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Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz; Stand: 1.2.2007

8. Gemeinden, Städte und Landkreise

8.1. Änderung des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes

Im Berichtszeitraum wurde das Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz geändert (Gesetz zur Änderung des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes und anderer Vorschriften vom 26.07.2006, GVBl. S. 405). Aus datenschutzrechtlicher Sicht sind insbesondere die Aufnahme einer Regelung über Wahlhelferdateien, die Verpflichtung der bayerischen Behörden zur Benennung von Bediensteten zur Besetzung der Wahlvorstände und der Briefwahlvorstände sowie die Ersetzung der öffentlichen Auslegung des Wählerverzeichnisses durch ein Recht auf Einsichtnahme von Bedeutung. Durch diese Änderungen wurde das Kommunalrecht an entsprechende Vorschriften im Bundes- und Landeswahlrecht angepasst (vgl. hierzu auch 21. Tätigkeitsbericht 2004 Nr. 11.7 und 20. Tätigkeitsbericht 2002 Nr. 9.1). Die Rechtslage stellt sich zusammengefasst wie folgt dar:

Nach Artikel 6 Abs. 4 des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes (GLKrWG) dürfen die in dieser Vorschrift abschließend aufgeführten Daten von Wahlberechtigten zum Zweck ihrer Berufung zu Mitgliedern von Wahlvorständen und Briefwahlvorständen erhoben, verarbeitet und genutzt werden. Die zu diesem Zweck erhobenen Daten dürfen auch für künftige Wahlen verarbeitet werden, sofern der Betroffene nicht widersprochen hat. Der Betroffene ist über das Widerspruchsrecht zu unterrichten. Die Unterrichtung umfasst dabei die Pflicht zur umfassenden Aufklärung der betroffenen Person, welche ihrer Daten für künftige Wahlen verarbeitet und genutzt werden und dass sie auch der Verarbeitung und Nutzung einzelner Daten widersprechen kann.

Artikel 6 Abs. 5 GLKrWG soll es den Gemeinden erleichtern, die Wahlvorstände und die Briefwahlvorstände zu besetzen. Nach dieser Vorschrift werden die öffentlichen bayerischen Stellen auf Ersuchen der Gemeinden zur Benennung von Bediensteten verpflichtet. Aus kompetenzrechtlichen Gründen ist die Übermittlungspflicht wie im Landeswahlrecht auf die bayerischen öffentlichen Stellen beschränkt.

Artikel 12 Abs. 2 GLKrWG ersetzt in Angleichung an das Bundes- (§ 17 BWG) und Landeswahlrecht (Art. 4 LWG) die bisher vorgeschriebene öffentliche Auslegung des Wählerverzeichnisses durch ein Recht zur Einsichtnahme in das Wählerverzeichnis. Wahlberechtigte dürfen danach grundsätzlich nur die zu ihrer Person im Wählerverzeichnis eingetragenen Daten einsehen. Daten von anderen im Wählerverzeichnis eingetragenen Personen dürfen sie nur dann einsehen, wenn sie Tatsachen glaubhaft machen, aus denen sich insoweit eine Unrichtigkeit oder eine Unvollständigkeit des Wählerverzeichnisses ergeben kann. Mit dem Verzicht auf die Auslegung des Wählerverzeichnisses wurde einer von mir schon seit längerem erhobenen Forderung nunmehr auch für das Kommunalwahlrecht Rechnung getragen (vgl. 19. Tätigkeitsbericht 2000 Nr. 8.2 und 20. Tätigkeitsbericht 2002 Nr. 9.1).

8.2. Reform des Personenstandsrechts

Am 22.06.2005 hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Personenstandsrechts (Personenstandsrechtsreformgesetz) beschlossen, mit dem das geltende Personenstandsgesetz 1937 i.d.F. vom 08. August 1957 grundlegend reformiert werden soll. Der von der Bundesregierung beschlossene Gesetzentwurf wurde am 15.06.2006 dem Bundestag zur Beschlussfassung vorgelegt. Dem Entwurf war die Stellungnahme des Bundesrates sowie die Gegenäußerung der Bundesregierung beigefügt. Ziel des Entwurfs ist die Ablösung des geltenden Personenstandsgesetzes durch ein neues Personenstandsgesetz und die damit zusammenhängenden Änderungen sonstigen Bundesrechts unter Nutzung der elektronischen Möglichkeiten der Registerführung und Kommunikation mit dem Bürger sowie mit Behörden und anderen Stellen. Aus datenschutzrechtlicher Sicht sind insbesondere folgende Neuerungen von Bedeutung:

Anstelle der bisherigen Personenstandsbücher in Papierform sollen elektronisch geführte Personenstandsregister eingeführt werden; die Beurkundungsdaten sollen auf das für die Dokumentation erforderliche Maß beschränkt werden; das sog. Familienbuch, das nach jeder Eheschließung angelegt wird und mit dem Ehepaar "wandert", soll abgeschafft werden; die Benutzung der Personenstandsbücher soll neugeordnet werden; auf Landesebene soll die Möglichkeit zur Einrichtung zentraler elektronischer Personenstandsregister bestehen und es soll eine rechtliche Grundlage für die Schaffung einer Testamentsdatei geschaffen werden.

Gegen eine elektronische Führung der Personenstandsregister habe ich aus datenschutzrechtlicher Sicht dann keine Bedenken, wenn eine regelmäßige elektronische Sicherung der Personenstandsregister erfolgt, diese Sicherungen zugriffs- und brandsicher aufbewahrt werden und aufgrund des Einsatzes der elektronischen Signatur keinerlei unberechtigte und unbemerkte Änderungen an den Registerdaten möglich sind.

Die beabsichtigte Abschaffung des Familienbuchs, das u.a. Daten über die Ehegatten und deren Eltern enthält, begrüße ich. Die Forderung nach einer Abschaffung dieses Buchs wurde von mir bereits im Jahr 1996 im Zusammenhang mit dem Vorentwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Personenstandsgesetzes unterstützt. Für die Abschaffung des Familienbuchs liegen berechtigte Gründe vor; so ist vor allem die Nachfrage nach Personenstandsurkunden aus diesem Buch, das auch in der Bevölkerung weitgehend unbekannt ist, nur gering, da für öffentliche und private Vorlagezwecke meist Personenstandsurkunden aus dem Primärbuch (z.B. Geburtsurkunde aus dem Geburtenbuch) gefordert werden.

Aus Gründen der Datensparsamkeit und der Erforderlichkeit begrüße ich auch, dass die in den einzelnen Registern gespeicherten Daten auf einen Kerndatenbestand beschränkt werden sollen. So soll künftig insbesondere auf die Angabe des Berufs, der in der heutigen Zeit keine personenstandsrechtliche Aussagekraft mehr aufweist, verzichtet werden.

Der Entwurf sieht außerdem vor, die Benutzung der Personenstandsbücher vor Ablauf der für die Führung der Personenstandsregister festgelegten Fristen bereits bei Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses zuzulassen, wenn seit dem Tod des zuletzt verstorbenen Beteiligten (Beteiligte sind beim Geburtseintrag die Eltern und das Kind, beim Eheeintrag die Ehegatten und beim Lebenspartnerschaftseintrag die Lebenspartner) dreißig Jahre vergangen sind. Diese Regelung liegt im Interesse der Familien- und Heimatforschung. Da der Begriff des "berechtigten" Interesses allerdings weit umfassend ist (berechtigtes Interesse ist jedes rechtlich anerkennenswerte Interesse, also z.B. auch ein wirtschaftliches Interesse), habe ich gegenüber dem Bayerischen Staatsministerium des Innern eine Prüfung angeregt, ob hier Einschränkungen geboten sind. So wäre z.B. zu prüfen, ob die Benutzung der Personenstandsbücher auf Grund eines berechtigten Interesses auf bestimmte Forschungen beschränkt bleiben sollte oder ggf. auch versagt werden sollte, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Interessen Betroffener oder Dritter entgegenstehen.

§ 67 des Gesetzentwurfs eröffnet die Möglichkeit der Einrichtung zentraler elektronischer Register auf Landesebene. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung ein zentrales Register einrichten und nähere Vorschriften über die Führung des Registers treffen (§ 74 Abs. 1 Nr. 3 des Entwurfs). Aus datenschutzrechtlicher Sicht bestehen dagegen grundsätzliche Bedenken. Zentrale Datenbestände wecken generell Begehrlichkeiten, die mit der zunehmenden Automatisierung der Datenverarbeitung noch wachsen. Sie bergen auch ein erheblich größeres Gefahrenpotenzial für die Sicherstellung des Datenschutzes als dezentrale Datenbestände.

8.3. Datenerhebungen im Zusammenhang mit der Zweitwohnungssteuer

Aufgrund einer Änderung in Art. 3 Abs. 3 Kommunalabgabengesetz (KAG) durch § 6 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung des Kommunalrechts vom 26. Juli 2004 (GVBl. S. 272) haben die Kommunen die Möglichkeit erhalten, eine Zweitwohnungssteuer zu erheben. In diesem Zusammenhang haben sich mehrere Bürger an mich gewandt und um datenschutzrechtliche Prüfung insbesondere der Fragebögen (sog. Steuererklärungen zur Zweitwohnungssteuer) gebeten, die ihnen von den Kommunen zur Beantwortung übersandt worden waren. In den mir vorgelegten Fragebögen soll der Steuerpflichtige unter anderem Angaben über Namen, Vornamen, Geburtsdaten und Anschriften der Mitbewohner der gesamten Wohnung, über Wohnungseigenschaften (z.B. Baujahr, besondere Merkmale der Wohnung, Angaben zur Modernisierung etc.) sowie bei einer gemieteten Wohnung über die Höhe des Zinssatzes machen. Außerdem soll bei einer gemieteten Wohnung eine Kopie des Mietvertrags und eine aktuelle Mietbescheinigung des Vermieters vorgelegt werden.

Die Zulässigkeit der Datenerhebung durch die kommunalen Steuerbehörden richtet sich nach dem Kommunalabgabengesetz und der jeweiligen Zweitwohnungssteuersatzung. Das Kommunalabgabengesetz erklärt in Art. 13 eine Vielzahl von Vorschriften der Abgabenordnung (AO) für anwendbar. Hier sind insbesondere die Vorschriften der §§ 85 - 93 AO zu beachten. Nach § 85 AO hat die Finanzbehörde (hier: das kommunale Steueramt) die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen (§ 88 Abs. 1 AO; Untersuchungsgrundsatz). Die Beteiligten (hier: i.d.R. die Steuerpflichtigen) sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet (Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 a KAG i.V.m. §§ 149 ff AO und der jeweiligen kommunalen Satzungen über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer). Sie kommen ihrer Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offen legen. Als Korrektiv für die i.d.R. weitreichenden Auskunftspflichten des Bürgers in steuerlichen Angelegenheiten hat der Gesetzgeber ein restriktives Steuergeheimnis in § 30 AO normiert. Die Vorschrift des § 30 AO gilt auch für kommunale Steuern wie die Zweitwohnungssteuer (Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 c) KAG).

Zu der Frage, inwieweit die vom Steuerpflichtigen in den Steuererklärungen geforderten Angaben zur Veranlagung der Zweitwohnungssteuer tatsächlich erforderlich sind, habe ich fachliche Stellungnahmen beim Bayerischen Staatsministerium des Innern sowie beim Bayerischen Gemeindetag eingeholt. Nach Mitteilung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern und des Bayerischen Gemeindetags begründet sich die Erforderlichkeit der Angaben über Eigentums- und Mietverhältnisse, Wohnflächen und ggf. Beschränkungen auf Wohnteilflächen sowie über Baujahr und besondere Wohnungsmerkmale wie folgt:

Nach den kommunalen Satzungen über die Zweitwohnungssteuer ist derjenige steuerpflichtig, der die Wohnung innehat. Eine Wohnung hat inne, wer berechtigt die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Wohnung besitzt (Eigentümer, Miteigentümer, Mieter, Untermieter, Mitbewohner etc.). Da je Wohnung maximal einmal die Zweitwohnungssteuer erhoben wird, ist bei der Veranlagung einer gemeinschaftlich genutzten Wohnung zu unterscheiden, ob jedem Verfügungsberechtigten die Nutzungsmöglichkeit über die gesamte Wohnung zusteht. Erstreckt sich die Nutzung eines Verfügungsberechtigten nur über einen Teilbereich der Wohnung, erfolgt lediglich eine anteilige Veranlagung der Steuerpflichtigen.

Nach den Zweitwohnungssteuersatzungen wird die Steuer nach dem jährlichen Mietaufwand berechnet. Für Wohnungen, die im Eigentum des Steuerpflichtigen stehen, ist die Nettokaltmiete in der ortsüblichen Höhe anzusetzen. Angaben über das Baujahr sowie die besonderen Wohnungsmerkmale (z.B. über die Ausstattung der Wohnung und den Modernisierungsgrad) sind bei einer im Eigentum stehenden Wohnung daher erforderlich, um die ortsübliche Nettokaltmiete ermitteln zu können. Auch bei allen Formen der Gebrauchsüberlassung sind diese Angaben notwendig, um die Nettokaltmiete ggf. schätzen zu können. Die Vorlage des Mietvertrags dient vor allem der Feststellung, ob die Wohnung ganz oder teilweise überlassen und ob die Wohnung ganzjährig und ggf. nur anteilig vermietet ist. Die Vorlage der Mietbescheinigung ist erforderlich, um die aktuelle Miethöhe belegen zu können.

Zu der Frage der Erforderlichkeit von Angaben des Steuerpflichtigen über Familienangehörige hat der Bayerische Gemeindetag darauf hingewiesen, dass jede (ggf. auch minderjährige) Person, die eine Zweitwohnung innehat, steuerpflichtig ist. Das in der Zweitwohnungssteuersatzung festgeschriebene Institut der Gesamtschuldnerschaft berechtigt die Steuerbehörde, die festgesetzte Zweitwohnungssteuer von jeder Person, die gemeinsam mit anderen eine Wohnung inne hat - insgesamt jedoch nur einmal - in voller Höhe zu verlangen. Die beim Betroffenen bestehende Verpflichtung zur Nennung dieser Personen ergibt sich aus § 93 Abs. 1 Satz 1 AO, da diese Angaben für die Besteuerung erheblich sind. Gemäß § 155 Abs. 3 AO kann gegen Steuerpflichtige, die eine Steuerschuld gesamtschuldnerisch schulden, ein zusammengefasster Steuerbescheid ergehen. Die Namen und Geburtsdaten aller Mitbewohner sind daher zur eindeutigen Feststellung des bzw. der Steuerpflichtigen - etwa bei Namensgleichheit - erforderlich. Des Weiteren lässt das Alter der Bewohner Rückschlüsse darüber zu, in welcher Reihenfolge die gesamtschuldnerisch haftenden Steuerpflichtigen herangezogen werden (z.B. wird in der Regel zunächst der Haushaltsvorstand und nicht das minderjährige Kind herangezogen).

Aus datenschutzrechtlicher Sicht halte ich die im Rahmen der Steuererklärungen gestellten Fragen sowie die Vorlage von Nachweisen (z.B. Mietvertrag) zur Aufgabenerfüllung der jeweiligen kommunalen Steuerbehörde aus den genannten Gründen für erforderlich. Da die kommunale Steuerbehörde die Zweitwohnungssteuer gleichmäßig festzusetzen hat (§ 85 AO), hat sie den steuerlichen Sachverhalt (hier: Feststellung des Steuerschuldners und der Bemessungsgrundlage für die Zweitwohnungssteuer) sorgfältig beim Betroffenen zu ermitteln. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Begriff des "Innehabens einer Zweitwohnung" in der Rechtsprechung bereits umfassend judiziert wurde. Im Hinblick auf die dafür vorgetragenen Argumente habe ich auch keine Einwendungen dagegen erhoben, dass im Fragebogen unter anderem Angaben über Familienverhältnisse gefordert werden.

Personenbezogene Daten sind beim Betroffenen mit seiner Kenntnis zu erheben (Art. 16 Abs. 2 Satz 1 Bayerisches Datenschutzgesetz - BayDSG). Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Einzelne über die Preisgabe und Verwendung seiner Daten grundsätzlich selbst bestimmen kann. Hierzu zählt auch, dass der Steuerschuldner hinreichend darüber informiert wird, inwiefern die von der Steuerbehörde geforderten Angaben oder Nachweise zur Ermittlung des steuerlichen Sachverhalts benötigt werden. Ich habe die überprüften Kommunen daher aufgefordert, den Steuerpflichtigen detailliert - z.B. im Rahmen eines der Steuererklärung beiliegenden Informationsblat
tes - darüber aufzuklären, warum die nachgefragten Daten sowie die Vorlage der Nachweise im Einzelnen für die Festsetzung der Zweitwohnungssteuer erforderlich sind. Des Weiteren habe ich die Kommunen auf die bei der Datenerhebung zu beachtenden Hinweis- und Aufklärungspflichten nach Art. 16 Abs. 3 BayDSG hingewiesen. So sollte insbesondere auch in der Steuererklärung selbst auf die Rechtsvorschrift hingewiesen werden, nach der der Steuerpflichtige zur Auskunft verpflichtet ist (Art. 16 Abs. 3 Satz 2 und Satz 4 BayDSG).

8.4. Biometrische Ausweisdokumente

Bereits mit den Artikeln 7 und 8 des Terrorismusbekämpfungsgesetzes vom 9. Januar 2002 wurden das Passgesetz und das Personalausweisgesetz dahingehend geändert, dass der Pass- bzw. Personalausweis neben dem Lichtbild und der Unterschrift weitere biometrische Merkmale von Fingern oder Händen oder Gesicht des Passinhabers bzw. des Personalausweisinhabers enthalten darf. Die Einrichtung einer bundesweiten Datenbank hat der Gesetzgeber ausgeschlossen (§ 4 Abs. 4 Satz 2 PaßG und § 1 Abs. 5 Satz 2 PAuswG).)

Die Aufnahme biometrischer Merkmale in die Pässe wurde inzwischen von der Europäischen Gemeinschaft verbindlich geregelt. So sind nach Art. 1 Abs. 2 Satz 1 der am 18. Januar 2005 in Kraft getretenen "Verordnung (EG) Nr. 2252/2004 des Rates vom 13. Dezember 2004 über Normen für Sicherheitsmerkmale und biometrische Daten in von den Mitgliedsstaaten ausgestellten Pässen und Reisedokumenten" (EG-PassVO) die Pässe und Reisedokumente mit einem Speichermedium zu versehen, das ein Gesichtsbild enthält. Nach Art. 1 Abs. 2 Satz 2 EG-PassVO fügen die Mitgliedstaaten auch Fingerabdrücke in inoperablen Formaten hinzu. Art. 1 Abs. 2 Satz 3 EG-PassVO sieht vor, dass die Daten zu sichern sind und das Speichermedium eine ausreichende Kapazität aufweisen und geeignet sein muss, die Integrität, die Authentizität und die Vertraulichkeit der Daten sicherzustellen. Die Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in allen Mitgliedstaaten.

In der Bundesrepublik Deutschland wird seit dem 1.11.2005 das digitalisierte Gesichtsbild auf den Reisepässen in einem integrierten Chip gespeichert. Dazu wurde vom Bundesministerium des Innern mit Zustimmung des Bundesrates die Zweite Verordnung zur Änderung passrechtlicher Vorschriften vom 8. August 2005 (BGBl I S. 2306) erlassen. Die Fingerabdrücke sollen in einer zweiten Stufe ab November 2007 auf dem Chip des biometrischen Passes
(= ePass) gespeichert werden. Die EG-Verordnung sieht dies bis zum 28.2.2008 vor.

Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder hat in einer Entschließung vom 1. Juni 2005 vor den Risiken elektronisch lesbarer biometrischer Ausweisdokumente gewarnt. Sie hat dabei u.a. auf die Gefahren einer Falscherkennung und der damit verbundenen erheblichen Konsequenzen für die Betroffenen hingewiesen, die hier einem besonderen Rechtfertigungsdruck und zusätzlichen Kontrollmaßnahmen ausgesetzt werden. Zur Gewährleistung von Datenschutz und Datensicherheit hat sie die dafür erforderlichen rechtlichen, organisatorischen und technischen Maßnahmen gefordert. Die Entschließung ist als Anlage Nr. 4 abgedruckt.

8.5. Elektronische Ratsinformationssysteme

Gemeinden, die die Einführung eines elektronischen Ratsinformationssystems planten, haben sich mit der Bitte um datenschutzrechtliche Beratung an mich gewandt. Vorgesehen war, den Gemeinderatsmitgliedern in einem passwortgeschützten Bereich der Homepage der Gemeinde Sitzungsvorlagen, Sitzungsniederschriften und die Einladungen zu den Sitzungen zum Abruf bereit zu stellen. Aus datenschutzrechtlicher Sicht vertrete ich dazu folgende Auffassung:

Sitzungsvorlagen der Verwaltung sind interne Ausarbeitungen für den Gemeinderat bzw. die Ausschüsse. Die Vorlagen werden nur insoweit in die öffentliche Sitzung eingeführt, als sie der Bürgermeister mündlich vorträgt. Eine Bereitstellung von Sitzungsunterlagen zum Abruf durch die Gemeinderatsmitglieder kommt daher nur für solche Unterlagen in Betracht, die nicht lediglich als Tischvorlagen für die Dauer der Sitzung zur Verfügung gestellt werden sollen und setzt voraus, dass Dritte weder lesend noch schreibend auf die Unterlagen zugreifen können. Ebenso sind unbefugte Kenntnisnahmen und Zugriffe auf Einladungen zu Sitzungen, die auch die Angaben der Tagesordnungspunkte der nichtöffentlichen Sitzungen erfordern, und auf Sitzungsniederschriften, die nur für die Gemeinderatsmitglieder bestimmt sind, auszuschließen.

Um wirksam ausschließen zu können, dass Dritten ein Zugriff auf dienstliche Unterlagen im häuslichen Computer ermöglicht wird, sollte ein Speichern dieser Unterlagen auf dem häuslichen Computer der Gemeinderatsmitglieder, der in aller Regel keine professionellen Sicherheitskomponenten enthält, untersagt sein. Im Bedarfsfalle könnten die Unterlagen zu Hause ausgedruckt werden. Die Ausdrucke lassen sich im häuslichen Bereich kostengünstiger schützen als gespeicherte Informationen.

Aus technisch-organisatorischer Sicht ergeben sich darüber hinaus noch folgende Anmerkungen:

  • Sollte für den Zugriffsschutz auf das Ratsinformationssystem lediglich ein gemeinsames Passwort zur Authentisierung genutzt werden (welches somit allen Berechtigten bekannt sein muss), ist dies abzulehnen, da ansonsten auch ausgeschiedene Gemeinderatsmitglieder weiterhin Zugriff auf diesen Bereich hätten. Es muss somit gewährleistet sein, dass jeder Berechtigte zur Identifizierung und Authentisierung über eine eigene Benutzerkennung und ein individuelles - nur ihm bekanntes - Passwort verfügt.
  • Eine eventuelle Datenübertragung zwischen dem Ratsinformationssystem und dem Rechner eines Berechtigten über das Internet muss verschlüsselt erfolgen. Die Errichtung eines VPN (Virtuellen Privaten Netzes) zur Gewährleistung der Vertraulichkeit wird dringend angeraten.
  • Die Authentizität und die Integrität der Daten im Ratsinformationssystem müssen (z.B. durch den Einsatz der elektronischen Signatur) gewährleistet sein. Gleiches gilt für eine eventuelle Datenübertragung über das Internet.
  • Falls ein Download von Dateien aus dem Ratsinformationssystem erlaubt ist, müssen die PC der Empfänger der Datenübertragung ebenfalls gegen einen unerlaubten Zugriff auf die übermittelten Daten gesichert werden.

8.6. Aufstellung von Web-Cams durch Kommunen

Von der Presse und einem Bürger bin ich auf die Übertragung von Bildern des Marktplatzes einer Kommune im Internet mittels einer Web-Cam aufmerksam gemacht worden. Den Vorgang habe ich aus datenschutzrechtlicher Sicht wie folgt bewertet:

Nach Art. 15 Abs. 1 des Bayerischen Datenschutzgesetzes ist die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur auf der Grundlage eines Gesetzes oder einer Einwilligung der Betroffenen zulässig. Für die Erhebung personenbezogener Daten und deren Übermittlung über das Internet an die Allgemeinheit mittels einer Web-Cam durch Kommunen gibt es keine Rechtsgrundlage. Eine Einwilligung in die Datenerhebung und -übermittlung ist schon angesichts eines nicht bestimmbaren Personenkreises potenziell Betroffener und der fehlenden Freiwilligkeit ausgeschlossen. Web-Cam-Aufnahmen und deren Übertragung im Internet sind daher nur dann zulässig, wenn jede Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen, insbesondere des Persönlichkeitsrechts von Bürgern ausgeschlossen ist. Das ist nur dann der Fall, wenn die Aufnahmen nicht personenbezogen sind, d.h. wenn auf den Bildern weder Personen noch Fahrzeuge identifizierbar sind. Bloße Übersichtsaufnahmen ohne Personenbezug sind datenschutzrechtlich unbedenklich.

In dem zu beurteilenden Fall waren auf den Bildern vom Marktplatz der betreffenden Kommune im Internet zwar weder die Gesichter der aufgenommen Personen noch Kfz-Kennzeichen erkennbar. Allerdings war es möglich, dass Internetbenutzer, die aufgenommene Personen persönlich oder zumindest vom Sehen her kannten, diese z.B. anhand der Körperhaltung, Kleidung, mitgeführten Gegenständen etc. identifizieren konnten. Ich habe die Kommune deshalb gebeten, die Kameraeinstellung oder den Kamerastandort so zu ändern, dass auch eine derartige Identifizierung von Personen ausgeschlossen ist.

8.7. Beauftragung Privater mit der Videoüberwachung kommunaler Wertstoff-höfe

Zur Videoüberwachung kommunaler Wertstoffhöfe habe ich mich in meinem 18. Tätigkeitsbericht unter der Nr. 18.1. geäußert. Im Berichtszeitraum bin ich aufgrund einer Beschwerde über eine Gemeinde mit der Frage befasst worden, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen damit auch private Dritte beauftragt werden können. Ich vertrete dazu die folgende Auffassung:

Das Bayerische Oberste Landesgericht hat sich mit Beschlüssen vom 05.03.1997 (Gz. 1 0bOwi 785/97) und vom 11.07.1997 (Gz. 1 0bOWi 282/97), die den Regierungen mit Schreiben vom 26.03. und 11.08.1997, Nr. IC4-3618.3011-13- Krä und vom 30.05.1997, Nr. IC4-3618.3011-13-Ben, übermittelt wurden, ausführlich über die Grenzen der Einbeziehung Privater bei der Verfolgung und Feststellung von Geschwindigkeitsverstößen im Rahmen der kommunalen Verkehrsüberwachung geäußert.

Im Hinblick darauf, dass bei einer Videoüberwachung und -aufzeichnung grundsätzlich ein erheblicher Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung vorliegt sowie in Anlehnung an die o.g. Gerichtsbeschlüsse halte ich die Beauftragung Privater mit der eigenständigen Feststellung und ggf. auch Verfolgung von Verstößen auch im Bereich der illegalen Entsorgung von Müll aus datenschutzrechtlicher Sicht für unzulässig:

Vergleichbar der Einbeziehung Privater bei Geschwindigkeitsverstößen in der kommunalen Verkehrsüberwachung war auch in dem hier zu beurteilenden Fall bei der von der betroffenen Gemeinde vorgenommenen Beauftragung einer privaten Firma mit der Videoüberwachung des Wertstoffhofs zum Zwecke der Feststellung und Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten die Grenze zur Übertragung hoheitlicher Aufgaben überschritten. Solche Aufgaben dürfen nach Art. 33 Abs. 4 GG grundsätzlich nur von Angehörigen des öffentlichen Dienstes durchgeführt werden, solange nicht eine gesetzliche Beleihung erfolgt. Derartige eingriffsintensive Maßnahmen stehen daher ausschließlich der für das Ordnungswidrigkeitenverfahren zuständigen Verfolgungsbehörde zu. Lediglich einzelne Tätigkeiten können in diesem Zusammenhang auch durch private Dritte durchgeführt werden, wenn es sich dabei um bloße Hilfstätigkeiten handelt. Dabei muss jedoch sichergestellt sein, dass die verfahrensrechtlichen Entscheidungen (intern und nach außen) von der zuständigen Verfolgungsbehörde getroffen werden. Insbesondere dürfen alle hoheitlichen Maßnahmen (wie Versand von Anhörungsbögen, Erlass und Zustellung von Bußgeldbescheiden etc.) nur durch die zuständige öffentliche Stelle erfolgen.

Unter der Prämisse, dass die für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten im Rahmen der illegalen Müllentsorgung zuständige Behörde "Herrin" des Ermittlungsverfahrens bleibt, wäre daher eine Einbeziehung Privater nur gemäß der nachstehenden Modalitäten zulässig:

Bei der Durchführung der Videoüberwachung und -aufzeichnung zum Zweck der Ermittlung illegaler Müllentsorger kann die zuständige öffentliche Stelle die Dienste privater Firmen in Anspruch nehmen z.B. durch die Anmietung, das Leasing oder die Wartung von Überwachungsgerät (z.B. Videokameras). Dabei kann auch vereinbart werden, dass der private Vertragspartner das Überwachungsgerät mit eigenem Personal bedient sowie die Aufnahmen bzw. Aufzeichnungen entwickelt und auswertet. Voraussetzung ist dann jedoch, dass die Tätigkeit des privaten Personals vor Ort ständig von einem fachkundigen Bediensteten der zuständigen öffentlichen Stelle beaufsichtigt wird, der mit den technischen Details vertraut sein muss und die Videoaufnahmen sowie ggf. auch die Folgetätigkeiten verantwortlich leiten muss. Zum Einsatz Privater im Rahmen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes verweise ich auf den Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 05.03.1997, BayVBl 1997, S. 413. Eine ständige Beaufsichtigung vor Ort entfällt naturgemäß bei fest installierten Kameras, die automatisch Aufnahmen mittels eines Bewegungsmelders anfertigen.

Die Bestimmungen des Datenschutzes, insbesondere Art. 6 Abs. 1 und 2 Bayerisches Datenschutzgesetz (BayDSG), sind zu beachten. In der geforderten schriftlichen Auftragserteilung sind insbesondere Regelungen über die Art der Anlieferung bzw. Abholung der Videoaufnahmen, des Zugriffsschutzes und des Ausschlusses von Unterauftragsverhältnissen zu treffen. Die eingesetzten Mitarbeiter des privaten Vertragspartners sind im Hinblick auf § 203 Abs. 2 Nr. 2 Strafgesetzbuch (StGB) besonders zu verpflichten. Dies könnte z.B. mit dem Formblatt "Niederschrift über die Verpflichtung zur gewissenhaften Erfüllung von Obliegenheiten" nach dem Verpflichtungsgesetz erfolgen. Das Formblatt ist abgedruckt im AllMBl 1996, Seite 281. Des Weiteren wird die vertragliche Festlegung von Konventionalstrafen empfohlen. Bei der Auswertung der Aufnahmen muss außerdem sichergestellt sein, dass letztlich der Bedienstete der zuständigen Behörde über die Beweiseignung einer Aufnahme und die Frage, ob ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet wird, entscheidet. Dies bedeutet, dass ihm auch Aufnahmen zur Entscheidung vorgelegt werden, bei denen nach Auffassung des privaten Personals eine Beweiseignung fehlt. Die Festlegung von Ort, Zeit und Umfang der Videoüberwachung ist ebenfalls ausschließlich der zuständigen Behörde vorbehalten. Die zuständige Stelle ist auch allein verantwortlich für die Durchführung der Videoüberwachung. Sie kann dem privaten Vertragspartner hoheitliche Aufgaben in keinem Falle zur eigenständigen Erledigung übertragen.

In dem zu beurteilenden Fall war die Videoüberwachung des Wertstoffhofs in mehrfacher Hinsicht unzulässig und wurde von mir deshalb beanstandet. Außer der Beauftragung eines privaten Dritten im Rahmen der Videoüberwachung nicht lediglich mit bloßen Hilfstätigkeiten war der Erfassungsbereich der Kameras nicht auf den Bereich des Wertstoffhofs beschränkt, sondern hatte einen angrenzenden Radweg einbezogen, und schließlich wurde die Videoüberwachung zunächst auch noch ohne ausreichende Hinweise auf die Überwachung durch entsprechende Schilder durchgeführt.

8.8. Videoüberwachung öffentlicher Toilettenanlagen

Ein Bürger hat sich bei mir darüber beschwert, dass eine Stadt ihre öffentlichen Toilettenanlagen videoüberwacht. Auf vom Beschwerdeführer übersandten Fotos konnte man erkennen, dass in den Innenräumen der Toiletten Kameras angebracht waren. Die von mir dazu befragte Kommune teilte mit, dass es bei ihren öffentlichen Toilettenanlagen, die erst vor wenigen Jahren mit beträchtlichem Aufwand saniert oder neu errichtet worden seien, immer wieder zu mutwilligen und gravierenden Beschädigungen gekommen sei. Um diese Beschädigungen zu verhindern und im Schadensfall den Täter gegebenenfalls identifizieren zu können, seien daher in allen Toilettenanlagen Überwachungskameras installiert worden. Der Überwachungsbereich der Kameras sei durch mechanische Sperren so beschränkt worden, dass Beeinträchtigungen der Rechte der Nutzer ausgeschlossen seien. Eine Auswertung der Videoaufnahmen erfolge nur, wenn konkrete Beschädigungen vorgefunden werden. Auf die Videoüberwachung werde an der Eingangstüre zur Toilette ausdrücklich hingewiesen. Ich habe die Videoüberwachung der öffentlichen Toilettenanlagen aus datenschutzrechtlicher Sicht wie folgt bewertet:

Die Beobachtung von Bürgern durch den Einsatz von Videotechnik stellt einen Eingriff in deren allgemeines Persönlichkeitsrecht dar. Soweit bei einer Videoüberwachung Personen erkennbar sind, stellt dies eine Erhebung personenbezogener Daten i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Bayerisches Datenschutzgesetz (BayDSG) dar. Werden Videoaufzeichnungen gefertigt, die im Nachhinein betrachtet und ausgewertet werden können, liegt auch eine Speicherung personenbezogener Daten vor (Art. 4 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 BayDSG). Die nachträgliche Betrachtung und Auswertung stellt eine Datennutzung im Sinne des Art. 4 Abs. 7 BayDSG dar.

Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten ohne Rechtsgrundlage oder informierte Einwilligung des Betroffenen ist unzulässig (Art. 15 Abs. 1 BayDSG). Eine Einwilligung ist hier angesichts eines nicht bestimmbaren Personenkreises potenziell Betroffener und der fehlenden Freiwilligkeit ausgeschlossen. Als Rechtsgrundlage für die Videoüberwachung kommt Art. 16 Abs. 1 BayDSG in Betracht. Danach ist das Erheben personenbezogener Daten zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der erhebenden Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist. Erforderlich ist eine Datenerhebung dann, wenn die Kenntnis der Daten zur Erreichung des Zwecks objektiv geeignet ist und im Verhältnis zu dem angestrebten Zweck auch angemessen erscheint (vgl. Wilde/Ehmann/Niese/Knoblauch, Bayerisches Datenschutzgesetz, Art. 16 Rdnr. 9).

Eine Videoüberwachung der Toiletten halte ich zum Schutz öffentlichen Eigentums vor Beschädigungen und Randalismus zwar grundsätzlich für geeignet. Ob die Videoüberwachung aber auch angemessen erscheint, ist im Rahmen einer Güterabwägung zwischen den Belangen der Stadt (=Schutz des Eigentums vor Beschädigung und Vandalismus) und den schutzwürdigen Interessen der von der Überwachung betroffenen Personen zu prüfen.

In eine Güterabwägung ist einzubeziehen, dass das vom Grundgesetz in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht das Recht des Bürgers umfasst, sich unbeobachtet im öffentlichen Raum zu bewegen. In dieses Recht wird, wie oben ausgeführt, durch eine Videoüberwachung eingegriffen. Dabei sind die Bürger allein schon durch die Kenntnis der Überwachung hinsichtlich ihres Verhaltens einem latenten Anpassungsdruck ausgesetzt. Eine Videoüberwachung ist daher, ihre grundsätzliche Geeignetheit zu dem verfolgten öffentlichen Zweck vorausgesetzt, nur in engen Grenzen zulässig. Gegenüber dem mitgeteilten Zweck der Verhinderung und Verfolgung von Eigentumsstörungen sind überwiegende schutzwürdige Interessen der von der Überwachung betroffenen Bürger in aller Regel dann anzunehmen, wenn die Videoüberwachung Bereiche erfasst, die dem höchstpersönlichen Bereich oder dem Intimbereich der beobachteten Personen zuzuordnen sind. Dies ist etwa bei Duschen, Umkleideräumen und Toiletten der Fall (vgl. u.a. Kommentierung des LfD Niedersachsen zu § 25 a Abs. 1 NDSG unter www.lfd.niedersachsen.de (externer Link)).

Die Videoüberwachung der öffentlichen Toiletten durch die betroffene Stadt stellte daher einen unzulässigen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen dar. Diese datenschutzrechtliche Bewertung erfuhr auch dadurch keine Änderung, dass nach den vorgelegten Fotos und der Aussage der Stadt dazu der Innenraum der Toiletten nicht lückenlos überwacht wurde, denn auch die nach den Fotos überwachten Bereiche der Toiletten, mithin die gesamten Innenräume der Toiletten, waren dem Intimbereich zuzurechnen, da das Verhalten der Bürger auch in diesen (überwachten) Bereichen besonders schutzwürdig ist. Aus datenschutzrechtlicher Sicht würde ich bei wiederholten und nicht unerheblichen Eigentumsstörungen jedoch eine Videoüberwachung der Toilettenzugänge und ggf. des räumlichen Umfelds von außen für vertretbar halten. Auch in diesem Fall wären die Betroffenen deutlich auf die Videoüberwachung hinzuweisen.

Nachdem die Kommune die Kameras in den öffentlichen Toiletten unverzüglich abgebaut hat, habe ich von einer Beanstandung abgesehen.

8.9. Telefonisches Warnsystem

Ein Landratsamt hat mir mitgeteilt, dass es sich mit dem Gedanken trägt, zur Verbesserung der Information der Bevölkerung im Katastrophen- und Großschadensfall über einen privaten Anbieter ein telefonisches Warnsystem einzurichten. Der Anbieter stelle sich vor, in Zusammenarbeit mit der örtlichen Katastrophenschutzbehörde lokal oder regional der Bevölkerung bei sog. Großschadensereignissen amtliche Warnmitteilungen und Verhaltensempfehlungen telefonisch zuzuleiten. Zu dem Vorgang habe ich eine fachliche Stellungnahme des Staatsministeriums des Innern eingeholt. Aus datenschutzrechtlicher Sicht vertrete ich zu dem Vorhaben folgende Auffassung:

Bei dem Verfahren sollen die Telefonnummern der Landkreisbewohner erhoben und zu Warnzwecken gespeichert werden. Telefonnummern natürlicher Personen sind durch ihre Zuordnung zum jeweiligen Anschlussinhaber personenbezogene Daten im Sinne des Art. 4 Abs. 1 des Bayerischen Datenschutzgesetzes (BayDSG). Nach Art. 15 Abs. 1 BayDSG ist die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig, wenn das Bayerische Datenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat.

Die Einholung einer Einwilligung dürfte hier angesichts des damit verbundenen unverhältnismäßig hohen Aufwands wohl nicht in Betracht kommen. Mangels einer bereichsspezifischen Rechtsvorschrift für die Zulässigkeit der Datenerhebung richtet sich diese nach Art. 16 Abs. 1 BayDSG. Die Erhebung personenbezogener Daten ist danach zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der erhebenden Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist. Erforderlich ist eine Datenerhebung dann, wenn die Kenntnis der Daten zur Erreichung des Zwecks objektiv geeignet ist und im Verhältnis zu dem angestrebten Zweck auch angemessen erscheint (vgl. Wilde/Ehmann/Niese/Knoblauch, Bayerisches Datenschutzgesetz, Art. 16 Rdnr. 9). Die Zulässigkeit der Datenerhebung vorausgesetzt, müssten die Daten hier nicht beim Betroffenen mit dessen Kenntnis erhoben werden, da sie aus allgemein zugänglichen Quellen (insbesondere aus öffentlichen Telefonbüchern) entnommen werden sollen (Art. 16 Abs. 2 Satz 1 BayDSG).

Bei der Prüfung der Geeignetheit der Datenerhebung zur Aufgabenerfüllung (Warnung der betroffenen Bevölkerung im Katastrophen- und Großschadensfall) ist zu berücksichtigen, dass wohl nicht alle Betroffene einen Telefonanschluss besitzen und dass nicht alle Anschlussinhaber in öffentlichen Telefonbüchern und elektronischen Telefonverzeichnissen eingetragen sind. Anschlussinhaber können auf einen Eintrag in öffentliche Verzeichnisse verzichten, einem solchen widersprechen und erfolgte Einträge jederzeit löschen lassen. Hinzu kommt, dass auch Personen, deren Telefonnummern in das Warnsystem aufgenommen worden sind, im Katastrophen- oder Großschadensfall durch einen Anruf nicht gewarnt werden können, weil sie den Anruf nicht entgegen nehmen, dieser lediglich auf einem Anrufbeantworter gespeichert wird oder das Telefon vom Betroffenen nicht gehört wird. Ein Warnanruf wird daher immer nur einen Teil der betroffenen Bevölkerung erreichen. Ein telefonisches Warnsystem könnte daher lediglich als ein zusätzliches Mittel zur Information der Bevölkerung eingesetzt werden.

Bei der Prüfung der Angemessenheit der Datenerhebung im Verhältnis zu dem angestrebten Zweck ist eine Güterabwägung vorzunehmen. Es ist hier zu prüfen, ob die zu erfüllende Aufgabe und deren konkrete Unterstützung durch telefonische Warnhinweise in einem angemessenen Verhältnis zu den schutzwürdigen Interessen der Betroffenen an einer Nichtverwendung ihrer Daten stehen. Dass der Schutz der Bürger im Katastrophen- und Großschadensfall von überragender Bedeutung ist steht außer Frage. Demgegenüber weisen die aus allgemein zugänglichen Quellen wie öffentlichen Telefonbüchern und elektronischen Telefonverzeichnissen entnommenen Telefonnummern nur eine geringe Sensibilität auf. Andererseits sind diese Daten für den genannten Zweck nur dann brauchbar, wenn sie so aufbereitet sind, dass im Katastrophen- bzw. Großschadensfall gezielt nur die davon betroffenen Bürger angerufen werden. Nach bestimmten Kriterien strukturierte Telefonnummern (z.B. nach dem Einwirkbereich von Störfallbetrieben) sind jedoch schutzwürdige personenbezogene Daten, weil sie auch für andere Zwecke genutzt werden können und deshalb für Dritte von Interesse sind.

Das Bayerische Staatsministerium des Innern hält es aus fachlicher Sicht für sachlich gerechtfertigt, eine Warnung der Bevölkerung auf telefonischem Weg einzurichten. Allerdings sollte nach Mitteilung des Ministeriums die Information bzw. die Warnung einen inhaltlichen Bezug zu einem bestimmten und feststehenden Empfängerkreis haben. Bei den Unwetterwarnungen wären dies z.B. bestimmte Ansprechpartner in den Gemeinden (Bürgermeister, Bauhof oder Feuerwehr). Auch für die Bevölkerung im Einwirkbereich von kerntechnischen Anlagen bzw. Störfallbetrieben mit einer erheblichen Gefahrenlast, die über den Luftpfad verbreitet werden können, sei eine unmittelbare und schnelle Alarmierung der Bevölkerung über Telefon zusätzlich zu Rundfunkdurchsagen durchaus zielführend. Unter diesen Einschränkungen halte ich im Ergebnis die Einrichtung eines telefonischen Warndienstes aus datenschutzrechtlicher Sicht für zulässig.

Soweit an eine Einbeziehung des privaten Anbieters über die Einrichtung des Warnsystems hinaus gedacht ist, halte ich dies nur im Rahmen einer Auftragsdatenverarbeitung nach Art. 6 BayDSG für zulässig. Speichernde Stelle wäre danach die Katastrophenschutzbehörde (vgl. Art. 4 Abs. 10 Satz 2 BayDSG sowie Wilde et al., a.a.O., Art. 4 Rdnrn. 99 und 100). Für eine Funktionsübertragung sehe ich keine Rechtsgrundlage.

Eine landesweite Aufnahme von Telefonanschlüssen ohne Bezug zu einer konkretisierten Gefährdungslage oder Aufgabe des Empfängers der Warnung hält das Bayerische Staatsministerium des Innern aus katastrophenschutzrechtlicher Sicht nicht für gerechtfertigt. Eine solche wäre daher nicht zulässig. Gegen eine landesweite Speicherung von Telefondaten in einer zentralen Datei hätte ich auch im Hinblick auf die allgemein von zentralen Datenbeständen ausgehenden Gefahren und angesichts der Begehrlichkeiten, die zentrale Datenbestände regelmäßig wecken, Bedenken.

8.10. Friedhofinformationssystem

Eine Stadt teilte mir mit, dass sie die Einführung eines sog. Friedhofinformationssystems beabsichtigt. Dabei soll auf dem Friedhof ein Informations-Terminal (PC) aufgestellt werden, das Friedhofsbesuchern die Möglichkeit eröffnet, nach dem Standort des Grabes eines Verstorbenen zu suchen. Zu diesem Zweck sollen auf dem PC der Name, das Geburtsdatum, das Sterbedatum sowie die Grabstelle gespeichert und ggf. auf dem Bildschirm angezeigt werden. Nach Auskunft der Stadt handelt es sich bei den personenbezogenen Daten nicht um Personenstands- oder Meldedaten, sondern um Daten, die der Friedhofsverwaltung von den Angehörigen mitgeteilt werden.

Gegen die Einführung eines solchen Friedhofinformationssystems habe ich im Hinblick darauf, dass es sich um die Bekanntgabe der Daten Verstorbener handelt, die zum überwiegenden Teil als offenkundig betrachtet werden können (z.B. aufgrund der allgemein üblichen Beschriftung der Grabsteine mit dem Geburts- und Sterbedatum des Verstorbenen), und dass ein erheblicher Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Angehörigen hier nicht erkennbar ist, keine grundsätzlichen datenschutzrechtlichen Bedenken, sofern folgende Voraussetzungen beachtet werden:

  • Die Suchfunktion des Terminals sollte so ausgestaltet werden, dass die Eingabe eines konkreten Namens eines Verstorbenen erforderlich ist.
  • Auf die Anzeige des Tages und Jahrs der Geburt sowie des Sterbetages sollte (zumindest bei allen Altfällen) verzichtet werden. Die Anzeige des Todesjahrs (auch bei Altfällen) ist datenschutzrechtlich vertretbar.
  • Bei allen Neufällen sollte vorab eine informierte Einwilligung der betroffenen Angehörigen eingeholt werden (Art. 15 BayDSG).
  • Im Hinblick auf bereits bestehende Grabstätten sollte vorab eine Information der Bürger über die beabsichtigte Einführung eines Friedhofinformationssystems und die damit verbundene Speicherung bzw. Übermittlung von Daten Verstorbener erfolgen (z.B. durch eine Bekanntmachung in der Tageszeitung, im Amtsblatt etc.). Dabei ist auch darauf hinzuweisen, dass betroffene Angehörige der Veröffentlichung von Daten des Verstorbenen im Rahmen des Friedhofinformationssystems jederzeit und ohne Angabe von Gründen formlos widersprechen können.

8.11. Veröffentlichung der Namen schulpflichtiger Kinder im gemeindlichen Mitteilungsblatt

Eltern schulpflichtiger Kinder haben sich bei mir darüber beschwert, dass ihre Wohnsitzgemeinde die Namen aller Kinder, die erstmals zum Schuljahr 2005/2006 schulpflichtig geworden sind, im gemeindlichen Mitteilungsblatt veröffentlicht hat. Die von mir dazu angehörte Gemeinde teilte mit, die Veröffentlichung der Namen der schulpflichtigen Kinder im Mitteilungsblatt der Gemeinde sei in Absprache zwischen der Gemeinde und der Schulverwaltung vorgenommen worden. Zur zusätzlichen Veröffentlichung im Mitteilungsblatt habe man sich entschlossen, nachdem es schon mehrfach vorgekommen sei, dass die aus Kostengründen den betroffenen Kindergartenkindern im Kindergarten zur Weitergabe an ihre Eltern mitgegebenen Schreiben der Schulverwaltung von den Kindern verlegt worden seien oder verloren gegangen seien. Außerdem sei es üblich, dass z.B. Erstklässler mit Namen und Bild in den örtlichen Tageszeitungen abgedruckt werden. Den Vorgang habe ich aus datenschutzrechtlicher Sicht wie folgt bewertet:

Die Namen und Vornamen der Kinder sowie der Hinweis auf ihre Schulpflicht und Schuleinschreibung sind personenbezogene Daten im Sinne des Art. 4 Abs. 1 des Bayerischen Datenschutzgesetzes (BayDSG). Die Veröffentlichung dieser Daten im Mitteilungsblatt der Gemeinde stellte eine Datenübermittlung an eine Vielzahl unbestimmter Dritter dar. Die Datenübermittlung ist eine Form der Datenverarbeitung (Art. 4 Abs. 6 Nr. 3 BayDSG). Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist nach Art. 15 Abs. 1 BayDSG zulässig, wenn das Bayerische Datenschutzgesetz oder eine Rechtsvorschrift sie erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat.

Die Einwilligung der betroffenen Eltern in die Veröffentlichung personenbezogener Daten ihrer Kinder im Mitteilungsblatt der Gemeinde lag nicht vor. Mangels einer bereichsspezifischen Rechtsvorschrift beurteilte sich daher die Veröffentlichung der Daten nach den Vorschriften des Bayerischen Datenschutzgesetzes.

Die Veröffentlichung der Daten der schulpflichtigen Kinder war nicht nach Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 BayDSG zulässig, weil sie zur Aufgabenerfüllung der Gemeinde nicht erforderlich war. Die Übermittlung amtlicher Schreiben erfolgt, soweit sie nicht im Wege der Zustellung nach den Vorschriften des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes vorgenommen wird, regelmäßig durch die Post mittels eines verschlossenen Briefes. Aus Kostengründen ist es insbesondere in kleineren Gemeinden auch durchaus üblich und zulässig, dass ein Behördenmitarbeiter amtliche Schreiben austrägt. Im vorliegenden Fall wäre es darüber hinaus möglich gewesen, den Eltern der schulpflichtigen Kindergartenkinder das Schreiben zur Schulanmeldung bei der Abholung ihres Kindes im Kindergarten mitzugeben. Schließlich hätte auch noch durch einen allgemeinen Hinweis (ohne zusätzliche Nennung der Namen der Kinder) im Mitteilungsblatt der Gemeinde auf die Schulanmeldung hingewiesen werden können.

Die Veröffentlichung war auch nicht nach Art. 19 Abs. 1 Nr. 2 BayDSG zulässig. Ein berechtigtes Interesse der Allgemeinheit an der Kenntnis der Namen der schulpflichtigen Kinder besteht nicht. Diese und ihre Eltern müssen darauf vertrauen können, dass die nach § 6 Bayerische Meldedaten-Übermittlungsverordnung (BayMeldeDÜV) an die zuständige Schule übermittelten Daten nicht an unbefugte Dritte oder, wie im vorliegenden Fall, gar an die Öffentlichkeit übermittelt werden.

Zum Hinweis der Gemeinde auf die Veröffentlichung personenbezogener Daten von Erstklässlern in der örtlichen Presse habe ich die Kommune auf die Nr. 4.4 Buchstabe e der mit mir abgestimmten "Erläuternden Hinweise für die Schulen zum Vollzug des Bayerischen Datenschutzgesetzes" - einer Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 19.04.2001, KWMBl I S. 112, geändert durch Bekanntmachung vom 10.10.2002, KWMBl I S. 354 - aufmerksam gemacht. Bereits dort ist geregelt, dass Veröffentlichungen der Schule der Einwilligung der Betroffenen bedürfen (s. dazu auch die Nr. 15.1 meines 19. Tätigkeitsberichts). Ergänzend habe ich darauf hingewiesen, dass die Schülerzeitung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 2 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) kein Druckwerk im Sinn des § 6 Abs. 1 des Gesetzes über die Presse ist. Sie ist nur zur Verbreitung innerhalb einer Schule bestimmt. Inhaltliche Beschränkungen der Schülerzeitung sind in Art. 63 Abs. 3 BayEUG gesetzlich normiert. Sie kann deshalb nicht als Vergleichsmaßstab herangezogen werden.

Die Veröffentlichung der Namen und Vornamen von schulpflichtigen Kindern im gemeindlichen Mitteilungsblatt habe ich nach Art. 31 Abs. 1 BayDSG beanstandet. Ein Absehen von der Beanstandung nach Art. 31 Abs. 3 BayDSG kam nicht in Betracht, weil es sich nicht um einen unerheblichen Mangel gehandelt hat und die Veröffentlichung auch nicht mehr rückgängig gemacht werden konnte.

8.12. Weitergabe einer Unterschriftenliste an einen Dritten

Bürger haben sich bei mir darüber beschwert, dass der erste Bürgermeister ihrer Gemeinde eine Unterschriftenliste an den Inhaber einer Privatfirma weitergegeben hat. Die Unterschriftenliste war einem Beschwerdeschreiben beigelegt, das mehrere Bürger im Zusammenhang mit dem Aufstellen von Containern in zwei Wohngebieten durch die Firma an den ersten Bürgermeister und die Gemeinderatsmitglieder gerichtet hatten. Die Weitergabe der Unterschriftenliste an den Firmeninhaber habe ich datenschutzrechtlich wie folgt bewertet:

Die Weitergabe der Unterschriftenliste stellte eine Übermittlung personenbezogener Daten an Dritte (Art. 4 Abs. 6 Nr. 3 a Bayerisches Datenschutzgesetz - BayDSG) dar. Personenbezogene Daten sind gemäß Art. 4 Abs. 1 BayDSG Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse bestimmter oder bestimmbarer natürlicher Personen (Betroffene). Dazu gehörten hier Name und Vorname der Unterschriftsleistenden und die damit zum Ausdruck gebrachte Tatsache der Einwendungen durch diese Personen.

Die vorliegende Datenübermittlung beurteilte sich nach Art. 19 Abs. 1 Nr. 2 BayDSG. Nach dieser Vorschrift ist die Übermittlung personenbezogener Daten an eine nicht-öffentliche Stelle u.a. nur dann zulässig, wenn diese ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der zu übermittelnden Daten glaubhaft darlegt. Ein berechtigtes Interesse ist jedes nach vernünftigen Erwägungen gerechtfertigte Interesse wissenschaftlicher, rechtlicher oder ideeller Art. Im vorliegenden Fall hatte der Firmeninhaber ein wirtschaftliches Interesse an der Aufstellung von Containern in den zwei betroffenen Wohngebieten. Er hatte damit lediglich ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der Tatsache, dass gegen das Vorhaben eine Liste mit Unterschriften in der Gemeinde eingereicht worden war und welche Gründe von den Unterzeichnern gegen das Vorhaben vorgetragen wurden. Ein darüber hinausgehendes Interesse an der Kenntnis der Namen der einzelnen Unterzeichner der Liste bestand dagegen nicht.

Art. 19 Abs. 1 Nr. 2 BayDSG setzt im Übrigen voraus, dass die Betroffenen, d.h. die Unterzeichner der Liste, kein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss der Datenübermittlung hatten. Das Schreiben mit der Unterschriftenliste war an den ersten Bürgermeister und die Gemeinderatsmitglieder der Wohnsitzgemeinde der Beschwerdeführer gerichtet. Ziel des Schreibens war es, auf die Entscheidungsfindung der Gemeinde dergestalt Einfluss zu nehmen, dass diese in den beiden Wohngebieten keine Container aufstellt. Die Unterzeichner der Liste durften darauf vertrauen, dass ihre an den ersten Bürgermeister und die Gemeinderatsmitglieder gerichteten persönlichen Daten von diesen nur zu dem übermittelten Zweck verwendet werden und nicht an das interessierte Unternehmen oder an sonstige Dritte weitergegeben werden. Es bestand somit ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse der Unterzeichner daran, dass die Daten nicht an den Firmeninhaber weitergegeben wurden. Die Weitergabe der Unterschriftenliste war daher rechtswidrig und wurde von mir beanstandet.

8.13. Verwendung der Blind-Copy-Funktion oder von Einzelanschriften beim Versand von E-Mails an mehrere Empfänger

Im Berichtszeitraum haben sich erneut Bürger bei mir darüber beschwert, dass ihre E-Mail-Adresse von Behörden beim Versand von Schreiben per E-Mail an eine Vielzahl von Personen allen anderen Empfängern mitgeteilt wurde. In einem Fall hatte ein Betroffener bereits eine Stunde nach dem Versand der E-Mails durch eine Gemeinde von einem anderen Empfänger eine Werbung per E-Mail erhalten.

Die Weitergaben der E-Mail-Adressen jedes Empfängers der E-Mails an alle andere Empfänger waren unzulässige Datenübermittlungen, die durch die Verwendung der Blind-Copy-Funktion (Bcc) oder durch Einzelanschriften hätten vermieden werden können. Ich nehme die erneuten Verstöße gegen den Datenschutz nochmals zum Anlass, auf die Beachtung der datenschutzrechtlichen Vorschriften beim Versand von E-Mails hinzuweisen (vgl. 20. Tätigkeitsbericht 2002 Nr. 9.10).