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Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz; Stand: 12.12.2002

12. Steuerverwaltung

12.1. Aufnahme datenschutzrechtlicher Bestimmungen in die Abgabenordnung

Bereits in der Vergangenheit habe ich mehrfach von Bemühungen der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder berichtet, die Aufnahme datenschutzrechtlicher Bestimmungen in die Abgabenordnung zu erreichen (vgl. 16. Tätigkeitsbericht Nr. 11.1, 17. Tätigkeitsbericht Nr. 11.1). Diese Bemühungen sind bisher am Widerstand der Finanzverwaltung gescheitert. Nun ist wieder Bewegung in die Sache gekommen und es sind Fortschritte erkennbar.

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz hat zur inzwischen gewünschten Beratung des Bundesministers der Finanzen eine Bund/Länderarbeitsgruppe einberufen, an der auch ich mich beteiligt habe. Im Ergebnis wurden in der Arbeitsgruppe detaillierte Vorschläge für datenschutzrechtlich erforderliche bzw. wünschenswerte Änderungen und Ergänzungen der Abgabenordnung erarbeitet.

Als wesentliche Punkte sind insbesondere zu nennen:

  • Regelung des Akteneinsichts- bzw. Auskunftsrechts
  • Regelung der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten im Auftrag (Outsourcing)
  • Regelung von Aufbewahrungsfristen, Löschung und Sperrung von Daten.

Ich gehe davon aus, dass auf Seiten der Finanzverwaltung nunmehr kein Hinderungsgrund mehr für den Eintritt in eine allfällige Diskussion besteht und das erwähnte Papier eine gute Diskussionsgrundlage darstellt.

12.2. Elektronische Lohnsteuerkarte (ElsterLohn)

Zum Projekt der Elektronischen Lohnsteuerkarte finden sich grundsätzliche Ausführungen bereits in meinem 19. Tätigkeitsbericht unter Nr. 11.3. Meine dort geäußerte Auffassung gilt unverändert fort.

Das Staatsministerium der Finanzen betreibt das Projekt mit Hochdruck und beabsichtigt in kürze eine Pilotierung. Aufgrund der mir zu Verfügung gestellten aktuellen Projektunterlagen habe ich aus datenschutzrechtlicher Sicht erneut Stellung genommen.

Ich habe insbesondere darauf hingewiesen, dass durch das vorgesehene Verfahren vom Grundsatz der Datenerhebung beim Betroffenen (hier: Arbeitnehmer) abgewichen wird. Ein derartiger Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht ist nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zum Volkszählungsgesetz (BVerfGE 65, 1/44) nur im überwiegenden Allgemeininteresse, also nicht nur einseitig auf die Interessen einzelner Verfahrensbeteiligter (hier: Finanzverwaltung und Arbeitgeber) beschränkt, und nur aufgrund eines normenklaren Gesetzes zulässig.

Ich habe die Auffassung vertreten, dass auch bereits für die Pilotierungsphase die entsprechenden gesetzlichen Vorschriften vorliegen müssen. Sollte dies nicht der Fall sein, so ist nicht nur für Arbeitgeber sondern auch für jeden einzelnen Arbeitnehmer nur eine freiwillige Teilnahme an dem Pilotversuch denkbar. Art. 15 Abs. 1 BayDSG lässt einer anderen Interpretation keinen Raum. Es muss sichergestellt sein, dass die Einwilligung der Arbeitnehmer ohne Zwang durch den Arbeitgeber erfolgt.

Ausweislich der mir übermittelten Projektunterlagen soll die für den elektronischen Datenaustausch vorgesehene Identifikationsnummer (eTin) beim flächendeckenden Einsatz des Verfahrens, im Gegensatz zum Pilotverfahren, nicht beim Arbeitgeber, sondern bei den die Lohnsteuerkarten ausstellenden kommunalen Meldebehörden ermittelt und gespeichert werden. Ich musste das Staatsministerium darauf hinweisen, dass eine derartige Speicherung der eTin im Melderegister eine Ergänzung von Art. 3 des Bayer. Meldegesetzes zwingend erforderlich macht.

Die aktuellen Projektunterlagen gehen davon aus, dass die von den Arbeitgebern elektronisch übermittelten Lohnsteuerdaten zentral für das jeweilige Bundesland gespeichert werden und für die Finanzbehörden die Möglichkeit einer bundesweiten Auswertung vorgesehen wird. Ich habe darauf hingewiesen, dass derartige Zentraldateien und insbesondere der automatisierte Zugriff darauf erhebliche datenschutzrechtliche Fragen aufwerfen. Die mir noch nicht bekannten Einzelheiten des geplanten Zugriffsverfahrens werden kritisch zu würdigen sein. Ich halte in diesem Zusammenhang die Einbeziehung des Abrufverfahrens in die geplante Steuerdatenabruf-Verordnung für erforderlich.

12.3. Neuregelung des Steuerabzugs bei Bauleistungen und Erweiterung der Angaben auf Rechnungen

Der Gesetzgeber hat im Rahmen des Gesetzes zur Eindämmung illegaler Betätigung im Baugewerbe vom 30.08.2001 u.a. ein Steuerabzugsverfahren bei Bauleistungen eingeführt. Weiterhin wurde durch das Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz vom 19.12.2001 u.a. der Umfang der auf einer Rechnung aufzuführenden Angaben erweitert. Beide Neuregelungen waren Ausgangspunkt mehrerer Eingaben, wobei die mit den genannten Bestimmungen verbundene Streuung von persönlichen Angaben und steuerlichen Merkmalen im Vordergrund stand.

Hauptinhalt der Neuregelung des Steuerabzugs bei Bauleistungen ist die grundsätzliche Verpflichtung des Leistungsempfängers, von der Gegenleistung an den Erbringer der Bauleistung einen Steuerabzug von 15 v.H. vorzunehmen und an die Steuerverwaltung abzuführen (vgl.
§ 48 ff. EStG). Der Leistungsempfänger haftet ausdrücklich für einen nicht oder zu niedrig abgeführten Abzugsbetrag.

Der Leistende kann den Steuerabzug allerdings vermeiden, indem er dem Leistungsempfänger eine vom Finanzamt ausgestellte Freistellungsbescheinigung vorlegt. Der Inhalt der Freistellungsbescheinigung wird durch § 48 b Abs. 3 EStG geregelt. Neben den dort aufgeführten Angaben beinhalteten mir vorgelegte Bescheinigungen bei Einzelunternehmern auch das Geburtsdatum des Firmeninhabers, was ich nicht für erforderlich halte. Ich habe mich in diesem Zusammenhang an das Staatsministerium der Finanzen gewandt. Das Staatsministerium hat eine Abstimmung auf Bund-Länder-Ebene mit dem Ergebnis eingeleitet, dass dieses Merkmal zukünftig entfallen wird.

In den Eingaben zur sog. Bauleistungssteuer wurde auch angesprochen, dass durch Vorlage der Freistellungsbescheinigung Dritte Kenntnis von der Steuernummer des Bauleisters erlangten. Eine weitere und wohl wesentlich umfangreichere Kenntnisnahme der Steuernummer von Unternehmern/Unternehmen durch Dritte ist durch die ab 01.07.2002 in Kraft getretene Ergänzung des § 14 UStG durch das bereits erwähnte Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz zu erwarten. Danach ist ein Unternehmer bei der Ausführung von Lieferungen und sonstigen Leistungen an einen anderen Unternehmer auf dessen Verlangen verpflichtet, eine Rechnung auszustellen, in der - und das ist neu - auch die Steuernummer anzugeben ist. Die Eingabeführer befürchten, dass mit Kenntnis der Steuernummer Dritte, gerade bei telefonischer Auskunftserteilung , von den Finanzämtern unzulässigerweise durch das Steuergeheimnis geschützte Daten erlangen könnten. Ich habe das Staatsministerium auf diese Problematik hingewiesen. Das Staatsministerium hat inzwischen die Finanzämter über die Problematik informiert und Verhaltensregelungen erstellt.

12.4. Auswertung von Lohnsteuerkarten auf Schwerbehinderteneigenschaft

In meinem 12. Tätigkeitsbericht habe ich unter Nr. 10.3 zur Frage der Offenbarung der Schwerbehinderteneigenschaft gegenüber dem Dienstherrn Stellung genommen. Im Ergebnis war festzuhalten, dass durchaus Fallkonstellationen denkbar sind, in denen der Arbeitnehmer nicht verpflichtet ist, seinem Arbeitgeber eine bestehende Schwerbehinderung zu offenbaren. In diesem Zusammenhang wurde ich von einer Kommune gefragt, ob es zulässig sei, die Lohnsteuerkarten auf Einträge eines steuerlichen Freibetrags wegen Körperbehinderung nach § 33 b EStG auszuwerten und mit der beim Arbeitgeber vorhandenen Schwerbehindertendatei abzugleichen.

Ich habe der Kommune mitgeteilt, dass nach § 39 b Abs. 1 Satz 4 EStG die auf der Lohnsteuerkarte eingetragenen Merkmale nur für Zwecke der Einbehaltung der Lohnsteuer verwertet werden dürfen. Die gesetzlich normierte Zweckbestimmung stand damit der beabsichtigten Auswertung entgegen. Ich habe dabei nicht verkannt, dass die Nichtangabe einer bestehenden Schwerbehinderung beim Arbeitgeber die Pflicht zur Abführung einer Ausgleichsabgabe nach § 77 SGB IX auslösen kann. Ich gehe aber davon aus, dass die zu entrichtende Abgabe durch den in diesem Fall eintretenden Verzicht auf Sonderurlaub gem. § 125 SGB IX mehr als ausgeglichen wird.

12.5. Eintragung eines Pauschbetrags für Behinderte auf der Lohnsteuerkarte

Die Steuervergünstigung wegen Körperbehinderung kann durch die Eintragung eines Freibetrags im Rahmen eines Antrags auf Lohnsteuerermäßigungen oder auch durch Geltendmachung im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung in Anspruch genommen werden.

Wird ein Antrag auf Lohnsteuerermäßigung gestellt, hat dies in der Regel die Gewährung der Vergünstigung während der Geltungsdauer des Behindertenausweises zur Folge. Die Finanzämter weisen in diesen Fällen die Gemeinden in den Folgejahren an, den Freibetrag bereits bei Ausstellung der Lohnsteuerkarte zu berücksichtigen. Mit dem praktizierten Verfahren soll eine sich jährlich wiederholende Neubeantragung vermieden werden, was sicherlich im Interesse vieler Betroffener liegt.

In meinem 16. Tätigkeitsbericht habe ich unter Nr. 11.4 dargelegt, dass auch Fälle denkbar sind, in denen der Steuerpflichtige künftigen Datenübermittlungen an die Gemeinde widersprechen und die Eintragung des Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte durch das Finanzamt selbst oder im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung erreichen will. Das Staatsministerium der Finanzen hat meinen Vorstoß auf Grund eines befürchteten Verwaltungsmehraufwands bei den Finanzämtern abgelehnt.

Probleme können sich aktuell im Zusammenhang mit der Berechnung der Nettobezüge bei Gewährung von Altersteilzeit nach Art. 80 d BayBG ergeben. Bei Berechnung dieser Nettobezüge werden die auf der Lohnsteuerkarte eingetragenen Freibeträge ausnahmslos berücksichtigt. Dies führt letztlich zu einer Erhöhung der Nettodienstbezüge und zu einer Minderung des Altersteilzeitzuschlags, welche auch nach Durchführung der Steuerveranlagung nicht mehr ausgeglichen wird.

Dieses Ergebnis kann nur dadurch vermieden werden, dass der Steuerpflichtige sich keinen Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte (mehr) eintragen lässt und die entsprechende steuerliche Vergünstigung erst im Rahmen des Veranlagungsverfahrens geltend macht.

Im Hinblick auf das eingangs erwähnte "automatische" Eintragungsverfahren eines Freibetrags wegen Körperbehinderung muss deshalb für den Steuerpflichtigen die Möglichkeit bestehen, der Eintragung für künftige Jahre zu widersprechen, um für ihn ungünstige Rechtsfolgen zu vermeiden.

Ich habe mich in diesem Sinne erneut an das Staatsministerium der Finanzen gewandt. Das Staatsministerium hat mir mitgeteilt, dass es zumindest in diesen Fällen einen Antrag auf Änderung des Freibetrags für Behinderte beim zuständigen Finanzamt für zulässig hält. Der Antrag des Steuerpflichtigen auf Änderung des von der Gemeinde von Amts wegen nach Anweisung des Finanzamts gem. § 39 a Abs. 2 Satz 1 EStG bei der Ausstellung der Lohnsteuerkarte eingetragenen Pauschbetrags für Behinderte zieht in diesen Fällen eine neue Anweisung des Finanzamts an die Gemeinde zur geänderten Berücksichtigung des Pauschbetrags in den Folgejahren nach sich.

12.6. Rücksendung von Belegen an Steuerpflichtige

Auf Grund mehrerer Eingaben wurde ich auf folgenden Sachverhalt aufmerksam:

Bei der Rücksendung von eingereichten Belegen an die Steuerpflichtigen wurden von Bediensteten verschiedener Finanzämter Belege (z.B. Beitragsrechnungen), die die Anschrift der Steuerpflichtigen enthielten, als Deckblatt benutzt. Wahrscheinlich sollte durch diese Sachbehandlung das Fertigen einer Kurzmitteilung oder eines ähnlichen finanzamtlichen Deckblatts eingespart werden. Diese Handlungsweise führte in den an mich herangetragenen Fällen deshalb zu Problemen, weil die Steuerpflichtigen inzwischen jeweils verzogen waren. Die Postbediensteten schickten die Briefe des Finanzamtes an die im Sichtfenster des Briefkuverts lesbaren Adressen der vermeintlichen Absender, in vorliegenden Fällen von Privatfirmen, deren Rechnungen die Steuerpflichtigen steuerlich geltend gemacht hatten. In den genannten Fällen kam es deshalb zu einer unzulässigen Durchbrechung des Steuergeheimnisses. Man konnte zwar einwenden, dass sich auf den Kuverts auch die Poststempel der absendenden Finanzämter befunden hatten. Festzuhalten blieb aber, dass die unzulässige Durchbrechung des Steuergeheimnisses bei der Verwendung entsprechender finanzamtlicher Deckblätter zuverlässig hätte vermieden werden können.

Die eingeschalteten Oberfinanzdirektionen München und Nürnberg haben diese Auffassung geteilt und die nachgeordneten Dienststellen entsprechend angewiesen. Darüber hinaus wurde mir mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, künftig die Vorausverfügung auf den Kuverts insoweit zu ändern, als im Falle einer Adressänderung - soweit bekannt - eine Anschriftenberichtigungskarte an die absendende Finanzbehörde übermittelt und die Sendung an die neue Adresse zugestellt werde.

12.7. Datenschutz bei der Zustellung durch Finanzbehörden

Auch in abgaberechtlichen Angelegenheiten erfolgt in bestimmten Fällen die Zustellung von Schriftstücken mittels Postzustellungsurkunde. Neben dem Geschäftszeichen der Behörde wird dabei auch der Betreff der Sache angegeben. In dem mir vorgelegten Sachverhalt lautete dieser "Verbot der unbef. Hilfeleistung in Steuers.", was, mit nur wenig Fantasie, in der Langfassung "Verbot der unbefugten Hilfeleistung in Steuersachen" bedeutet.

Auf Grund der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes sind die Finanzbehörden gehalten, bei der Zustellung mit Postzustellungsurkunde sicherzustellen, dass aus der auf der Urkunde und dem Briefumschlag anzugebenden Geschäftsnummer der Inhalt der zugestellten Sendung eindeutig zu entnehmen ist. Nach Ansicht des Gerichts reicht dazu die bloße Angabe der Steuernummer als Geschäftszeichen nicht aus. Die Geschäftsnummer muss vielmehr so gebildet werden, dass sie zweifelsfrei die Identifizierung des Inhalts der Sendung durch die Angabe auf dem Briefumschlag ermöglicht.

Auch unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung bin ich der Auffassung, dass weniger sprechende" Zusätze ausreichen. Die Finanzbehörde hat mir neutrale Zusätze vorgeschlagen, die das Problem künftig wesentlich entschärfen werden. In vorliegendem Sachverhalt wurde bspw. an die Geschäftsnummer und das Datum das Wort Belehrung in abgekürzter Form angehängt.