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Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz; Stand: 25.03.2004;
Veröffentlichung von Niederschriften über öffentliche Sitzungen des Gemeinderats im Internet
In der Presse wurde über folgenden Vorgang berichtet: Ein Gemeinderatsmitglied hatte zunächst mit Zustimmung der Gemeinde auf seiner Homepage im Internet eine allgemeine Information über die Gemeinde veröffentlicht. Ohne die Zustimmung der Gemeinde veröffentlichte das Gemeinderatsmitglied dann jedoch die amtlichen Sitzungsniederschriften über öffentliche Sitzungen des Gemeinderats. Die Gemeinde hat nach Beratung durch das Landratsamt ihre Zustimmung widerrufen. Das betroffene Gemeinderatsmitglied fühlte sich dadurch in seiner Meinungs- und Pressefreiheit beeinträchtigt. Ich vertrete dazu die folgende Auffassung:
- Veröffentlichung persönlicher Notizen oder Berichte von Zuhörern oder Gemeinderatsmitgliedern
Nach Art. 52 Abs. 2 der Gemeindeordnung sind Gemeinderatssitzungen öffentlich, soweit nicht Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit oder auf berechtigte Ansprüche einzelner entgegenstehen. Zu öffentlichen Gemeinderatssitzungen hat grundsätzlich jedermann Zutritt. Den Zuhörern kann dabei nicht verwehrt werden, sich Notizen zu machen und diese in der öffentlichen Sitzung gefertigten persönlichen Notizen und einen daraus aus dem Gedächtnis geschriebenen Bericht im Internet zu veröffentlichen. Dies gilt auch für ein Gemeinderatsmitglied, das in öffentlicher Sitzung Notizen anfertigt, soweit sich diese auf Vorgänge beschränken, die in der öffentlichen Sitzung auch zur Sprache gekommen sind. Unzulässig wäre es, wenn das Gemeinderatsmitglied internes Zusatzwissen über einzelne Vorgänge (z.B. aus den Sitzungsunterlagen) veröffentlichen würde. Es muß jedoch bei der Veröffentlichung klar werden, daß es sich um persönliche Notizen eines zuhörenden Bürgers oder eines Gemeinderatsmitglieds, nicht aber um eine Veröffentlichung der Gemeinde oder eine amtliche Niederschrift handelt.
- Veröffentlichung der amtlichen Niederschrift
Derartige Niederschriften sind offizielle Dokumente der Gemeinde mit dem Charakter öffentlicher Urkunden. Veröffentlichungen sind nur durch die Gemeinde, jedenfalls aber nur mit ihrer Zustimmung zulässig. Ich habe mich in meinem 14. Tätigkeitsbericht zur Veröffentlichung amtlicher Sitzungsniederschriften geäußert. Ich halte danach die Veröffentlichung der Niederschriften öffentlicher Sitzungen, die nur den Mindestinhalt des Art. 54 Abs. 1 GO enthalten, im gemeindlichen Mitteilungsblatt und die Weitergabe derartiger Niederschriften an die örtliche Presse für zulässig. Nach Auffassung des Innenministeriums ist die Veröffentlichung der amtlichen Niederschrift einer öffentlichen Sitzung des Gemeinderats durch die Gemeinde oder mit ihrer Zustimmung auch im Internet jedenfalls dann zulässig, wenn nur der Mindestinhalt nach Art. 54 Abs. 1 GO darin enthalten ist.
Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist allerdings darauf hinzuweisen, daß bei einer Veröffentlichung im Internet weltweit eine automatisierte Auswertung der Niederschriften nach verschiedenen Suchkriterien, die beliebig miteinander verknüpft werden können, möglich ist. Bei einer Einstellung auch nur des Mindestinhalts der Niederschriften nach Art. 54 Abs. 1 GO können Anwesenheitsprofile einzelner Gemeinderatsmitglieder angefertigt werden. Auch die behandelten Sitzungsgegenstände werden häufig personenbezogene Angaben von Antragstellern und Eingabeführern enthalten, die über eine Einstellung der Sitzungsniederschriften in das Internet wesentlich leichter von Dritten weltweit gesammelt und ausgewertet werden können, als bisher mit der Bekanntgabe über ein herkömmliches Medium. Dies zeigt, daß die Veröffentlichung im Internet mit einer neuen Qualitätsstufe des Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verbunden ist.
Bei einer Einspeisung von Daten aus Niederschriften über öffentliche Gemeinderatssitzungen in das Internet bestehen auch Gefahren für die Datensicherheit. Es kann nicht sichergestellt werden, daß jederzeit die vollständigen und unverfälschten Daten auf dem Internet-Server zum Abruf bereitgehalten werden. Es besteht die Gefahr, daß die auf dem Internet-Server gespeicherten Daten verändert, zumindest teilweise unterdrückt oder gelöscht werden. In diesem Zusammenhang können auch haftungsrechtliche Fragen nicht ausgeschlossen werden, die auf eine Gemeinde bei einer amtlichen Veröffentlichung oder einer Veröffentlichung mit Zustimmung zukommen könnten.
Die Gemeinden müssen bei ihrer Entscheidung, ob sie Niederschriften im Internet veröffentlichen, diese Risiken berücksichtigen. Das Innenministerium hat auf meine Bitte hin die nachgeordneten Behörden mit Rundschreiben darauf hingewiesen.