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die Frankfurter
Altstadt -das war ein enges Gewimmel unzähliger alter,
gotisch-spitzgiebeliger Häuser, die sich um den Dom
scharten -einer der größten mittelalterlichen Stadtkerne
Deutschlands. Für Besucher sicherlich ein attraktiver Ort, doch
die Realität für die dort lebenden 22000 Frankfurter (Stand:
1925) sah anders aus: In den engen Gassen gab es wenig Licht, die
mittelalterlichen Häuser waren größtenteils in sehr
schlechtem Zustand, die hygienischen Zustände dürften ebenso
mangelhaft gewesen sein. Längst hatten exklusivere Geschäfte
begonnen, sich samt ihrer zahlungskräftigen Kundschaft aus den
zunehmend verwahrlosten Straßen zurückzuziehen, Armut und
Kriminalität waren in der Altstadt
allgegenwärtig. |
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Frankfurt, um 1940
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doch
schlug hier Frankfurts Herz und das erschwerte den Stadtverantwortlichen
grundlegende Eingriffe in die überalterte Struktur dieses Stadtteils,
die weder den darin wohnenden Menschen noch der modernen, zunehmend
vom Verkehr abhängigen Zeit gerecht werden konnte. Sanierungskonzepte
für so große Stadtquartiere waren noch unbekannt und so
begnügte man sich mit dem Abriß einiger Hinterhöfe
zur Auflockerung, Durchbrüchen für ein paar neue Straßen
und Schönheitsreparaturen. Der sich ankündigende Krieg verhinderte
weiterführende zeitgemäße Planungen für den Stadtkern;
niemand aber ahnte die Ausmaße der Katastrophe, die Frankfurt
und seine Altstadt dann für
immer verändern sollte. |
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am 22.
März 1944, es war Goethes Todestag, fiel Frankfurt und
mit ihm verschwand die Altstadt.
Unzählige Brandbomben ließen den alten Häusern,
die überwiegend aus hölzernem Fachwerk bestanden, keine
Chance. Über 5000 Menschen starben während der knapp 100
Bomberangriffe auf Frankfurt, die teilweise mit mehr als 1000 Flugzeugen
ausgeführt wurden. Viele Altstadtbewohner verdankten ihr Leben
den miteinander verbundenen, mittelalterlichen Kellersystemen,
die ihnen die Flucht aus dem Inferno ermöglichten.
frankfurt war von 18
Millionen Tonnen Trümmern bedeckt, die Einwohnerzahl hatte
sich auf ca 270000 halbiert, 44000 Wohnungen waren vernichtet. 37000
Tote waren insgesamt zu beklagen, davon rund 11000 von Nationalsozialisten
ermordete jüdische Frankfurter, die die Stadt in allen Bereichen
so stark geprägt und ihr die Lebenskraft verliehen hatten.
links: Blick vom Dom
auf den Römer im Jahre 1944
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die Fahrgasse
in Richtung Main, ca 1946.
die Räumung der
Trümmerberge wurde nach den Bombennächten zu einer der
dringlichsten Aufgaben. Die sowohl körperlich ausgezehrte,
als auch psychisch traumatisierte Bevölkerung stand vor unlösbar
scheinenden Problemen. Wohnungen fehlten, Lebensmittel waren stark
rationiert, die Menschen litten an Hunger und Krankheiten, so war
es sehr schwierig, genügend Arbeitskräfte für diese
fast unmenschlichen Arbeiten zu finden.
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Foto:Jäger |
Foto:Jäger |
in der Stadtverwaltung
waren inzwischen Pläne zur Verwertung der Trümmermassen
gereift, um aus diesen wiederverwertbare Baustoffe zu gewinnen.
Es war die Geburtsstunde der Trümmerverwertungsgesellschaft
TVG ,
die im Herbst 1945 von der Stadt, den Baufirmen Holzmann
,
Wayss & Freitag ,
der Metallgesellschaft
und ihrer Tochtergesellschaft Lurgi
gegründet wurde. Sie stand für das vielbeachtete "Frankfurter
Verfahren": Abbruch, Räumung, Transport und Aufbereitung
des Trümmerschutts -alles in einer Hand!
eine sogenannte Trümmerbeschlagnahme-Anordnung
vom 20. Dezember 1945 sah die Beschlagnahme
aller Gebäudetrümmer vor, darunter fielen auch noch stehende
Gebäude, die mehr als 70% Zerstörungen aufwiesen. Diese
gingen in den Besitz der Stadt über, was rechtlich äußerst
umstritten war und zu heftigen Auseinandersetzungen mit den Eigentümern
führte. 1946 begann dann die
großflächige Räumung der Innenstadt, der neu gewählte
Oberbürgermeister Walter Kolb
griff mitsamt seiner Stadtverwaltung eigenhändig zum Spaten
, um der Bevölkerung das Signal zum Wiederaufbau zu geben.
Zunächst wurde der Schutt mit Schaufel und Hacke bearbeitet,
mechanische Räumgeräte waren praktisch nicht vorhanden,
Lastkraftwagen (siehe Foto links) konnten erst eingesetzt werden,
als die Straßen wenigstens teilweise freigeschaufelt waren.
An diesen Aufräumarbeiten beteiligten sich freiwillig viele
tausend Frankfurter und Frankfurterinnen. (siehe auch )
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vom
Scheffeleck, am Rande der Innenstadt
gelegen, zum Ratsweg am Ostpark
wurde eine Feldbahn für den Abtransport der Schuttmengen gebaut,
der sogenannte "Trümmerexpress", der bis 1948
mit seinen Kippwagen in den Osten der Stadt fuhr. Dort war auf dem
heutigen Festplatz der "Dippemeß" Deutschlands größte
Aufbereitungsanlage für Trümmerschutt, sowie eine Betonanlage
für die Herstellung von neuem Baumaterial, wie z.B. Mauersteinen,
Dachziegeln, Wandplatten usw. entstanden .
Der Erfolg der dort ausführenden Trümmerverwertungsgesellschaft
TVG war unübersehbar: Schon Ende 1947
waren 26 km Straßen abgeräumt, als die Anlage 1950
mit voller Kapazität arbeitete, waren unter anderem bereits 30
Millionen Voll- und Hohlblocksteine hergestellt (siehe Bild). Eine
gewaltige Leistung! |
foto:Molzahn
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die Altstadt,
ca 1950 -die Straßen um den
Dom waren freigeräumt und auch
Schutt und Ruinen waren zum größten Teil verschwunden. |
Foto:F.Brzoska
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die Diskussion um die
Bebauung der zerstörten Altstadt
polarisierte Städtebauer, Politiker und Bevölkerung in zwei
Lager. Das eine plädierte für einen Wiederaufbau unter Einbeziehung
noch stehender Häuserreste und Beibehaltung der alten kleinteiligen
Straßenstruktur, die andere Seite konnte sich nur einen völligen
Neuaufbau und den damit verbundenen radikalen Neubeginn vorstellen.
Um diese konträren Positionen sorgfältig gegeneinander abzuwägen,
entschloß man sich daher zu einer Bausperre für den Innenstadtbereich,
die trotz großer Wohnungsnot immerhin bis
1952 andauern sollte. In dieser Zeit näherten sich die
Standpunkte an, so daß einerseits der Erhalt einiger Baudenkmäler,
darunter die Staufenmauer, das Steinerne
Haus ,
der Saalhof, das Leinwandhaus,
Karmeliterkloster oder das einzig
erhalten gebliebene Fachwerkhaus der Altstadt am Fahrtor
gesichert werden konnte (siehe auch ),
andererseits die Verfechter moderner Lösungen ihre Vorstellungen
eines zeitgemäßen Städtebaus durchsetzen konnten.
Sie planten eine durch Höfe aufgelockerte Wohn -und Geschäftsbebauung
mit einzelnen höheren Gebäuden als baulichen Dominanten,
neue Hauptverkehrsstraßen in Ost-West, bzw. Nord-Süd-Richtung
und der damit einhergehenden Auflösung des engen Gassensystems.
Es mag heute zwar bedauerlich erscheinen, daß viel Erhaltenswertes
geopfert wurde und aus dem eher geschäftlichen Viertel überwiegend
ein Wohnquartier wurde, doch unter den sehr schwierigen Bedingungen
in diesen ersten Jahren nach dem Krieg wurde in einem durchaus demokratischen
Prozeß eine für alle Seiten tragbare Lösung gefunden.
Die Ausnahme bildete allerdings der Bereich zwischen Römer
und Dom, -die Stelle aus der die Stadt Frankfurt wohl einst
erwuchs, sollte noch viele Jahre unbebaut brachliegen. |
Foto:dpa
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15.5.1952: Grundsteinlegung
zum Wiederaufbau zwischen Töngesgasse
und der alten Schnurgasse. An mehreren
Stellen startete der Neuaufbau: westlich der Fahrgasse,
südlich des Domes ,
zwischen Trierischer Gasse und
Neuer Kräme, sowie südlich
des Rathauses und des Karmeliterklosters.
Schon am 3. Dezember 1952 war Richtfest
für den sogenannten Abschnitt I des Neuaufbaus der Altstadt.
hinten im Bild die einzig
erhaltene Häuserzeile der Altstadt in der Braubachstraße.
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Foto: W.Grewe |
baustellen bestimmten
das Bild der Innenstadt noch viele Jahre. Im Vordergrund ist der Neubau
der Stadtwerke
an der neuen Nord-Süd-Achse, der Kurt-Schumacher-Straße
zu erkennen. Im Bildhintergrund die Rohbauten des Wohnhochhauses Fahrgasse
und etwas weiter rechts das Betonskelett des Bienenkorbhauses an der
Konstablerwache ,
ca 1954. .......................... |
die neue Ost-West-Achse,
nach 15 Monaten Bauzeit am 16.
November 1953 eingeweiht als "Straße
an der Paulskirche", ab 1955
heißt sie Berliner Straße.
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der westliche Teil der Berliner
Straße endete in einen Kreisel an der Weißfrauenstraße.
Auch in diesem Gebiet waren seit 1952
viele neue Häuser entstanden, darunter auch der achtstöckige
Bundesrechnungshof
(links), in der Bildmitte die Einfahrt in die Bethmannstraße,
nach rechts in die Münzgasse
Richtung Dom. Dieses Bild wurde
1953 vom Degussa-Hochhaus gemacht.
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Foto: S.Jäger
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auch die vor dem Krieg einheitlich geschlossene,
klassizistisch bebaute Mainfront
wurde im Stil der fünfziger Jahre wiederhergerichtet.
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Foto: H.Rücker |
dieses Foto wurde 1954
vom neuen Bienenkorbhochhaus aufgenommen.
Es zeigt im Vordergrund die Töngesgasse
, nach hinten verlaufend von links die Fahrgasse
und der Trierische Hof (siehe auch,
rechts), man sieht rechts die Baugrube der Stadtsparkasse
zur Ecke Töngesgasse/Hasengasse,
deren Bau bald darauf begann.
wer genau hinschaut,
kann erkennen, dass ein höheres Haus (links vor dem Dom,
das Wohnhochhaus Fahrgasse/Berlinerstr.
)
hineinretuschiert wurde, es war zum Zeitpunkt der Bildaufnahme noch
nicht ganz fertig. Auch vorne im Bild wurde der Fahrbahnrand "verbessert",
dort lagen noch Trümmergrundstücke. Dieses Bild stammt
übrigens aus einem Werbeprospekt der Stadt Frankfurt...
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