[go: up one dir, main page]

≡ Sitemap

Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz; Stand: 01.12.2009

12. Schulen

12.1. Evaluation an Schulen

Zur Qualitätssicherung und -verbesserung sollen die bayerischen Schulen nach den Vorstellungen des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus entweder intern - d.h. durch die Schulen selbst - oder extern - d.h. durch die Schulaufsichtsbehörden im Zusammenwirken mit der Qualitätsagentur im Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung - evaluiert werden. Als von datenschutzrechtlich besonderer Relevanz erweist sich dabei die externe Evaluation.

Nach der mir vorgelegten Konzeption des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus für die "Externe Evaluation an Bayerns Schulen" soll bezüglich jedes einzelnen Betroffenen eine Vielzahl von personenbezogenen Daten an den Schulen erhoben und verarbeitet, insbesondere gespeichert und übermittelt werden. Potentiell betroffen sind dabei nicht nur einzelne am Schulleben beteiligte Personen, sondern jeweils alle Schulleiter, sonstigen Lehrkräfte, Schüler und Eltern sowie ggf. auch betriebliche Ausbilder. Besonders problematisch ist zum einen, dass an der externen Evaluation gemäß der Konzeption des Kultusministeriums auch Vertreter der Eltern oder der Wirtschaft - also private Dritte - beteiligt sein sollen. Überdies sollen die - letztlich oft personenbeziehbaren - Evaluationsergebnisse in der Schulöffentlichkeit diskutiert werden. So haben Lehrkräfte in Eingaben mir gegenüber ihrer Befürchtung Ausdruck verliehen, im Rahmen der Evaluation auch vor Außenstehenden an den "Pranger" gestellt zu werden - mit unmittelbaren Folgen für das berufliche Fortkommen.

Im Zuge einer längeren Diskussion konnte ich das Staatsministerium für Unterricht und Kultus davon überzeugen, dass bereits die interne, vor allem aber die externe Evaluation wegen der vielfachen Eingriffe in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung der Lehrer, Schüler, Eltern und Ausbilder einer gesetzlichen Grundlage bedarf, die den verfassungsrechtlichen Geboten der Normenklarheit, Normenbestimmtheit und Verhältnismäßigkeit genügen muss. Insbesondere geht die externe Evaluation als - so das Kultusministerium - "Weiterentwicklung der Schulaufsicht" über das bislang nach allgemeiner Auffassung unter Schulaufsicht zu Verstehende weit hinaus und kann daher nicht auf die allgemeine Aufgabenzuweisungsnorm für die staatliche Schulaufsicht in Art. 111 Abs. 1 BayEUG und die generalklauselartige Befugnisnorm des Art. 113 Abs. 1 BayEUG gestützt werden. Weder für die Verwaltung noch für die Gerichte und erst Recht nicht für die betroffenen Bürger ist erkennbar, dass der bayerische Gesetzgeber mit diesen allgemeinen schulaufsichtlichen Bestimmungen eine Rechtsgrundlage für die externe Evaluation schaffen wollte. In diesem Zusammenhang habe ich das Kultusministerium darauf aufmerksam gemacht, dass die schulische Evaluation auch in den anderen Bundesländern nahezu durchgängig auf eine spezielle gesetzliche Rechtsgrundlage gestützt wird. Zudem bestehen in Bayern bereits für die Evaluation im Hochschulbereich in Art. 10 Bayerisches Hochschulgesetz gesetzliche Vorgaben (vgl. dazu Nr. 12.1 meines 22. Tätigkeitsberichts 2006).

Im Sommer 2008 hat der Landtag mit Wirkung zum 01.08.2008 schließlich die Vorschrift des Art. 113 a "Evaluation" in das BayEUG neu eingefügt. Die Bestimmungen des Art. 113 a BayEUG gehen dabei auf einen vom Staatsministerium für Unterricht und Kultus erarbeiteten Gesetzentwurf der Staatsregierung zurück, der wiederum in seinen datenschutzrechtlich relevanten Teilen im Wesentlichen einem Formulierungsvorschlag meines Hauses entspricht.

Nachfolgende Regelungen des neuen Art. 113 a BayEUG sind in datenschutzrechtlicher Hinsicht besonders bedeutsam:

  • Bei der externen Evaluation gestattet es Art. 113 a Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 BayEUG den Schulaufsichtsbehörden, an den Evaluationsgruppen private Dritte - also Vertreter der Eltern und der Wirtschaft - zu beteiligen. Diese Regelung halte ich aus vorbeschriebenen Gründen für problematisch. Ich würde es daher begrüßen, wenn die Schulaufsichtsbehörden in der Praxis von der Möglichkeit der Einschaltung privater Dritter Abstand nähmen. Die Problematik wird auch dadurch nicht wesentlich entschärft, dass die privaten Dritten nach den gesetzlichen Vorgaben über die erforderliche Eignung und Fachkunde verfügen müssen. Immerhin habe ich erreichen können, dass nach Art. 113 a Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 BayBG die Zuerkennung der Eignung nunmehr gesetzlich voraussetzt, dass die mit der Evaluation betrauten Personen nach dem Verpflichtungsgesetz förmlich verpflichtet werden.
  • Art. 113 a Abs. 3 Satz 2 BayEUG schränkt die Befugnis zur Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung im Rahmen der internen und externen Evaluation stark ein: hiernach dürfen nur soweit personenbezogene Daten der Betroffenen erhoben, verarbeitet und genutzt werden, als das öffentliche Interesse die schutzwürdigen Belange der Betroffenen erheblich überwiegt und der Zweck der Evaluation auf andere Weise nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erreicht werden kann.
  • Die Regelung des Art. 113 a Abs. 3 Satz 3 BayEUG enthält ein gesetzliches Verwertungsverbot zu anderen Zwecken: die bei der Evaluation erhobenen personenbezogenen Daten dürfen nur für den Zweck der Evaluation selbst verwendet werden. Eine Verarbeitung oder Nutzung für andere Zwecke - also insbesondere für die dienstliche Beurteilung der Lehrkräfte - ist bereits von Gesetzes wegen unzulässig.
  • Art. 113 Abs. 3 Satz 4 BayEUG stellt sicher, dass die Betroffenen - insbesondere Schulleitung, Lehrkräfte, Schüler und Erziehungsberechtigte - vor der Durchführung einer Evaluation über das Ziel des Vorhabens, die Art ihrer Beteiligung an der Untersuchung, die Verarbeitung und Nutzung ihrer Daten sowie über die zur Einsichtnahme in die personenbezogenen Daten Berechtigten schriftlich informiert werden. Diese Vorschrift dient ganz wesentlich der Transparenz.
  • Die Regelungen in Art. 113 a Abs. 3 Sätze 5 bis 7 BayEUG entsprechen den für Forschungseinrichtungen geltenden Bestimmungen in Art. 23 Abs. 3 BayDSG. Die personenbezogenen Daten sind zu anonymisieren, sobald dies nach dem Zweck der Evaluation möglich ist. Im Stadium vor der Anonymisierung sind die Sachmerkmale von den Identifikationsmerkmalen getrennt zu speichern. Die Merkmale dürfen nur dann zusammengeführt werden, wenn dies für die Durchführung der Evaluation wirklich notwendig ist. Auf diese Weise wird schon vor der Anonymisierung die Herstellung eines Personenbezugs erschwert.
  • Art. 113 a Abs. 3 Satz 8 BayEUG untersagt die Veröffentlichung der Evaluationsergebnisse in personenbezogener Form. Denn Zweck der internen und externen Evaluation ist die Bewertung der Schule, um die Qualität schulischer Arbeit zu sichern und zu verbessern, nicht hingegen die Bewertung einzelner Personen. Soweit Ergebnisse für Teile der Schule veröffentlicht werden sollen (z.B. für einen bestimmten Fachbereich oder für die Schulleitung), ist im Gesetzesvollzug darauf zu achten, dass die betroffene Personengruppe groß genug ist, damit ein Rückschluss auf personenbezogene Daten einer bestimmten oder bestimmbaren Person sicher ausgeschlossen ist. Davon ist in aller Regel erst dann auszugehen, wenn die evaluierte Gruppe mehr als drei Personen umfasst. In Einzelfällen kann die Bildung auch größerer Gruppen jedoch geboten sein.
  • Art. 113 a Abs. 3 Satz 9 BayEUG bestimmt, dass personenbezogene Daten spätestens ein Jahr nach ihrer Erhebung gelöscht und die entsprechenden Unterlagen nach dieser Frist vernichtet werden.

Insgesamt betrachtet habe ich durch meine Bemühungen erreichen können, dass die interne und externe Evaluation an bayerischen Schulen nunmehr auf eine tragfähige, normenklare und bestimmte Rechtsgrundlage gestützt ist, die dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung der Lehrer, Schüler und Eltern sowie ggf. Ausbilder in angemessener Weise Rechnung trägt.

12.2. Datenschutz in der Schule - Änderung der Durchführungsverordnung zu Art. 28 Abs. 2 BayDSG

Als bisher einziges Staatsministerium hatte das Staatsministerium für Unterricht und Kultus bereits am 23.03.2001 durch Erlass der "Verordnung zur Durchführung des Art. 28 Abs. 2 des Bayerischen Datenschutzgesetzes" (im Folgenden: Durchführungsverordnung) von der in Art. 28 Abs. 2 BayDSG eingeräumten Verordnungsermächtigung Gebrauch gemacht. In dieser Verordnung hatte das Kultusministerium insbesondere für die öffentlichen Schulen bestimmt, dass die Bestellung behördlicher Datenschutzbeauftragter, die datenschutzrechtliche Freigabe und die Führung eines Verfahrensverzeichnisses nicht erforderlich sind, wenn die Schulen ausschließlich automatisierte Verfahren, die durch das Staatsministerium für Unterricht und Kultus bereits generell freigegeben sind, in dem in den Anlagen zur Durchführungsverordnung aufgeführten Umfang (Verfahren der Lehrerdatei, Schülerdatei, Kollegstufendatei, Stundenplanprogramm, Vertretungsplanprogramm, Externes Zeugnisprogramm, Buchausleiheprogramm) einsetzen.

Im Berichtszeitraum hat mir das Staatsministerium für Unterricht und Kultus nunmehr den Entwurf einer Verordnung zur Änderung und Ergänzung der Durchführungsverordnung vorgelegt, mit dem weitere, für den Datenschutz in der Schule bedeutsame Themenfelder allgemein geregelt werden sollten. In der anschließenden, intensiven Diskussion mit dem Kultusministerium konnte ich zahlreiche datenschutzrechtliche Verbesserungen erreichen. Die Änderungsverordnung ist am 01.09.2008 in Kraft getreten.

Aus datenschutzrechtlicher Sicht erscheinen mir folgende Punkte von besonderer Relevanz:

12.2.1. Verfahren Notenverwaltungsprogramm

Das in Anlage 6 zur Durchführungsverordnung bislang beschriebene "Verfahren Externes Zeugnisprogramm" wurde durch ein allgemeines "Verfahren Notenverwaltungsprogramm" ersetzt.

Im ursprünglichen Entwurf der Änderungsverordnung war noch vorgesehen, dass alle Lehrkräfte während des gesamten Schuljahres ohne besonderen Anlass fächerübergreifend sämtliche Daten der von ihnen unterrichteten Schülerinnen und Schüler einsehen können, insbesondere die Noten der einzelnen Leistungsnachweise in allen Fächern. Zur Begründung dieser umfassenden Leseberechtigungen hatte das Staatsministerium für Unterricht und Kultus ausgeführt, dass die Kenntnis der fächerübergreifenden Leistungen während des Schuljahres unerlässlich sei, damit jede Lehrkraft rechtzeitig schulische oder häusliche Probleme erkennen könne, die sich oftmals durch einen plötzlichen Leistungsabfall in mehreren Fächern gleichzeitig bemerkbar machten. Darüber hinaus sei die Kenntnis der fächerübergreifenden Einzelleistungen insofern notwendig, als alle Lehrkräfte einer Klasse im Rahmen der Klassenkonferenz beispielsweise über das Vorrücken zu entscheiden hätten.

In meiner Stellungnahme habe ich darauf hingewiesen, dass es aus datenschutzrechtlicher Sicht nicht zulässig ist, allen Lehrkräften zu jeder Zeit einen solch unbeschränkten Einblick in die Leistungen ihrer Schülerinnen und Schüler in allen Fächern einzuräumen. Der mit diesem weit reichenden Zugriff auf personenbezogene Daten verbundene Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung kann nämlich nur dann als gerechtfertigt angesehen werden, wenn er zur Aufgabenerfüllung der Schule tatsächlich erforderlich ist. Dabei ist im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit abzuwägen zwischen dem Informationsinteresse der Schule bzw. der Lehrkräfte einerseits und dem Persönlichkeitsschutz der Schülerinnen und Schüler andererseits. Diese haben Anspruch darauf, nicht befürchten zu müssen, dass schlechte Zensuren einer Lehrkraft in einem Fach bei den übrigen Lehrkräften - ohne böse Absicht, sondern in der Regel unbewusst - zu einem negativen Eindruck führen. Aus diesem Grund kann das Informationsinteresse der Schule nicht unbeschränkte Geltung beanspruchen; vielmehr muss es zumindest partiell hinter dem Persönlichkeitsrecht der Schülerinnen und Schüler zurücktreten.

Daran gemessen habe ich es für akzeptabel gehalten, wenn Lehrkräfte zur Erfüllung ihrer Aufgaben als Mitglieder der Klassenkonferenz (insbesondere Zeugniserstellung, Entscheidung über das Vorrücken, Empfehlung an die Lehrerkonferenz im Fall des Vorrückens auf Probe) Kenntnis der fächerübergreifenden Einzelleistungen ihrer Schülerinnen und Schüler erhalten. Für diesen Zweck ist es aber nicht erforderlich, dass Lehrkräfte ohne besonderen Anlass während des gesamten Schuljahrs mittels eines automatisierten Notenverwaltungsprogramms Zugriff auf die fächerübergreifenden Leistungen sämtlicher von ihnen unterrichteter Schülerinnen und Schülern haben. Vielmehr genügt es, wenn den betroffenen Lehrkräften zur Vorbereitung auf die Klassenkonferenz für einen begrenzten Zeitraum die Einzelleistungen der jeweils betroffenen Schülerinnen und Schüler zugänglich gemacht werden.

Nicht überzeugt hat mich die Argumentation des Kultusministeriums, die Kenntnis der fächerübergreifenden Leistungen während des Schuljahres sei unerlässlich, damit jede Lehrkraft rechtzeitig schulische oder häusliche Probleme erkennen könne. Denn die Förderlichkeit der Datenkenntnis in einigen konkreten Einzelfällen kann nicht den vorsorglichen Zugriff jeder Lehrkraft auf die Einzelleistungen aller von ihr unterrichteten Schülerinnen und Schüler während des gesamten Schuljahres rechtfertigen. Allenfalls kann der jeweiligen Klassenleitung ein fächerübergreifender Zugriff auf die im automatisierten Notenverwaltungsprogramm gespeicherten Einzelleistungen der Schülerinnen und Schüler ihrer Klasse gewährt werden.

Erfreulicherweise hat sich das Staatsministerium für Unterricht und Kultus meinen Argumenten nicht verschlossen gezeigt, so dass für die Regelungen zum "Verfahren Notenverwaltungsprogramm" in Anlage 6 zur Durchführungsverordnung letztlich ein akzeptabler Kompromiss gefunden werden konnte:

  • In der Durchführungsverordnung ist nun ausdrücklich klargestellt, dass das Notenverwaltungsprogramm nur soweit und solange der Information der Lehrkräfte über das fächerübergreifende Notenbild der von ihnen unterrichteten Schülerinnen und Schüler dient, als dies im Einzelfall zur Erfüllung der Aufgaben der Schule erforderlich ist.
  • Lehrkräfte dürfen fächerübergreifenden Zugriff auf die Leistungsdaten der jeweils von ihnen unterrichteten Schülerinnen und Schüler nur im konkreten Einzelfall erhalten, insbesondere für den Zeitraum, für den dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben als Mitglied der Klassenkonferenz erforderlich ist.
  • Nur die Klassenleitungen dürfen darüber hinaus fächerübergreifenden Zugriff auf die Leistungsdaten der Schülerinnen und Schüler ihrer Klasse erhalten, um schulische oder häusliche Probleme erkennen zu können, die sich durch einen plötzlichen Leistungsabfall in mehreren Fächern gleichzeitig bemerkbar machen, sowie für die Zeugnisvorbereitung und -erstellung.
  • Wegen der dort bestehenden schulorganisatorischen und didaktischen Besonderheiten dürfen Lehrkräfte an Berufsschulen fächerübergreifenden Zugriff auf die Leistungsdaten der jeweils von ihnen unterrichteten Schülerinnen und Schüler während des gesamten Schuljahres erhalten.
  • Im Übrigen dürfen Lehrkräfte nur auf die Leistungsdaten der von ihnen unterrichteten Schülerinnen und Schüler in den von ihnen jeweils unterrichteten Fächern Zugriff erhalten.

Darüber hinaus konnte ich erreichen, dass die im Notenverwaltungsprogramm gespeicherten Daten jeweils spätestens am Ende des laufenden Schuljahres gelöscht werden. Im ursprünglichen Entwurf war noch eine Speicherung bis zum Ende des nachfolgenden Schuljahres vorgesehen; hierfür hatte ich keine Notwendigkeit gesehen.

12.2.2. Videoaufzeichnung an Schulen

Als Anlage 8 neu in die Durchführungsverordnung zu Art. 28 Abs. 2 BayDSG aufgenommen wurde die "Videoaufzeichnung an Schulen".

Rechtsgrundlage für die Videoaufzeichnung ist die mit Wirkung zum 01.07.2008 neu in das Bayerische Datenschutzgesetz aufgenommene Bestimmung des Art. 21 a BayDSG (siehe dazu eingehend Nr. 9.2 dieses Tätigkeitsberichts). Gemäß Anlage 8 zur Durchführungsverordnung darf die Videoaufzeichnung an Schulen allein zum Schutz von Leben, Gesundheit, Freiheit und Eigentum der Personen, die sich im Bereich der Schule oder in deren unmittelbarer Nähe aufhalten, und zum Schutz der schulischen Einrichtung vor Sachbeschädigung und Diebstahl eingesetzt werden. Von der Videoaufzeichnung betroffen dürfen dabei nur Personen sein, die sich im Eingangsbereich der Schule aufhalten oder die sich außerhalb von schulischen oder sonstigen von der Schule zugelassenen Veranstaltungen zwischen 22:00 Uhr und 6:30 Uhr auf dem Schulgelände befinden; über diese enge zeitliche Begrenzung hinaus ist eine Aufzeichnung nur an Feiertagen, an Wochenenden und in den Ferien zulässig. Weiter ist in der Durchführungsverordnung festgelegt, dass die gespeicherten Daten spätestens einen Monat nach der Aufzeichnung gelöscht werden müssen, soweit sie nicht zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung oder von Straftaten oder zur Geltendmachung von Rechtsansprüchen benötigt werden. Darüber hinaus dürfen nur die von der Schulleitung beauftragten Angehörigen des Lehr- oder Verwaltungspersonals die Videoaufzeichnungen einsehen.

Bedauerlicherweise hat das Staatsministerium für Unterricht und Kultus meiner Anregung nicht entsprochen, eine kürzere Regelfrist für die Löschung der Videoaufzeichnungen vorzusehen. Allerdings weise ich darauf hin, dass bei einer Videoaufzeichnung an Schulen über die Regelungen in der Durchführungsverordnung hinaus selbstverständlich auch die gesetzlichen Vorgaben des Art. 21 a BayDSG zu beachten sind. Demnach muss die Videoüberwachung im konkreten Einzelfall zum Schutz der oben genannten Rechtsgüter erforderlich, also geeignet und verhältnismäßig sein (Art. 21 a Abs. 1 Satz 1 BayDSG). Davon wird in der Regel nur auszugehen sein, wenn bereits in der Vergangenheit Vorfälle aufgetreten sind, die eine Videoüberwachung rechtfertigen können. Zudem dürfen insbesondere im konkreten Einzelfall keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass durch die Videoüberwachung überwiegende schutzwürdige Interessen der Betroffenen beeinträchtigt werden (Art. 21 a Abs. 1 Satz 2 BayDSG). Ferner sind die Videoüberwachung und die erhebende Stelle durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen (Art. 21 a Abs. 2 BayDSG). Werden durch Videoüberwachung erhobene Daten einer bestimmten Person zugeordnet, ist diese über die Tatsache der Speicherung entsprechend Art. 10 Abs. 8 BayDSG zu benachrichtigen (Art. 21 a Abs. 4 BayDSG).

Zur Vermeidung von Missverständnissen und Fehlinterpretationen möchte ich schließlich ausdrücklich auf Folgendes hinweisen: Mit der Aufnahme in die Durchführungsverordnung ist die "Videoaufzeichnung an Schulen" selbstverständlich keinesfalls verpflichtend vorgeschrieben. Ein wie auch immer gearteter "Zwang" zur Videoaufzeichnung besteht also gerade nicht. Vielmehr kommt es jeweils entscheidend darauf an, ob die Videoaufzeichnung im konkreten Einzelfall tatsächlich zum Schutz der genannten Rechtsgüter erforderlich ist oder ob nicht andere Aufsichts- und Überwachungsmaßnahmen sowie sonstige - insbesondere pädagogische - Mittel ausreichen. Zudem ist festzustellen, dass die Durchführungsverordnung nur die äußersten Grenzen der Videoaufzeichnung festlegt, die von den Schulen zwar nicht überschritten, aber selbstverständlich unterschritten werden dürfen und ggf. sogar unterschritten werden müssen. So dürfte beispielsweise die generelle Überwachung des Eingangsbereichs der Schule häufig nicht notwendig und damit unzulässig sein. Ebenso sind z.B. kürzere Löschungsfristen aus datenschutzrechtlicher Sicht wünschenswert.

Ich habe das Staatsministerium für Unterricht und Kultus gebeten, alle bayerischen Schulen auf die Rechtslage unter Berücksichtigung meiner Rechtsauffassung in einem Rundschreiben hinzuweisen. Dieser Bitte hat das Kultusministerium mit Rundschreiben vom 25.09.2008 (Az. I.5-5 L 0572-1.93780) entsprochen.

12.2.3. Internetauftritt von Schulen

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte bereits am 06.11.2003 entschieden, "dass die Handlung, die darin besteht, auf einer Internetseite auf verschiedene Personen hinzuweisen und diese entweder durch ihren Namen oder auf andere Weise, etwa durch Angabe ihrer Telefonnummer oder durch Informationen über ihr Arbeitsverhältnis oder ihre Freizeitbeschäftigungen, erkennbar zu machen, eine ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der EG-Datenschutzrichtlinie darstellt." Aufgrund dieser Entscheidung haben bayerische öffentliche Stellen, die personenbezogene Daten in dem vom EuGH beschriebenen Umfang auf ihre Homepage einstellen, allein schon deswegen einen behördlichen Datenschutzbeauftragten zu bestellen (Art. 25 Abs. 2 Satz 1 BayDSG); zudem bedarf ein derartiger Internetauftritt gem. Art. 26 BayDSG der Freigabe durch den behördlichen Datenschutzbeauftragten (vgl. hierzu ausführlich Nr. 4.1 meines 21. Tätigkeitsberichts 2004). Vor diesem Hintergrund ist es aus datenschutzrechtlicher Sicht zu begrüßen, dass das Staatsministerium für Unterricht und Kultus nunmehr Regelungen über den "Internetauftritt von Schulen" als neue Anlage 9 in die Durchführungsverordnung aufgenommen hat.

Im Rahmen meiner Beteiligung habe ich nicht kritisiert, dass laut Anlage 9 Name, Namensbestandteile, Vorname(n), Funktion, Amtsbezeichnung, Lehrbefähigung, dienstliche Anschrift, dienstliche Telefonnummer sowie dienstliche E-Mail-Adresse der Schulleitung und von Lehrkräften, die an der Schule eine Funktion mit Außenwirkung wahrnehmen, auch ohne deren Einwilligung in den Internetauftritt der Schule eingestellt werden können. Auch im Bereich der Schulen halte ich die Veröffentlichung dieser personenbezogenen Daten - im Gegensatz beispielsweise zu Fotos - dieses Personenkreises ohne Einwilligung im Regelfall für akzeptabel (siehe hierzu ausführlich Nr. 12.3 meines 18. Tätigkeitsberichts 1998).

Hingegen konnte ich keine Rechtsgrundlage dafür erkennen, dass - wie im ursprünglichen Entwurf noch vorgesehen - Name, Namensbestandteile, Vorname(n), Funktion und Schuladresse von Erziehungsberechtigten sowie von Schülerinnen und Schülern, die an der Schule eine Funktion mit Außenwirkung wahrnehmen - insbesondere Elternbeiratsvorsitzende, Schülersprecherinnen und Schülersprecher -, ohne Einwilligung der Betroffenen auf Schulhomepages bekanntgegeben werden können. Denn eine Veröffentlichung personenbezogener Daten von Schülerinnen und Schülern sowie Erziehungsberechtigten im Internet ist auch dann nicht im Sinne des Art. 85 Abs. 1 BayEUG zur Aufgabenerfüllung der Schulen erforderlich, wenn diese als Schülersprecherinnen und Schülersprecher oder Elternbeiratsvorsitzende fungieren. Zwar ist es richtig, dass dieser Personenkreis zu den Funktionsträgern der Schule und die Öffentlichkeitsarbeit zu den Aufgaben der Schule gehört. Jedoch nimmt dieser Personenkreis seine schulischen Aufgaben ehrenamtlich war; es handelt sich gerade nicht um Angehörige des öffentlichen Dienstes, die aufgrund dieses Dienstverhältnisses gewisse Einschränkungen ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung hinnehmen müssen. Auch ist das Informationsinteresse der Öffentlichkeit hinsichtlich Schülersprecherinnen und Schülersprechern sowie Elternbeiratsvorsitzenden im Vergleich zur Schulleitung nicht gewichtig genug, dass diese trotz der engen lokalen Begrenzung des Aufgaben- und Wirkungsbereichs der einzelnen Schule eine Einschränkung ihres Persönlichkeitsrechts durch eine weltweite Veröffentlichung ihrer Daten im Internet hinnehmen müssen. Schließlich untersagt Art. 85 Abs. 2 Satz 1 BayEUG ausdrücklich die Weitergabe von Daten über Schülerinnen und Schüler und Erziehungsberechtigte an außerschulische Stellen, wenn dies - wie vorliegend - nicht der Erfüllung der Aufgaben der Schule dient und auch kein rechtlicher Anspruch auf die Herausgabe der Daten nachgewiesen ist.

Im Ergebnis ist deshalb festzustellen, dass die Veröffentlichung jedweder personenbezogener Daten von Schülerinnen und Schülern sowie von Erziehungsberechtigten auf der Internetseite der Schule eine schriftliche, informierte und freiwillige Einwilligung voraussetzt (vgl. hierzu Nr. 15.1 meines 18. Tätigkeitsberichts 1998 und Nr. 15.1 meines 19. Tätigkeitsberichts 2000). Entsprechendes gilt für Lehrkräfte, die an der Schule keine Funktion mit Außenwirkung wahrnehmen, und sonstige Personen wie z.B. Hausmeister und Sekretärinnen. Erfreulicherweise hat sich das Staatsministerium für Unterricht und Kultus meiner Rechtsauffassung angeschlossen und Anlage 9 zur Durchführungsverordnung entsprechend angepasst.

Hinsichtlich der Einwilligung von Schülerinnen und Schülern war darüber hinaus problematisch, dass es nach dem ursprünglichen Entwurf des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus bei allen minderjährigen Schülerinnen und Schülern auf eine wirksame Einwilligung nur der Erziehungsberechtigten ankommen sollte.

Bereits vor einigen Jahren hatte ich mit dem Kultusministerium kontrovers über die Frage diskutiert, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen minderjährige Schülerinnen und Schüler selbst datenschutzrechtlich einwilligen können oder ob bis zur Volljährigkeit eine Einwilligung der Erziehungsberechtigten erforderlich ist. Ich hatte dabei die Auffassung vertreten, dass es darauf ankommt, ob der/die Minderjährige über die Einsichtsfähigkeit in die Tragweite seiner/ihrer Entscheidung verfügt. Da sich die Einwilligung auf tatsächliche Handlungen - nämlich den Eingriff in das Persönlichkeitsrecht - bezieht und keinen rechtsgeschäftlichen Charakter besitzt, ist die Geschäftsfähigkeit des Betroffenen nicht erforderlich. Daraus folgt, dass Jugendliche ab einem bestimmten Alter die datenschutzrechtliche Einsichtsfähigkeit besitzen und dann nur sie - nicht dagegen ihre Erziehungsberechtigten - wirksam in die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten einwilligen können und müssen. Ab welchem Alter diese Einsichtsfähigkeit vorliegt, kann nur für jede Schülerin und jeden Schüler individuell beurteilt werden; in der Regel dürfte sie ab einem Alter von 14 bis 15 Jahren gegeben sein. Eine von mir vor einigen Jahren initiierte Umfrage bei den Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder hatte ergeben, dass diese meine Auffassung im Wesentlichen teilen. In einigen Ländern ist sogar gesetzlich klargestellt, dass minderjährige Schülerinnen und Schüler einwilligungsfähig sind, wenn sie die Bedeutung und Tragweite der Einwilligung und ihre rechtlichen Folgen erfassen können und ihren Willen hiernach zu bestimmen vermögen (vgl. § 120 Abs. 2 Satz 3 Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, § 70 Abs. 2 Satz 5 Schulgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern). Freilich ist auch der vom Staatsministerium für Unterricht und Kultus in der damaligen Diskussion vorgebrachte Hinweis auf die Probleme, die bei einer individuellen Beurteilung der Einsichtsfähigkeit im Schulalltag entstehen könnten, nicht ganz von der Hand zu weisen.

Vor diesem Hintergrund habe ich in meiner Stellungnahme zu dem Verordnungsentwurf als Kompromiss vorgeschlagen, dass die Schule bei minderjährigen Schülerinnen und Schülern, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, Einwilligungen sowohl der Schüler(innen) als auch der Erziehungsberechtigten einholt. Auf diese Weise kann verhindert werden, dass sich die Schulen einen Datenschutzverstoß vorwerfen lassen müssen, weil sie die Einwilligung eines/einer einsichtsfähigen Minderjährigen nicht eingeholt haben, obwohl dies nach überwiegender Auffassung datenschutzrechtlich erforderlich ist. Außerdem wird so vermieden, dass z.B. das Foto eines Minderjährigen mit Einwilligung der Erziehungsberechtigten im Internet veröffentlicht wird, obwohl der Minderjährige selbst dies ablehnt. Zugleich können die Schulen sicher sein, dass sie das Elternrecht beachtet haben, da sie in jedem Fall zusätzlich die Einwilligung der Erziehungsberechtigten einholen. Die festgelegte Altersgrenze von 14 Jahren vermeidet in der Praxis schwierige Einzelfallentscheidungen und stellt sicher, dass alle datenschutzrechtlich notwendigen Einwilligungen vorliegen.

Das Staatsministerium für Unterricht und Kultus hat meinen Vorschlag dankenswerterweise aufgegriffen und in Anlage 9 zur Durchführungsverordnung u.a. bestimmt, dass bei Minderjährigen ab Vollendung des 14. Lebensjahres diese selbst und die Erziehungsberechtigten wirksam einzuwilligen haben.

Schließlich habe ich in meiner Stellungnahme kritisiert, dass der ursprüngliche Entwurf vorsah, die Daten von Personen, die auf Grund der Wahrnehmung einer Funktion mit Außenwirkung ohne Einwilligung veröffentlicht werden können, jeweils erst spätestens am Ende des nachfolgenden Schuljahres zu löschen, in dem die Person die Funktion mit Außenwirkung aufgegeben hat. Ich konnte nicht erkennen, wieso es für die Aufgabenerfüllung der Schule erforderlich sein sollte, diese Daten noch so lange nach Aufgabe dieser Funktion auf den Internetseiten der Schule vorzuhalten. Erfreulicherweise hat sich das Staatsministerium für Unterricht und Kultus auch insoweit meiner Meinung angeschlossen: die in Kraft getretene Fassung der Anlage 9 sieht nunmehr vor, dass die betroffenen Daten jeweils gelöscht werden, sobald die Person die Funktion mit Außenwirkung aufgegeben hat.

12.2.4. Passwortgeschützte Lernplattform

Bei den in Anlage 10 zur Durchführungsverordnung beschriebenen Lernplattformen handelt es sich laut Verordnungsbegründung "um in Computernetzwerken bereitgestellte Dienste, die Lerninhalte über das Internet vermitteln und schulische Lernprozesse orts- und zeitungebunden unterstützen." Die Spannweite der Einsatzmöglichkeit einer Lernplattform soll von Aufgaben der Schulorganisation über die Kommunikation im Kollegium bis hin zur eigentlichen pädagogischen Arbeit in virtuellen Klassenräumen reichen. Als Funktionsbereiche sind insbesondere vorgesehen: Präsentation von Lerninhalten und Verwaltung von Dokumenten, Instrumente zur Erstellung sowie Durchführung von Übungen, Kursen und Workshops sowie Kommunikations- und Kooperationswerkzeuge, insbesondere Foren.

Soweit die Teilnahme an der Lernplattform freiwillig ist, erfordert die Speicherung von personenbezogenen Lehrer- und Schülerdaten eine wirksame Einwilligung der Betroffenen. Für eine wirksame Einwilligung muss insbesondere deren Freiwilligkeit gewährleistet sein. Bei der Ausgestaltung des Verfahrens ist deshalb besonders darauf zu achten, dass sich Lehrer und Schüler (bzw. ggf. deren Erziehungsberechtigte) tatsächlich ohne Nachteile frei entscheiden können, ob sie sich an der Lernplattform beteiligen möchten oder nicht.

12.3. Einwilligung bei Schülerbefragungen

In den letzten Jahren hat die Zahl der wissenschaftlichen Erhebungen an bayerischen Schulen ständig zugenommen. Hierunter fallen nicht nur so bekannte internationale Schulleistungsstudien wie etwa PISA (Programme for International Student Assessment), DESI (Deutsch Englisch Schülerleistungen International), IGLU (Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung) oder TIMSS (Trends in Mathematics and Science Study). Vielmehr wenden sich zunehmend Wissenschaftler an die Schulverwaltung auch mit der Bitte um Genehmigung von Schülerbefragungen mit bundesweiter, bayernweiter oder nur lokal begrenzter Bedeutung.

Bei Leistungsvergleichen, die Zwecken der Qualitätssicherung und -steigerung dienen, kann das zuständige Staatsministerium mit der Genehmigung Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte gem. Art. 111 Abs. 4 BayEUG zur Teilnahme verpflichten (vgl. dazu kritisch Nr. 11.2 meines 22. Tätigkeitsberichts 2006). (Die Teile der) Schülerbefragungen, die über bloße Leistungsvergleiche hinausgehen, dürfen dagegen erst nach vorheriger, datenschutzkonformer Einwilligung der betroffenen Schüler (bzw. ihrer Erziehungsberechtigten), Eltern und Lehrer durchgeführt werden. Einer Einwilligung bedarf es nur dann nicht, wenn die Schülerbefragung so anonymisiert ist, dass die erhobenen Daten nicht mehr auf Personen bezogen werden können. Die datenschutzrechtlichen Anforderungen an eine Anonymisierung personenbezogener Daten und an eine rechtswirksame Einwilligungserklärung habe ich bereits in Nr. 20.2.2 meines 21. Tätigkeitsberichts 2004 exemplarisch dargestellt.

Die Abgrenzung zwischen Personenbeziehbarkeit und Anonymität der erhobenen Daten ist für die Anwendbarkeit des Bayerischen Datenschutzgesetzes und damit - außerhalb des Geltungsbereichs des Art. 111 Abs. 4 BayEUG - für die Frage der Einholung einer Einwilligung der von der Schülerbefragung Betroffenen von ausschlaggebender Bedeutung. Zu dieser Problematik nehme ich wie folgt Stellung:

  • Nach der gesetzlichen Begriffsbestimmung des Art. 4 Abs. 1 BayDSG sind personenbezogene Daten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse bestimmter oder bestimmbarer natürlicher Personen. Daten sind also bereits dann personenbezogen, wenn die Person zwar nicht durch die Daten allein (eindeutig) identifiziert wird, jedoch mit Hilfe anderer Informationen festgestellt werden kann.

    Nicht personenbezogen im Sinne des Bayerischen Datenschutzgesetzes sind Daten nur dann, wenn sie anonymisiert sind. Nach Art. 4 Abs. 8 BayDSG ist Anonymisieren das Verändern personenbezogener Daten derart, dass die Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse nicht mehr oder nur mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person zugeordnet werden können.
  • Von einer Personenbeziehbarkeit und damit einem Personenbezug im Sinne des Art. 4 Abs. 1 BayDSG ist somit schon dann auszugehen, wenn die erhobenen Daten
  • zum einen mittels mathematisch-statistischer Methoden - hier bieten informationstechnische Auswertungs- und Analyseprogramme vielfältige Möglichkeiten u.a. zur Bildung von Merkmalskombinationen - und
  • zum anderen durch zugängliches Zusatzwissen

auf bestimmte Personen bezogen werden können.

In diesem Zusammenhang genügt es bereits, dass das zur Re-Individualisierung benötigte fachliche Know-How und die wissenschaftlich-technischen Hilfsmittel am Markt zu haben sind. Auch kommt es nicht darauf an, ob im konkreten Fall die erhebende und speichernde Stelle die Absicht hat, sich etwaiges Zusatzwissen zu besorgen. Vielmehr ist bereits die Möglichkeit der Beschaffung von Zusatzwissen ausreichend, dessen legales Bekanntwerden nach sozialüblichen Maßstäben nicht ausgeschlossen werden kann.

  • Gerade im Falle eines Verzichts auf die Erhebung eindeutig identifizierender Daten wie Name oder Adresse dürfte es nach meiner Einschätzung den mit der Genehmigung von Schülerbefragungen befassten öffentlichen Stellen zumeist nicht möglich sein, die mit dem Einsatz von - informationstechnisch überdies zunehmend ausgefeilteren - mathematisch-statistischen Methoden einhergehenden Möglichkeiten einer Re-Individualisierung zuverlässig abzuschätzen. Zudem ist es nach meinen Erfahrungen in der Praxis für die schul- und datenschutzrechtlich verantwortliche Stelle häufig unmöglich, zutreffend zu beurteilen, ob zur Identifikation geeignetes Zusatzwissen existiert und ob es zugänglich ist.

    Vor diesem Hintergrund rate ich dringend dazu, im Zweifel vom Vorliegen einer Personenbeziehbarkeit und damit eines Personenbezugs der erhobenen Daten im Sinne des Art. 4 Abs. 1 BayDSG auszugehen und eine Einwilligung im Sinne des Art. 15 BayDSG bei den Betroffenen einzuholen. Anderenfalls könnte der verantwortlichen Stelle im Falle einer späteren Identifikation - wenn auch nur eines Betroffenen - eine Amtspflichtverletzung vorgeworfen werden. Bei unzutreffender Annahme einer Anonymisierung der erhobenen Daten erfolgt die Schülerbefragung nämlich ohne Rechtsgrundlage (Einwilligung) und damit rechtswidrig, was zudem auch die Notwendigkeit der Vernichtung der Befragungsunterlagen zur Folge hat.

Unabhängig davon empfehle ich grundsätzlich, bei Schülerbefragungen eine datenschutzgerechte Einwilligung der Schüler (bzw. ihrer Erziehungsberechtigten) einzuholen. So ist dann nicht nur in jedem Falle eine tragfähige Rechtsgrundlage für die zum Teil überaus umfangreichen Befragungen gegeben (siehe Art. 15 Abs. 1 Nr. 2 BayDSG). Vielmehr kann meines Erachtens nur durch eine Einwilligung dem (informationellen) Selbstbestimmungsrecht der Schüler (bzw. ihrer Erziehungsberechtigten) in angemessener Weise Rechnung getragen werden - und damit letztlich auch dem schulischen Bildungs- und Erziehungsauftrag, siehe Art. 131 Bayerische Verfassung und vor allem Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Unterabsatz 2 BayEUG: "Befähigung zu selbständigem Urteil und eigenverantwortlichem Handeln". Nicht zuletzt dient die Einholung einer Einwilligung auch der rechtlichen Absicherung der datenschutzrechtlich verantwortlichen öffentlichen Stelle.

Ich habe das Staatsministerium für Unterricht und Kultus daher darum gebeten, seine nachgeordneten Dienststellen darauf hinzuweisen, bei Schülerbefragungen - außer in den Fällen des Art. 111 Abs. 4 BayEUG - immer eine Einwilligung der betroffenen Schüler (bzw. ihrer Erziehungsberechtigten) einzuholen.

12.4. Vertretungsplan auf der Schulhomepage

Eine Schule fragte bei mir an, ob es datenschutzrechtlich zulässig ist, den Vertretungsplan täglich aktualisiert auf die Schulhomepage zu stellen. Dieses Vorhaben habe ich datenschutzrechtlich wie folgt bewertet:

Im Zuge der Erstellung des Vertretungsplans werden die dazu erforderlichen Personalaktendaten der Lehrkräfte zu Sachaktendaten, auf die die allgemeinen Datenschutzvorschriften des Bayerischen Datenschutzgesetzes Anwendung finden. Ebenso wie der Aushang des Vertretungsplans im Schulgebäude stellt die Einstellung des Vertretungsplans auf die Schulhomepage in datenschutzrechtlicher Hinsicht eine Datenverarbeitung in Form der Datenübermittlung dar (siehe Art. 4 Abs. 6 BayDSG). Nach Art. 15 Abs. 1 BayDSG ist die Übermittlung personenbezogener Daten allerdings nur dann datenschutzrechtlich zulässig, wenn eine Rechtsvorschrift sie gestattet (Nr. 1) oder die Betroffenen wirksam eingewilligt haben (Nr. 2).

  • Als Rechtsvorschrift für die Übermittlung der im Vertretungsplan enthaltenen personenbezogenen Daten der Lehrkräfte an die Nutzer der Schulhomepage kommt allein Art. 85 Abs. 1 Satz 1 BayEUG in Betracht. Für die datenschutzrechtliche Zulässigkeit ist danach entscheidend, ob die Veröffentlichung des Vertretungsplans im Internet zur ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung der Schule erforderlich ist.

In Bezug auf schulische Veröffentlichungen im Internet führen die mit mir abgestimmten und für die Schulen verbindlichen "Erläuternden Hinweise für die Schulen zum Vollzug des Bayerischen Datenschutzgesetzes" (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus und Wissenschaft, Forschung und Kunst vom 19.04.2001, KWMBl I S. 112, geändert durch Bekanntmachung vom 10.10.2002, KWMBl I S. 354; abrufbar von meiner Homepage www.datenschutz-bayern.de unter der Rubrik "Recht und Normen" - "Schul- und Hochschulrecht") unter Nr. 4.4 Buchstabe e) wörtlich aus:

"Bei Veröffentlichungen der Schule (beispielsweise in Form einer Homepage im Internet) ist zu beachten, dass in Hinblick auf die enge lokale Begrenzung des Aufgaben- und Wirkungsbereichs von Schulen das Persönlichkeitsrecht der Schüler, Eltern, Lehrer und des sonstigen Schulpersonals Vorrang vor dem Informationsinteresse einer breiteren Öffentlichkeit hat. … Vor der Einstellung personenbezogener Daten ins Internet (…) ist daher die Einwilligung der Betroffenen einzuholen (…)."

Darüber hinaus ist auch zu bedenken, dass mit der Online-Veröffentlichung der in einem Vertretungsplan enthaltenen personenbezogenen Lehrerdaten besondere Risiken verbunden sind, vor allem im Hinblick auf eine kommerzielle Nutzung - in diesem Zusammenhang erinnere ich nur an die umfangreichen Möglichkeiten des Data- bzw. Web-Mining. Zudem besteht bei der Einstellung eines täglich aktualisierten Vertretungsplans ins Internet die Gefahr, dass aus den Angaben über einen längeren Zeitraum Verhaltensprofile einzelner Lehrkräfte erstellt werden können - also etwa über krankheitsbedingte Fehlzeiten oder regelmäßige, funktionsbedingte Abwesenheiten.

Schließlich ist es zur ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung der Schule im Rahmen der Erstellung eines Vertretungsplans nur erforderlich, dass die von einem konkreten Unterrichtsausfall betroffenen Personen Kenntnis davon erlangen, welche Lehrkraft in welcher Unterrichtsstunde vertreten wird. Über dieses Erfordernis geht eine letztlich weltweite Veröffentlichung des Vertretungsplans durch Einstellung ins Internet jedenfalls weit hinaus. Art. 85 Abs. 1 Satz 1 BayEUG scheidet somit als Rechtsgrundlage aus.

  • Damit ist die Veröffentlichung des Vertretungsplans auf der Schulhomepage gem. Art. 15 Abs. 1 Nr. 2 BayDSG nur mit ausdrücklicher Einwilligung der betroffenen Lehrkräfte zulässig.

Bei der Einholung einer Einwilligung sind allerdings die vom Gesetzgeber in Art. 15 Abs. 2 bis 4 BayDSG aufgestellten, strengen Anforderungen einzuhalten. Danach stellt eine Einwilligung nur dann eine tragfähige Rechtsgrundlage dar, wenn sie freiwillig, informiert und grundsätzlich schriftlich erfolgt. Dies hat u.a. zur Folge, dass die Lehrkräfte von der Schule umfassend über die mit der Einstellung ihrer personenbezogenen Daten ins Internet verbundenen Gefahren und möglichen nachteiligen Auswirkungen aufgeklärt werden müssen.

Im Ergebnis dürfte somit eine datenschutz- und rechtskonforme Einstellung des Vertretungsplans auf die Schulhomepage - wenn überhaupt - nur sehr schwer zu verwirklichen sein. Angesichts der mit einer Einstellung des Vertretungsplans ins Internet verbundenen Gefahren für das Persönlichkeitsrecht der Lehrkräfte rate ich jedenfalls dringend davon ab.

12.5. Datenschutz bei Schulchroniken

Im Berichtszeitraum machte mich ein betroffener Bürger auf folgenden Sachverhalt aufmerksam: Anlässlich des 40-jährigen Schuljubiläums der örtlichen Grundschule planten Elternbeirat und Schulleitung, eine umfangreiche, frei verkäufliche Schulchronik zu erstellen. In dieser Schulchronik sollten u.a. Klassenfotos und Namenslisten der Schülerinnen und Schüler aller bisherigen 40 Jahrgänge abgedruckt werden.

Nicht nur Schülernamenslisten, sondern auch Klassenfotos enthalten personenbezogene Daten im Sinne des Art. 4 Abs. 1 BayDSG. Die Veröffentlichung einer derartige Daten umfassenden Schulchronik stellt in datenschutzrechtlicher Hinsicht eine Datenübermittlung an nicht-öffentliche Stellen dar. Die Übermittlung von Schülerdaten ist in der Spezialbestimmung des Art. 85 BayEUG geregelt. Nach Art. 85 Abs. 2 Satz 1 BayEUG ist die Weitergabe von Daten und Unterlagen über Schülerinnen und Schüler an außerschulische Stellen durch die Schule in der Regel untersagt.

Als Ausnahme von diesem grundsätzlichen Übermittlungsverbot ist der Schule in Art. 85 Abs. 3 BayEUG die Herausgabe eines Jahresberichts in Papierform erlaubt, der allerdings im Wesentlichen nur Name, Geburtsdatum, Jahrgangsstufe und Klasse der Schülerinnen und Schüler enthalten darf. Die Veröffentlichung von Schülerfotos in Jahresberichten ist demzufolge nur mit Einwilligung der Betroffenen zulässig. Zu datenschutzrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit schulischen Jahresberichten habe ich mich bereits in Nr. 15.1 meines 19. Tätigkeitsberichts 2000 sowie in Nr. 20.1.3 meines 21. Tätigkeitsberichts 2004 eingehend geäußert.

Eine die Veröffentlichung einer Schulchronik gestattende Ausnahmebestimmung enthält Art. 85 BayEUG dagegen nicht. Auch ist die die Herausgabe eines Jahresberichts erlaubende Vorschrift des Art. 85 Abs. 3 BayEUG mangels Vergleichbarkeit nicht entsprechend auf eine Schulchronik anwendbar. Der Jahresbericht dient vor allem dazu, den Schülerinnen und Schülern zur Erinnerung Informationen über das aktuelle Schuljahr zukommen zu lassen. So soll beispielsweise die Organisation von (zukünftigen) Klassentreffen erleichtert werden. Zu diesem Zweck werden die Schülerdaten durch den Jahresbericht in der Regel nur den Schülern und Erziehungsberechtigten des aktuellen Jahrgangs zugänglich gemacht. Im Unterschied dazu sollte die Schulchronik in dem von mir zu beurteilenden Fall Klassenfotos und Namenslisten der Schülerinnen und Schüler aus 40 Jahrgängen enthalten und darüber hinaus auch an andere Personen als die aktuellen Schüler und Erziehungsberechtigten verkauft werden.

Ebenso wie generell die Veröffentlichung von Klassenfotos ist deshalb auch die Veröffentlichung von Schülernamenslisten in einer Schulchronik nur mit ausdrücklicher und informierter Einwilligung der Betroffenen (volljährige Schüler / Erziehungsberechtigte bei minderjährigen Schülern) im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Nr. 2 BayDSG zulässig. Für eine rechtswirksame Einwilligung hat dabei die Schule die vom Gesetzgeber in Art. 15 Abs. 2 bis 4 BayDSG aufgestellten strengen Anforderungen (Hinweispflichten, Schriftform etc.) einzuhalten.

12.6. Gesundheitsdaten in Schulzeugnissen

Mehrfach habe ich mich im Berichtszeitraum mit der Problematik befasst, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen Schulzeugnisse Gesundheitsdaten enthalten dürfen. So hatte beispielsweise in einem mir zur Stellungnahme vorgelegten Fall eine Lehrkraft im Zeugnis darauf hingewiesen, dass der betroffene Schüler wegen einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) medikamentös behandelt wird.

Ausgangspunkt für die Beurteilung der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit der Aufnahme von Gesundheitsdaten in Schulzeugnisse sind die schulrechtlichen Regelungen über den Inhalt von Zeugnissen. Nach Art. 52 Abs. 3 Satz 2 BayEUG werden in den Schulzeugnissen die gesamten Leistungen einer Schülerin bzw. eines Schülers unter Wahrung der Gleichbehandlung aller Schülerinnen und Schüler in pädagogischer Verantwortung der Lehrkraft bewertet. Daneben sollen gemäß Art. 52 Abs. 3 Satz 3 BayEUG Bemerkungen über Anlagen, Mitarbeit und Verhalten der Schülerin oder des Schülers in das Zeugnis aufgenommen werden.

Sinn und Zweck der Bemerkungen über Anlagen, Mitarbeit und Verhalten ist es, der schulischen Erziehungsaufgabe auch über die Bewertung der objektiv erbrachten Leistung hinaus nachzukommen. Der in Bayern maßgebliche Kommentar zum Schulrecht (Kiesl/Stahl, Das Schulrecht in Bayern, Band 1, Kronach/München/Bonn/Potsdam, Stand: 2007, Kennziffer 11.52, Anmerkung 14) führt insoweit wörtlich aus: "Bewertet wird nur die objektiv erbrachte Leistung. Anlagen, Mitarbeit und Verhalten des Schülers haben mit der objektiv erbrachten Leistung nichts zu tun, ihre Würdigung und auch Beeinflussung gehören jedoch zur Erziehungsaufgabe der Schule."

Bei der Erfüllung der aus dem verfassungsrechtlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag des Art. 131 BV folgenden, in Art. 1 und 2 BayEUG näher umschriebenen Aufgaben der Schulen wirken gemäß Art. 2 Abs. 3 Satz 1 BayEUG alle Beteiligten, insbesondere Schule und Elternhaus, vertrauensvoll zusammen. Daher darf die Schule den Eltern Umstände mitteilen, die die schulische Entwicklung des Kindes beeinflussen können; diese Umstände können auch die Gesundheit des Schülers betreffen. Da sich Schulzeugnisse nicht nur an den jeweiligen Schüler, sondern vor allem an die Eltern richten, kann und soll diese Mitteilung auf der Grundlage des Art. 52 Abs. 3 Satz 3 BayEUG in den Zeugnissen erfolgen. Die Begriffe "Anlagen" und "Verhalten" können somit je nach Lage des Einzelfalls auch Daten zur Gesundheit umfassen.

Vor diesem Hintergrund kommt es für die datenschutzrechtliche Beurteilung im Einzelfall zunächst entscheidend darauf an, ob die Aufnahme von Gesundheitsdaten in ein Zeugnis im Rahmen der schulischen Erziehungsaufgabe aus pädagogischen Gründen erfolgt. Selbst wenn dies der Fall ist, bedeutet dies jedoch keineswegs, dass Gesundheitsdaten in beliebigem Umfang und in beliebiger Sensibilität in das Zeugnis aufgenommen werden dürfen. Vielmehr ist in jedem Einzelfall sorgfältig zu prüfen, ob die zur Aufnahme in das Zeugnis vorgesehenen Gesundheitsdaten nach Umfang und Sensibilität tatsächlich erforderlich sind, um den Bildungs- und Erziehungsauftrag von Schule und Elternhaus erfüllen zu können. So ist es auch durchaus vorstellbar, dass pädagogische Gründe zum Schutz des Kindes gerade gegen die Aufnahme von Gesundheitsdaten in ein Zeugnis sprechen. Jedenfalls ist die Aufnahme von Gesundheitsdaten in ein Schulzeugnis im konkreten Einzelfall nur dann datenschutzrechtlich zulässig, wenn dem Anspruch des betroffenen Schülers auf Persönlichkeitsschutz unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitgrundsatzes im Wege einer umfassenden Gesamtabwägung Rechnung getragen wird.

Die Feststellung und Bewertung der pädagogischen Motivation zur Aufnahme von Gesundheitsdaten in ein Schulzeugnis stellt in erster Linie eine Fachfrage dar. Diese lässt sich nach meiner Einschätzung am ehesten in einem persönlichen Gespräch der Erziehungsberechtigten mit der betreffenden Lehrkraft, ggf. auch mit der Schulleitung klären. In diesem Gespräch könnte einerseits die Lehrkraft gebeten werden, ihre Motivationslage im Einzelnen darzulegen; andererseits könnte auf Gesichtspunkte hingewiesen werden, die zum Schutz des Kindes gegen eine Aufnahme der Gesundheitsdaten in das Zeugnis sprechen.

12.7. Lautsprecherdurchsagen mit namentlicher Nennung der von Erziehungsmaßnahmen betroffenen Schüler

Auf der Grundlage eines Beschlusses des Schulforums wurden an einer Schule Schülerinnen und Schüler bei Regelverletzungen zu so bezeichneter "Sozialarbeit" auf dem Schulgelände wie beispielsweise Aufräumen angehalten. Hierbei handelte es sich um pädagogisch-erzieherische Maßnahmen unterhalb der Stufe von Ordnungsmaßnahmen (z.B. Verweis). Immer freitags forderte der für die "Sozialarbeit" zuständige Lehrer mittels Lautsprecherdurchsage im gesamten Schulbereich die jeweils betroffenen Schülerinnen und Schüler unter Namensnennung auf, sich bei ihm nach Unterrichtsschluss einzufinden; diese Durchsage war daher an der Schule als "Freitagsdurchsage" bekannt.

Nach Anhörung der betroffenen Schule habe ich diesen Sachverhalt aus datenschutzrechtlicher Sicht wie folgt bewertet:

Nach Art. 85 Abs. 1 Satz 1 BayEUG sind die Erhebung und die Verarbeitung von Daten zur Erfüllung der den Schulen durch Rechtsvorschriften jeweils zugewiesenen Aufgaben zulässig. Entscheidend für die datenschutzrechtliche Beurteilung war es demnach, ob der Ausruf der betroffenen Schülerinnen und Schüler über Lautsprecher im gesamten Schulgelände im Hinblick auf den den Schulen gemäß Art. 1 und 2 BayEUG obliegenden gesetzlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag aus pädagogischen Gründen erforderlich war.

In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Schulen bei der Wahl des Übermittlungsmediums nach Nr. 4.4 Buchst. a) Satz 3 der "Erläuternden Hinweise für die Schulen zum Vollzug des Bayerischen Datenschutzgesetzes" (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus und Wissenschaft, Forschung und Kunst vom 19.04.2001, KWMBl S. 112, geändert durch Bekanntmachung vom 10.10.2002, KWMBl S. 354) im Hinblick auf die enge lokale Begrenzung ihres Aufgaben- und Wirkungskreises darauf zu achten haben, dass das Persönlichkeitsrecht der Schüler weitmöglichst gewahrt bleibt und Vorrang vor einem allgemeinen Informationsinteresse hat.

Daher machte allein die von der Schule vorgebrachte Tatsache, dass Lautsprecherdurchsagen aus diversen Anlässen üblich sind und ein geeignetes Organisationsmittel für die Schulabläufe darstellen, diese in der vorliegenden Fallgestaltung noch nicht aus pädagogischen Gründen erforderlich. Ohnehin waren Zeitpunkt und Organisation der "Sozialarbeit" sowohl den an der Schule Beschäftigten als auch den Schülerinnen und Schülern bekannt. Die Aufforderung des für die "Sozialarbeit" zuständigen Lehrers an einzelne Schülerinnen und Schüler, sich bei ihm am Freitag nach Unterrichtsschluss einzufinden, ließ auch ohne nähere anlassbezogene Angaben den Grund der Einbestellung für alle Zuhörer erkennen. So wurde diese Durchsage nicht ohne Grund allgemein "Freitagsdurchsage" genannt.

Durch die schulöffentlichen Lautsprecherdurchsagen wurden die von Maßnahmen der "Sozialarbeit" betroffenen Schülerinnen und Schüler vielmehr in erheblichem Maße in ihrem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt. Einige Schüler fühlten sich durch die Lautsprecherdurchsagen sogar in der Schulöffentlichkeit "an den Pranger gestellt". Jedenfalls bestand die Gefahr, dass die Durchsage eines betroffenen Schülers zu einer schulöffentlichen Vorverurteilung führte, die insbesondere auch die (künftigen) Lehrer des Betroffenen negativ beeinflussen konnte, so dass den Betroffenen im Extremfall nur der Schulwechsel blieb. Da die betroffenen Schülerinnen und Schüler zudem problemlos auf vielfältigen anderen Wegen über ihren abzuleistenden Dienst unterrichtet werden konnten, war die Durchsage der Namen mittels Lautsprecher zur Aufgabenerfüllung der Schule in datenschutzrechtlicher Hinsicht nicht erforderlich. Die Voraussetzungen des Art. 85 Abs. 1 Satz 1 BayEUG lagen damit nicht vor.

Da die Schule die datenschutzrechtlich unzulässige "Freitagsdurchsage" schließlich eingestellt hat, habe ich im Rahmen meines Ermessens von einer förmlichen Beanstandung gemäß Art. 31 Abs. 1 und 3 BayDSG abgesehen.

Das von mir in der vorliegenden Angelegenheit eingeschaltete Staatsministerium für Unterricht und Kultus hat mir zugesagt, bei den Schulen auf die Beachtung dieser datenschutzrechtlichen Vorgaben in vergleichbaren Fällen hinzuwirken.