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Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz; Stand: 01.12.2009
9. Gemeinden, Städte und Landkreise
9.1. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur Videoüberwachung öffentlicher Orte und Einrichtungen
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Beschluss vom 23.02.2007 - 1 BvR 2368/06 - festgestellt, dass eine Videoüberwachung öffentlicher Orte und Einrichtungen mit Aufzeichnung des gewonnenen Bildmaterials, bei der überwiegend Personen erfasst werden, die in keiner Beziehung zu einem konkreten Fehlverhalten stehen und den Eingriff durch ihr Verhalten nicht veranlasst haben, angesichts des erheblichen Gewichts der Grundrechtsbeeinträchtigung nicht auf Art. 16 Abs. 1 und Art. 17 Abs. 1 Bayerisches Datenschutzgesetz (BayDSG) gestützt werden kann. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Stadt R. ließ im Jahre 2005 über den Resten einer ehemaligen mittelalterlichen jüdischen Synagoge durch einen israelischen Künstler auf einem städtischen Platz ein Bodenrelief herstellen, das als Begegnungsstätte gedacht ist. Nachdem es im Bereich des Kunstwerks zu mehreren Vorfällen gekommen war, beabsichtigte die Stadt, den Ort auf der Grundlage des Bayerischen Datenschutzgesetzes mit Kameras zu überwachen. Dagegen erhob ein Bürger erfolglos Klage. Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eingelegte Rechtsmittel blieben vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ebenfalls ohne Erfolg. Auf die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde hob das BVerfG die angegriffenen Entscheidungen mit der Begründung auf, für die geplante Videoüberwachung mit Aufzeichnung des gewonnenen Bildmaterials fehle es an einer hinreichenden gesetzlichen Ermächtigung. Die Entscheidung des BVerfG enthält im Wesentlichen folgende Aussagen:
- Eine Videoüberwachung öffentlicher Orte mit Aufzeichnung des gewonnenen Bildmaterials, bei der überwiegend Personen erfasst werden, die in keiner Beziehung zu einem konkreten Fehlverhalten stehen und den Eingriff durch ihr Verhalten nicht veranlasst haben, stellt einen Eingriff von erheblichem Gewicht in das informationelle Selbstbestimmungsrecht dar.
Maßgebend für die rechtliche Beurteilung der Intensität eines Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist die Art der Beeinträchtigung. Insofern kann auch von Belang sein, ob die betroffenen Personen für die Maßnahme einen Anlass geben und wie dieser beschaffen ist. Verdachtslose Eingriffe mit großer Streubreite, bei denen zahlreiche Personen in den Wirkungsbereich einer Maßnahme einbezogen werden, die in keiner Beziehung zu einem konkreten Fehlverhalten stehen und den Eingriff durch ihr Verhalten nicht veranlasst haben, weisen grundsätzlich eine hohe Eingriffsintensität auf.
Die geplante Videoüberwachung ist ein intensiver Eingriff. Sie beeinträchtigt alle, die den betroffenen Raum betreten. Sie dient dazu, belastende hoheitliche Maßnahmen vorzubereiten und das Verhalten der den Raum nutzenden Personen zu lenken. Das Gewicht dieser Maßnahme wird dadurch erhöht, dass in Folge der Aufzeichnung das gewonnene Bildmaterial in vielfältiger Weise ausgewertet, bearbeitet und mit anderen Informationen verknüpft werden kann. Von den Personen, die die Begegnungsstätte betreten, dürfte nur eine Minderheit gegen die Benutzungssatzung oder andere rechtliche Vorgaben, die sich aus der allgemeinen Rechtsordnung für die Benutzung der Begegnungsstätte ergeben würden, verstoßen. Die Videoüberwachung und die Aufzeichnung des gewonnenen Bildmaterials erfassen daher - wie bei solchen Maßnahmen stets - überwiegend Personen, die selbst keinen Anlass schaffen, dessentwegen die Überwachung vorgenommen wird.
- Angesichts des erheblichen Gewichts der Grundrechtsbeeinträchtigung kann eine derartige Videoüberwachung nicht auf die allgemeinen Vorschriften des Art. 16 Abs. 1 und Art. 17 Abs. 1 BayDSG gestützt werden. Diese Ermächtigungsgrundlage enthält keine hinreichenden Vorgaben für eine Videoüberwachung öffentlicher Plätze.
Im Beschluss des BVerfG heißt es dazu, Art. 16 Abs. 1 BayDSG normiere eine allgemeine Regelung für Datenerhebungen durch staatliche Stellen. Diese Norm knüpfe lediglich an die Zuständigkeit der jeweils handelnden Behörde an und begrenze die Datenerhebung lediglich durch das Gebot der Erforderlichkeit. Aufgaben- oder bereichsspezifische Voraussetzungen der Datenerhebung würden fehlen. Das in Art. 16 Abs. 1 BayDSG enthaltene Gebot der Erforderlichkeit könne die behördliche Praxis nicht hinreichend anleiten oder Kontrollmaßstäbe bereit stellen, wenn es nicht auf ein näher beschriebenes Normziel ausgerichtet werde. Die Norm biete daher keine hinreichenden Maßstäbe für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Videoüberwachung. Auch könne der Einzelne auf dieser Grundlage nicht vorher sehen, bei welcher Gelegenheit, zu welchem Zweck und auf welche Weise Informationen über ihn erhoben werden dürfen.
Art. 17 Abs. 1 BayDSG, der die Speicherung, Veränderung und Nutzung der erhobenen Daten regle, enthalte gleichfalls keine hinreichenden Vorgaben für Anlass und Grenzen der erfassten datenbezogenen Maßnahmen, um als Ermächtigungsgrundlage für den beabsichtigten Grundrechtseingriff in Betracht zu kommen. Neben dem Gebot der Erforderlichkeit werde zwar auch der Erhebungszweck als Grenze der Datenverwendung genannt. Da jedoch Art. 16 Abs. 1 BayDSG den Erhebungszweck nicht näher umschreibe, verweise Art. 17 Abs. 1 BayDSG für Daten, die nach dieser Norm erhoben worden seien, gleichfalls lediglich auf die Zuständigkeitsordnung.
- Eine Videoüberwachung öffentlicher Einrichtungen mit Aufzeichnung des gewonnenen Bildmaterials kann auf der Grundlage einer hinreichend bestimmten und normenklaren Ermächtigungsgrundlage verfassungsgemäß sein.
Das BVerfG führt dazu aus, es sei nicht ausgeschlossen, dass eine Videoüberwachung öffentlicher Einrichtungen mit Aufzeichnung des gewonnenen Bildmaterials auf der Grundlage einer hinreichend bestimmten und normenklaren Ermächtigungsgrundlage materiell verfassungsgemäß sein könne, wenn für sie ein hinreichender Anlass bestehe und Überwachung sowie Aufzeichnung insbesondere in räumlicher und zeitlicher Hinsicht und im Hinblick auf die Möglichkeit der Auswertung der Daten das Übermaßverbot wahren würden.
Aus der Entscheidung des BVerfG lassen sich insbesondere folgende Erkenntnisse ziehen:
- Der Beschluss des BVerfG hat den Blickwinkel vom Objekt, das videografiert werden soll, zum einzelnen sich korrekt verhaltenden und daher "unschuldigen" Bürger verlagert. Der Beschluss entspricht damit dem Gedankengang der Rasterfahndungsentscheidung des BVerfG; auch hier ist die Tatsache der Einbeziehung einer Vielzahl unschuldiger Bürger maßgeblich für die Bewertung des Eingriffs in das informationelle Selbstbestimmungsrecht. Insoweit wird mit dem aktuellen Beschluss des BVerfG das Koordinatensystem grundsätzlich verändert, als nun gefragt werden muss: welchen hinreichenden Grund oder Anlass habe ich, den unschuldigen bzw. unverdächtigen Bürger hier zu videografieren?
- Der Beschluss des BVerfG hat erhebliche Auswirkungen weit über den entschiedenen Einzelfall hinaus. Eine Videoüberwachung im öffentlichen Raum mit Aufzeichnung des gewonnenen Bildmaterials ist künftig nur noch auf einer bereichsspezifischen Rechtsgrundlage, die den Anforderungen des BVerfG entspricht, zulässig.
9.2. Regelung der Videoüberwachung im Bayerischen Datenschutzgesetz
In Bayern konnte sich in der Vergangenheit lediglich die Polizei auf bereichsspezifische Vorschriften zur Videoüberwachung stützen (Art. 32 Abs. 2 Polizeiaufgabengesetz sowie §§ 12 a und 19 a Versammlungsgesetz). Die Videoüberwachung durch andere bayerische öffentliche Stellen wurde auf die allgemeinen datenschutzrechtlichen Vorschriften der Art. 16 Abs. 1 und 2 Satz 1 und Art. 17 Abs. 1 und 2 Nr. 10 Bayerisches Datenschutzgesetz bzw. bei Schulen auf Art. 85 Abs. 1 Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen gestützt. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 23.02.2007 - 1 BvR 2368/06 - allerdings festgestellt, dass eine Videoüberwachung öffentlicher Orte und Einrichtungen mit Aufzeichnung des gewonnenen Bildmaterials, bei der überwiegend Personen erfasst werden, die in keiner Beziehung zu einem konkreten Fehlverhalten stehen, nicht auf Art. 16 Abs. 1 und Art. 17 Abs. 1 Bayerisches Datenschutzgesetz (BayDSG) gestützt werden kann. Es sei jedoch nicht ausgeschlossen, dass eine derartige Videoüberwachung auf der Grundlage einer hinreichend bestimmten und normenklaren Ermächtigungsgrundlage materiell verfassungsgemäß sein könne. Als Reaktion auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts hat Bayern die Videoüberwachung durch bayerische öffentliche Stellen inzwischen bereichsspezifisch in einem neuen Art. 21 a im Bayerischen Datenschutzgesetz geregelt. Auf die Polizei findet diese neue Vorschrift nur in Ausübung des Hausrechts Anwendung.
Absatz 1 Satz 1 der Vorschrift enthält die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Videoüberwachung. Danach ist die Erhebung (Videobeobachtung) und Speicherung (Videoaufzeichnung) personenbezogener Daten mit Hilfe von optisch-elektronischen Einrichtungen zulässig, wenn dies im Rahmen der Erfüllung öffentlicher Aufgaben oder in Ausübung des Hausrechts zum Schutz wichtiger Rechtsgüter oder zum Schutz von Kulturgütern, öffentlichen Einrichtungen, öffentlichen Verkehrsmitteln, Dienstgebäuden und sonstigen baulichen Anlagen öffentlicher Stellen erforderlich ist.
Erforderlich bedeutet, dass die Kenntnis der Daten zur Erreichung des Zwecks objektiv geeignet ist und im Verhältnis zu dem angestrebten Zweck auch angemessen erscheint. In der Gesetzesbegründung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass mit der Einführung des Art. 21 a BayDSG keine Ausweitung der Videoüberwachung durch bayerische öffentliche Stellen beabsichtigt ist und eine flächendeckende Videoüberwachung auch weiterhin unzulässig bleibt. Eine solche ist weder erforderlich noch verhältnismäßig. Die Maßnahmen dürfen stets nur zum Schutz der genannten Güter und Orte erfolgen. In der Gesetzesbegründung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich die Erforderlichkeitsprüfung gerade auf den Einsatz der Videotechnik beziehen muss. Es ist daher in jedem Einzelfall zu prüfen, ob es überhaupt erforderlich ist, personenbezogene Daten zu erheben und ggf. zu speichern und ob es erforderlich ist, dies mittels Videotechnik zu tun. Weiterhin sind der Anlass, der räumliche Überwachungsbereich (etwa Eingangsbereiche von öffentlichen Gebäuden, Bereiche, in denen aufgrund von Erfahrungen in der Vergangenheit auch künftig z.B. mit erheblichen Sachbeschädigungen zu rechnen ist) und der Zeitraum der Überwachung (z.B. Aufzeichnung nur während bestimmter sensibler Tages- bzw. Nachtzeiten) zu prüfen. Auch ist jeweils zu erwägen, welche Art der Videoüberwachung (Videobeobachtung, Videoaufzeichnung) zur Erreichung des Zwecks erforderlich ist.
In jedem Fall ist die Videoüberwachung in räumlicher und zeitlicher Hinsicht auf das zur Erreichung des mit der Überwachung verfolgten Zwecks notwendige Maß zu beschränken.
Nach Absatz 2 sind die Videoüberwachungen und die erhebende Stelle durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen. Die Regelung ist Ausfluss des Transparenzgebots und trägt der Feststellung des Bundesverfassungsgerichts im Volkszählungsurteil Rechnung, wonach der Einzelne über die Preisgabe und Verwendung seiner Daten grundsätzlich selbst bestimmen kann.
Die Vorschrift enthält außerdem Regelungen zur Zweckbindung, zur Benachrichtigung betroffener Personen, zur Löschung gespeicherter Daten, zur datenschutzrechtlichen Freigabe sowie dem Verfahrensverzeichnis und der Einbindung des behördlichen Datenschutzbeauftragten.
In dem Gesetzgebungsverfahren bin ich von Anfang an beteiligt worden. Dabei konnte ich u.a. erreichen, dass in Absatz 1 Satz 2 ausdrücklich geregelt wird, dass eine Videoüberwachung nur zulässig ist, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der Betroffenen beeinträchtigt werden. Die schutzwürdigen Interessen der von einer Videoüberwachung betroffenen Personen sind zwar schon in die Prüfung der Erforderlichkeit der Maßnahme einzubeziehen. Da die personenbezogene Videoüberwachung jedoch einen erheblichen Grundrechtseingriff darstellt, sollen die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen im Gesetzestext besonders hervorgehoben werden. In der Gesetzesbegründung wurde außerdem ausdrücklich klargestellt, dass die Videoüberwachung in räumlicher und zeitlicher Hinsicht auf das zur Erreichung des mit der Überwachung verfolgten Zwecks notwendige Maß zu beschränken ist.
9.3. Erhebung des Fingerabdrucks als Nachweis der Zutrittsberechtigung zu Schwimmbädern
Im Berichtszeitraum war ich mit der Erhebung von Fingerabdrücken durch bayerische öffentliche Stellen als Betreiber von Schwimmbädern befasst. Dazu wird aus dem Fingerabdruck von Dauerkarteninhabern ein individueller Zahlencode generiert und gespeichert. Bei Betreten des Schwimmbads legt der Kunde seinen Finger auf einen Zugangsautomaten und weist damit seine Zutrittsberechtigung nach. Nach Auskunft der Schwimmbadbetreiber soll mit der Einführung des Fingerprintsystems der Missbrauch von personengebundenen Saison- und Jahreskarten unterbunden werden. Außerdem müsse sich der Karteninhaber nicht mehr an der Kasse anstellen. Über das Verfahren wurde im Herbst vergangenen Jahres in der Presse umfassend berichtet. Ich halte die Erhebung eines Fingerabdrucks als Nachweis der Zutrittsberechtigung unter folgenden Voraussetzungen für zulässig:
- Die Betroffenen sind über das Verfahren aufgeklärt worden und haben in die Erhebung des Fingerabdrucks eingewilligt (vgl. Art. 15 Abs. 1 Nr. 2 Bayerisches Datenschutzgesetz - BayDSG). Die Einwilligung bedarf grds. der Schriftform (Art. 15 Abs. 3 Satz 1 BayDSG).
Die Einwilligung muss freiwillig sein. Freiwilligkeit ist nur dann gegeben, wenn die Saison- bzw. Jahreskarten auch ohne Fingerabdruck und zum selben Preis erworben werden können. Der Bürger muss also eine echte Wahlmöglichkeit haben.
- Die gespeicherten Daten unterliegen einer strikten Zweckbindung, d.h. sie dürfen nur als Nachweis der Zutrittsberechtigung genutzt werden.
- Nur berechtigte Bedienstete haben Zugriff auf die Daten.
- Die Daten werden unverzüglich nach Ablauf bzw. Rückgabe der Saison- bzw. Jahreskarte gelöscht.
Ungeachtet der grundsätzlichen Zulässigkeit der Erhebung des Fingerabdrucks mit informierter Einwilligung der Betroffenen zu Zwecken der Einlasskontrolle dürfen die dadurch entstehenden Gefahren, z.B. einer zweckändernden Nutzung, einer Einstellung in zentrale Dateien und ein Unterlassen der fristgerechten Löschung des Fingerabdrucks nicht außer Acht gelassen werden. Die Bürger sollten deshalb sorgfältig überlegen, ob ihnen ein erleichterter Zugang zum Schwimmbad die Erhebung und Speicherung ihres Fingerabdrucks wert ist.
9.4. Inanspruchnahme privater Inkassounternehmen durch Kommunen in Verwaltungsvollstreckungsverfahren
Erneut war ich mit Fällen befasst, in denen Kommunen private Inkassounternehmen in Verwaltungsvollstreckungsverfahren eingeschaltet hatten. Ich vertrete dazu aus datenschutzrechtlicher Sicht folgende Auffassung:
Es gehört zu den Aufgaben der Kommunen, ihre öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Forderungen beizutreiben. Der Gesetzgeber hat ihnen dazu das erforderliche rechtliche Instrumentarium zur Verfügung gestellt. Die Art. 18 ff. des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG) ermöglichen ihnen die Vollstreckung ihrer Verwaltungsakte. Die Beitreibung der Abgaben ist nach Maßgabe der Art. 18 ff. VwZVG Sache des Kassenverwalters (Widtmann/Grasser, Bayerische Gemeindeordnung, Exkurs zu Art. 22 Rdnr. 13). Die Durchführung der Vollstreckung der Geldforderungen der Gemeinden und Gemeindeverbände ist in Art. 26 VwZVG geregelt (siehe dazu auch Bauer/ Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Art. 22 Rdnr. 99). Das Gesetz sieht dabei für das umfassend und bereichsspezifisch geregelte Verfahren der Durchsetzung hoheitlicher Akte im Zwangswege die Möglichkeit der Forderungsbeitreibung durch Private nicht vor.
Soweit in diesem Zusammenhang Art. 101 der Gemeindeordnung, der die Besorgungen von Kassen- und Rechnungsgeschäften durch eine Stelle außerhalb der Gemeindeverwaltung zulässt, zitiert wird, ist darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber bei dieser Regelung speziell an die Möglichkeit gedacht hat, dass einzelne Gemeinden die Kassen- und Rechnungsgeschäfte durch eine größere Nachbargemeinde, die über eine entsprechende Anlage verfügt, erledigen können (siehe Widtmann/Grasser, a.a.O., Art. 101 Rdnr. 1). Eine Übertragung von Befugnissen, welche Eingriffe in Rechte Dritter ermöglichen, lässt diese Vorschrift nicht zu (siehe Bauer/Böhle/Ecker, a.a.O., Art. 101 Rdnr. 4 sowie Widtmann/Grasser, a.a.O., Art. 101 Rdnr. 5).
Eine Aufgabenübertragung auf Dritte zur Forderungsbeitreibung wäre danach unzulässig. Zulässig ist lediglich eine Übertragung von Hilfstätigkeiten im Rahmen einer Auftragsdatenverarbeitung nach Art. 6 BayDSG. Eine Auftragsdatenverarbeitung liegt vor, wenn
- dem Auftragnehmer die Entscheidungsbefugnis über die Daten fehlt und er bei der Verarbeitung unselbstständig tätig und den Weisungen des Auftraggebers unterworfen ist;
- der Auftragnehmer in vollständiger Abhängigkeit hinsichtlich der Art und des Umgangs und nach den Vorgaben des Auftraggebers die Daten erhebt und/oder verwendet, gleichsam als "verlängerter Arm" für den Auftraggeber mit den Daten umgeht, nur Hilfs- bzw. Unterstützungsfunktionen ausübt;
- sich der Auftragsschwerpunkt in erster Linie auf die technische Durchführung der Datenverarbeitung richtet.
Unzulässig wäre danach eine Übertragung von Tätigkeiten, bei der das Inkassounternehmen im jeweiligen Einzelfall über das Vorgehen gegen den Schuldner und die Art und konkrete Ausgestaltung der dabei zu treffenden Maßnahmen entscheiden würde.
Das Bayerische Staatsministerium des Innern, das ich in der Angelegenheit um Stellungnahme gebeten habe, weist aus vollstreckungsrechtlicher Sicht auf Folgendes hin:
Für die Einbeziehung von Inkassounternehmen in die Verwaltungsvollstreckung wäre eine ausdrückliche gesetzliche Regelung erforderlich. Die allgemeine Regelung des Art. 101 GO, wonach Kassengeschäfte auf Dritte übertragen werden können, reiche insoweit nicht aus, wenngleich gemäß § 42 Abs. 2 KommHV-Kameralistik, bzw. § 38 Abs. 2 KommHV-Doppik die Vollsteckung zu den Kassengeschäften gehöre.
Bei der Beitreibung von Geldforderungen im Verwaltungszwangsverfahren als Teil der Eingriffsverwaltung verlange der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes für staatliche Maßnahmen eine gesetzliche Grundlage. Das Bayerische Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz regle demgemäß die Voraussetzungen der Vollstreckung, die Zuständigkeiten der Vollstreckungsbehörden, die zur Vornahme von Vollstreckungsmaßnahmen ermächtigten Personen, Eingriffsbefugnisse sowie das Verfahren. Eine Übertragung von hoheitlichen Vollstreckungsmaßnahmen oder Teilaufgaben hiervon auf Private sei dabei nicht vorgesehen.
Erst die besondere behördliche Bindung der Exekutive an Recht und Gesetz, insbesondere die Grundrechte, zusammen mit den besonderen Regelungen zu Verfahren und ermächtigten Vollstreckungspersonen würden den Verzicht auf einen gerichtlichen Titel als Voraussetzung für die Vollstreckung der Forderung legitimieren. Die Regelungen des VwZVG seien vor diesem Hintergrund als abschließend anzusehen. Einer Beauftragung von Privaten mit (Teil-)Aufgaben der Vollstreckung würden daher Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes entgegenstehen.
Nach alledem würden vollstreckungsrechtlich als Tätigkeiten, die auf private Inkassobüros übertragen werden könnten, nur Hilfstätigkeiten verbleiben. Um solche handle es sich, wenn jeder einzelne Schritt von der Kommune vorgegeben werde und diese jede einzelne Entscheidung selbst treffe. Die im IMS vom 03.01.1994 genannte Adressermittlung oder Mahnabteilung könne im Einzelfall eine solche Tätigkeit sein. Werde dagegen die konkrete Vorgehensweise gegenüber dem Schuldner von Inkassounternehmen bestimmt, z.B. durch die ausschließliche Wahrnehmung von Korrespondenz und Kontakten mit dem Schuldner, die Sammlung von Informationen über dessen Vermögenslage oder durch den Abschluss von Ratenzahlungsvereinbarungen, so sei die Grenze zulässiger Aufgabenübertragung in aller Regel überschritten.
Auch wenn danach im Ergebnis eine Übertragung von reinen Hilfstätigkeiten auf Inkassounternehmen im Rahmen einer Auftragsdatenverarbeitung nach Art. 6 BayDSG grundsätzlich zulässig ist, ist doch zu berücksichtigen, dass hier in aller Regel sensible Bereiche betroffen sind und dem Inkassounternehmen schutzwürdige personenbezogene Daten des Schuldners (wie z.B. die Tatsache der Zahlungsunfähigkeit) bekannt werden können. Ein Outsourcing kann deshalb aus datenschutzrechtlicher Sicht generell nicht befürwortet werden.
9.5. Datenschutz bei Bürgerbegehren
Auch in den vergangenen beiden Jahren haben mich Betroffene um die Überprüfung von Bürgerbegehren gebeten, an denen sie sich mit der Eintragung in Unterschriftenlisten beteiligt hatten. In einem Fall nahmen Mitarbeiter einer Rundfunkanstalt einen Bericht zu einem Bürgerbegehren in der Gemeinde auf, der am Abend des gleichen Tages im Fernsehen ausgestrahlt wurde. In dem gesendeten Fernsehbericht wurden Unterschriftenlisten mit personenbezogenen Daten von Unterstützern des Bürgerbegehrens gezeigt. Zu erkennen waren - auch ohne Einstellung des Standbildes - Nachnamen und Geburtsdaten von Unterzeichnern der Listen sowie teilweise auch die Vornamen und Straßenbezeichnungen. Nach Mitteilung der betroffenen Kommune hatte ein Mitarbeiter des Rundfunks die Unterschriftenlisten in der Gemeindeverwaltung durchgeblättert und der Kameramann hatte diesen Vorgang gefilmt.
Diesen Sachverhalt habe ich aus datenschutzrechtlicher Sicht wie folgt bewertet:
Art. 18 a GO enthält keine Regelung über das Sammeln der Unterschriften für ein Bürgerbegehren. Dieses erfolgt nach der gängigen Praxis im Privatbereich. Sobald die Unterschriftenlisten allerdings bei der Gemeinde abgegeben worden sind, unterliegen sie den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen. Sie dürfen daher nur unter den Voraussetzungen der Art. 15 ff. BayDSG verarbeitet oder genutzt werden. Eine Auswertung der Unterschriftenlisten ist danach nur hinsichtlich der Frage zulässig, ob das Bürgerbegehren von einer ausreichenden Zahl unterschriftsberechtigter Gemeindebürger unterschrieben worden ist (Art. 18 a Abs. 5 und 6 GO). Eine Einsichtnahme in die Listen durch den Gemeinderat bzw. ein von diesem beauftragtes Gemeinderatsmitglied kommt nur im Rahmen des Vollzugs des Art. 30 Abs. 3 GO in nicht-öffentlicher Sitzung oder in den Amtsräumen in Betracht. Eine Bekanntgabe der Unterschriften an Dritte oder an die Öffentlichkeit wäre unzulässig. Die betroffenen Bürger müssen darauf vertrauen können, dass ihre Daten entsprechend den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen vertraulich behandelt werden und im Bereich der Verwaltung und des zuständigen Entscheidungsgremiums verbleiben.
Im vorliegenden Fall stellte das Überlassen personenbezogener Unterschriftenlisten des Bürgerbegehrens an Mitarbeiter der Rundfunkanstalt eine unzulässige Datenübermittlung dar. Die Gemeinde war für die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen im Umgang mit den in ihrer Obhut befindlichen Unterschriftenlisten verantwortlich und hätte ein Durchblättern und Aufzeichnen der Listen durch Mitarbeiter des Rundfunks verhindern müssen. Zulässig wäre lediglich eine Übersichtsaufnahme der Unterschriftenlisten ohne die Möglichkeit der Identifizierung einzelner Unterzeichner gewesen.
Den Datenschutzverstoß habe ich nach Art. 31 Abs. 1 BayDSG beanstandet. Ein Absehen von der Beanstandung kam nicht in Betracht, weil die Fernsehaufzeichnung der personenbezogenen Daten der Unterzeichner des Bürgerbegehrens keinen unerheblichen Datenschutzverstoß darstellte und ein derartiger Vorgang geeignet ist, auf Unterzeichner des Bürgerbegehrens eine abschreckende Wirkung auszuüben und sie davon abzuhalten, sich künftig nochmals an dem gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Rechtsinstitut des Bürgerbegehrens zu beteiligen.
9.6. Weitergabe von Unterschriftenlisten innerhalb der Stadtverwaltung und an einen privaten Dritten
Bürger haben sich bei mir darüber beschwert, dass der Oberbürgermeister einer Stadt einen Bürgerantrag einschließlich der dazu eingereichten Unterschriftenlisten an alle Amtsleiter der Stadt und an ein privates Planungsbüro weitergeleitet hat.
Wie bei Bürgerbegehren nach Art. 18 a GO unterliegen die Unterschriftenlisten für Bürgeranträge nach Art. 18 b GO den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen, sobald sie bei der Gemeinde abgegeben worden sind. Sie dürfen daher ebenfalls nur unter den Voraussetzungen der Art. 15 ff. BayDSG verarbeitet oder genutzt werden. Eine Auswertung der Unterschriftenlisten ist nur hinsichtlich der Frage zulässig, ob der Bürgerantrag von einer ausreichenden Zahl unterschriftsberechtigter Gemeindebürger unterschrieben worden ist (Art. 18 b Abs. 3 GO).
Im vorliegenden Fall wäre es zur Bearbeitung des Bürgerantrags ausreichend gewesen, diesen mit der entsprechenden Begründung, aber ohne die Unterschriftenlisten an die zuständigen Stellen weiterzuleiten. Die Weiterleitung der Unterschriftenlisten an die Amtsleiter und an das Planungsbüro war daher unzulässig und wurde von mir beanstandet.
9.7. Behandlung sensibler personenbezogener Daten in öffentlicher Gemeinderatssitzung
Ein Bürger hat sich bei mir darüber beschwert, dass die Herzkrankheit seines Vaters in öffentlicher Gemeinderatssitzung bekannt gemacht wurde. Der Bürger hatte bei der Gemeinde einen Antrag auf Aufnahme seiner Anliegerstraße in den Räum- und Streuplan der Kommune gestellt und zur Begründung insbesondere auf die Herzkrankheit seines Vaters hingewiesen. Die von mir befragte Gemeinde teilte dazu mit, der Antrag auf Durchführung des regelmäßigen Winterdienstes in der Anliegerstraße des Petenten sei wegen des öffentlichen Interesses in öffentlicher Gemeinderatssitzung behandelt worden. Dabei seien auch die Antragsgründe öffentlich dargelegt worden. In der Presseberichterstattung über die Gemeinderatssitzung wurde die Öffentlichkeit auch über den Antrag des Petenten unter Nennung seines Namens und einem Hinweis auf die Herzkrankheit seines Vaters informiert. Ich habe den Vorgang aus datenschutzrechtlicher Sicht wie folgt bewertet:
Nach Art. 52 Abs. 2 Satz 1 der Gemeindeordnung (GO) sind Sitzungen des Gemeinderats öffentlich, soweit nicht Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit oder auf berechtigte Ansprüche Einzelner entgegenstehen. Berechtigte Ansprüche Einzelner sind nicht erst Ansprüche im Rechtssinn, sondern auch rechtlich geschützte oder anerkannte Interessen einzelner Personen oder Personengesellschaften, z.B. die Vermeidung des Bekanntwerdens persönlicher oder wirtschaftlicher Verhältnisse, an deren öffentlicher Erörterung die Allgemeinheit kein Interesse hat und deren Bekanntgabe für den Einzelnen nachteilig sein kann. Es genügt die Möglichkeit ihrer Beeinträchtigung (Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Art. 52 GO Rdnr. 12).
Im vorliegenden Fall hatte insbesondere der Vater des Petenten ein schutzwürdiges Interesse daran, dass sein Gesundheitszustand und seine persönlichen Lebensumstände weder der Allgemeinheit bekannt gegeben noch öffentlich erörtert werden. Die Angelegenheit hätte daher nicht in öffentlicher Sitzung der Gemeinde behandelt werden dürfen.
Darüber hinaus verstieß die Bekanntgabe der Herzkrankheit des Vaters des Petenten in öffentlicher Gemeinderatssitzung auch gegen Art. 15 Abs. 7 Satz 1 BayDSG. Nach dieser Vorschrift ist die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung besonders sensibler personenbezogener Daten, zu denen auch Daten über die Gesundheit gehören, über die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen des Dritten Abschnitts des Bayerischen Datenschutzgesetzes hinaus nur unter den in den Nummern 1 bis 9 dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen zulässig. Im vorliegenden Fall war keine dieser Voraussetzungen gegeben.
Den Datenschutzverstoß habe ich nach Art. 31 Abs. 1 BayDSG beanstandet.
9.8. Weitergabe von Adressdaten an den Feuerwehrverein
Ein kommunales Versorgungswerk, das insbesondere Aufgaben im Rahmen der Daseinsvorsorge wahrnimmt, hat auf Anfrage dem örtlichen Feuerwehrverein die Adressen von Zweitwohnungsbesitzern übermittelt. Die Namen und Anschriften der Zweitwohnungsbesitzer hatte das Versorgungswerk zur Erfüllung seiner Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge erhalten. Der Feuerwehrverein nutzte die erhaltenen Daten für persönlich adressierte Werbeschreiben an die Zweitwohnungsbesitzer. Diese wurden in den Schreiben gebeten, förderndes Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr e.V. zu werden bzw. eine Spende zu leisten. Betroffene Zweitwohnungsbesitzer beschwerten sich darauf hin bei mir über die Weitergabe ihrer Adressdaten von dem Versorgungswerk an den Feuerwehrverein.
Die Datenübermittlung vom Versorgungswerk, einem Eigenbetrieb der Kommune, an den Feuerwehrverein als nicht-öffentliche Stelle beurteilte sich nach Art. 19 Abs. 1 BayDSG. Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 BayDSG schied als Rechtsgrundlage aus, weil die Weitergabe der personenbezogenen Daten der Zweitwohnungsbesitzer keine Maßnahme im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge war, zur Aufgabenerfüllung des kommunalen Versorgungswerks somit nicht erforderlich war und auch nicht zu diesem Zweck erfolgte. Die Datenübermittlung war auch nicht nach Art. 19 Abs. 1 Nr. 2 BayDSG zulässig. Nach dieser Vorschrift ist die Übermittlung personenbezogener Daten an nicht-öffentliche Stellen zulässig, wenn die nicht-öffentliche Stelle ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der zu übermittelnden Daten glaubhaft darlegt und der Betroffene kein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung hat. Im vorliegenden Fall hatten die Zweitwohnungsbesitzer ein schutzwürdiges Interesse daran, dass das Versorgungswerk die Tatsache, dass sie Haus- und Grundbesitz in der Gemeinde haben, nicht ohne ihre Einwilligung dem Feuerwehrverein übermittelt und dass sie von persönlich adressierten Werbebriefen des Feuerwehrvereins verschont bleiben. Bei einer Abwägung der Interessen des Feuerwehrvereins an der Mitglieder- und Spendengewinnung mit den schutzwürdigen Belangen der Inhaber von Zweitwohnungen, keine Beeinträchtigung ihrer Privatsphäre durch Werbebriefe hinnehmen zu müssen, überwiegen die schutzwürdigen Belange der Inhaber von Zweitwohnungen. Abgesehen davon bestehen für die Gewinnung von Mitgliedern und Spenden auch andere Möglichkeiten (z.B. Zeitungsanzeigen, Postwurfsendungen, Informationsveranstaltungen etc.).
Von einer Beanstandung des Datenschutzverstoßes habe ich ausnahmsweise nur deshalb abgesehen, weil der erste Bürgermeister die Datenübermittlung sofort schriftlich gerügt hat und der Feuerwehrverein die erhaltenen Daten auf Aufforderung der Gemeinde unverzüglich gelöscht hat.
9.9. Bekanntgabe von Bauvorhaben
Nach § 1 Nr. 56 des Gesetzes zur Änderung der Bayerischen Bauordnung (BayBO) und Änderungsgesetz vom 24.07.2007 ist u.a. Art. 84 BayBO 1998 aufgehoben worden. Nach dieser Vorschrift durften die Gemeinden und die Bauaufsichtsbehörden Ort und Straße der Baustelle, Art und Größe des Bauvorhabens sowie Namen und Anschrift des Bauherrn und des Entwurfsverfassers veröffentlichen oder an Dritte zum Zwecke der Veröffentlichung übermitteln, es sei denn, der Bauherr und der Entwurfsverfasser haben der Veröffentlichung der sie betreffenden Daten widersprochen.
Art. 84 BayBO a.F. diente allein den Interessen der für die Baubranche tätigen Werbewirtschaft. Die Vorschrift wurde aufgehoben, weil sie Gemeinden und untere Bauaufsichtsbehörden mit Auskunftsbegehren belastete und die Förderung der Werbewirtschaft nicht Sache des Bauordnungsrechts ist (siehe LT-Drs. 15/7161). Eine Veröffentlichung der Daten des Bauherrn und des Entwurfsverfassers oder ihre Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Veröffentlichung ist künftig nur noch mit Einwilligung der Betroffenen zulässig (Art. 15 Abs. 1 Nr. 2 BayDSG).
Die Aufhebung des Art. 84 BayBO a.F. ist aus datenschutzrechtlicher Sicht zu begrüßen. In der Vergangenheit erhielt ich immer wieder Anfragen von Betroffenen, die den datenschutzrechtlichen Hinweis in den amtlichen Vordrucken übersehen hatten und sich über unerwünschte Werbung ärgerten.
9.10. Der übereifrige Mitarbeiter
Die Verkehrsbetriebe einer Stadt hatten mit einem Bürger einen Vertrag über Jahreskarten für den öffentlichen Personennahverkehr abgeschlossen und ihm die Karten ausgehändigt. Der Bürger bezahlte die Jahreskarten jedoch nicht und war für die Verkehrsbetriebe auch nicht über die angegebene Adresse erreichbar. Der zuständige Sachbearbeiter der Verkehrsbetriebe versuchte daraufhin, den Aufenthalt des Schuldners ausfindig zu machen. Bei seinen Nachforschungen stieß er auf eine Frau gleichen Namens mit dem des Schuldners, die er irrtümlich für dessen Mutter hielt. In Wirklichkeit hatte die Frau mit dem Schuldner der Verkehrsbetriebe nichts zu tun; die Namensgleichheit war rein zufällig. Die Verkehrsbetriebe forderten in der Folge die völlig überraschte Bürgerin auf, die neue Anschrift ihres (vermeintlichen) Sohnes zu nennen, verbunden mit der Drohung, andernfalls Strafanzeige wegen Betrugs zu stellen. Die betroffene Bürgerin wandte sich daraufhin an mich.
Die Beschaffung der Adressdaten der in der Sache völlig unbeteiligten Petentin habe ich beanstandet. Aber selbst wenn es sich bei ihr um die Mutter des zahlungssäumigen Vertragspartners der Verkehrsbetriebe gehandelt hätte, wäre die Erhebung ihrer Daten durch die Verkehrsbetriebe nicht zulässig gewesen. Bei dem Käufer der Jahreskarten handelte es sich um eine volljährige, geschäftsfähige Person. Abgesehen von seltenen unterhaltsrechtlichen Sondersituationen sind Eltern volljähriger und geschäftsfähiger Kinder nicht verpflichtet, Auskünfte über ihre Kinder an deren Vertragspartner zu erteilen, geschweige denn eventuelle Zahlungsverpflichtungen aus deren Vertragsverhältnis zu übernehmen.
Ein weiterer Datenschutzverstoß, denn ich ebenfalls beanstandet habe, lag in der Übermittlung personenbezogener Daten des Vertragspartners der Verkehrsbetriebe an die Petentin. Dieser wurde in dem Schreiben der Verkehrsbetriebe, in dem sie aufgefordert wurde, die neue Anschrift ihres vermeintlichen Sohnes mitzuteilen, unzulässigerweise offenbart, dass ihr angeblicher Sohn einen Vertrag über Jahreskarten mit den Verkehrsbetrieben abgeschlossen hatte, ihm die Karten ausgehändigt wurden, in welcher Straße er bisher gewohnt hatte und dass die Verkehrsbetriebe erwägten, einen Strafantrag wegen Betrugs zu stellen.