Schwache Börse veranlasst etliche Unternehmen zum Rückzug aus IPO-Plänen
Nun soll es an den Turbulenzen der Börse liegen, dass Groupon sein IPO wohl bis auf weiteres aussetzen wird. Das ist nicht auf den ersten Blick unlogisch. Immerhin hat das starke Nachgeben der weltweiten Börsen auch auf andere geplante Börsengänge Auswirkungen gezeigt.
Nach Informationen des Wallstreet Journal hat sich das Tempo von durchschnittlich 12 Börsengängen pro Monat im August auf lediglich drei Börsengänge verlangsamt. 13 Unternehmen verschoben ihre IPOs. Obschon die starke Reduzierung im August durchaus nennenswert ist, können weitergehende Schlüsse auf die künftige Entwicklung erst nach Ablauf des September gezogen werden. Der August ist nämlich traditionell kein starker Monat für Börsengänge.
Ob sich die Begründung stark schwankender Börsennotierungen hingegen auf Groupons Situation übertragen lässt, ist zweifelhaft. Immerhin gehört gerade dieser IPO zu den am meisten erwarteten des Jahres. Börsenwerte um 20 Milliarden Dollar werden für möglich gehalten.
Groupon läuft die Zeit davon!
Wahrscheinlicher ist, dass Groupon die Verschiebung nicht freiwillig vornehmen will, denn für Groupon wird es zeitlich langsam eng. Immer deutlicher tritt das Missverhältnis zwischen Umsatz und Gewinn, sowie Forderungen und Verbindlichkeiten zutage.
Deutsche Bebachter fühlen sich immer mehr an TelDaFax erinnert. Auch dieses Unternehmen lebte bekanntlich nur von der schnellstmöglichen Neuakquisition zahlender Kunden, während es im Hintergrund immer höhere Verbindlichkeiten aufbaute, die mittlerweile zur Insolvenz führten.
Groupon, allen voran dessen Anteilseigner persönlich, müssen also ein hohes Interesse daran haben, den Mittelzufluss schnellstmöglich zu erreichen. Das Unternehmen benötigt sie, um zahlungsfähig zu bleiben und die ein oder andere Verbindlichkeit abbauen zu können. Die Anteilseigner benötigen sie, um weitere Gelder in die privaten Taschen zu lenken, solange es noch möglich ist. Tote Pferde kann man nicht mehr reiten.
Es gibt weder für Groupon, noch für dessen Anteilseigner zum jetzigen Zeitpunkt die sinnvolle Option, zuzuwarten.
Groupon IPO: Wer oder was steckt hinter den Verschiebungsüberlegungen?
Andrew Mason hatte vermutlich die Nase voll. Seit Wochen erhält Groupon zunehmend negative Presse. Auch wir bei t3n haben bereits mehrfach kritisch über die betriebswirtschaftlichen Hintergründe Groupons berichtet. Vor einer guten Woche reichte es Mason. Er griff in die Tasten und schrieb seinen tausenden Mitarbeitern ein langes Memo per E-Mail, das Interessierte bei AllThingsD in der ungekürzten Fassung lesen können.
Tenor des Textes: “Es sieht gut aus”. Mit großem Pathos stellt Mason darin seinen Mitarbeitern gegenüber dar, worin Groupons Stärken liegen und warum er der festen Überzeugung ist, dass das Unternehmen nachhaltig erfolgreich sein wird. Sehr konkret sind die Einlassungen indes nicht. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht gelesen beinhalten sie keine verwertbaren Fakten.
Natürlich bleibt eine Mail an ein paar tausend Empfänger nicht so leicht intern. Kaum verschickt, fand sie sich im Posteingang des Wallstreet Journal wieder. Das wird die amerikanische Börsenaufsicht nicht begeistert haben. Denn dort gilt eine sog. Quiet Period, eine Zeit, in der außerhalb der eingereichten IPO-Unterlagen keine Informationen zur wirtschaftlichen Lage des Unternehmens gegeben werden dürfen. Alle Informationen zur Beurteilung eines Unternehmens müssen sich vollständig aus den Unterlagen ergeben.
Bereits mehrfach musste Groupon hier nachbessern. Sehr wahrscheinlich ist, dass die Behörde die vermeintlich interne Mail als Verletzung der Quiet Period ansieht und mindestens von Groupon verlangen wird, die Informationen aus dem Memo in die IPO-Unterlagen einzuarbeiten. So verzögert sich die Genehmigung erneut. Unklar ist zudem, ob die Börsenbehörde SEC im Übrigen mit den eingereichten Informationen zufrieden ist. Kritikpunkte gibt es schließlich zuhauf.
Natürlich mag man einwenden, dass auch Mason klar gewesen sein müsste, seine Mail bliebe nicht intern. Sogar könnte er sie wissentlich verfasst haben, um genau den nun eingetretenen Zweck zu erreichen. Das allerdings erscheint letztlich unplausibel, denn es bedarf keiner solchen Vorgehensweise, um von Seiten eines Unternehmens ein IPO zu verzögern.
Ich lege mich fest: Die plausibelste Erklärung für die voraussichtliche Verschiebung des IPO sind Gründe auf der Seite der SEC. Groupon kann kein Interesse daran haben. Nun wird CEO Mason mit aller Kraft einen Börsengang vor Ende des Jahres anstreben, denn Groupons Zeitfenster schließt sich…
Eine Antwort
von un bestimmte 07.09.2011 (12:10Uhr) 1.
"denn es bedarf keiner solchen Vorgehensweise, um von Seiten eines Unternehmens ein IPO zu verzögern."
Man hätte Magath auch nicht mehr juristisch behelligen brauchen als er schon weg war. Irgend etwas wird man sich wohl dabei gedacht haben.
Die Frage ist also, welche Mittel es gibt und welchen Eindruck das erwecken würde.
Ich hoffe allerdings auch, das Groupon (und Facebook) auf den Börsengang verzichten müssen.
Wenn der Markt wieder hoch geht, hat man nur kurz gewartet. Wenn er unten bleibt, wirkt es sich wohl doch auf Bankerjobs, Weihnachtsgelder, Pensionszahlungen, Weihnachts-Konsum usw. aus, so das man einen Börsengang noch mehr vergessen kann. Dann kann man der bösen Konjunktur der Schuld geben anstatt der schlechten Organisation. Das Geschäftsmodell ist nämlich ok, die Umsetzung ist nicht auf mittelständischen Profit ausgelegt. Da sind die europäischen Gründer meist wohl besser und die Käufer von Skype, Paypal, ICQ, WebOS, Jamba, 9live usw. (nicht alle waren europäisch) zeigen dann, das sie damit nichts angefangen bekommen.
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