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Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz; Stand: 01.02.2011

6. Kommunales

6.1. Videoüberwachung öffentlicher Orte und Einrichtungen durch Kommunen

Auch in diesem Berichtszeitraum habe ich immer wieder Anfragen von Gemeinden zur Zulässigkeit einer Videoüberwachung kommunaler Einrichtungen und öffentlicher Orte erhalten. In der Regel begründeten die Gemeinden die beabsichtigte Videoüberwachung damit, dass sie Straftaten, insbesondere Sachbeschädigungen von öffentlichem Eigentum, verhindern solle. So wollte z.B. eine Gemeinde einen Straßenabschnitt vor einem Freibad videoüberwachen, der Jugendlichen als Treffpunkt dient. Zur Begründung verwies die Gemeinde auf zerbrochene Flaschen und Müllablagerungen in diesem Bereich. Verunreinigungen und Sachbeschädigungen waren auch der Anlass für eine andere Kommune, eine Videoüberwachung des Eingangsbereichs einer öffentlichen Toilette ins Auge zu fassen. Ich habe dazu auf Folgendes hingewiesen:

Die Videoüberwachung ist in Art. 21 a BayDSG geregelt. Danach ist eine Videoüberwachung der in Absatz 1 dieser Vorschrift genannten Orte und Anlagen zu den dort genannten Zwecken zulässig, wenn dies im Rahmen der Erfüllung öffentlicher Aufgaben oder in Ausübung des Hausrechts erforderlich ist. Dabei dürfen keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der Betroffenen beeinträchtigt werden.

In der Gesetzesbegründung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass mit der Einführung des Art. 21 a BayDSG keine Ausweitung der Videoüberwachung durch bayerische öffentliche Stellen beabsichtigt ist und eine flächendeckende Videoüberwachung auch weiterhin unzulässig bleibt. Die Maßnahmen dürfen stets nur zum Schutz der genannten Rechtsgüter erfolgen. Es ist dabei in jedem Einzelfall zu prüfen, ob es überhaupt erforderlich ist, personenbezogene Daten zu erheben und ggf. zu speichern und ob es erforderlich ist, dies mittels Videotechnik zu tun. Erforderlich bedeutet, dass die Kenntnis der Daten zur Erreichung des Zwecks objektiv geeignet ist und im Verhältnis zu dem angestrebten Zweck auch angemessen erscheint.

Eine Videoüberwachung ist unzulässig, wenn weniger einschneidende Maßnahmen zum gleichen Ziel führen. Zu prüfen sind Anlass, der räumliche Überwachungsbereich, der Zeitraum der Überwachung und die Frage, welche Art der Videoüberwachung (Videobeobachtung, Videoaufzeichnung) zur Erreichung des Zwecks erforderlich ist. Soweit Mitarbeiter betroffen sind, sind die Beteiligungsrechte der Personalvertretung zu beachten.

Zur Frage, was unter "Erforderlichkeit" zu verstehen ist, hat das Bundesverfassungsgericht in einem Beschluss vom 23.02.2007 (1 BvR 2368/06) festgestellt, dass eine Videoüberwachung öffentlicher Orte und Einrichtungen mit Aufzeichnung des gewonnenen Bildmaterials einen erheblichen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen darstellt, wenn überwiegend Personen erfasst werden, die in keiner Beziehung zu einem konkreten Fehlverhalten stehen und den Eingriff durch ihr Verhalten nicht veranlasst haben. Eine Videoüberwachung öffentlicher Einrichtungen und Orte kann danach unter Beachtung der o.g. Grundsätze nur dann in Betracht kommen, wenn es sich um nachhaltige und schwerwiegende Beeinträchtigungen handelt.

Die Gemeinden hätten danach mit konkreten Angaben belegen müssen, dass der überwachte Bereich deutlich gefährlicher als der Rest des Gemeindegebietes oder vergleichbarer anderer Gemeinden ist.

Diese Voraussetzung lag in den oben beispielhaft genannten Fällen offenkundig nicht vor. Von einer Videoüberwachung wären hier überwiegend Personen betroffen gewesen, die sich völlig korrekt verhalten und keinerlei Anlass für eine Videoüberwachung geben. Zur Videoüberwachung öffentlicher Toilettenanlagen habe ich mich im Übrigen bereits in meinem 22. Tätigkeitsbericht, Nr. 8.8, geäußert.

Eine Arbeitsgruppe kommunaler Datenschutzbeauftragter größerer bayerischer Städte sowie eines Vertreters des Bayerischen Staatsministeriums des Innern hat ein Prüfungsschema zur Videoüberwachung und ein Muster einer allgemeinen Beschreibung der eingesetzten Videoaufzeichnungsanlage und der technisch-organisatorischen Maßnahmen nach Art. 21 a Abs. 6 i.V.m. Art. 7 und 8 BayDSG entwickelt. Die beiden Dokumente, an deren Ausarbeitung ich beteiligt war, habe ich auf meiner Homepage (www.datenschutz-bayern.de) veröffentlicht.

Zur weiteren Information verweise ich auf meine Beiträge Nr. 9.1 und 9.2 im 23. Tätigkeitsbericht.

6.2. Videoüberwachung eines Wahllokals

In einer Gemeinde war im Rahmen der Bezirks- und Landtagswahl 2008 ein Wahllokal in einer Bankfiliale eingerichtet worden. Auch am Wahltag waren die dort (in Banken üblicherweise) installierten Videokameras während der Abstimmungszeit in Betrieb. Ein Abschalten oder Verdecken der Kameras schied aus Sicherheitsgründen aus. Ein Bürger, der sich mit einer Eingabe an den Bayerischen Landtag gewandt hatte, sah darin eine Verletzung des Grundsatzes der geheimen Wahl. Bei der anschließenden Überprüfung wurde festgestellt, dass eine der Kameras von hinten in eine der Wahlkabinen gerichtet war und es nicht ausgeschlossen schien, dass bei einer entsprechenden Sitzposition oder durch die Handbewegung des Wählers beim Ankreuzen insbesondere des großen Stimmzettels eine direkte Beobachtung der Stimmabgabe oder zumindest ein Rückschluss darauf durch die Kamera möglich gewesen wäre. Nach Angaben der Bank sei das Bildmaterial der jeweils letzten 15 Minuten fortlaufend zwischengespeichert worden, eine Einsichtnahme oder Auswertung habe jedoch nicht stattgefunden.

Soweit auf Grund allgemein wahrnehmbarer Überwachungseinrichtungen eine unbeobachtete und unbefangene Stimmabgabe nicht uneingeschränkt sichergestellt werden kann, ist es jedenfalls nicht auszuschließen, dass sich Wähler bereits durch die Wahrnehmung solcher Überwachungsmöglichkeiten in ihrer freien Wahlentscheidung beeinflusst sehen können.

Gleichzeitig war mit der Videoüberwachung des Wahllokals eine unzulässige Erhebung und Speicherung personenbezogener Daten der von der Kamera erfassten und auf den Bildern identifizierbaren Personen verbunden. Soweit das Gebrauchmachen vom Wahlrecht oder gar die Wahlentscheidung mittels Videoüberwachung festgehalten werden, liegt darin eine zusätzliche Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der betroffenen Wähler. Die politische Meinung stellt zudem ein besonders sensibles personenbezogenes Datum im Sinne der EG-Datenschutzrichtlinie dar. Ein Bürger, der zur Wahl geht, muss keinesfalls damit rechnen, dass ein Wahllokal videoüberwacht wird. Eine solche Maßnahme stellt einen erheblichen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Personen dar.

Das Bayerische Staatsministerium des Inneren hat in der Folge auch in der Wahlanweisung für die Bundestagswahl 2009 darauf hingewiesen, dass Räume mit Videoüberwachung als Wahlräume nicht in Betracht kommen. Diese Klarstellung begrüße ich.

6.3. Anfertigen von Fotografien der Gäste einer Erlebnistherme

Gäste einer Erlebnistherme haben sich bei mir darüber beschwert, sie seien beim Betreten des Bades fotografiert worden. Ich bin der Eingabe nachgegangen und habe im Rahmen der Prüfung festgestellt:

Badegäste konnten die Therme nur mit einer Münze, einem sog. Chip-Coin benutzen. Dieser war mit einer Nummer versehen und ermöglichte dem Badegast den Zutritt zum Bad.

Bei Betreten des Bades am Drehkreuz sowie beim Zugang zur Sauna wurde mit Hilfe einer Videokamera ein Foto von jedem Badegast im Sinne einer Momentaufnahme erstellt. Dem jeweiligen Foto wurde die entsprechende Chip-Coin-Nummer zugeordnet.

Beim Verlassen der Therme musste das Drehkreuz mit einem entwerteten Chip-Coin bestückt werden. Der Badegast entwertete seinen Chip-Coin, indem er die in Anspruch genommenen Leistungen am Automaten oder an der Kasse bezahlte. Das Foto des Badegastes wurde im Anschluss daran im System automatisch gelöscht, wenn eine bestimmte Anzahl von Drehkreuzbewegungen erreicht wurde; die Speicherdauer lag je nach Besuchsandrang bei ca. zwei bis drei Tagen.

Verließ ein Badegast die Therme, ohne das Drehkreuz mit einem entwerteten Chip-Coin zu bestücken, wurde dieser Vorfall am Ende des Tages bei der Abrechnung festgestellt. Mit Hilfe des Software-Systems konnten dann die Fotos derjenigen Personen ausgedruckt werden, deren Chip-Coin nicht entwertet wurde.

Nach Auskunft der Therme diente das Anfertigen der Fotos dazu, bei Nichtbezahlung oder anderer Streitigkeiten den Coin einer Person zuordnen zu können. Beispielsweise wurde das Foto nach Aussage der Therme der Polizei vorgelegt, wenn dort ein Strafantrag gestellt wurde, weil sich ein Badegast unerlaubt aus dem Bad entfernt und seine Leistungen nicht beglichen hat.

Die Therme teilte außerdem mit, die Badegäste würden in der Haus- und Badeordnung, die im Eingangsbereich sowie an der Kasse ausgehängt sei, über das Chip-Coin-System informiert.

Diesen Sachverhalt habe ich aus datenschutzrechtlicher Sicht wie folgt bewertet:

Das Anfertigen von Fotografien der Badegäste war eine Erhebung personenbezogener Daten. Die Speicherung der Fotografien und die Verwendung der Fotografien der Personen, die ihren Chip-Coin nicht entwertet hatten, war eine Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten. Nach Art. 15 Abs. 1 BayDSG ist die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig, wenn das Bayerische Datenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat. Wie es sich aus dem Folgenden ergibt, erfolgte die Anfertigung, Speicherung und Nutzung der Fotografien weder auf einer Rechtsgrundlage noch lag eine wirksame Einwilligung der Betroffenen vor.

Da die Gäste beim Betreten des Bades und dem Zugang zur Sauna mit Hilfe einer Videokamera fotografiert wurden, war als Rechtsgrundlage für die Datenerhebung und
-speicherung zunächst Art. 21 a BayDSG, der die Videoüberwachung regelt, in Betracht zu ziehen. Ich habe allerdings bereits Zweifel, ob das Anfertigen eines Fotos (Momentaufnahme) als ein Fall der Videobeobachtung und der Videoaufzeichnung (Erfassen und Festhalten eines Geschehnisses in einem Bewegungsablauf) angesehen werden kann. Aber auch wenn man diese Frage bejaht, war Art. 21 a BayDSG nicht anwendbar, weil mit dem Chip-Coin-System (nur) das Vermögen der Therme, nicht aber in Art. 21 a Abs. 1 Nr. 1 und 2 BayDSG genannte Rechtsgüter geschützt werden sollten. Die Videoüberwachung nach Art. 21 a BayDSG dient dem Schutz der in dieser Vorschrift bezeichnenden Rechtsgüter, ist jedoch keine zulässige Maßnahme im allgemeinen Verwaltungsvollzug bzw. Betriebsablauf.

Darüber hinaus wurden durch die Maßnahme überwiegende schutzwürdige Interessen der Badegäste, die sich vertragstreu verhalten und ihre in Anspruch genommenen Leistungen bezahlen, beeinträchtigt (Art. 21 a Abs. 1 Satz 2 BayDSG).

Im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23.02.2007
- 1 BvR 2368/06 - (städtische Videoüberwachung eines Kunstwerks in Regensburg) konnte das Fotografieren der Badegäste auch nicht auf Art. 16 Abs. 1 und Art. 17 Abs. 1 BayDSG gestützt werden. Von den Personen, die die Therme nutzen, bezahlt nur eine verschwindend geringe Minderheit die in Anspruch genommenen Leistungen nicht. Es wurden daher ganz überwiegend Personen fotografiert, die keinen Anlass für diese Maßnahme gegeben haben. Angesichts des erheblichen Gewichts der Grundrechtsbeeinträchtigung dieser Personen konnte die Aufnahme und das Speichern von Bildern nicht auf die allgemeinen Vorschriften über die Datenerhebung und -speicherung des Bayerischen Datenschutzgesetzes gestützt werden.

Die Datenerhebung und -speicherung erfolgte auch nicht mit Einwilligung der Betroffenen (Art. 15 Abs. 1 Nr. 2 BayDSG). Zwar wurde nach Mitteilung der Therme in der Haus- und Badeordnung, die im Eingangsbereich sowie an der Kasse aushängt, über das Chip-Coin-System informiert. Der bloße Aushang einer Haus- und Badeordnung erfüllt jedoch nicht die Voraussetzung eines Hinweises nach Art. 15 Abs. 2 BayDSG. Die Gäste rechnen auch regelmäßig weder mit derart außergewöhnlichen Kontrollverfahren, noch dass darüber lediglich in einer allgemeinen Hausordnung informiert wird.

Darüber hinaus käme eine (konkludente) Einwilligung durch den Erwerb des Chip-Coins und die Nutzung der Therme als Ausnahme vom grundsätzlichen Erfordernis der Schriftform auch deswegen nicht in Betracht, weil es an der Freiwilligkeit der Einwilligung fehlen würde. Die Teilnahme an dem Chip-Coin-System war zwingend. Die Personen, die die Therme benutzen wollten, hatten keine Alternative.

Im Ergebnis war daher weder eine Rechtsgrundlage für die mit der Anfertigung der Fotografien verbundenen Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht der betroffenen Badegäste vorhanden noch lag eine wirksame Einwilligung der Betroffenen in das Verfahren vor. Ich habe deshalb die Therme aufgefordert, das Anfertigen von Fotografien der Badegäste zu unterlassen und noch gespeicherte Fotografien unverzüglich zu löschen.

6.4. Information der Presse über kommunale Angelegenheiten

Bürger, die sich gegen ein Verfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz ausgesprochen hatten, fanden sich plötzlich in der örtlichen Presseberichterstattung wieder. Die Gemeinde hatte eine entsprechende Unterschriftenliste weitergegeben. Ich habe diesen Vorfall zum Anlass genommen, erneut darauf hinzuweisen, dass die Gemeinden bei der Unterrichtung der Presse über kommunale Angelegenheiten den Datenschutz nicht außer Acht lassen dürfen.

Die Kommunen haben in jedem Fall zu prüfen, welche Informationen sie im Hinblick auf schutzwürdige Belange von Betroffenen und unter Rücksichtnahme auf das Wohl der Allgemeinheit der Presse geben dürfen. Sollen personenbezogene Daten übermittelt werden, hat die Gemeinde das aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz abgeleitete Recht der Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung zu beachten. Die Weitergabe personenbezogener Daten an die Presse ist eine Datenübermittlung an nicht-öffentliche Stellen, die ohne Einwilligung der Betroffenen nach Art. 19 Abs. 1 Nr. 2 Bayerisches Datenschutzgesetz nur zulässig ist, wenn die Presse ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der zu übermittelnden Daten glaubhaft macht, bzw. ein solches Interesse offenkundig ist, und dadurch schutzwürdige Belange der Betroffenen nicht beeinträchtigt werden. Will eine Gemeinde danach z.B. die Presse durch Übermittlung von Sitzungsvorlagen über Tagesordnungspunkte unterrichten, die in öffentlicher Gemeinderatssitzung behandelt werden, dann muss sie diese Sitzungsvorlagen durch Kürzen, Schwärzen etc. so abändern, dass sie nur noch Informationen enthalten, die ohne Bedenken der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden dürfen.

Im vorliegenden Fall wäre es danach zulässig gewesen, wenn die Gemeinde die Presse über die Tatsache, dass sich Bürger gegen ein Flurbereinigungsverfahren in der Kommune gewandt hatten, informiert hätte. Auch die Anzahl der geleisteten Unterschriften hätte mitgeteilt werden dürfen. Die Weiterleitung der Unterschriftenlisten selbst war jedoch ein grober Datenschutzverstoß, den ich beanstandet habe.

6.5. Veröffentlichung von Karten und Luftbildern zum Solarpotential auf Gebäuden durch Kommunen im Internet

Eine Kommune hatte in der örtlichen Presse mitgeteilt, sie beabsichtige, Luftbilder der Anwesen ihrer Bürger im Internet zu veröffentlichen. Gebe der Bürger seine Adresse ein, dann könne er ein Luftbild seines Anwesens sehen und erhalte Informationen zur solartechnischen Nutzung seines Gebäudes geliefert. Auf Beschwerden von Bürgern hin habe ich den Vorgang überprüft und dabei folgenden Sachverhalt festgestellt:

Aus den Internetseiten der Gemeinde konnte zur Ermittlung der Eignung von Gebäuden zur Solarstromerzeugung ein Straßenname gewählt werden. Anschließend wurden alle vorhandenen Hausnummern zur Auswahl angeboten. Für eine gewählte Hausnummer erhielt man dann die "Eignungsfläche in m²", den zu erwartenden "Stromertrag in kWh pro Jahr" und den Eignungsgrad.

Alternativ zur direkten Adressselektion konnte auch "per Maus" in einem digitalen Stadtplan oder in einem Satellitenbild gesucht werden. Die Auflösung des Satellitenbildes war relativ hoch, so dass beispielsweise parkende Autos gut zu erkennen waren. Im Bild ließ sich mit der Maus ein Rechteck selektieren, für das dann alle Häuser innerhalb dieser Fläche mit Adresse und Eignungsdaten angezeigt wurden.

Diesen Sachverhalt habe ich aus datenschutzrechtlicher Sicht wie folgt bewertet:

Die o.g. Eignungsdaten können über den Straßennamen und die Hausnummer in vielen Fällen aufgrund persönlicher Kenntnis, z.B. als Nachbar, oder unter Hinzuziehung von Telefonbüchern etc. den Grundstückseigentümern sowie den Bewohnern zugeordnet werden. Es handelt sich in diesen Fällen, soweit sich die Eignungsdaten auf natürliche Personen beziehen, um personenbezogene Daten im Sinn des i.S.d. Art. 4 Abs. 1 des Bayerischen Datenschutzgesetzes - BayDSG - (sachliche Verhältnisse bestimmter oder bestimmbarer natürlicher Personen). In diesem Zusammenhang verweise ich auch auf einen Beschluss der Obersten Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nichtöffentlichen Bereich (sog. Düsseldorfer Kreis) vom 13./14.11.2008.

Beschluss

der obersten Aufsichtsbehörden für den Datenschutz

im nicht-öffentlichen Bereich

am 13./14.11.2008 in Wiesbaden

Datenschutzrechtliche Bewertung von digitalen Straßenansichten

insbesondere im Internet

Bei digital erfassten Fotos von Gebäude- und Grundstücksansichten, die über Geokoordinaten eindeutig lokalisiert und damit einer Gebäudeadresse und dem Gebäudeeigentümer sowie den Bewohnern zugeordnet werden können, handelt es sich in der Regel um personenbezogene Daten, deren Erhebung und Verarbeitung nach dem Bundesdatenschutzgesetz zu beurteilen ist. Die Erhebung, Speicherung und Bereitstellung zum Abruf ist nur zulässig, wenn nicht schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Bei der Beurteilung schutzwürdiger Interessen ist von Bedeutung, für welche Zwecke die Bilddaten verwendet werden können und an wen diese übermittelt bzw. wie diese veröffentlicht werden. Die obersten Aufsichtsbehörden sind sich einig, dass die Veröffentlichung von georeferenziert und systematisch bereit gestellten Bilddaten unzulässig ist, wenn hierauf Gesichter, Kraftfahrzeugkennzeichen oder Hausnummern erkennbar sind. Den betroffenen Bewohnern und Grundstückeigentümern ist zudem die Möglichkeit einzuräumen, der Veröffentlichung der sie betreffenden Bilder zu widersprechen und dadurch die Bereitstellung der Klarbilder zu unterbinden. Keine schutzwürdigen Interessen bestehen, wenn die Darstellung der Gebäude und Grundstücke so verschleiert bzw. abstrakt erfolgt, dass keine individuellen Eigenschaften mehr erkennbar sind. Um die Möglichkeit zum Widerspruch schon vor der Erhebung zu eröffnen, sollte die geplante Datenerhebung mit einem Hinweis auf die Widerspruchsmöglichkeit rechtzeitig vorher bekannt gegeben werden. Die Widerspruchsmöglichkeit muss selbstverständlich auch noch nach der Veröffentlichung bestehen.

Danach handelt es sich bei digital erfassten Fotos von Gebäude- und Grundstücksansichten, die über Geokoordinaten eindeutig lokalisiert und damit einer Gebäudeadresse und dem Gebäudeeigentümer sowie den Bewohnern zugeordnet werden können, in der Regel um personenbezogene Daten.

Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten ist nur zulässig, wenn das Bayerische Datenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat. Als besondere Rechtsvorschrift über den Datenschutz kommt hier Art. 8 Abs. 1 des Bayerischen Umweltinformationsgesetzes (BayUIG) in Betracht.

Das Umweltinformationsgesetz schafft den rechtlichen Rahmen für den freien Zugang zu Umweltinformationen. Nach meinem Dafürhalten handelt es sich bei der Veröffentlichung von Eignungsdaten zur Solarnutzung um Maßnahmen im Sinn des Art. 2 Abs. 2 Nr. 3 BayUIG. Nach dem BayUIG haben die informationspflichtigen Stellen den Informationszugang u.a. durch die Einrichtung öffentlich zugänglicher Informationsnetze und Datenbanken zu erleichtern.

Der Schutz privater Belange wird durch Art. 8 BayUIG gewährleistet. Nach Art. 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayUIG ist ein Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen abzulehnen, soweit durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch schutzwürdige Interessen der Betroffenen beeinträchtigt würden. Anderes gilt, wenn die Betroffenen zugestimmt haben oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Diese Vorschrift findet m.E. nicht nur Anwendung, wenn ein Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen gestellt wird, sondern auch, wenn eine Behörde personenbezogene Umweltinformationen in das Internet einstellen will.

Art. 8 Abs. 1 Nr. 1 BayUIG

Soweit

  1. durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch schutzwürdige Interessen der Betroffenen beeinträchtigt würden,
  2. Rechte am geistigen Eigentum, insbesondere Urheberrechte, durch das Zugänglichmachen von Umweltinformationen verletzt würden oder
  3. durch das Bekanntgeben Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden oder die Informationen dem Steuergeheimnis oder dem Statistikgeheimnis unterliegen,

ist der Antrag abzulehnen, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Der Zugang zu Umweltinformationen über Emissionen kann nicht unter Berufung auf die in Nrn. 1 und 3 genannten Gründe abgelehnt werden. Vor der Entscheidung über die Offenbarung der durch Satz 1 Nrn. 1 bis 3 geschützten Informationen sind die Betroffenen anzuhören. Die informationspflichtige Stelle hat in der Regel von einer Betroffenheit im Sinn des Satzes 1 Nr. 3 auszugehen, soweit übermittelte Informationen als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gekennzeichnet sind. Soweit die informationspflichtige Stelle dies verlangt, haben mögliche Betroffene im Einzelnen darzulegen, dass ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis vorliegt.

Die betroffenen Grundstückseigentümer haben im vorliegenden Fall ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse daran, dass die genannten Daten zur Solareignung ihres Gebäudes nicht ohne ihre Einwilligung im Internet weltweit veröffentlicht werden und sie u.a. von personenbezogener "maßgeschneiderter" Werbung für Hausdach-Solarmodule verschont bleiben. Demgegenüber besteht kein überwiegendes Interesse der Allgemeinheit an einer personenbezogenen Veröffentlichung dieser Daten. Hinzu kommt, dass nach Art. 8 Abs. 1 Satz 3 BayUIG die Betroffenen vor einer Entscheidung über die Offenbarung anzuhören sind.

Im Ergebnis sehe ich danach aus datenschutzrechtlicher Sicht folgende Möglichkeiten, die betroffenen Grundstückseigentümer auf das Solarenergiepotential der Dachflächen ihres Gebäudes aufmerksam zu machen:

  • Veröffentlichung der Daten im Internet mit informierter Einwilligung der Betroffenen;
  • Nur der jeweilige Grundstückseigentümer erhält mittels individuellem Login/Passwort Zugang zu seinen Daten. Diese Alternative erscheint nicht praktikabel, da es weniger Aufwand wäre, gleich die Ergebnisse (Fläche, Ertrag und Eignung) anstelle von Login/Passwort mitzuteilen;
  • Die Gemeinde behält die Eignungsdaten in ihrer Verwaltung und teilt sie nur dem jeweils Betroffenen auf dessen Anfrage hin mit. Auf diese Möglichkeit könnte z.B. im Amtsblatt oder in der örtlichen Tageszeitung hingewiesen werden.

6.6. Bekanntgabe personenbezogener Daten der Einwender im Zusammenhang mit der Aufstellung eines Bebauungsplans

Ein Bürger hat sich bei mir darüber beschwert, dass seine Einwendungen in einem Bebauungsplanverfahren von der Gemeinde personenbezogen an alle anderen Einwender übermittelt wurden. Die Überprüfung der Angelegenheit hat folgenden Sachverhalt ergeben: Die Niederschrift über die in öffentlicher Gemeinderatssitzung behandelten Einwendungen enthält neben den Namen und Vornamen sowie dem Wohnort der Bürger, die sich an dem Verfahren beteiligt haben, ihre Einwendungen, die Stellungnahme der Verwaltung zu dem jeweiligen Vorbringen im Einzelnen und in einer Zusammenfassung die Abstimmung darüber im Gemeinderat. Zu den Sammeleinwendungen wurde der Sitzungsniederschrift eine Namensliste der Einwender beigefügt. Die Gemeinde hat die Sitzungsniederschrift zu diesem Tagesordnungspunkt mit der Namensliste im Folgenden an alle Einwender versandt. Ich habe diesen Sachverhalt wie folgt bewertet:

Die Übersendung der Niederschrift der Gemeinderatssitzung zu dem Tagesordnungspunkt, unter dem die Einwendungen im Bebauungsplanverfahren behandelt wurden, und der Namensliste an die Personen, die im Verfahren nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Baugesetzbuch (BauGB) Einwendungen erhoben haben, stellte eine Übermittlung personenbezogener Daten an Dritte dar. Mangels einer Einwilligung der Betroffenen war die Datenübermittlung nur auf der Grundlage einer Rechtsvorschrift zulässig. Dabei gehen besondere Rechtsvorschriften über den Datenschutz den allgemeinen Vorschriften des Bayerischen Datenschutzgesetzes vor. Das Baugesetzbuch enthält solche Regelungen.

Das Verfahren zur Aufstellung der Bauleitpläne ist in den §§ 2 ff. BauGB geregelt. Nach § 3 Abs. 2 Satz 4 BauGB sind die im Rahmen der Beteiligung der Öffentlichkeit fristgemäß abgegebenen Stellungnahmen zu prüfen; das Ergebnis ist mitzuteilen. Nach dem Zweck der Regelung des § 3 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 2 BauGB sollen die Betroffenen darüber unterrichtet werden, ob und wie sich die Gemeinde mit ihren Stellungnahmen auseinandergesetzt hat (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch Band I, Stand: 01.02.2008, § 3 Rdnr. 66). Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, Zehnte Auflage 2007, weisen in ihrer Kommentierung zu § 3 in Rdnr. 19 daher zu Recht darauf hin, dass das Ergebnis der Prüfung dem jeweiligen Betroffenen mitzuteilen ist. In diesem Zusammenhang weise ich auch darauf hin, dass schon bei der öffentlichen Auslegung nach § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB darauf zu achten ist, dass keine Unterlagen mit personenbezogenen Daten ausgelegt werden (Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., Rdnr. 5 unter Hinweis auf BVerfGE 77, 121).

Die Übermittlung der Einwendungen und ihrer Behandlung im Gemeinderat jeweils unter Nennung von Namen und Wohnort der betroffenen Einwender an alle anderen Einwender war somit von § 3 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 2 BauGB nicht gedeckt und stellte eine unzulässige Datenübermittlung an die jeweils anderen Einwender dar. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Einwendungen nach Art. 52 Abs. 2 der Gemeindeordnung grundsätzlich in öffentlicher Sitzung behandelt werden. Diese Vorschrift regelt einen anderen Sachverhalt. Die Betroffenen müssen es danach zur Gewährleistung der Transparenz der gemeindlichen Verwaltungstätigkeit zwar grundsätzlich hinnehmen, dass ihre Einwendungen in öffentlicher Gemeinderatssitzung behandelt werden und zur Feststellung ihrer Betroffenheit ggf. auch ihr Name und ihre Anschrift genannt werden. Allerdings können auch hier berechtigte Ansprüche im Einzelfall eine Behandlung in nichtöffentlicher Sitzung erforderlich machen (Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., Rdnr. 5). Die Betroffenen müssen es jedoch nicht hinnehmen, dass darüber hinausgehend ihre Einwendungen personenbezogen im Wortlaut, mit der Stellungnahme der Verwaltung dazu und dem Abstimmungsergebnis jedem anderen Einwender schriftlich zugesandt werden. Auch die zusätzliche Übersendung einer Namensliste von Einwendern an jeden einzelnen Einwender war danach unzulässig.

Die Übersendung der Niederschrift der Gemeinderatssitzung zu dem o.b. Tagesordnungspunkt und der Namensliste an die Einwender in dem Verfahren nach § 3 Abs. 2 BauGB zur Aufstellung des Bebauungsplans habe ich nach Art. 31 Abs. 1 BayDSG beanstandet.

6.7. Nennung des Eingabeführers bei der Einholung einer Stellungnahme

Ein durch Lärm- und Geruchsimmissionen einer benachbarten Firma beeinträchtigter Anwohner hatte mehrmals vergeblich durch direkte Beschwerden bei der fraglichen Firma versucht, Abhilfe zu erreichen. Schließlich wandte er sich schriftlich mit seinen Beschwerden an das für den Immissionsschutz zuständige Landratsamt. Das Landratsamt hat die Firma daraufhin zur Stellungnahme aufgefordert und dieser hierbei das Schreiben des Anwohners in nicht-anonymisierter Form zugeleitet. Hierüber wiederum hat sich der Betroffene bei mir beschwert.

Das von mir um Stellungnahme gebetene Landratsamt hielt die Weiterleitung der nicht-anonymisierten Beschwerde an die betreffende Firma für zulässig, da dies der Aufklärung des Beschwerdefalles gedient habe. Überdies sei der Petent wegen seiner vorherigen direkten Beschwerden der Firma sowieso namentlich bekannt gewesen.

Diesen Sachverhalt habe ich aus datenschutzrechtlicher Sicht wie folgt bewertet:

Die Weiterleitung der Beschwerde des Petenten ohne deren vorherige Anonymisierung an die betreffende Firma war eine Übermittlung personenbezogener Daten an Dritte. Die Übermittlung personenbezogener Daten an Dritte ist datenschutzrechtlich eine Datenverarbeitung (Art 4 Abs. 6 Satz 1 BayDSG). Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist nach Art. 15 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 BayDSG nur zulässig, wenn das bayerische Datenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat.

Eine Einwilligung des Petenten in die Weitergabe seines Schreibens an die Firma lag nicht vor. Mangels einer bereichsspezifischer Rechtsgrundlage war für die Beurteilung der Datenübermittlung damit Art. 19 Abs. 1 BayDSG maßgebend.

Nach Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 BayDSG ist die Übermittlung personenbezogener Daten an nicht-öffentliche Stellen zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der übermittelnden Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist und die Voraussetzungen vorliegen, die eine Nutzung nach Art. 17 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 bis 4 BayDSG zulassen würden. Im vorliegenden Fall war es zur Prüfung und Beantwortung der Eingabe des Petenten schon nicht erforderlich, der Firma dessen personenbezogene Daten zu übermitteln. Es hätte genügt, der Firma die genannten Beschwerdepunkte mitzuteilen. Diese waren allgemeiner Natur und nicht an eine bestimmte Person gebunden. Auch ist nicht ersichtlich, inwiefern durch die ungefilterte Weiterleitung eine schnellere Aufklärung erreicht werden konnte. Die Datenübermittlung war daher nicht nach Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 BayDSG zulässig.

Auch Art. 19 Abs. 1 Nr. 2 BayDSG bot keine ausreichende Rechtsgrundlage. Danach ist eine Datenübermittlung an nicht-öffentliche Stellen zulässig, wenn die nicht-öffentliche Stelle ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der zu übermittelnden Daten glaubhaft darlegt und der Betroffene kein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung hat. Ein berechtigtes Interesse der Firma an der Kenntnis, wer sich über Lärm- und Geruchsbelästigungen beschwert hat, bestand nicht. Außerdem hatte der Petent ein schutzwürdiges Interesse, dass ihm durch eine Eingabe beim Landratsamt keine Nachteile entstehen. Ein Bürger muss grundsätzlich darauf vertrauen können, dass mit seinem Anliegen nur die zuständigen Stellen befasst werden, ein Schreiben an das zuständige Amt also im internen Verhältnis zwischen Bürger und Verwaltung verbleibt und jedenfalls nicht ohne besondere Rechtsgrundlage Dritten zugänglich gemacht wird. Dies gilt unabhängig davon, ob der Informant ausdrücklich um vertrauliche Behandlung gebeten hat. Dies ist letztlich auch im Behördeninteresse, da diese zur ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Aufgaben auf derartige Informationen angewiesen sind.

Da mir das Landratsamt versichert hat, künftig in ähnlichen Fällen auf eine Anonymisierung zu achten bzw. eine schriftliche Einwilligung des Beschwerdeführers einzuholen, habe ich im Rahmen des mir nach Art. 31 Abs. 3 BayDSG zustehenden Ermessens von einer förmlichen Beanstandung des Datenschutzverstoßes abgesehen.

6.8. Veröffentlichung personenbezogener Daten im amtlichen Mitteilungsblatt zur Benachrichtigung von Bürgern

Durch Eingaben und die Presse wurde mir bekannt, dass einige Gemeinden Bürger, für die ein neues Ausweisdokument ausgestellt wurde, im amtlichen Mitteilungsblatt darüber informierten, dass sie das Dokument abholen können. Die Einwilligung der Betroffenen in die Veröffentlichung ihrer Namen erfolgte in der Regel mündlich. Personen, die einer Veröffentlichung nicht zustimmten, wurden telefonisch verständigt.

Diesen Sachverhalt habe ich aus datenschutzrechtlicher Sicht wie folgt bewertet:

Die Veröffentlichung der Namen von Bürgern im amtlichen Mitteilungsblatt verbunden mit dem Hinweis, sie können ihr beantragtes Ausweisdokument abholen, stellt eine Datenübermittlung an die Allgemeinheit dar. Eine solche Datenübermittlung ist nach Art. 15 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 BayDSG nur zulässig, wenn das Bayerische Datenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat.

Da im vorliegenden Fall eine Rechtsgrundlage nicht vorlag, kam nur eine Einwilligungslösung in Betracht. Die Einwilligung bedarf der Schriftform, sofern nicht wegen besonderer Umstände eine andere Form angemessen ist (Art. 15 Abs. 3 Satz 1 BayDSG). Solche Umstände waren hier nicht ersichtlich, da es beispielsweise ohne weiteres möglich wäre, eine vorformulierte Einwilligungserklärung durch den Antragsteller unterzeichnen zu lassen. Weiterhin muss es sich um eine informierte Einwilligung des Betroffenen handeln, d.h. diese muss alle wesentlichen Informationen beinhalten, die der Antragsteller benötigt, um die Tragweite seiner Entscheidung beurteilen zu können. Wenn das Formular neben der Einwilligung noch andere Erklärungen des Betroffenen enthält, ist diese deutlich hervorzuheben (Art. 15 Abs. 4 BayDSG). Auf das Schriftformerfordernis konnte vorliegend nicht verzichtet werden. Aus Gründen der Nachweisbarkeit dürfte es auch im Interesse der Gemeinde liegen.

Unabhängig davon möchte ich auf die Gefahr missbräuchlicher Nutzung hinweisen. Gerade bei Reisepässen könnten beispielsweise Einbrecher ein Interesse daran haben, zu wissen, wer möglicherweise bald in Urlaub fährt.

Selbst wenn unter Einhaltung der genannten Voraussetzungen eine Benachrichtigung in den amtlichen Bekanntmachungen aus datenschutzrechtlicher Sicht zulässig wäre, halte ich sie aus den dargelegten Erwägungen dennoch nicht für empfehlenswert. Eine telefonische oder schriftliche Benachrichtigung (z.B. per E-Mail) wäre meines Erachtens vorzuziehen. Alternativ dazu könnte die Gefahr missbräuchlicher Nutzung begrenzt werden, indem die Benachrichtigung nicht mit dem Namen des Passinhabers, sondern mit einem Kennwort erfolgt. Dieses Kennwort könnte jeder Passinhaber bei der Antragstellung bestimmen.

6.9. Herausgabe eines Schreibens mit strafbarem Inhalt an den betroffenen Amtsträger

Durch eine Eingabe bin ich mit folgendem Vorgang befasst worden:

In einer Gemeinde hat die vom Gemeinderat beschlossene Ausdehnung des Anschluss- und Benutzungszwangs an die gemeindliche Wasserversorgung und -ent-sorgung auf diesem Zwang bislang nicht unterliegende Anwesen zu erheblichen Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Teil der hiervon Betroffenen und der Gemeinde geführt. Im Rahmen dieser Meinungsverschiedenheiten hat sich eine Bürgerin mit einer schriftlichen Eingabe an übergeordnete Behörden gewandt. In dieser Petition wurde dem ersten Bürgermeister der betroffenen Gemeinde u.a. Bestechlichkeit vorgeworfen und dieser zugleich als "Napoleon" und "Möchte-gern-Diktator" bezeichnet. Auf Verlangen des ersten Bürgermeisters, der von der Existenz des Schreibens erfahren hatte, wurde ihm dieses behördlicherseits aufgrund des strafbaren Inhalts unter Berufung auf § 17 Abs. 1 Satz 3 der Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaats Bayern (AGO) herausgegeben. Nach dieser Bestimmung bleiben die Abgabe von Schreiben mit groben Beschimpfungen oder Beleidigungen u.a. von Behördenangehörigen an andere Behörden und die Möglichkeit strafrechtlicher Verfolgung unberührt. Der Bürgermeister hat daraufhin Strafanzeige wegen Beleidigung gestellt. Die betroffene Bürgerin wiederum hat sich an mich gewandt und das Vorliegen eines Datenschutzverstoßes gerügt.

Der Sachverhalt gibt Anlass, aus datenschutzrechtlicher Sicht auf Folgendes hinzuweisen: Die Herausgabe des Schreibens durch die übergeordnete Behörde an den in amtlicher Eigenschaft betroffenen Bürgermeister erfolgte, um diesem eine Strafverfolgung zu ermöglichen (Beleidigung nach § 185 StGB ist gem. § 194 Abs. 1 Satz 2 StGB ein Antragsdelikt) und damit das beschädigte Ansehen des Bürgermeisteramtes wiederherzustellen. Es lag damit eine Datenübermittlung an eine öffentliche Stelle vor, welche im konkreten Fall mit Art. 18 Abs. 1 i.V.m. Art. 17 Abs. 2 Nr. 10 BayDSG vereinbar war. Danach ist eine Übermittlung personenbezogener Daten an andere öffentliche Stellen zulässig, wenn dies u.a. zur Verfolgung von Straftaten erforderlich ist. In der Herausgabe des Schreibens mit strafbarem Inhalt an den betroffenen Amtsträger lag damit kein Verstoß gegen den Datenschutz.

§ 17 Abs. 1 AGO

Enthält ein Eingang grobe Beschimpfungen oder Beleidigungen von Behörden, Behördenangehörigen oder Dritten und ist er nicht an eine Frist gebunden, wird dem Absender mitgeteilt, dass der Eingang wegen der ungehörigen Form nicht bearbeitet wird. Die Mitteilung kann unterbleiben, wenn kein bestimmter Antrag gestellt ist. Die Abgabe an andere Behörden und die Möglichkeit strafrechtlicher Verfolgung bleiben unberührt.

6.10. Auskunftserteilung über Behördeninformanten

Eine Bürgerin hat sich bei mir darüber beschwert, dass einer Hundehalterin seitens der Verwaltungsgemeinschaft, der ihre Wohnortgemeinde angehört, Auskunft über den Namen und die Anschrift ihres 12-jährigen Sohnes erteilt worden war. Das Kind war zuvor von den nicht angeleinten Hunden dieser Hundehalterin bedrängt worden und hatte den Vorfall der Verwaltungsgemeinschaft gemeldet. Die Verwaltungsgemeinschaft hatte daraufhin die Hundehalterin auf die bestehende Anleinpflicht hingewiesen. Auf deren Frage nach dem Anzeigeerstatter gab ihr die Verwaltungsgemeinschaft Name und Anschrift des Kindes bekannt. Die Hundehalterin wiederum suchte das Kind in Abwesenheit der Eltern auf und griff es im Folgenden verbal an.

Die von mir zu der Auskunftserteilung befragte Verwaltungsgemeinschaft nahm anfänglich nur dahingehend Stellung, Name und Anschrift des Kindes seien der Hundehalterin mitgeteilt worden, da bei Bußgeldverfahren grundsätzlich Zeugen zu benennen seien. Im weiteren Verlauf meiner Prüfung konkretisierte die Verwaltungsgemeinschaft dies und führte ergänzend aus, die Hundehalterin habe die Sachverhaltsschilderung des Kindes bestritten und zudem einen Rechtsanwalt beauftragt, welcher von der Verwaltungsgemeinschaft Akteneinsicht verlangte.

Die Vorgehensweise habe ich aus folgenden Gründen beanstandet:

Teilt die Behörde den Namen und die Anschrift des Anzeigeerstatters mit, so stellt dies eine Übermittlung personenbezogener Daten an Dritte und damit eine Datenverarbeitung dar. Nach Art. 15 Abs. 1 BayDSG ist eine solche Verarbeitung personenbezogener Daten nur zulässig, wenn das Bayerische Datenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift diese erlaubt oder anordnet (Nr. 1) oder der Betroffene eingewilligt hat (Nr. 2). Mangels Einwilligung des Betroffenen bzw. seiner Erziehungsberechtigten in die Datenverarbeitung kam es insoweit darauf an, ob sich die Auskunftserteilung auf Art. 15 Abs. 1 Nr. 1 BayDSG stützen ließ. Insoweit ging der Hinweis der Verwaltungsgemeinschaft auf das ordnungswidrigkeitenrechtliche Bußgeldverfahren schon deswegen fehl, da ein solches offensichtlich nicht eingeleitet, sondern die Hundehalterin nur allgemein auf die bestehende Anleinpflicht hingewiesen werden sollte. Im Übrigen kommt es auch im Bußgeldverfahren in Betracht, den Namen des Anzeigeerstatters vertraulich zu behandeln (vgl. dazu näher Gohler, Ordnungswidrigkeitengesetz, 15. Auflage, Rdnr. 31 vor § 59).

In datenschutzrechtlicher Hinsicht entscheidend war daher die Frage, ob sich die erfolgte Auskunftserteilung auf Art. 29 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) stützen ließ. Unmittelbar war diese Norm nicht anwendbar, da mit dem bloßen Hinweis auf die Anleinpflicht weder ein auf den Erlass eines Verwaltungsaktes abzielendes Verwaltungsverfahren im Sinne des BayVwVfG in Gang gesetzt noch mit der Auskunftserteilung eine Akteneinsicht im eigentlichen Sinne gewährt wurde. Jedoch kann Art. 29 BayVwVfG als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens auch analog für behördliche Auskünfte herangezogen werden (vgl. Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 11. Auflage, § 29 Rdnr. 5). Überdies kommt auch außerhalb eines Verwaltungsverfahrens ein Akteneinsichtsrecht im Rahmen einer Ermessensentscheidung in Betracht, wenn der Anspruchsteller ein berechtigtes Interesse hieran geltend macht (vgl. BayVGH, Urteil vom 17.12.1998, BayVBl 1998, 693 ff. m.w.N.). Zur Gewährung von Akteneinsicht hat eine Behörde ihre Ermessensentscheidung so zu treffen, dass unter Berücksichtigung des Grundprinzips des rechtsstaatlichen und fairen Verfahrens eine beiderseits sachgerechte Interessenwahrung möglich ist. Außerdem muss die Kenntnis des Akteninhalts Voraussetzung für eine wirksame Rechtsverfolgung sein.

Die von der Verwaltungsgemeinschaft demnach zu treffende Ermessensentscheidung hätte unter Berücksichtigung dieser Vorgaben zur Ablehnung der begehrten Auskunft führen müssen. So wurde die Hundehalterin lediglich allgemein auf die Anleinpflicht hingewiesen und hätte auch ohne Kenntnis des Namens des Anzeigeerstatters der Verwaltungsgemeinschaft ihre Sichtweise darlegen können. Die Auskunftserteilung war damit nicht zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich. Daran ändert auch die Beauftragung eines Rechtsanwalts nichts. Auf der anderen Seite hatte der Anzeigeerstatter ein schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung seines Namens durch die Behörde. Dem Bürger, der eine Behörde auf tatsächliche oder vermeintliche Missstände und Verstöße gegen Rechtsvorschriften hinweist, sollen dadurch keine Nachteile entstehen. Dies ist letztlich auch im Interesse von Behörden, die zur ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Aufgaben auf derartige Informationen angewiesen sind. Der Anzeigeerstatter vertraut darauf, dass seine Hinweise im Bereich der Verwaltung verbleiben. Dies gilt unabhängig davon, ob der Informant ausdrücklich um vertrauliche Behandlung gebeten hat. Er ist nur dann nicht schutzwürdig, wenn es sich um haltlose, grob unwahre oder gar verleumderische Angaben handelt, gegen die sich der Angezeigte zur Wehr setzen will (vgl. Wilde/Ehmann/Niese/Knoblauch, Bayerisches Datenschutzgesetz, Art. 10 Rdnr. 49 a - k). Derartige Anhaltspunkte konnten im konkreten Fall auch der unterschiedlichen Sachverhaltsschilderung seitens Anzeigeerstatter und Angezeigten nicht entnommen werden.

Da es sich hierbei um einen nicht unerheblichen Datenschutzverstoß handelt, der zudem zu nachteiligen Folgen für ein Kind geführt hat, war er zu beanstanden.

6.11. Nachträgliche Bekanntgabe von in nichtöffentlicher Gemeinderatssitzung gefassten Beschlüssen

Im Rahmen meiner Beratungstätigkeit für bayerische öffentliche Stellen bin ich wiederholt mit der Frage befasst worden, ob und inwieweit in nichtöffentlicher Gemeinderatssitzung gefasste Beschlüsse der Allgemeinheit bekanntgegeben werden dürfen. Die Antwort auf diese Frage war anhand des Art. 52 Abs. 3 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (im Folgenden: GO) zu geben. Maßgeblich für Zeitpunkt und Umfang der Bekanntgabe der in nichtöffentlicher Sitzung gefassten Beschlüsse ist daher nach Art. 52 Abs. 3 GO, wann und inwieweit die Gründe für die Geheimhaltung weggefallen sind.

Geheimhaltungsgründe sind nach Art. 52 Abs. 2 Satz 1 GO das Wohl der Allgemeinheit und "berechtigte Ansprüche Einzelner". Bei solchen berechtigten Ansprüchen Einzelner muss es sich um keinen Anspruch im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs handeln, vielmehr genügt die Beeinträchtigung rechtlich geschützter oder anerkannter Interessen. Hierzu zählen insbesondere die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Bürger, an deren öffentlicher Erörterung die Allgemeinheit kein berechtigtes Interesse hat und deren Bekanntgabe dem Einzelnen nachteilig sein kann.

Nur insoweit, als die Gründe, welche ursprünglich zur Behandlung der Thematik in nichtöffentlicher Sitzung geführt haben, zwischenzeitlich weggefallen sind, ist eine Bekanntgabe nach Art. 52 Abs. 3 GO zulässig.

So dürfen z.B. bei Personalentscheidungen Name und Amtsbezeichnung des künftigen Mitarbeiters nur dann bekanntgegeben werden, wenn dieser nach Tätigkeitsbeginn eine Funktion mit Außenwirkung wahrnehmen wird. Handelt es sich dagegen um eine Funktion ohne Außenwirkung, so darf schon die Person des neuen Mitarbeiters nicht bekanntgegeben werden. Diese Unterscheidung nach der jeweiligen Funktion der Beschäftigten ergibt sich aus der Fürsorgepflicht der Gemeinde als Dienstherrin. Ich verweise hierzu auch auf meine Ausführungen im 23. Tätigkeitsbericht, Nr. 21.4, und im 22. Tätigkeitsbericht, Nr. 19.1.

Von vornherein unzulässig ist dagegen die namentliche Bekanntgabe unterlegener Mitbewerber sowie der Privatanschrift des zukünftigen Mitarbeiters. Die Betroffenen haben insoweit ein schutzwürdiges Interesse, dass diese personenbezogenen Daten nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Art. 52 Abs. 1 - 3 GO

(1) Zeitpunkt und Ort der Sitzungen des Gemeinderats sind unter Angabe der Tagesordnung, spätestens am dritten Tag vor der Sitzung, ortsüblich bekanntzumachen. Ausnahmen bedürfen der Genehmigung des Gemeinderats.

(2) Die Sitzungen sind öffentlich, soweit nicht Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit oder auf berechtigte Ansprüche Einzelner entgegenstehen. Über den Ausschluss der Öffentlichkeit wird in nichtöffentlicher Sitzung beraten und entschieden.

(3) Die in nichtöffentlicher Sitzung gefassten Beschlüsse sind der Öffentlichkeit bekanntzugeben, sobald die Gründe für die Geheimhaltung weggefallen sind.

6.12. Anfertigen von Kopien von Unterstützungsunterschriften für Wahlkreisvorschläge

Nach dem Landeswahlgesetz (LWG) müssen Wahlkreisvorschläge unter den gesetzlich genannten Voraussetzungen mit Unterstützungsunterschriften von Stimmberechtigten versehen sein. § 31 Abs. 3 Nr. 3 der Landeswahlordnung (LWO) bestimmt dazu, dass für jeden Unterzeichner auf einem amtlichen Formblatt oder gesondert eine Bescheinigung der Gemeinde, bei der der Unterzeichner im Wählerverzeichnis eingetragen ist, beizufügen ist, dass er im betreffenden Wahlkreis stimmberechtigt ist. Eine politische Partei hat sich nun im Vorfeld der Landtags- und Bezirkstagswahl 2008 mit dem Vorbringen an mich gewandt, eine Stadt habe Unterstützungsunterschriften für die Partei fotokopiert und damit gegen die Landeswahlordnung verstoßen. Danach dürfe die Kommune nicht festhalten, für welchen Wahlkreisvorschlag eine erteilte Bescheinigung bestimmt sei. Die von mir daraufhin durchgeführte Überprüfung hat folgenden Sachverhalt ergeben:

Die Bescheinigung der Unterstützungsunterschriften erfolgte an allen Meldeschaltern der Stadt. Um sicherzustellen, dass keine Doppelbescheinigungen ausgestellt werden, wurde von den zuständigen Mitarbeitern eine Kopie der jeweils getätigten Bescheinigung angefertigt. Das entsprechende Formblatt für eine Unterstützungsunterschrift wurde dabei ab dem Bereich "Angaben zur Person" kopiert; dazu wurde das Formblatt in der Mitte ab "Familienname" geknickt. Die Kopie wurde den anderen Meldeschaltern zur Kenntnisnahme und Beachtung vorgelegt und anschließend vernichtet; eine EDV- oder papiermäßige Speicherung der Daten wurde nicht vorgenommen.

Diesen Sachverhalt habe ich aus datenschutzrechtlicher Sicht wie folgt bewertet:

§ 31 Abs. 5 Satz 2 der Landeswahlordnung (LWO) sieht vor, dass die Gemeinde für jede stimmberechtigte Person die Bescheinigung des Stimmrechts nur einmal zu einem Wahlkreisvorschlag erteilen darf; dabei darf sie nicht festhalten, für welchen Wahlkreisvorschlag die erteilte Bescheinigung bestimmt ist. In der Wahlanweisung für die Landtagswahl und die Bezirkswahl 2008 - Gemeinde WA3 - wird unter Ziffer F.I.1.c) auf die Vorschrift des § 31 Abs. 5 LWO hingewiesen und klargestellt, dass es zweckmäßig ist, die Unterzeichner in einer alphabetischen Liste oder einer Datei zu führen oder in einem alphabetischen Verzeichnis aller Stimmberechtigten entsprechend zu kennzeichnen. Weiter heißt es in der Wahlanweisung, dass das Anfertigen von Kopien der Unterstützungsunterschriften auch dann nicht zulässig ist, wenn der Name der unterstützenden Partei abgedeckt oder geschwärzt wird. Die Erteilung der Bescheinigung darf auch nicht im Wählerverzeichnis vermerkt werden.

Bei dem von der Stadt bei der Landtagswahl und Bezirkswahl 2008 praktizierten Verfahren wurden zwar Kopien angefertigt und damit personenbezogene Angaben (hier: Familienname, Vorname, Geburtsdatum, Anschrift und Unterschrift) des Stimmberechtigten für Kontrollzwecke, nämlich der Vermeidung einer mehrfachen Unterstützung von Wahlkreisvorschlägen durch den Betroffenen, erhoben. Allerdings wurde dabei nicht festgehalten, für welchen Wahlkreisvorschlag die erteilte Bescheinigung bestimmt war, da nach Aussage der Stadt dieser Teil des Formblatts jeweils nicht mitkopiert worden war. Ein Verstoß gegen § 31 Abs. 5 Satz 2 LWO, wonach es unzulässig ist, festzuhalten, für welchen Wahlkreisvorschlag die erteilte Bescheinigung bestimmt ist, liegt damit nicht vor.

Auch wenn ein Verstoß gegen wahlgesetzliche Vorschriften somit nicht vorliegt, wäre es aus datenschutzrechtlicher Sicht jedoch wünschenswert gewesen, wenn die Stadt ein Kontrollverfahren gewählt hätte, das der Wahlanweisung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern für die Landtagswahlen und Bezirkswahlen 2008 - WA 3 - entsprochen hätte. Dort wird unter anderem darauf hingewiesen, es seien auch dann keine Kopien von den Unterstützungsunterschriften anzufertigen, wenn der Name der unterstützenden Partei abgedeckt oder geschwärzt wird. Laut Auskunft des Bayerischen Staatsministeriums des Innern wurde die Wahlanweisung als Handlungsanweisung für die Gemeinden, insbesondere zum Zwecke eines einheitlichen Verwaltungsvollzugs bei der Durchführung der Landtags- und Bezirkswahl 2008, erlassen. Die Stadt hat mir zugesichert, bei künftigen Wahlen keine Kopien mehr zu fertigen, sondern nur noch solche Aufzeichnungen über stimmberechtigte Personen (z.B. in Form von Excel-Tabellen) zu führen, wie dies in der Wahlanweisung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern für den Fall der Bescheinigung der Unterstützung eines Wahlkreisvorschlags vorgesehen ist.

Die beschriebene Vorgehensweise war kein Einzelfall. Dies zeigte sich an einer weiteren Eingabe, diesmal im Vorfeld der Europawahl 2009. § 32 Abs. 5 Satz 2 der Europawahlordnung enthält dazu eine § 31 Abs. 5 Satz 2 der Landeswahlordnung entsprechende Regelung. Da der Eingabeführer in diesem Fall die betroffene Gemeinde nicht genannt hat, konnte ich ihn nur allgemein auf die Rechtslage hinweisen und anregen, sich an den behördlichen Datenschutzbeauftragten der Kommune zu wenden.

Art. 31 Abs. 3 Nrn. 2 - 4 und Abs. 5 LWO

(3) Die nach Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 LWG erforderlichen Unterstützungsunterschriften von Stimmberechtigten sind auf amtlichen Formblättern nach Anlage 5 unter Beachtung folgender Vorschriften zu erbringen:

2. Die Stimmberechtigten, die einen Wahlkreisvorschlag unterstützen, müssen die Erklärung auf dem Formblatt persönlich unterzeichnen; neben der Unterschrift sind Familienname, Vorname, Tag der Geburt und Anschrift (Hauptwohnung) des Unterzeichners anzugeben.

3. Für jeden Unterzeichner ist auf dem Formblatt oder gesondert eine Bescheinigung der Gemeinde, bei der er im Wählerverzeichnis einzutragen ist, beizufügen, dass er im betreffenden Wahlkreis stimmberechtigt ist. Gesonderte Bescheinigungen des Stimmrechts sind vom Träger des Wahlkreisvorschlags bei der Einreichung des Wahlkreisvorschlags mit den Unterstützungsunterschriften zu verbinden. Wer für einen anderen eine Bescheinigung des Stimmrechts beantragt, muss nachweisen, dass der Betreffende den Wahlkreisvorschlag unterstützt.

4. Eine stimmberechtigte Person darf nur einen Wahlkreisvorschlag unterzeichnen. Hat jemand mehrere Wahlkreisvorschläge unterzeichnet, so ist seine Unterschrift auf allen Wahlkreisvorschlägen ungültig.

(5) Die Bescheinigung des Stimmrechts (Abs. 3 Nr. 3) und die Bescheinigung der Wählbarkeit (Abs. 4 Nr. 2) sind kostenfrei zu erteilen. Die Gemeinde darf für jede stimmberechtigte Person die Bescheinigung des Stimmrechts nur einmal zu einem Wahlkreisvorschlag erteilen; dabei darf sie nicht festhalten, für welchen Wahlkreisvorschlag die erteilte Bescheinigung bestimmt ist.

6.13. Melderegisterauskünfte in besonderen Fällen

Nach Art. 32 des Meldegesetzes können die Betroffenen der Weitergabe ihrer Meldedaten an politische Parteien für Wahlwerbezwecke, an Adressbuchverlage zur Herausgabe eines Adressbuchs und der Daten über Alters- und Ehejubiläen an die in der Vorschrift genannten Stellen widersprechen. Hierauf sind sie bei der Anmeldung hinzuweisen; auf ihr Widerspruchsrecht gegen die Erteilung von Melderegisterauskünften für Wahlwerbezwecke sind sie zusätzlich spätestens acht Monate vor den Wahlen durch öffentliche Bekanntmachung hinzuweisen.

Wie schon in früheren Jahren haben mich auch im Berichtszeitraum wieder Anfragen und Beschwerden von Bürgern erreicht, denen ihr Widerspruchsrecht nicht bekannt war. Die Praxis zeigt seit langem, dass hier eine effektive Wahrnehmung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung durch die Bürger nur bei einer Einwilligungslösung möglich ist. Darauf haben die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder bereits auf ihrer 56. Konferenz am 05./06.10.1998 in Wiesbaden und auch in der Folgezeit immer wieder hingewiesen (siehe hierzu 18. Tätigkeitsbericht 1998, Anlage 16).

6.14. Weitergabe von Melderegisterdaten Jugendlicher an die Freiwillige Feuerwehr zur Nachwuchswerbung

Dürfen die Einwohnermeldeämter Melderegisterdaten Jugendlicher an die Freiwilligen Feuerwehren übermitteln? Diese Frage bekomme ich von vielen Gemeinden gestellt, die solche Meldedaten zur Nachwuchswerbung nutzen wollen. Ich vertrete dazu folgende Rechtsauffassung:

Die Weitergabe der Anschriften der Jugendlichen an die Freiwillige Feuerwehr als gemeindliche Einrichtung ist zulässig, wenn dies zur rechtmäßigen Erfüllung der in der Zuständigkeit der Feuerwehr liegenden Aufgaben erforderlich ist (Art. 28 Abs. 7 Satz 1 i.V.m. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 Meldegesetz).

Aufgabe der Freiwilligen Feuerwehr als gemeindliche Einrichtung sind nach dem Bayerischen Feuerwehrgesetz (BayFwG) der abwehrende Brandschutz und der technische Hilfsdienst. Für diese Aufgabe wird eine ausreichende Anzahl Feuerwehrdienstleistender benötigt. Sofern absehbar ist, dass in Zukunft nicht genügend Feuerwehrdienstleistende zur Verfügung stehen, kann die gezielte Werbung von Nachwuchskräften erforderlich sein.

Dies gilt auch für die Werbung von Jugendlichen, die seit der Gesetzesänderung vom 10.07.1998 bereits ab dem vollendeten 12. Lebensjahr Feuerwehrdienst leisten dürfen (Art. 7 Abs. 1 BayFwG). Sie dürfen zwar noch nicht zur Aufgabenerfüllung eingesetzt werden (Art. 7 Abs. 2 Satz 2 BayFwG), um aber zu gewährleisten, dass sie zu dem Zeitpunkt, zu dem sie uneingeschränkt zum Feuerwehrdienst herangezogen werden können, vollständig ausgebildet sind, kann auch die Gewinnung von Jugendlichen, die das 12. Lebensjahr vollendet haben, als Feuerwehranwärter erforderlich sein. Gegen die Bekanntgabe ihrer Namen und Anschriften zur Nachwuchswerbung an den Kommandanten der Freiwilligen Feuerwehr bestehen daher keine Einwände sofern feststeht, dass bei der jeweiligen Feuerwehr ein Bedarf an Feuerwehrnachwuchskräften besteht.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf meinen Beitrag im 18. Tätigkeitsbericht 1998, Nr. 9.2, hinweisen, in dem ich mich allgemein zur Weitergabe von Melderegisterdaten an die Freiwillige Feuerwehr zur Nachwuchswerbung geäußert habe.

Art. 7 BayFwG

(1) Jugendliche können vom vollendeten 12. bis zum vollendeten 18. Lebensjahr als Feuerwehranwärter Feuerwehrdienst leisten.

(2) Feuerwehranwärter sind den Feuerwehrdienstleistenden gleichgestellt, soweit sich aus diesem Gesetz nicht anderes ergibt. Sie dürfen nur zu Ausbildungsveranstaltungen und erst ab vollendetem 16. Lebensjahr bei Einsätzen zu Hilfeleistungen außerhalb der unmittelbaren Gefahrenzone herangezogen werden.

6.15. Veröffentlichung von Gewerberegisterdaten im Sinne des § 14 Abs. 6 Satz 2 GewO auf der Homepage einer Gemeinde

Im Berichtszeitraum wurde ich durch die Anfrage einer Gemeinde mit dem Problem befasst, ob eine Veröffentlichung der in § 14 Abs. 6 Satz 2 Gewerbeordnung (GewO) genannten Gewerberegisterdaten - Name, betriebliche Anschrift und angezeigte Tätigkeit des Gewerbetreibenden - auf der gemeindlichen Homepage aus datenschutzrechtlicher Sicht zulässig ist. Weiter wollte die anfragende Gemeinde auch wissen, ob der Begriff der "betrieblichen Anschrift" in diesem Sinne neben der postalischen Anschrift zusätzlich Telefon- und Faxnummer sowie E-Mail-Adresse des Gewerbetreibenden umfasst, so dass gegebenenfalls auch die Veröffentlichung dieser Angaben auf der Homepage zulässig wäre. Motivierend für die Anfrage der Gemeinde war die Förderung der ortsansässigen Wirtschaft.

Hierbei handelt es sich um eine Problematik, mit der ich mich zuletzt in meinem 18. Tätigkeitsbericht aus dem Jahr 1998, Nr. 13.4, befasst habe. Damals bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass die mit der Einstellung von Gewerberegisterdaten ins Internet verbundene Veröffentlichung personenbezogener Daten nur zulässig ist, wenn der Gewerbetreibende ausdrücklich vorher zugestimmt hat. Mittlerweile hat sich jedoch die Rechtslage geändert. So wurde durch das Zweite Gesetz zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft vom 07.09.2007 geregelt, dass gemäß § 14 Abs. 6 Satz 2 GewO der Name, die betriebliche Anschrift und die angezeigte Tätigkeit des Gewerbetreibenden allgemein zugänglich gemacht werden dürfen.

Aus datenschutzrechtlicher Sicht bin ich insoweit der Meinung, dass der neue § 14 Abs. 6 Satz 2 GewO keinen zwingenden Auskunftsanspruch begründet, sondern vielmehr die Auskunftserteilung im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde steht (so auch Martinez in Pielow u.a.; Kommentar zur Gewerbeordnung, § 14 Rdnr. 72). Dieses Ermessen muss die Gemeinde vor einer Veröffentlichung der in § 14 Abs 6 Satz 2 GewO genannten Angaben auf ihrer Homepage auch nachweisbar - z.B. dokumentiert durch einen Aktenvermerk - ausüben. Diese Ermessensausübung wird jedoch nur in ganz besonders gelagerten Einzelfällen dazu führen, dass eine Internetveröffentlichung unzulässig ist. Eine besondere Schutzwürdigkeit in Bezug auf die in § 14 Abs. 6 Satz 2 GewO genannten Daten besteht nämlich grundsätzlich nicht, da der Gewerbetreibende mit diesen Angaben auch in der Öffentlichkeit auftritt (so im Ergebnis auch Martinez a.a.O.). Die in meinem 18. Tätigkeitsbericht aus dem Jahr 1998 unter Nr. 13.4 geforderte ausdrückliche Zustimmung des Gewerbetreibenden mit der Internetveröffentlichung von Gewerberegisterdaten ist daher seit der Gesetzesänderung aus dem Jahr 2007 nicht mehr notwendig, soweit es nur um die Veröffentlichung des Namens, der betrieblichen Anschrift und der angezeigten Tätigkeit geht. Hierbei ist aber zu beachten, dass unter den Begriff der "betrieblichen Anschrift" nur die eigentliche postalische Anschrift, also Straße und Hausnummer sowie Postleitzahl fallen. In Übereinstimmung mit dem Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie sowie dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie vertrete ich die Auffassung, dass § 14 Abs. 6 Satz 2 GewO insoweit gerade auch aus datenschutzrechtlicher Sicht restriktiv zu interpretieren ist. Die Internetveröffentlichung von Telefon- und Faxnummer sowie E-Mail-Adresse ist datenschutzrechtlich also auch weiterhin nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Gewerbetreibenden zulässig.

§ 14 Abs. 1 und 6 GewO

(1) Wer den selbständigen Betrieb eines stehenden Gewerbes, einer Zweigniederlas-sung oder einer unselbständigen Zweigstelle anfängt, muss dies der zuständigen Be-hörde gleichzeitig anzeigen. Das Gleiche gilt, wenn

  1. der Betrieb verlegt wird,
  2. der Gegenstand des Gewerbes gewechselt oder auf Waren oder Leistungen ausgedehnt wird, die bei Gewerbebetrieben der angemeldeten Art nicht geschäftsüblich sind, oder
  3. der Betrieb aufgegeben wird.

Steht die Aufgabe des Betriebes eindeutig fest und ist die Abmeldung nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums erfolgt, kann die Behörde die Abmeldung von Amts wegen vornehmen.

(6) Die erhobenen Daten dürfen nur für die Überwachung der Gewerbeausübung sowie statistische Erhebungen verwendet werden. Der Name, die betriebliche Anschrift und die angezeigte Tätigkeit des Gewerbetreibenden dürfen allgemein zugänglich gemacht werden.