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Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz; Stand: 01.12.2009
19. Gewerbe und Handwerk
19.1. Bekanntgabe personenbezogener Daten von Bezirkskaminkehrermeistern im Internet
Eine Kaminkehrer-Innung hat sich an mich mit der Frage gewandt, welche Daten ihrer Mitglieder sie im Internet veröffentlichen darf. Es sei geplant, dass der Bürger nach Angabe seiner Adresse den Namen, die Anschrift und die Telekommunikationsdaten seines zuständigen Bezirkskaminkehrermeisters erhalte. Die Einarbeitung und Pflege der Daten würden von einem externen Softwareunternehmen vorgenommen. Ich habe der Kaminkehrer-Innung dazu Folgendes mitgeteilt:
Nach Art. 15 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 BayDSG ist die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig, wenn entweder das Bayerische Datenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat. Die geplante Veröffentlichung im Internet ist eine Datenübermittlung an die Allgemeinheit. Mangels einer bereichsspezifischen Rechtsvorschrift kommt als Rechtsgrundlage der Datenübermittlung Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 BayDSG in Betracht. Die Übermittlung personenbezogener Daten an nicht-öffentliche Stellen ist danach zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der übermittelnden Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist und die Voraussetzungen vorliegen, die eine Nutzung nach Art. 17 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 bis 4 BayDSG zulassen würden. Die Veröffentlichung der organisatorischen Grunddaten der zuständigen Bezirkskaminkehrermeister - hierzu zählen Name, Vorname, betriebliche Anschrift und betriebliche Telekommunikationsdaten (Telefon, Fax, E-Mail-Anschrift) - halte ich danach im Rahmen der Aufgabenerfüllung der Kaminkehrer-Innung für erforderlich. So muss insbesondere aus Gründen des Brandschutzes und der Feuerstättensicherheit jeder zuständige Bezirkskaminkehrermeister für die Bürger zu den üblichen Geschäftszeiten erreichbar sein. Diese Veröffentlichung liegt auch im Rahmen der Zweckbestimmung der Datenerhebung (Art. 17 Abs. 1 Nr. 2 BayDSG).
Eine Veröffentlichung darüber hinausgehender Daten der Bezirkskaminkehrermeister - wie z.B. private Anschrift und berufliche Zusatzqualifikationen - wäre allerdings nicht mehr als zur Aufgabenerfüllung i.S.d. Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 BayDSG erforderlich anzusehen. Sie käme daher nur mit ausdrücklicher Einwilligung der Betroffenen in Betracht (Art. 15 Abs. 1 Nr. 2 BayDSG).
Die Einschaltung eines externen Softwareunternehmens zur Einarbeitung und Pflege der Daten ist im Rahmen einer Auftragsdatenverarbeitung nach Art. 6 BayDSG zulässig. Ein Mustervertrag zur Auftragsdatenverarbeitung ist unter der Rubrik "Technik/Orientierungshilfen/Mustervorlagen" auf meiner Homepage unter www.datenschutz-bayern.de abrufbar.
19.2. Veröffentlichung von Insolvenzen im Mitteilungsblatt einer Industrie- und Handelskammer
Ein betrieblicher Datenschutzbeauftragter hat sich an mich mit der Bitte um Prüfung gewandt, ob die Veröffentlichung der Insolvenzdaten von Gewerbetreibenden, die natürliche Personen sind, im Mitteilungsblatt einer Industrie- und Handelskammer (IHK) datenschutzrechtlich zulässig ist.
Die von mir dazu befragte IHK teilte mit, dass den Industrie- und Handelskammern als Körperschaften des öffentlichen Rechts insolvenzrechtlich relevante Sachverhalte unmittelbar von den Insolvenzgerichten des Kammerbezirks auf der Basis der Anordnung über Mitteilungen in Zivilsachen übermittelt werden. Die in der IHK-Zeitschrift, dem offiziellen Mitteilungsblatt der IHK, veröffentlichten Insolvenzdaten würden, - nach einem entsprechenden Abgleich mit den amtlich übermittelten Daten - ausschließlich den aktuellen Ausgaben des Bundesanzeigers entnommen. Es würden nur Insolvenzdaten publiziert, die sich nach Sitz bzw. Wohnort dem Bezirk der Industrie- und Handelskammer zuordnen lassen.
Weiter teilte die IHK mit, dass der im Bundesanzeiger veröffentlichte Text im Regelfall aus Platzgründen gekürzt werde. Sofern der Inhalt der Mitteilungen der Insolvenzgerichte über den Veröffentlichungstext im Bundesanzeiger hinausgehe, werde dieser grundsätzlich nicht publiziert. Durch das sorgfältige Verfahren der IHK bei der Ermittlung der Daten werde ausgeschlossen, dass im Mitteilungsblatt der IHK Angaben gemacht werden, die über die im Bundesanzeiger veröffentlichten Insolvenzdaten hinaus gehen.
Diesen Sachverhalt habe ich datenschutzrechtlich wie folgt bewertet:
Die Veröffentlichung von Name, Vorname und Adresse des Insolvenzschuldners, das Datum der Insolvenzeröffnung sowie Name, Vorname und Ort des Insolvenzverwalters in der IHK-Zeitschrift stellen eine Datenübermittlung an nicht-öffentliche Stellen dar. Nach Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 BayDSG ist die Datenübermittlung zulässig, wenn sie zur Erfüllung der Aufgaben der IHK erforderlich ist und die Voraussetzungen vorliegen, die eine Nutzung nach Art. 17 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 bis 4 BayDSG zulassen würden.
Gemäß § 1 Abs. 1 IHK-Gesetz haben die Industrie- und Handelskammern u.a. die Aufgabe, das Gesamtinteresse der ihnen zugehörigen Gewerbetreibenden ihres Bezirks wahrzunehmen, für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft zu wirken und dabei die wirtschaftlichen Interessen einzelner Gewerbezweige oder Betriebe abwägend und ausgleichend zu berücksichtigen. Hierzu gehört unter dem Aspekt des Gläubigerschutzes auch die Information der Kammermitglieder über Insolvenzen derzeitiger oder potentieller Geschäftspartner. Dass es zu den Aufgaben einer Industrie- und Handelskammer gehört, wirtschaftliche Nachteile von ihren Mitgliedern abzuwenden, die daraus entstehen, dass Schuldner ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen, ergibt sich auch aus den §§ 915 Abs. 3 und 915 e der Zivilprozessordnung (ZPO). So erhalten die Industrie- und Handelskammern nicht nur Abdrucke von Schuldnerverzeichnissen, sondern sind auch gemäß § 915 e Abs. 2 Satz 1 ZPO dazu berechtigt, ihren Mitgliedern Auskünfte aus diesen Abdrucken zu erteilen.
Die Insolvenzdaten werden im vorliegenden Fall in der IHK-Zeitschrift, dem offiziellen Organ der Industrie- und Handelskammer, veröffentlicht. Bei der Kammerzeitschrift einer IHK handelt es sich um eine gegenüber der Masse der Medien herausgehobene Publikation. Sie ist das satzungsgemäße Verlautbarungsorgan der IHK als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die Kammerzeitschrift dient ausschließlich dazu, dass die IHK ihren gesetzlichen Auftrag erfüllt und geht auch nur dem begrenzten Kreis der Kammermitglieder zu. Die Veröffentlichung der Insolvenzen in der Kammerzeitschrift auf der Grundlage der Veröffentlichungen im Bundesanzeiger halte ich daher zur Aufgabenerfüllung der IHK für geeignet und angemessen und damit für erforderlich im Sinne des Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 BayDSG. Da die in der IHK-Zeitschrift veröffentlichten Daten über die Insolvenzen ausschließlich dem Bundesanzeiger als eine allgemein zugängliche Quelle entnommen werden (können), ist auch die Vorschrift des Art. 17 Abs. 2 Nr. 8 1. Alternative BayDSG erfüllt. Nach dieser Vorschrift ist eine Datennutzung für andere Zwecke zulässig, wenn die Daten aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können. Im Ergebnis kann danach festgestellt werden, dass die Veröffentlichung von Insolvenzen im offiziellen Mitteilungsblatt einer Industrie- und Handelskammer aus datenschutzrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden ist.