragsteller aufgrund des Hinweises auf eine evtl. Notwendigkeit der Einholung von Auskünften davon ausgehen, dass eine Verweigerung des Einverständnisses automatisch zur Ablehnung des Besuchsantrages führt und diese nur deswegen erklären. Andererseits würde der Bürger, der glaubt, ihm werde die Entscheidung über die Datenerhebung und Verarbeitung überlassen, irregeführt, wenn im Falle seiner Weigerung die für eine Zulassungsentscheidung erforderlichen Informationen ohne seine Kenntnis von Amts wegen erhoben werden. Wegen einer Neufassung bin ich mit dem Justizministerium noch im Gespräch.

7.4.3. Weitergabe ärztlicher Daten an die vorgesetzte Behörde

In den im Jahr 1998 neu geschaffenen Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes über die Datenverarbeitung wurden auch Regelungen aufgenommen, die den Schutz besonders sensibler personenbezogener Daten gewährleisten sollen, insbesondere solcher, die einer beruflichen Schweigepflicht unterliegen.

Ich habe in einer Stellungnahme an das Staatsministerium der Justiz auf die Bedeutung der ärztlichen Schweigepflicht des Anstaltsarztes gegenüber der Dienstaufsicht hingewiesen:

  • Offenbarungen von Ärzten dürfen grundsätzlich nur gegenüber dem Anstaltsleiter und nur unter den engen gesetzlichen Voraussetzungen für die dort genannten Zwecke (Aufgabenerfüllung der Vollzugsbehörde und Abwehr erheblicher Gefahren für Leib und Leben) erfolgen. Eine Offenbarung gegenüber anderen Vollzugsbediensteten ist nur aufgrund einer Entscheidung des Anstaltsleiters zulässig.
  • Die Weitergabe so erlangter Daten durch den Anstaltsleiter an die vorgesetzte Behörde ist an die gleichen Voraussetzungen und Zwecke gebunden wie die Weitergabe durch den Arzt an den Anstaltsleiter.
  • Diese Einschränkungen gelten auch für Offenbarungen des Arztes gegenüber der vorgesetzten Behörde.

Jede Weitergabe ärztlicher Daten hat auch das Gebot der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Anstelle der Offenbarung dürfen keine anderen Maßnahme zur Verfügung stehen, die, bei gleicher Wirksamkeit für den verfolgten Zweck, das Recht des Gefangenen auf informationelle Selbstbestimmung geringer beeinträchtigten würden.

Das Staatsministerium der Justiz hat dieser Auffassung grundsätzlich zugestimmt.

7.4.4. Aufbewahrungsbestimmungen Vollzug

Unter Nr. 7.2.1 habe ich über das Fehlen einer gesetzlichen Regelung zur Dauer der Aufbewahrung von Akten der Zivil- und Strafjustiz berichtet. Für den Bereich der Justizvollzugsanstalten wurden mit der Neufassung des Strafvollzugsgesetzes, die am 01.12.1998 in Kraft trat, Aufbewahrungsfristen für Gefangenenpersonalakten, Gesundheitsakten, Krankenblätter und Gefangenenbücher als Höchstfristen festgelegt. Meine Forderung nach einer gesonderten Führung und dementsprechend auch Vernichtung solcher Teile des Gefangenenpersonalakts, die neben der Gesundheitsakte und den Krankenblättern weitere besonders sensible Daten, wie z. B. Unterlagen über psychologische oder sozialtherapeutische Behandlungen oder Erkenntnisse aus der Überprüfung von Besuchern oder der Briefkontrolle enthalten, wurde bedauerlicherweise nicht berücksichtigt.

Anlässlich der geplanten Änderung der bundeseinheitlichen Aufbewahrungsbestimmungen, in denen die Aufbewahrungsfristen für Akten geregelt sind, habe ich mich über die Landesbeauftragte für den Datenschutz Nordrhein-Westfalen an das für die Neufassung federführende dortige Justizministerium gewandt und datenschutzrechtliche Verbesserungen gefordert:

  • Für sämtliche in den Aufbewahrungsbestimmungen formulierte Fristen sollte deutlich gemacht werden, dass es sich um Höchstfristen handelt, die nicht überschritten aber, sofern eine weitere Aufbewahrung nicht mehr erforderlich ist, unterschritten werden dürfen.
  • Aktenteile mit besonders sensiblen personenbezogenen Daten, wie z. B. Aktenvermerke über Brief- und Telefonüberwachungen, erkennungsdienstliche Unterlagen oder Erkenntnisse über Dritte sollten in Sonderheften des Gefangenenpersonalakts geführt werden und dementsprechend einer eigenen Aussonderungsfrist unterliegen.

Zu letztgenannter Forderung hatte mich auch der Fall eines ehemaligen Untersuchungsgefangenen veranlasst, der in der Untersuchungshaft erkennungsdienstlich behandelt worden war. Nachdem er von dem zugrundeliegenden Vorwurf rechtskräftig freigesprochen worden war, hatte er gefordert, die in der Justizvollzugsanstalt noch vorhandenen erkennungsdienstlichen Unterlagen zu vernichten. Unter Berufung auf die Regelungen des Strafvollzugsgesetzes, hatte die Justizvollzugsanstalt Lichtbilder des Betroffenen sowie eine Beschreibung seiner körperlichen Merkmale weiterhin aufbewahrt und lediglich darüber hinausgehende erkennungsdienstliche Unterlagen vernichtet.

Ich habe hiergegen eingewandt, dass die entsprechende Regelung des Strafvollzugsgesetzes nicht auf Untersuchungsgefangene übertragbar ist, die rechtskräftig freigesprochen wurden. Die weitere Aufbewahrung von Lichtbildern und Beschreibung körperlicher Merkmale ist dort vorgesehen, um spätere Fahndungsmaßnahmen zu erleichtern. Bei einem rechtskräftigen Freispruch verbietet sich aber, auch im Hinblick auf die Unschuldsvermutung, die Prognose einer zukünftigen Fahndung, weshalb eine fortdauernde Speicherung nicht erforderlich und somit unzulässig ist.

Das Staatsministerium der Justiz hat dennoch einer Vernichtung dieser Unterlagen widersprochen, da eine solche Teillöschung einzelner, nicht getrennt geführter Teile des Gefangenenpersonalaktes dem Gebot der Aktenvollständigkeit widersprechen würde.

Im Hinblick auf diese Argumentation habe ich eine getrennte Aufbewahrung in Sonderakten gefordert, die eine vorzeitige Vernichtung bei Wahrung der Integrität der Hauptakte ermöglichen würde. Die Umsetzung dieser Forderung in der Änderung der Aufbewahrungsbestimmungen bleibt abzuwarten.

7.4.5. ADV-Vollzug

In meinem 18. Tätigkeitsbericht (Nr. 7.2.4) habe ich über die Entwicklung eines Informationssystems über Gefangenendaten (ADV-Vollzug) berichtet. Inzwischen wurde das Verfahren freigegeben und soll bis zum Jahr 2001 in sämtlichen Justizvollsanstalten Bayerns zum Einsatz kommen.

Das dem System zugrunde liegende Konzept berücksichtigt meine Anregungen insofern, als hinsichtlich der Löschung von Gefangenendaten nach Entlassung oder Verlegung in eine andere Anstalt auf die gesetzlich vorgeschriebene Frist von 2 Jahren verwiesen wird, sofern nicht bestimmte Daten zur Auffindung der Gefangenenpersonalakte hiervon ausgenommen sind. Auch wird dem Gefangenen jetzt freigestellt, die Frage nach dem Bekenntnis auf dem Personalblatt zu beantworten oder nicht. Besonders habe ich begrüßt, dass ein Zugriff der Justizvollzugsbediensteten auf personenbezogene Daten der Gefangenen nur soweit gewährt wird, als er für die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben erforderlich ist. Dies soll durch ein Rollenkonzept der jeweiligen Justizvollzugsanstalt sichergestellt werden, in dem jeweils Art und Umfang des Zugriffs auf die Daten für die Bediensteten festzulegen ist.

7.5. Ordnungswidrigkeitenverfahren

7.5.1. Fahrerermittlung durch Lichtbildabgleich

Obwohl ich mich in meinen beiden vorangegangenen Tätigkeitsberichten (17. Tätigkeitsbericht Nr. 7.5.4, 18. Tätigkeitsbericht Nr. 7.6.4) zur Frage der Zulässigkeit eines Lichtbildabgleichs mit dem Pass- bzw. Personalausweisregister zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr geäußert hatte, musste ich erneut feststellen, dass insbesondere bei den zur Verfolgung und Ahndung von Verkehrordnungswidrigkeiten berechtigten Gemeinden Unsicherheit in der Frage besteht, unter welchen Voraussetzungen eine Einsichtnahme in die Lichtbilder des Pass- bzw. Personalausweisregisters zulässig ist.

Das Pass- bzw. Personalausweisgesetz setzt für einen Zugriff auf die in den entsprechenden Registern gespeicherten Lichtbilder unter anderem voraus, dass die Daten bei dem Betroffenen nicht oder nur mit unverhältmäßig hohem Aufwand erhoben werden können. Betroffener im Sinne dieses Gesetzes ist derjenige, in dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung durch den Zugriff auf "sein" Lichtbild eingegriffen werden soll. In Bezug auf diese Person muss die Datenerhebung unmöglich oder unverhältnismäßig sein. Ist dies nicht der Fall, hat die Datenerhebung beim Betroffenen Vorrang vor der zweckändernden Nutzung des Lichtbildes.

Es ist deshalb regelmäßig erforderlich, vor dem Zugriff auf das Lichtbild zu versuchen, den Bildabgleich bei dem Betroffenen durchzuführen. Dazu kommt in erster Linie eine mündliche oder schriftliche Aufforderung in Betracht, sich für einen Vergleich mit dem bei der Ordnungswidrigkeit gefertigten Lichtbild einzufinden. Diese Aufforderung stellt keine Anhörung im Sinne des Ordnungswidrigkeitengesetzes dar, sondern gibt dem Betroffenen Gelegenheit, den Zugriff auf das Register durch seine Mitwirkung entbehrlich zu machen. Erst bei Erfolglosigkeit der Aufforderung ist der Zugriff auf das Bild des Pass- bzw. Personalausweisregisters zulässig, soweit die Unmöglichkeit oder Unverhältnismäßigkeit der Datenerhebung beim Betroffenen nicht bereits zuvor feststand. Unverhältnismäßigkeit ist aber grundsätzlich weder aufgrund der Anzahl der in Frage kommenden Betroffenen noch im Hinblick auf die bei Verkehrordnungswidrigkeiten kurze Verjährungsfrist anzunehmen. Eine Aufforderung zur Mitwirkung bei einem Lichtbildabgleich kann relativ kurzfristig erfolgen. Jedenfalls geht es nicht an, die Verjährungsfrist als Argument für einen generellen Ausschluss der im Pass- bzw. Personalausweisgesetz festgelegten Eingriffsvoraussetzungen zu akzeptieren und damit einer Verkürzung der Betroffenenrechte zuzustimmen.

Umfeldermittlungen z. B. durch Befragung von Nachbarn sind keine Datenerhebungen bei dem Betroffenen selbst, sondern stellen Datenerhebungen bei Dritten dar. Diese sind als intensiverer Eingriff in die Rechte des Betroffenen gegenüber der Datenerhebung beim Betroffenen selbst oder einem Zugriff auf das Lichtbild aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nachrangig.

7.5.2. Zusendung von Lichtbildern

Ein Bürger hatte sich an mich gewandt und vorgetragen, er habe im Rahmen eines Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahrens einen Anhörungsbogen erhalten. Da zur Tatzeit der Pkw auch von anderen Personen geführt worden sei, habe er in seiner Äußerung um Übersendung des als Beweismittel angegebenen Lichtbildes gebeten. Er habe dabei in die Lage versetzt werden wollen, von seinem Äußerungsrecht Gebrauch zu machen. Statt dem Wunsch zu entsprechen, sei das Bild der für seinen Wohnsitz zuständigen Polizeidienststelle in einem anderen Bundesland zugesandt worden. Diese habe Befragungen in seinem Wohnumfeld durchgeführt.

Ich habe festgestellt, dass die Übersendung der Akten an die Polizei eines anderen Bundeslandes im konkreten Fall unzulässig war. Hier wäre es möglich gewesen, dem äußerungsbereiten Betroffenen das Lichtbild zuzusenden und auf die Datenübermittlung an die Polizei zu verzichten.

Auf mein Schreiben hat das Staatsministerium des Innern mitgeteilt, dass es ihm aufgrund der inzwischen fortgeschrittenen technischen Möglichkeiten in vergleichbaren Fällen "vertretbar" erscheine, dem aussagebereiten Fahrzeughalter einen Printerabzug des Beweisfotos zuzusenden. Unter Berücksichtigung des Standes der Technik werde geprüft, das Beweisfoto auf den Anhörungsbogen aufzudrucken.

7.6. Sonstiges

7.6.1. Richtlinie für die Förderung der Insolvenzberatung

In dem seit 01.01.1999 geltenden Verbraucherinsolvenzverfahren kann sich der Schuldner bei seinem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und bei dem Versuch einer außergerichtlichen Einigung mit den Gläubigern von einer Insolvenzberatungsstelle beraten und vertreten lassen. Diese Stellen erhalten als anerkannte Beratungsstellen in gemeinnütziger und kommunaler Trägerschaft auf Antrag staatliche Zuwendungen, die je nach Anzahl der behandelten Fälle in Form von Pauschalen gewährt werden. Zu Nachweis und Prüfung der einzelnen Fälle durch die Regierungen erstellen die Beratungsstellen einen so genannten Verwendungsnachweis, in dem fallbezogen jeweils der Name des Schuldners, die Zahl der Gläubiger, die Gesamthöhe der geltend gemachten Forderungen und weitere Angaben über die geleistete Beratung gemacht werden. Die Übermittlung von Belegen an die Regierungen soll nur noch stichprobenweise erfolgen. Im Rahmen der Neufassung der Richtlinien für die Förderung der Insolvenzberatung durch das Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit, habe ich darauf hingewiesen, dass selbst für diese reduzierte Übermittlung von personenbezogenen Daten eine gesetzliche Grundlage nicht besteht und diese daher nur mit Einwilligung des Betroffenen möglich ist. Ich habe daher gefordert, den Verwendungsnachweis, der vom Schuldner unterschrieben wird, um die Erklärung zu erweitern, dass der Schuldner auch in die Datenübermittlung an die zuständige Regierung einwilligt.

Das Staatsministerium hat meiner Forderung entsprochen.