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Zitiert durch:
BVerfGE 156, 63 - Elektronische Aufenthaltsüberwachung
BVerfGE 146, 1 - Parlamentarisches Fragerecht
BVerfGE 144, 20 - NPD-Verbotsverfahren
BVerfGE 143, 38 - Rindfleischetikettierung
BVerfGE 141, 1 - Völkerrechtsdurchbrechung
BVerfGE 140, 317 - Identitätskontrolle
BVerfGE 139, 321 - Zeugen Jehovas Bremen
BVerfGE 133, 168 - Verständigungsgesetz
BVerfGE 130, 1 - Verwertungsverbot Wohnraumüberwachung
BVerfGE 129, 208 - TKÜ-Neuregelung
BVerfGE 123, 267 - Lissabon
BVerfGE 122, 248 - Rügeverkümmerung
BVerfGE 118, 212 - Revisionsgrenzen bei Rechtsfolgenzumessung
BVerfGE 111, 54 - Rechenschaftsbericht
BVerfGE 110, 339 - Wiedereinsetzung
BVerfGE 110, 226 - Geldwäsche
BVerfGE 109, 279 - Großer Lauschangriff
BVerfGE 109, 13 - Auslieferungslist
BVerfGE 107, 339 - NPD-Verbotsverfahren
BVerfGE 107, 104 - Anwesenheit im JGG-Verfahren
BVerfGE 103, 44 - Fernsehaufnahmen im Gerichtssaal II
BVerfGE 101, 106 - Akteneinsichtsrecht
BVerfGE 100, 313 - Telekommunikationsüberwachung I
BVerfGE 94, 115 - Sichere Herkunftsstaaten
BVerfGE 92, 277 - DDR-Spione
BVerfGE 92, 1 - Sitzblockaden II
BVerfGE 90, 60 - 8. Rundfunkentscheidung
BVerfGE 88, 203 - Schwangerschaftsabbruch II
BVerfGE 86, 288 - Strafaussetzung bei lebenslanger Freiheitsstrafe
BVerfGE 83, 182 - Pensionistenprivileg
BVerfGE 80, 367 - Tagebuch
BVerfGE 77, 65 - Beschlagnahme von Filmmaterial
BVerfGE 74, 358 - Unschuldsvermutung
BVerfGE 73, 206 - Sitzblockaden I
BVerfGE 70, 297 - Fortdauer der Unterbringung
BVerfGE 67, 100 - Flick-Untersuchungsausschuß
BVerfGE 60, 253 - Anwaltsverschulden
BGHSt 47, 233 - Hinweis auf anwaltlichen Notdienst
BGHSt 47, 44 - Tatprovokation durch Vertrauensperson
BGHSt 46, 73 - Videovernehmung eines Auslandszeugen
BGHSt 45, 321 - Tatprovokation durch Vertrauensperson
BGHSt 42, 139 - Hörfalle
BGHSt 41, 42 - Einsatz von Vertrauenspersonen
BGHSt 40, 211 - Zeugnisverweigerungsrecht und V-Mann
BGHSt 32, 345 - Tatprovokation polizeilicher Lockspitzel


Zitiert selbst:
BVerfGE 50, 142 - Unterhaltspflichtverletzung
BVerfGE 46, 160 - Schleyer
BVerfGE 39, 1 - Schwangerschaftsabbruch I
BVerfGE 30, 173 - Mephisto
BVerfGE 28, 175 - Porst-Fall
BVerfGE 27, 71 - Leipziger Volkszeitung
BVerfGE 25, 269 - Verfolgungsverjährung
BVerfGE 22, 267 - Einheitliches Grundrecht
BVerfGE 20, 323 - 'nulla poena sine culpa'
BVerfGE 20, 162 - Spiegel
BVerfGE 18, 85 - Spezifisches Verfassungsrecht
BVerfGE 14, 245 - Blankettstrafgesetz
BVerfGE 7, 198 - Lüth
BVerfGE 1, 418 - Ahndungsgesetz
BGHSt 29, 109 - Beweisverwertungsverbot


A.
I.
1. Durch das Achte Strafrechtsänderungsgesetz vom 25. Juni 1 ...
2. Das Bayerische Oberste Landesgericht verurteilte den Beschwerd ...
3. Die gegen das Urteil des Bayerischen Obersten Landesgerichts g ...
II.
1. Der Straftatbestand des § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB versto&szl ...
2. Die angegriffenen Entscheidungen verstießen gegen das Wi ...
3. a) Das Strafverfahren habe zudem rechtsstaatlichen Grundsä ...
III.
1. Der Bayerische Ministerpräsident hat sich für die Ba ...
2. Der Generalbundesanwalt hält die Angriffe des Beschwerdef ...
3. Der Bundesminister der Justiz hat erklärt, daß er f ...
B.
I.
1. Art. 103 Abs. 2 GG fordert für das Strafrecht bestimmt um ...
2. a) § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB verstößt auch nicht  ...
3. Auch die weiteren Angriffe, die der Beschwerdeführer gege ...
II.
III.
1. § 251 Abs. 2 StPO bestimmt, daß Niederschriften &uu ...
2. Nach alledem ist die vom Beschwerdeführer angegriffene Ve ...
IV.
1. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, daß di ...
2. Soweit der Beschwerdeführer das Verfahren des Tatgerichts ...
C.
Bearbeitung, zuletzt am 15.11.2022, durch: A. Tschentscher
BVerfGE 57, 250 (250)1. § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB ist mit dem Grundgesetz vereinbar; er verstößt insbesondere weder gegen das Bestimmtheitsgebot in Art. 103 Abs. 2 GG noch gegen das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG).
 
2. § 251 Abs. 2 StPO ist mit dem Grundgesetz, insbesondere mit dem Recht des Beschuldigten auf ein rechtsstaatliches, insbesondere auch faires Strafverfahren vereinbar.
 
Dies gilt nach Maßgabe der Entscheidungsgründe auch dann, wenn die "Unerreichbarkeit" einer Beweisperson im Sinne dieser Vorschrift auf die Weigerung einer Behörde zurückzuführen ist, ihr Wissen vom Aufenthaltsort dieser Person mitzuteilen oder ihren Angehörigen die Aussage über Umstände zu genehmigen, auf die sich ihre Pflicht zur Amtsverschwiegenheit bezieht.
 
3. Der Anspruch des Angeklagten auf ein faires Verfahren steht dem Beweismittel des Zeugen vom "Hörensagen" grundsätzlich nicht entgegen. Allerdings stellt die nur begrenzte Zuverlässigkeit dieses Beweismittels besondere Anforderungen an die Beweiswürdigung und die Begründung der tatrichterlichen Entscheidung; dies gilt in verstärktem Maße, wenn der Gewährsmann anonym bleibt.
 
 
Beschluß
 
des Zweiten Senats vom 26. Mai 1981
 
-- 2 BvR 215/81 --  
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde des Herrn Dr. C... - Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. Helmut Meyer, Seehoferstraße 9, München 21 - unmittelbar gegen a) den Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 23. Januar 1981 - 3 StR 467/80 (L) -, b) das Urteil des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 16. Mai 1980 - 3 St 11/79 -, mittelbar gegen § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB und § 251 Abs. 2 StPO.
 
Entscheidungsformel:
 
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
 
 
Gründe:
 
 
A.
 
Die Verfassungsbeschwerde wirft insbesondere die Fragen BVerfGE 57, 250 (250)BVerfGE 57, 250 (251)auf, ob der Tatbestand der geheimdienstlichen Agententätigkeit (§ 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB) - jedenfalls in seiner Auslegung und Anwendung durch die angegriffenen Entscheidungen - im Sinne von Art. 103 Abs. 2 GG hinreichend bestimmt ist, mit Art. 5 Abs. 1 GG vereinbar ist oder aus anderen Gründen die Verfassung verletzt; ferner ob das gegen den Beschwerdeführer durchgeführte Strafverfahren deshalb gegen rechtsstaatliche Grundsätze verstieß, weil sich die Urteilsfeststellungen auch auf die Bekundungen eines Zeugen stützen, der vom Gericht und den Verfahrensbeteiligten nur schriftlich befragt werden konnte.
I.
 
1. Durch das Achte Strafrechtsänderungsgesetz vom 25. Juni 1968 (BGBl. I S. 741) wurden mit Wirkung vom 1. August 1968 die Bestimmungen des Strafgesetzbuchs über Hochverrat, Staatsgefährdung und Landesverrat geändert. Als "zentraler Spionagetatbestand" wurde die Vorschrift des § 99 StGB neu gefaßt, die in ihrer geltenden Fassung auszugsweise wie folgt lautet:
    "(1) Wer
    1. für den Geheimdienst einer fremden Macht eine geheimdienstliche Tätigkeit gegen die Bundesrepublik Deutschland ausübt, die auf Mitteilung oder Lieferung von Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gerichtet ist, oder
    2. gegenüber dem Geheimdienst einer fremden Macht oder einem seiner Mittelsmänner sich zu einer solchen Tätigkeit bereit erklärt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in den §§ 94, 96 Abs. 1, in § 97a oder in § 97b in Verbindung mit den §§ 94, 96 Abs. 1 mit Strafe bedroht ist.
    (2) - (3) ..."
2. Das Bayerische Oberste Landesgericht verurteilte den Beschwerdeführer, der als Abgeordneter des Bayerischen Landtags und Inhaber einer Fülle von Parteiämtern auf Bundesebene, LandesBVerfGE 57, 250 (251)BVerfGE 57, 250 (252)ebene und Bezirksebene eine herausgehobene Stellung im politischen Leben innehatte, am 16. Mai 1980 wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit (§ 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Zugleich erkannte ihm das Gericht auf die Dauer von drei Jahren die Fähigkeit ab, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen.
a) Dem Urteil des Bayerischen Obersten Landesgerichts liegen folgende Feststellungen zugrunde: In der Zeit von 1974 bis zu seiner Festnahme im Januar 1979 traf der Beschwerdeführer in regelmäßigen Abständen insgesamt mindestens elfmal mit einem Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (MfS) zusammen und teilte ihm Wissen aus dem Bereich der Politik der Bundesrepublik Deutschland mit. Obwohl der im politischen Leben erfahrene Beschwerdeführer spätestens bei der vierten Begegnung Anfang 1976 erkannt hatte, daß der mit ihm unter einem Vorwand geknüpfte Kontakt auf Dauer angelegt war und nachrichtendienstlichen Zwecken diente, brach er die Verbindung zu der von ihm als Agenten des MfS durchschauten Kontaktperson nicht ab, sondern ließ es zu mindestens sieben weiteren Zusammenkünften kommen, über die er Außenstehende nicht unterrichtete. Mitte 1978 reiste der Beschwerdeführer nach S., wo er mit dem Leiter der Hauptverwaltung Aufklärung des MfS und stellvertretenden Minister für Staatssicherheit sowie einem anderen hohen Geheimdienstoffizier der DDR Gespräche führte. Auch hiervon setzte er niemanden in Kenntnis. Er verschwieg die Begegnung unter einem Vorwand auch seiner Reisebegleiterin, die als langjährige Bekannte ansonsten sein uneingeschränktes Vertrauen besaß. Obwohl der Beschwerdeführer erkannt hatte, daß er in S. mit höherrangigen Angehörigen des MfS zusammengeführt worden war, hielt er den Kontakt zu dem auf ihn angesetzten Agenten des MfS unverändert aufrecht. Nach seiner Festnahme versuchte der Beschwerdeführer vergeblich, das Treffen in S. vor den Ermittlungsbehörden zu verheimlichen, und BVerfGE 57, 250 (252)BVerfGE 57, 250 (253)sah sich erst nach Vorhalten genötigt, dessen äußeren Ablauf nach und nach einzuräumen.
Das Gericht gewann nach alledem die Überzeugung, daß sich der Beschwerdeführer in den Dienst einer gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichteten Ausforschungstätigkeit eines fremden Geheimdienstes gestellt hatte. Bei dem Beschwerdeführer habe es sich nicht um den Fall eines Politikers gehandelt, der im Rahmen normaler Kontakte mit Personen aus der DDR politische Gespräche geführt habe und dabei auch habe in Kauf nehmen müssen, ohne sein Wissen nachrichtendienstlich "abgeschöpft" zu werden. Der Beschwerdeführer sei vielmehr ein aktiver Mitarbeiter des MfS gewesen, der durch sein Verhalten die Bereitschaft verwirklicht habe, sich funktionell in diesen Geheimdienst und dessen Bestrebungen einzugliedern. Für die Erfüllung des Tatbestands der geheimdienstlichen Agententätigkeit sei es ohne Bedeutung, daß der Beschwerdeführer weder Zugang zu Staatsgeheimnissen gehabt noch gesucht habe und der Eintritt eines Nachteils nicht feststellbar sei. Der Tatbestand des § 99 StGB setze weder die Anwendung besonderer geheimdienstlicher Methoden noch den Einsatz typisch nachrichtendienstlicher Hilfsmittel voraus. Seine Erfüllung hänge auch nicht davon ab, ob sich der Beschwerdeführer gegenüber dem fremden Geheimdienst förmlich oder stillschweigend zur Mitarbeit verpflichtet habe.
b) Die Urteilsfeststellungen stützen sich zum Teil auch auf die Bekundungen eines vor Gericht nicht erschienenen ehemaligen Angehörigen des MfS, der den Behörden der Bundesrepublik Deutschland seine Kenntnisse zur Verfügung gestellt hat. Das Wissen dieses Zeugen ist durch die Einvernahme von Verhörspersonen sowie mittels der Verlesung eines polizeilichen Vernehmungsprotokolls und weiterer Schriftstücke auf der Grundlage von § 251 Abs. 2 StPO in die Hauptverhandlung eingeführt worden. Diese Bestimmung gestattet es, Niederschriften über eine nichtrichterliche Vernehmung eines Zeugen sowie Urkunden, die eine von ihm stammende schriftliche BVerfGE 57, 250 (253)BVerfGE 57, 250 (254)Äußerung enthalten, zu verlesen, wenn der Zeuge verstorben ist oder aus einem anderen Grund in absehbarer Zeit gerichtlich nicht vernommen werden kann.
In den Urteilsgründen ist ausgeführt: Der Zeuge sei unerreichbar. Der Senat habe über längere Zeit vergebliche Bemühungen entfaltet, ihn in der Hauptverhandlung oder wenigstens anderweit richterlich vernehmen zu lassen. Der Bundesnachrichtendienst habe es im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt indessen immer wieder abgelehnt, den Aufenthaltsort des Zeugen unter Hinweis auf dessen große Gefährdung mitzuteilen. Ebenso seien alle Vorschläge des Gerichts, den Zeugen unter besonderen Vorkehrungen durch das Gericht, einen beauftragten Richter oder auch nur polizeilich vernehmen zu lassen, an der Weigerung dieser Stellen gescheitert, weil die Vernehmung ein zu hohes Sicherheitsrisiko darstelle. Die Hauptverhandlung habe aufgrund der Bekundungen eines Zeugen aus dem nachrichtendienstlichen Bereich ergeben, daß gesicherte Erkenntnisse über Bemühungen der DDR-Behörden vorlägen, den Zeugen in ihre Gewalt zu bekommen oder zu töten. Es sei davon auszugehen, daß dieser bereits in Abwesenheit zum Tode verurteilt sei. Er werde daher an einem streng geheimgehaltenen Ort verborgen gehalten. Durch jede Art von Vernehmung - auch dann, wenn er nur von einer Vernehmungsperson aufgesucht werde - würden Spuren gelegt, die ihn in unmittelbare Lebensgefahr bringen könnten. In der durch die Weigerung der Sicherheitsbehörden entstandenen prozessualen Lage habe das Gericht, um seiner Aufklärungspflicht möglichst vollständig zu genügen, von der letzten ihm verbliebenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Zeugen als Beweisperson weiter in Anspruch zu nehmen, und ihm durch Vermittlung der Sicherheitsbehörden brieflich Fragen des Gerichts und der Verteidigung gestellt, die dieser auf gleichen Wege beantwortet habe.
3. Die gegen das Urteil des Bayerischen Obersten Landesgerichts gerichtete Revision des Beschwerdeführers hat der BunBVerfGE 57, 250 (254)BVerfGE 57, 250 (255)desgerichtshof durch Beschluß vom 23. Januar 1981 als unbegründet verworfen.
II.
 
Mit der fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen seine Verurteilung durch das Bayerische Oberste Landesgericht und den Revisionsverwerfungsbeschluß des Bundesgerichtshofs. Zur Begründung trägt er vor:
1. Der Straftatbestand des § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB verstoße - jedenfalls in seiner Auslegung und Anwendung durch die angegriffenen Entscheidungen - in mehrfacher Hinsicht gegen die Verfassung:
a) Der Tatbestand erfülle nicht die an die Bestimmtheit einer Strafvorschrift zu stellenden Anforderungen. Die Tatbestandsmerkmale des Ausübens einer "geheimdienstlichen Tätigkeit gegen die Bundesrepublik Deutschland" ließen eine sichere Abgrenzung von strafbarem und erlaubtem Verhalten nicht zu. So wie die Vorschrift ausgelegt und angewendet worden sei, ergreife sie jeden Kontakt zu Angehörigen fremder Staaten, ohne daß die Preisgabe von Staatsgeheimnissen zu besorgen sei.
b) Eine derart unbestimmte Norm verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip und könne seine Grundrechte nicht wirksam einschränken. Die auf § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB gestützte Verurteilung verletze deshalb auch seine Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2, 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG.
c) § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB sei mit der in Art. 5 Abs. 1 GG gewährleisteten Freiheit der Meinungsäußerung und Information nicht zu vereinbaren. Der zentralen Bedeutung dieses Grundrechts werde es nicht gerecht, daß es eine Einschränkung erfahre, ohne daß diese zum Schutz eines Rechtsgutes erforderlich sei. Die Staatssicherheit als geschütztes Rechtsgut werde nicht dadurch beeinträchtigt, daß dem fremden Geheimdienst "unschädliche Tatsachen" mitgeteilt würden, über die aus allgemein zugänglichen Quellen Aufschluß zu erlangen sei. Nach der BVerfGE 57, 250 (255)BVerfGE 57, 250 (256)in der Rechtsprechung gefundenen Auslegung des § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB könne bereits ein einmaliger Gesprächskontakt mit einem Angehörigen eines fremden Geheimdienstes, bei dem lediglich offenkundige Tatsachen mitgeteilt würden, eine Bestrafung nach sich ziehen. Diese Handhabung der Vorschrift im Verein mit der nicht revisiblen freien Beweiswürdigung durch die Gerichte müsse es jedem Bürger geraten erscheinen lassen, längerdauernde nichtöffentliche Gespräche mit Angehörigen nicht befreundeter Staaten zu meiden, um sich nicht der Gefahr der Strafverfolgung auszusetzen. Die Vorschrift wirke somit ohne rechtfertigenden Anlaß massiv auf das Grundrecht des Art. 5 Abs. 1 GG ein und verstoße außerdem gegen das Übermaßverbot. Die Behinderung von Gesprächskontakten mit Angehörigen der DDR müsse auch im Hinblick auf das Wiedervereinigungsgebot des Grundgesetzes Bedenken hervorrufen.
d) § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB verletze zudem den allgemeinen Gleichheitssatz. Denn nach dieser Bestimmung könne bestraft werden, wer die Staatssicherheit gar nicht beeinträchtigt habe; § 94 Abs. 1 Nr. 2 StGB drohe hingegen nicht einmal demjenigen Strafe an, der ein Staatsgeheimnis veröffentlicht habe, sofern die Veröffentlichung nicht in der Absicht geschehen sei, die Bundesrepublik Deutschland zu benachteiligen oder eine fremde Macht zu begünstigen. Auch werde nicht bestraft, wer ein illegales Staatsgeheimnis veröffentlicht habe (§§ 93 Abs. 2, 97a StGB). Wenn aber der an sich schwerwiegendere Sachverhalt nicht vom Strafrecht erfaßt werde, entbehre § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB der sachlichen Rechtfertigung und sei willkürlich.
2. Die angegriffenen Entscheidungen verstießen gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG, weil das Bayerische Oberste Landesgericht die Beweise einseitig zu Lasten des Beschwerdeführers gewürdigt habe, obwohl eine Anzahl von Umständen unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlich verankerten Grundsatzes "Im Zweifel für den Angeklagten" eine dem Beschwerdeführer günstige Deutung hätte erfahren können.
Wegen der mit der Verurteilung verbundenen schwerwiegenBVerfGE 57, 250 (256)BVerfGE 57, 250 (257)den Folgen müsse es dem Bundesverfassungsgericht ausnahmsweise gestattet sein, die Tatsachenfeststellungen des Strafgerichts in seine Überprüfung miteinzubeziehen. Deren Ergebnis zwinge zu einer Aufhebung der angegriffenen Entscheidungen.
3. a) Das Strafverfahren habe zudem rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht genügt:
Das Urteil stütze sich auf die Bekundung eines Zeugen, der von staatlichen Stellen verborgen gehalten worden sei und nur schriftlich habe befragt werden können. Es trage insoweit der grundrechtsschützenden Bedeutung des strafprozessualen Unmittelbarkeitsgrundsatzes nicht hinreichend Rechnung. § 251 Abs. 2 StPO, der die Verlesung schriftlicher Aussagen gestatte, spiegele nationalsozialistisches Gedankengut wider und sei verfassungsrechtlich bedenklich. Rechtsstaatlichen Anforderungen genüge es jedenfalls nicht, eigens für die Beweisführung vor Gericht hergestellte schriftliche Äußerungen geheimgehaltener Gewährsmänner als Ersatz für eine unmittelbare Vernehmung gelten zu lassen. Es widerspreche dem Grundsatz eines fairen Verfahrens, der Verteidigung die Überprüfung der Glaubwürdigkeit des Zeugen zu erschweren, während es die an der Verurteilung interessierten Geheimdienste in der Hand hätten, einer Erschütterung der Glaubwürdigkeit ihres Gewährsmannes entgegenzuwirken. Die für die Verhinderung des Zeugen vorgebrachten Gründe reichten zudem nicht aus. Es sei nicht zu erkennen, daß sich seine Gefährdung auch bei strengsten Sicherheitsvorkehrungen nicht hätte vermeiden lassen. Das Gericht habe es ferner unterlassen, eine Möglichkeit rechtsstaatlich besserer Beweisgewinnung in Betracht zu ziehen, denn möglicherweise seinen dem Zeugen die schriftlichen Fragen durch einen Bediensteten des Bundesnachrichtendienstes überbracht worden, der ihn persönlich hätte vernehmen können. Schließlich sei es nicht angängig, Behörden die Entscheidungsmacht darüber zuzubilligen, welche Umstände das Auftreten eines Zeugen vor Gericht hinderten; diesem müsse es selbst überlassen bleiben, ob er sich durch eine Aussage vor Gericht in Gefahr bringen wolle.
BVerfGE 57, 250 (257)BVerfGE 57, 250 (258)b) Die Mindestanforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren seien auch aus anderen Gründen nicht erfüllt.
Der Bundesminister des Innern habe durch Beschränkung einer Aussagegenehmigung die Preisgabe der Quellen für die Beobachtungen in S. verhindert und damit eine weitere Aufhellung wesentlicher - und nur durch Zeugnis vom Hörensagen wiedergegebener - Umstände ausgeschlossen. Die Verteidigung sei dadurch behindert worden, daß die Anklageschrift habe vertraulich behandelt werden müssen und deshalb entlastende Nachforschungen nicht möglich gewesen seien. In der Hauptverhandlung habe es zudem an der Kontrollfunktion der Öffentlichkeit gemangelt, die ohne rechtfertigenden Grund weitgehend ausgeschlossen worden sei. Das Gericht habe es außerdem versäumt, die Unterschrift unter den schriftlichen Angaben des verborgen gehaltenen Zeugen durch einen Sachverständigen auf ihre Echtheit überprüfen zu lassen.
Das Bayerische Oberste Landesgericht habe seinem Urteil weitgehend unkontrollierte Geheimdienstinformationen zugrunde gelegt. Die Gesamtheit der verfahrensrechtlichen Einschränkungen im Zusammenwirken mit der Beweisführung des Gerichts widerspreche der Bedeutung des Grundrechts auf Unverletzlichkeit der persönlichen Freiheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG), das auch verfahrensrechtliche Wirkungen entfalte.
III.
 
Das Bundesverfassungsgericht hat den im Verfassungsbeschwerde-Verfahren gemäß §§ 94 Abs. 4, 77 BVerfGG Äußerungsberechtigten sowie dem Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
1. Der Bayerische Ministerpräsident hat sich für die Bayerische Staatsregierung wie folgt geäußert:
a) Die Strafvorschrift des § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie genüge insbesondere den an eine Strafnorm zu stellenden BestimmtheitsanforBVerfGE 57, 250 (258)BVerfGE 57, 250 (259)derungen. Der Tatbestand enthalte auslegungsfähige Begriffe, die durch die Rechtsprechung ausreichend präzisiert worden seien und die verbotene und strafbare gegen sonstige Auslandskontakte und DDR-Kontakte in hinreichend bestimmbarer Weise abgrenzten. Soweit § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB die Meinungsfreiheit und Informationsfreiheit in dem zur Erreichung des Schutzzwecks erforderlichen Ausmaß einschränke, sei dies als allgemeine gesetzliche Schranke nach Art. 5 Abs. 2 GG zulässig und nicht unverhältnismäßig.
Die Auslegung und Anwendung der Strafnorm durch das Bayerische Oberste Landesgericht auf den von ihm festgestellten Sachverhalt sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es sei kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, daß das erkennende Gericht bei Anwendung der Strafnorm den besonderen Wertgehalt des Grundrechts der Meinungsfreiheit verkannt habe.
b) Die Angriffe des Beschwerdeführers auf die Beweiswürdigung des Bayerischen Obersten Landesgerichts gingen fehl. Diese falle in den Verantwortungsbereich des Tatrichters und sei nur in bestimmten Grenzen nachprüfbar. Fehler, die zu einer Verletzung von Grundrechten des Beschwerdeführers führten, seien der sorgfältigen und umfassenden Beweiswürdigung nicht zu entnehmen.
c) Die Rüge der "Rechtsstaatswidrigkeit des Verfahrens" sei gleichfalls unbegründet. Für eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren fehle jeder Anhaltspunkt. Es sei verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, daß eine schriftliche Zeugenaussage verwertet worden sei. § 251 Abs. 2 StPO lasse die Verlesung einer schriftlichen Äußerung bei unüberwindbaren tatsächlichen Vernehmungshindernissen zu. Die Weigerung, den Aufenthaltsort des Zeugen preiszugeben, sei mit konkreten Sicherheitsinteressen des Zeugen begründet worden, gegen die der Beschwerdeführer keine stichhaltigen Einwände vorgebracht habe. Das Gericht sei sich auch des Umstandes bewußt gewesen, daß eine schriftliche Erklärung regelmäßig keinen gleichwertigen Ersatz für eine vom unmittelbaren Zeugen in der BVerfGE 57, 250 (259)BVerfGE 57, 250 (260)Hauptverhandlung abgegebene Aussage darstelle, und habe sich mit der Frage der Glaubwürdigkeit des Zeugen und der Glaubhaftigkeit seiner Angaben eingehend auseinandergesetzt. Die Überzeugung von der Richtigkeit diese Angaben liege im Rahmen tatrichterlicher Beweiswürdigung und sei verfassungsgerichtlicher Nachprüfung entzogen.
2. Der Generalbundesanwalt hält die Angriffe des Beschwerdeführers gegen § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB und die Beweiswürdigung des Tatgerichts ebenfalls für unbegründet.
Die vom Beschwerdeführer behaupteten Verfahrensmängel seien aus Gründen der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde verfassungsrechtlicher Überprüfung nicht zugänglich. Der Beschwerdeführer habe es teilweise versäumt, seine Bedenken zunächst den Fachgerichten zur Prüfung vorzutragen, teilweise sei dies in unzureichender Form geschehen.
Darüber hinaus lägen die behaupteten Verfahrensmängel nicht vor. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 251 Abs. 2 StPO und dessen Anwendung im vorliegenden Fall bestünden nicht. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stelle an die Feststellung der Verhinderung eines Zeugen, welche die Voraussetzung einer Verlesung gemäß § 251 Abs. 2 StPO bilde, besondere Anforderungen, die rechtstaatlichen Grundsätzen genügten. Dadurch sei sichergestellt, daß die Unerreichbarkeit des Zeugen nicht leichtfertig als Vorwand zur Vermeidung einer unerwünschten Zeugenvernehmung herangezogen werden könne. So dürfe sich das Gericht nicht ohne weiteres mit der Weigerung der zuständigen Behörde abfinden, die ihr bekannte Anschrift eines Zeugen mitzuteilen. Denn die grundgesetzlich verankerte Pflicht zur Gewährung eines rechtsstaatlichen Verfahrens wirke sich auch auf den Umfang der Amtshilfepflicht der Behörden nach Art. 35 GG aus. Das Gericht müsse daher, um eine möglichst zuverlässige Beweisgrundlage zu gewinnen, den Versuch unternehmen, die Behörden zu einer substantiierten Äußerung über ihre Sicherheitsbedenken zu bewegen, damit diesen Bedenken nach Möglichkeit auf andere Weise begegnet werBVerfGE 57, 250 (260)BVerfGE 57, 250 (261)den könne. Diesen Erfordernissen sei das Bayerische Oberste Landesgericht gerecht geworden. Es habe alles in seiner Macht Stehende unternommen, um die Hinderungsgründe aufzuklären und den Zeugen in anderer Weise unmittelbar anzuhören. Das Vorliegen des Hinderungsgrundes sei nicht zweifelhaft.
Stehe die andauernde Verhinderung eines Zeugen fest und beruhten die Gründe der Verhinderung wie hier nicht auf einer unzulässigen staatlichen Beeinflussung des Verfahrens, dann gebiete es das Recht auf ein faires Verfahren auch nicht, entgegen § 251 Abs. 2 StPO auf die schriftlichen Bekundungen eines unerreichbaren Zeugen zu verzichten. Das Recht auf ein faires Verfahren gewähre keinen Anspruch auf die persönliche Anhörung einer jeden als Zeugen benannten Person. Dem könnten nicht nur Individualrechte des Zeugen entgegenstehen, sondern die persönliche Anhörung könne darüber hinaus auch aus anderen übergeordneten Interessen ausgeschlossen sein. Die sorgfältig aufeinander abgestimmten strafprozessualen Regelungen der §§ 244 ff. StPO und der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 261 StPO) trügen der verfassungsrechtlich gebotenen und am Verhältnismäßigkeitsprinzip zu orientierenden Abwägung der widerstreitenden Interessen in nicht zu beanstandender Weise Rechnung. Starre Beweisregeln oder ein Verwertungsverbot "ergänzender" Beweismittel brächten das ausgewogene Verhältnis zwischen richterlicher Aufklärungspflicht und Überzeugungsbildung ins Wanken. Der Gefahr mißbräuchlicher Anwendung des § 251 StPO werde nicht nur durch die strengen Anforderungen an die Feststellung der Verhinderung eines Zeugen, sondern auch durch die von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geforderte sorgfältige Würdigung der verbliebenen Beweise begegnet. Auch insoweit werde das Urteil des Bayerischen Obersten Landesgerichts den Anforderungen gerecht.
3. Der Bundesminister der Justiz hat erklärt, daß er für die Bundesregierung von einer weiteren Äußerung absehe, nachdem der Generalbundesanwalt zu den durch die Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen Fragen Stellung genommen habe.
 
BVerfGE 57, 250 (261)BVerfGE 57, 250 (262)B.
 
Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. Dies gilt auch, soweit sich der Beschwerdeführer gegen das Verfahren des Bayerischen Obersten Landesgerichts wendet. Ob der Beschwerdeführer Rügen, die das Strafverfahren betreffen, nicht oder nicht in ordentlicher Form mit der Revision gerügt und daher insoweit den Rechtsweg nicht geschöpft hat, kann deshalb auf sich beruhen.
I.
 
Die der Verurteilung des Beschwerdeführers zugrunde liegende Vorschrift des § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB ist im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG hinreichend bestimmt; sie verstößt weder gegen Art. 5 Abs. 1 GG noch gegen sonstiges Verfassungsrecht.
1. Art. 103 Abs. 2 GG fordert für das Strafrecht bestimmt umschriebene Tatbestände. Die Tatbestandsmerkmale sind so konkret zu umreißen und genau zu bestimmen, daß Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln lassen (vgl. BVerfGE 14, 245 [251]; 25, 269 [285]; 41, 314 [319]; 50, 142 [164f]). Jedermann soll vorhersehen können, welches Handeln mit welcher Strafe bedroht ist, um sein Verhalten dementsprechend einrichten zu können.
Daran gemessen ist die Vorschrift des § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht zu beanstanden. Die in der Vorschrift verwendeten auslegungsbedürftigen Begriffe haben durch die Rechtsprechung eine mit dem Wortlaut der Regelung, ihrem Zweck und ihrer Entstehungsgeschichte in Einklang stehende Auslegung erfahren, die dem Normadressaten hinreichend verdeutlicht, was die Bestimmung strafrechtlich verbietet.
a) Der Wortlaut des Gesetzes läßt insbesondere deutlich werden, daß jede Art einer geheimdienstlichen Tätigkeit für den Geheimdienst einer fremden Macht vom Tatbestand erfaßt wird und es demzufolge nicht darauf ankommt, daß es der für den Geheimdienst Tätige auf die Ausforschung von Staatsgeheimnissen anlegt. Ebensowenig wird vorausgesetzt, daß die SpioBVerfGE 57, 250 (262)BVerfGE 57, 250 (263)nagetätigkeit den staatlichen Bereich betrifft; vielmehr erstreckt sich die Strafbarkeit nach dem Wortlaut der Vorschrift auf eine Tätigkeit in allen Bereichen. Diese Auslegung wird durch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes eindeutig bestätigt.
§ 99 StGB ist durch das Achte Strafrechtsänderungsgesetz im Zusammenhang mit einer umfassenden Erneuerung des Staatsschutzrechts in das Strafgesetzbuch eingefügt worden. Sie hatte es sich zum Ziel gesetzt, die Tatbestände des Staatsschutzrechts unter größtmöglicher Präzisierung so weit einzuschränken, wie es noch kriminalpolitisch vertretbar erschien. Daneben stellten sich die Reformarbeiten auch der Aufgabe, das gesetzliche Instrumentarium durch Umgestaltung einzelner Vorschriften an die gewandelten Methoden gegnerischer Geheimdienste anzupassen (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Achten Strafrechtsänderungsgesetzes - RegE -, BTDrucks V/898, S. 15; Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform - Bericht -, BTDrucks V/2860, S. 22). § 99 StGB trat dabei - zusammen mit § 98 StGB - an die Stelle des früheren § 100e StGB, dessen verfassungsrechtlich hinreichende Bestimmtheit das Bundesverfassungsgericht bereits festgestellt hat (BVerfGE 28, 175 [183]). Von jener älteren Strafbestimmung unterscheidet sich § 99 StGB dadurch, daß er teilweise weiter, teilweise aber auch enger gefaßt ist: Er läßt einerseits bloße "Beziehungen" zu einem Geheimdienst nicht mehr genügen, sondern fordert eine geheimdienstliche Tätigkeit, die gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichtet ist; andererseits knüpft er nicht mehr an den Begriff des Staatsgeheimnisses an.
Mit der Ablösung des Tatbestandes von dem Begriff des Staatsgeheimnisses bezweckte der Gesetzgeber, die gesamte Spionagetätigkeit fremder Geheimdienste einzufangen, deren Arbeitsbereich über den Gegenstand klassischer Spionage seit langem hinausgewachsen war. Das Bestreben der Geheimdienste geht heute dahin, alle Angelegenheiten eines anderen Staates systematisch auszuforschen und dadurch möglichst ein Gesamtbild sowohl der militärischen als auch der politischen, wirtBVerfGE 57, 250 (263)BVerfGE 57, 250 (264)schaftlichen, geistigen und moralischen Kräfte des Landes zu bekommen. Auf dieser Grundlage sollen Hinweise für einen gezielten Ausbau des eigenen Kräftepotentials gewonnen und in Ausnutzung der erkundeten Schwächen anderer machtpolitische Vorteile auf internationaler Ebene erlangt werden. Die heutige Arbeitsweise ist die des mosaikartigen Zusammentragens von zahllosen offenen und geheimen Einzelheiten durch ein Heer von Agenten, deren Erkenntnismaterial erst in einer Zentrale zusammengefaßt und ausgewertet wird. Der Agent, der den Auftrag zur Erforschung eines vollständigen, von der fremden Macht streng gehüteten Sachverhalts hat, ist demgegenüber zur Randerscheinung geworden (Lackner, Landesverräterische Agententätigkeit in: ZStW 78 [1966], S. 695).
Im Gegensatz zu dieser Entwicklung blieben die strafrechtlichen Begriffe lange Zeit - in Anknüpfung an das Vorbild älterer gesetzlicher Regelungen - dem Schutz des materiellen Staatsgeheimnisses verhaftet. Auch § 100e StGB erfaßte die modernere Spionagetätigkeit nur unzulänglich. Dem Wandel der Verhältnisse wurde die Rechtsprechung durch eine extensive Interpretation der bestehenden Gesetze zwar noch gerecht, stieß dabei jedoch auf Kritik, sie überdehne den Tatbestand. Das Achte Strafrechtsänderungsgesetz brachte in Anbetracht dessen einen grundsätzlichen Wandel. Das Staatsgeheimnis wurde im Gefüge des Staatsschutzrechts seiner beherrschenden Bedeutung entkleidet. Statt dessen schuf der Gesetzgeber in § 99 Abs. 1 StGB einen weitgespannten "zentralen Spionagetatbestand", der dem Ziel der modernen Nachrichtendienste Rechnung tragen und jede geheimdienstliche Tätigkeit für den Geheimdienst einer fremden Macht erfassen sollte, die gegen die Bundesrepublik Deutschland ausgeübt wird und auf die Mitteilung oder Lieferung von Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gerichtet ist (Bericht, S. 22). Mit § 99 Abs. 1 StGB sollte gerade auch die systematische Ausforschung und Erfassung des Gesamtpotentials der Bundesrepublik Deutschland mit Hilfe einer Vielzahl von Einzeloperationen, deren Summe erst BVerfGE 57, 250 (264)BVerfGE 57, 250 (265)die eigentliche Effektivität eines Nachrichtendienstes ausmacht, bekämpft werden, wobei insbesondere der Aufbau des Nachrichtennetzes, die Anwerbung und Überwachung von Agenten, Kurierdienste und Erprobungsaufträge nicht straflos bleiben sollten (Bericht, S. 22). Es sollte deshalb nicht erforderlich sein, daß der von § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfaßte gegenständliche Bereich sich auf geheime Tatsachen oder solche von besonderer Bedeutung bezieht. Die geheimdienstliche Tätigkeit wurde unabhängig von der Qualifizierung der Informationen als strafwürdig erachtet (Protokolle des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform [76. und 77. Sitzung] - Protokolle -, S. 1522). Es kann sich daher um beliebige Tatsachen aus jedem Bereich, auch aus Wirtschaft und Wissenschaft, handeln (vgl. Protokolle, S. 1521). Insbesondere sollte gerade auch das Ansetzen von Agenten auf die politischen Parteien in der Bundesrepublik Deutschland in den Straftatbestand einbezogen werden (Protokolle, S. 1531). In diesem umfassenden Sinne ist der Tatbestand von der Strafrechtsliteratur auch verstanden und in der Rechtsprechung angewandt worden (vgl. BGHSt 24, 369 ff.; 25, 145 [146 ff.]; BayOBLG, NJW 1971, S. 1417; Stree in: Schönke/Schröder, StGB, 20. Aufl, 1980, § 99, Rdnr 1, 8, 14; Dreher/Tröndle, StGB, 40. Aufl, 1981, § 99, Rdnr 6; Preisendanz, Strafgesetzbuch, 30. Aufl, 1978, § 99, Anm 2d; Maurach, Deutsches Strafrecht, Besonderer Teil, 5. Aufl, 1969, S. 592f; Blei, Strafrecht II, Besonderer Teil, 11. Aufl, 1978, S. 333). Aus dem Bestimmtheitsgebot herzuleitende verfassungsrechtliche Bedenken erheben sich gegen diese Auslegung nicht.
b) Dem Merkmal des "Ausübens" einer "geheimdienstlichen Tätigkeit" kommt gegenüber der die gesamte Bandbreite geheimdienstlicher Arbeit erfassenden Reichweite der Vorschrift eine einschränkende Bedeutung zu. Der Wortlaut des § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB stellt klar, daß nicht jede Beziehung zu einem fremden Geheimdienst mit Strafe bedroht ist; erforderlich ist ein aktives Verhalten, mit dem sich der Täter in den Dienst des fremden Geheimdienstes stellt. Vom Tatbestand BVerfGE 57, 250 (265)BVerfGE 57, 250 (266)nicht erfaßt werden demnach Personen, die lediglich ein - passives - Objekt der Ausforschungstätigkeit des fremden Geheimdienstes sind. Solange es an einer aktiven Betätigung für den fremden Geheimdienst fehlt, sind also Kontakte von Personen aus Wissenschaft, Industrie, Politik oder Presse und von Privatleuten mit Stellen und Personen im Ausland oder in der DDR selbst dann aus dem Bereich der Strafbarkeit herausgenommen, wenn der Gesprächspartner einem fremden Geheimdienst zuzuordnen ist. Obwohl solche Kontakte von fremden Geheimdiensten nicht selten dazu ausgenutzt werden, nachrichtendienstlich interessante Erkenntnisse zu erlangen, vermeidet die Fassung des Tatbestands, daß ein bloßer Gedankenaustausch, etwa die von der Sache vorgegebene fachbezogene Diskussion zwischen Wissenschaftlern, Journalisten und Technikern auf einem internationalen Kongreß, in die Nähe der Strafbarkeit geraten kann. Ebensowenig sind Befragungen, zB bei Verwandtenbesuchen in der DDR, von strafrechtlicher Erheblichkeit, wenn der Betroffene aus einer gewissen Zwangslage heraus zwar Auskünfte erteilt, um sich der Einflußmöglichkeit des Dienstes so schnell wie möglich zu entziehen, sich jedoch bemüht, nur Belangloses mitzuteilen; denn durch ein solches Verhalten stellt er sich noch nicht aktiv in den Dienst des fremden Geheimdienstes. Diese dem Wortlaut des Gesetzes folgende Auslegung entspricht den erklärten Zielen des Gesetzgebers, wie sie in den Gesetzesmaterialien ihren Niederschlag gefunden haben (vgl. Protokolle, S. 1517f, 1520; Bericht, S. 21 f.), und steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHSt 24, 369 [372 f.]).
Allerdings mögen sich Abgrenzungsfragen besonders dann ergeben, wenn erkennbar nur zur Ausforschung genutzte Begegnungen stattgefunden haben; denn straflose Hinnahme der Ausforschung und aktive Arbeit für den fremden Geheimdienst durch Preisgabe von Informationen können vom äußeren Erscheinungsbild her ineinander übergehen. Dies nimmt dem Merkmal der Ausübung einer geheimdienstlichen Tätigkeit jeBVerfGE 57, 250 (266)BVerfGE 57, 250 (267)doch nicht seine Bestimmtheit. Abgrenzungsschwierigkeiten in Einzelfällen ändern nichts daran, daß der Betroffene im allgemeinen ohne weiteres erkennen kann, ob er eine aktive Mitarbeit für den Geheimdienst entfaltet und dadurch seine Bereitschaft verwirklicht, sich funktionell in diesen Dienst und seine Bestrebungen einzugliedern. Die im Bereich bloßer Ausforschung auftretenden Schwierigkeiten betreffen im wesentlichen auch gar nicht die Frage, ob dem Angesprochenen der geheimdienstliche Charakter seiner Tätigkeit erkennbar war, sondern Probleme des Nachweises einer solchen. Insofern genießt der Beschuldigte schon dadurch weitgehenden Schutz, daß eine Verurteilung nur bei sicherem Schuldnachweis erfolgen kann.
c) Eine mit der Verfassung unvereinbare Unbestimmtheit des § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB läßt sich auch nicht aus der Verwendung des Merkmals "gegen die Bundesrepublik Deutschland" herleiten, weil offen sei, was ihren - möglicherweise unterschiedlich zu beurteilenden - Interessen diene. Entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung kommt es nicht drauf an, ob der Bundesrepublik Deutschland durch die geheimdienstliche Aktion ein konkreter Nachteil entstehen kann. Ausgangspunkt der Auslegung hat vielmehr auch hier zu sein, daß die Tätigkeit des fremden Geheimdienstes in allen ihren Ausformungen an sich gefährlich ist und ihr mit strafrechtlichen Mitteln begegnet werden soll. Es genügt daher, daß das allgemeine Interesse der Bundesrepublik Deutschland an der Abwehr der Spionagetätigkeit fremder Geheimdienste berührt ist, soweit diese auf die umfassende Ausforschung aller in den Bereich der Bundesrepublik einbezogenen Angelegenheiten ausgeht (vgl. RegE, S. 35; BGH, Beschluß vom 22. September 1980 - 4 BJs 1/79 - StB 25/80 -). Lediglich solche Geheimdienstaktivitäten werden von § 99 StGB nicht erfaßt, welche die Interessen der Bundesrepublik Deutschland nicht berühren, also etwa speziell und ausschließlich gegen ausländische Belange gerichtet sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Juli 1971 - 4 BJs 187/68 - 3 ARs 40/70 - und vom 22. September BVerfGE 57, 250 (267)BVerfGE 57, 250 (268)1980 - 4 BJs 1/79 - StB 25/80 -; Stree in: Schönke/Schröder, a.a.O., § 99, Rdnr 19). Diese Auslegung ergibt sich nicht nur eindeutig aus dem weitgespannten Zweck der auf Wirksamkeit und Praktikabilität angelegten Vorschrift, sie findet auch in ihrer Entstehungsgeschichte einen Anhalt (vgl. Protokolle, S. 1521f, 1527). Bedenken gegen die Bestimmtheit des § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB ergeben sich insoweit nicht. Der geheimdienstlich Tätige kann vorhersehen, wann einer der seltenen Ausnahmefälle vorliegt, in denen seine Aktivität die deutschen Interessen in keiner Weise berührt. Eine mit Unsicherheiten behaftete Vorausschau dessen, was für die Bundesrepublik Deutschland im konkreten Fall nachteilig sein werde, wird von ihm nicht verlangt.
2. a) § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB verstößt auch nicht gegen Art. 5 Abs. 1 GG. Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung findet seine Grenze in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze (Art. 5 Abs. 2 GG), zu denen auch § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB gehört. Dieser Straftatbestand richtet sich nicht gezielt gegen die Äußerung einer Meinung als solche, sondern bezweckt - ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung - den Schutz der Staatssicherheit als Gemeinschaftswert (vgl. BVerfGE 20, 162 [177]; 21, 239 [242]). Zwar ist eine Begrenzung des Grundrechts durch ein allgemeines Gesetz nicht schrankenlos möglich, sondern das beschränkende Gesetz ist aus der Erkenntnis der wertsetzenden Bedeutung dieses Grundrechts selbst als eingeschränkt anzusehen (BVerfGE 7, 198 (208 f.); st Rspr). Die Betrachtung des durch § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB geschützten Rechtsguts im Lichte des Art. 5 Abs. 1 GG ergibt jedoch, daß der dargelegte Inhalt der Strafnorm vor dem Grundrecht Bestand hat.
§ 99 Abs. 1 StGB hat zentrale Bedeutung für die Staatssicherheit. Die Vorschrift dient zusammen mit den anderen Strafbestimmungen der §§ 93 ff. StGB dem Schutz des freiheitlich verfaßten Staates nach außen und verbürgt damit den Freiraum, der Grundrechtsgarantien überhaupt erst ermöglicht und BVerfGE 57, 250 (268)BVerfGE 57, 250 (269)sich entfalten läßt. Das Schwergewicht der Strafverfolgung liegt bei § 99 Abs. 1 StGB, der als zentraler Spionagetatbestand ausgestaltet ist. In Kenntnis der kriminalpolitischen Bedeutung des Tatbestands hatte schon der Sonderausschuß für die Strafrechtsreform vereinzelte Bedenken gegen den weitgezogenen Anwendungsbereich der Vorschrift zurückgewiesen. Vor dem Hintergrund der Reformarbeiten, welche das erklärte Ziel verfolgten, das Staatsschutzstrafrecht von unnötigen Ballast und allzugroßer Strenge zu befreien, ist die Entscheidung des Gesetzgebers für die geltende Fassung des § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB nur als Folge der unabweisbaren Erkenntnis zu verstehen, daß heute ohne eine solche Strafvorschrift nachrichtendienstliche Operation mit all ihren Gefahren, denen die Bundesrepublik Deutschland aufgrund ihrer exponierten Lage und Bedeutung im westlichen Bündnis in besonderer Weise ausgesetzt ist, nicht mehr wirksam abgewehrt werden können.
Demgegenüber wird die freie Meinungsäußerung durch die angegriffene Vorschrift nur unwesentlich berührt. Die Bedeutung des freien Wortes für die Entfaltung der Person (vgl. BVerfGE 7, 198 [208]) fällt jedenfalls dann nicht ins Gewicht, wenn es sich um Äußerungen handelt, die von vornherein dazu bestimmt sind, einer fremden Macht auf "geheim"-dienstlichem Wege bestimmte Erkenntnisse zuzuspielen. Die Befürchtung des Beschwerdeführers, die Vorschrift des § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB bewirke aufgrund von Unsicherheiten über ihren Anwendungsbereich eine Einschüchterung der Kontaktsuchenden und habe jedenfalls in ihrer Auswirkung einen massiven Eingriff in das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG zur Folge, beruht auf einer unzutreffenden Interpretation des Tatbestands und entbehrt schon von daher jeder Grundlage. Anhaltspunkte dafür, daß § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB in der Vergangenheit die befürchteten Auswirkungen gehabt hätte, sind nicht ersichtlich.
Zwar hat das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung im freiheitlich demokratischen Staat auch eine grundlegende Bedeutung für die ungehinderte demokratische Willensbildung. BVerfGE 57, 250 (269)BVerfGE 57, 250 (270)Die Frage eines Konfliktes zwischen diesem Aspekt der Meinungsäußerungsfreiheit und der Wahrung des Staatswohls nach außen, wie sie im Staatsschutzstrafrecht zB im Bereich "illegaler Staatsgeheimnisse" auftritt, stellt sich bei der hier gegebenen Sachlage jedoch nicht.
b) Das Grundrecht der Informationsfreiheit, das als selbständiges Grundrecht durch Art. 5 Abs. 1 GG gewährleistet ist (BVerfGE 27, 71 [81]), wird durch § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB schon deswegen nicht berührt, weil etwaige Informationen eines fremden Geheimdienstes keine Nachrichten aus einer allgemein zugänglichen Quelle darstellen; nur hierzu gewährleistet dieses Grundrecht einen freien Zugang (vgl. BVerfGE 28, 175 [188]).
3. Auch die weiteren Angriffe, die der Beschwerdeführer gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB richtet, erweisen sich als unbegründet:
a) Daß Bedenken gegen die Strafvorschrift aus Art. 103 Abs. 2 GG nicht bestehen, ist bereits unter B I 1 dargetan. Weitergehende Anforderungen an die Gesetzesbestimmtheit sind dem Rechtsstaatsprinzip nicht zu entnehmen.
b) Der Straftatbestand verstößt auch nicht gegen den als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips verfassungsrechtlich geschützten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Gesetzgeber ist nur dort zur Wahl eines milderen Mittels verpflichtet, wo auch der weitergehende Eingriff, am Regelungszweck gemessen, keinen besseren Erfolg verspricht (BVerfGE 39, 156 [165]). Das trifft hier nicht zu. Indem § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB das Vorfeld des Landesverrats strafrechtlich bewehrt, will die Vorschrift den Bemühungen fremder Geheimdienste begegnen, sich auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland einzurichten und hier die Basis für weitergehende Angriffe gegen die Sicherheit des Staates zu schaffen. Daß ein gleichwertiger Schutz anders als durch strafrechtliche Sanktionierung bewirkt werden könnte, ist nicht ersichtlich. Die der gesetzlichen Regelung zuBVerfGE 57, 250 (270)BVerfGE 57, 250 (271)grundeliegende Wertung des Gesetzgebers drängt sich aus Sicherheitsgründen vielmehr als unumgänglich auf. Auch gegen den Strafrahmen des § 99 Abs. 1 StGB bestehen keine Bedenken.
c) Art. 3 Abs. 1 GG wird durch § 99 Abs. 1 Art. 1 StGB ebenfalls nicht verletzt. Die Strafnorm unterscheidet sich von sonstigen im Staatsschutzstrafrecht getroffenen Regelungen nicht derart, daß die Folgerung gerechtfertigt wäre, der Gesetzgeber habe wesentlich Gleiches willkürlich ungleich behandelt (BVerfGE 50, 177 [186]). Zwar kann wegen vollendeten Landesverrats nicht bestraft werden, wer - ohne die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland herbeizuführen - einer fremden Macht oder einem ihrer Mittelsmänner ein Staatsgeheimnis mitteilt (§ 94 Abs. 1 Nr. 1 StGB). Dies deshalb nicht, weil der Verbrechenstatbestand eine konkrete Gefährdung der Staatssicherheit in der bezeichneten Art voraussetzt (Bericht, S. 17; Stree in: Schönke/Schröder, a.a.O., § 94, Rdnr 13; Dreher/Tröndle, a.a.O., § 94, Rdnr 4; Lackner, StGB, 13. Aufl, 1980, § 94, Anm 4). Das hindert jedoch nicht, die Tat, wenn auch versuchter Landesverrat ausscheidet, als Vergehen der geheimdienstlichen Agententätigkeit gemäß § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB zu verfolgen, weil jedenfalls eine abstrakte Gefahr für die Staatssicherheit gegeben ist. Die unter bestimmten Voraussetzungen eintretende Straflosigkeit der Preisgabe eines sogenannten "illegalen Staatsgeheimnisses" gemäß § 93 Abs. 2 StGB beruht, obwohl eine konkrete Gefährdung der Staatssicherheit in Frage steht, auf besonderen, durchaus einsichtigen, die gesetzliche Differenzierung rechtfertigenden Gründen. Der Gesetzgeber trägt insoweit einem möglichen Konflikt zwischen dem außenpolitischen Bedürfnis nach Geheimhaltung und dem rechtsstaatlichen Interesse an der Aufdeckung illegaler Vorgänge im staatlichen Bereich Rechnung. Eine Bestrafung nach § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB wird dadurch nicht willkürlich. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf die in § 94 Abs. 1 Nr. 2 StGB getroffene Regelung geht ebenfalls fehl.
BVerfGE 57, 250 (271)BVerfGE 57, 250 (272)d) Daß das Wiedervereinigungsgebot des Grundgesetzes durch § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht berührt wird, versteht sich von selbst (vgl. hierzu auch BVerfGE 28, 175 [189]).
II.
 
Die Auslegung und Anwendung des § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB durch die angegriffenen Gerichtsentscheidungen sind ebenso wie die Feststellung und Würdigung des Tatbestands verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Das Urteil des Bayerischen Obersten Landesgerichts und der dieses Urteil bestätigende Beschluß des Bundesgerichtshofs stützen sich auf eine Auslegung des § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB, die die aufgezeigten verfassungsrechtlichen Grenzen nicht überschreitet.
Auch die Angriffe des Beschwerdeführers gegen die Anwendung des § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB und insbesondere gegen die Beweiswürdigung durch das Tatgericht vermögen der Verfassungsbeschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die Feststellung und Würdigung des Tatbestands ist Sache der zuständigen Gerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht regelmäßig entzogen (BVerfGE 18, 85 [92]; 30, 173 [196f]; Beschluß vom 25. März 1981 - 2 BvR 1258/79 -, Umdruck S. 15). Das Bundesverfassungsgericht kann erst eingreifen, wenn die angegriffene Entscheidung gegen spezifisches Verfassungsrecht verstößt, insbesondere wenn sie bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich und somit willkürlich ist (Art. 3 Abs. 1 GG). Für eine solche Annahme bietet das sorgfältig begründete tatrichterliche Urteil jedoch keine Anhaltspunkte. Die Folgerungen im Rahmen der gewissenhaften Beweiswürdigung sind offensichtlich sachlich vertretbar; sie begegnen - auch im Blick auf den Grundsatz "Im Zweifel zugunsten des Angeklagten" - keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
BVerfGE 57, 250 (272)BVerfGE 57, 250 (273)III.
 
Der Beschwerdeführer wendet sich mit der Verfassungsbeschwerde darüber hinaus gegen die Handhabung des Verfahrensrechts durch das Tatgericht, insbesondere gegen die Verwertung der gemäß § 251 Abs. 2 StPO verlesenen schriftlichen Angaben eines Zeugen, der vom Bundesnachrichtendienst für eine Vernehmung nicht zur Verfügung gestellt worden war. Die gegen das Verfahren gerichteten Rügen sind jedoch unbegründet. § 251 Abs. 2 StPO verstößt - auch in seiner Anwendung durch die angegriffenen Entscheidungen - nicht gegen die Verfassung.
1. § 251 Abs. 2 StPO bestimmt, daß Niederschriften über eine nichtrichterliche Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten sowie Urkunden, die eine von diesen Personen stammende schriftliche Äußerung enthalten, verlesen werden dürfen, wenn die Person verstorben ist oder "aus einem anderen Grund in absehbarer Zeit gerichtlich nicht vernommen werden" kann. In diesem Sinne "unerreichbar" für eine gerichtliche Vernehmung ist eine Beweisperson, wenn die nach den Umständen des Einzelfalles von der Aufklärungspflicht gebotenen Bemühungen des Gerichts, sie herbeizuschaffen, vergeblich geblieben sind oder vergeblich bleiben müssen, weil eine begründete Aussicht, sie in absehbarer Zeit beibringen zu können, nicht besteht (Paulus in: KMR, 7. Aufl, 1980, § 244, Rdnr 455 m.w.N.). Nach der von der Rechtsprechung und in den angegriffenen Entscheidungen vertretenen Auslegung können diese Voraussetzungen auch dann erfüllt sein, wenn staatliche Stellen den Aufenthalt eines Zeugen nicht preisgegeben haben und er aus diesem Grunde für eine gerichtliche Vernehmung "unerreichbar" ist. Mit diesem Inhalt verletzt die Norm weder das Grundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) noch den verfassungskräftigen Anspruch des Angeklagten auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren.
a) Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistet, daß der Angeklagte im Strafverfahren Gelegenheit erhält, sich zu dem einer EntscheiBVerfGE 57, 250 (273)BVerfGE 57, 250 (274)dung zugrunde liegenden Sachverhalt grundsätzlich vor deren Erlaß zu äußern und damit das Gericht in seiner Willensbildung zu beeinflussen. Es dürfen also einer gerichtlichen Entscheidung regelmäßig nur solche Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde gelegt werden, zu denen die Beteiligten Stellung nehmen konnten (vgl. BVerfGE 1, 418 [429]; 22, 267 [273]; 54, 140 [142]; 55, 95 [98]). Die durch Art. 103 Abs. 1 GG abgesicherte prozessuale Befugnis des Angeklagten garantiert im vorliegenden Zusammenhang nicht nur die Gelegenheit, auf dem möglicherweise minderen Beweiswert schriftlicher Aufzeichnungen hinzuweisen und dadurch auf eine entsprechend zurückhaltende Würdigung durch das Gericht einzuwirken, sondern sie verbürgt auch die Möglichkeit, durch entsprechende Anträge auf die Beischaffung des sachnäheren Beweismittels zu dringen und, sollten diese Bemühungen erfolglos bleiben, auf den Inhalt einer schriftlichen Befragung Einfluß zu nehmen, die sich auch auf die Glaubwürdigkeit der Beweisperson beziehen kann. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährt indessen weder ein Recht auf ein bestimmtes Beweismittel noch auf bestimmte Arten von Beweismitteln (vgl. BVerfGE 1, 418 (429). Die Verlesung schriftlicher Angaben zu Beweiszwecken anstelle der persönlichen Vernehmung der Beweisperson in der Hauptverhandlung, wie sie § 251 Abs. 2 StPO zuläßt, verletzt das Grundrecht auf rechtliches Gehör daher nicht.
b) Über die Anforderungen hinaus, die sich aus den Verfahrensgrundrechten, insbesondere aus Art. 103 Abs. 1 GG ergeben, hat das Bundesverfassungsgericht aus dem Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit dem allgemeinen Freiheitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) einen Anspruch des Angeklagten auf ein faires, rechtsstaatliches Strafverfahren abgeleitet. Es hat daran solche Beschränkungen Verfahrensbeteiligter gemessen, die von den speziellen Gewährleistungen nicht erfaßt werden (BVerfGE BVerfGE 57, 250 (274)BVerfGE 57, 250 (275)26, 66 [71]; 38, 105 [111]; 39, 238 [243]; 40, 95 [99]; 41, 246 [249]; 46, 202 [210]). Die Wurzel dieses allgemeinen Prozeßgrundrechts findet sich in den in einem materiell verstandenen Rechtsstaatsprinzip verbürgten Grundrechten und Grundfreiheiten des Menschen, insbesondere in dem durch ein Strafverfahren bedrohten Recht auf Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG), dessen freiheitssichernde Funktion auch im Verfahrensrecht Beachtung erfordert; ferner in Art. 1 Abs. 1 GG, der es verbietet, den Menschen zum bloßen Objekt eines staatlichen Verfahrens herabzuwürdigen, und von daher einen Mindestbestand an aktiven verfahrensrechtlichen Befugnissen des Angeklagten voraussetzt. Aus der Aufgabe des Strafprozesses, den Strafanspruch des Staates um des Rechtsgüterschutzes einzelner und der Allgemeinheit willen in einem justizförmig geordneten Verfahren durchzusetzen und damit dem vom Gewicht der Strafe Bedrohten eine wirksame Sicherung seiner Grundrechte zu gewährleisten, ergibt sich ferner, daß dem Strafprozeß von Verfassungs wegen die Aufgabe gestellt ist, das aus der Würde des Menschen als eigenverantwortlich handelnder Person abgeleitete Prinzip, daß keine Strafe ohne Schuld verhängt werden darf (vgl. BVerfGE 20, 323 [331]), zu sichern und entsprechende verfahrensrechtliche Vorkehrungen bereitzustellen. Als zentrales Anliegen des Strafprozesses erweist sich daher die Ermittlung des wahren Sachverhalts, ohne den das materielle Schuldprinzip nicht verwirklicht werden kann. Der Anspruch des Angeklagten auf ein faires Verfahren kann deshalb auch durch verfahrensrechtliche Gestaltungen berührt werden, die der Ermittlung der Wahrheit und somit einem gerechten Urteil entgegenstehen.
aa) Welche Anforderungen sich daraus für die prozessualen Garantien zuverlässiger Wahrheitserforschung im Hinblick auf § 251 Abs. 2 StPO ergeben, kann nicht in zeitlos gültiger Weise beantwortet werden, sondern hängt nicht zuletzt von dem Typus und der Struktur des Strafprozesses ab, für den sich der Gesetzgeber entschieden hat. Das Recht auf ein faires Verfahren BVerfGE 57, 250 (275)BVerfGE 57, 250 (276)als eine Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips, das in der Verfassung nur zum Teil näher konkretisiert ist, enthält keine in allen Einzelheiten bestimmten Gebote und Verbote; es bedarf daher der Konkretisierung je nach den sachlichen Gegebenheiten. Bei der Weite und Unbestimmtheit des Rechtsstaatsprinzips ist dabei mit Behutsamkeit vorzugehen; denn es ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, zwischen möglichen Alternativen bei der normativen Konkretisierung eines Verfassungsgrundsatzes zu wählen. Erst wenn sich bei Berücksichtigung aller Umstände und nicht zuletzt der im Rechtsstaatsprinzip selbst angelegten Gegenläufigkeiten unzweideutig ergibt, daß rechtsstaatlich unverzichtbare Erfordernisse nicht mehr gewahrt sind, können aus diesem selbst konkrete Folgerungen für die Ausgestaltung des Strafverfahrens im Rahmen der vom Gesetzgeber gewählten Grundstruktur des Verfahrens gezogen werden. Die an diesen Maßstäben auszurichtende verfassungsrechtliche Beurteilung der Auslegung und Anwendung des § 251 Abs. 2 StPO im Gefüge des geltenden Strafprozeßrechts erfordert mithin die Einbeziehung der Systematik, in welche die Vorschrift eingebettet ist; die Gesamtschau ergibt, daß die Vorschrift den Anforderungen genügt, die ein faires Verfahren verlangt.
bb) § 251 Abs. 2 StPO behandelt als eine zum Recht der Beweisaufnahme gehörende Vorschrift einen Ausschnitt aus dem Bereich der sogenannten "mittelbaren" Beweismittel, die den wirklichen oder vermeintlichen sachlichen Inhalt der dem Beweisthema nächsten Originalbeweismittel lediglich berichten. Infolge der bei dieser Reproduktion nicht auszuschließenden Fehlerquellen stellen sie typischerweise einen weniger zuverlässigen Weg zur Erforschung der Wahrheit dar. Die in § 251 Abs. 2 StPO getroffene Regelung ist vor dem Hintergrund der für alle Beweisarten und Beweismittel im strafprozessualen Erkenntnisverfahren grundsätzlich Geltung beanspruchenden gerichtlichen Aufklärungspflicht zu sehen, nach der das Gericht "zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts BVerfGE 57, 250 (276)BVerfGE 57, 250 (277)wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken hat, die für die Entscheidung von Bedeutung sind" (§ 244 Abs. 2 StPO). Dieser Grundsatz schließt es ein, daß das Gericht sich um den bestmöglichen Beweis zu bemühen hat. Dies wird häufig der - bezogen auf das Beweisthema - sachnähere Originalbeweis sein, dessen Aussageinhalt selbst den Schluß auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines entscheidungserheblichen Umstandes zuläßt. Deshalb darf das Gericht sich bei der Auswahl unter mehreren Beweismitteln regelmäßig nicht damit begnügen, den mit der Gefahr größerer Unzuverlässigkeit behafteten sachferneren Beweis zu erheben, sofern qualitativ bessere Beweismittel zur Verfügung stehen. Vielmehr hat das Gericht bei der Erforschung einer Straftat und bei der Ermittlung der für Schuld und Strafe maßgebenden Tatsachen in die erkenntnismäßig bestmögliche Sachnähe zu den Tatsachen zu treten, die für Unrechtstatbestand, Schuld und Sanktionen beweisrelevant sind.
§ 244 Abs. 2 StPO enthält jedoch kein Verbot, mittelbare und damit sachfernere Beweise zu erheben. Der Grundsatz vollständiger und umfassender Sachaufklärung, mit dem Beschränkungen der Beweisgewinnung und Beweisheranziehung nur begrenzt zu vereinbaren sind, schließt auch solche "mittelbare" Beweismittel nicht als unzulässig aus, sofern diese für die Wahrheitsfindung Bedeutung haben. Dieser Art. Beweisführung steht § 244 Abs. 2 StPO daher insbesondere dann nicht entgegen, wenn der Beweis durch das sachnähere Beweismittel nicht möglich ist, weil es untergegangen oder unerreichbar ist. Dieser flexiblen Regelung, die im Interesse der Wahrheitsfindung grundsätzlich kein Beweismittel als von vornherein ungeeignet zurückweist, korrespondiert auf der Ebene der Beweisbewertung das Prinzip der freien Beweiswürdigung durch das Gericht (§ 261 StPO). Es bindet den Richter an keine gesetzlichen Beweisregeln, legt ihm jedoch auf, im Einzelfall die Aussagekraft der zulässigerweise erhobenen Beweise sorgfältig zu überprüfen und zu würdigen. Dabei kann der möglicherweise geringere BeBVerfGE 57, 250 (277)BVerfGE 57, 250 (278)weiswert weniger sachnaher Beweismittel dadurch Berücksichtigung finden, daß er - gerade auch im Hinblick auf ihre möglichen Fehlerquellen - eine Überzeugungsbildung des Gerichts nicht zuläßt, so daß nach dem Grundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten" ein Freispruch erfolgen muß oder eine dem Angeklagten günstigere Sachverhaltsalternative anzunehmen ist.
In dieses System der Beweisgewinnung und Beweisbewertung fügt sich die in den §§ 250 bis 256 StPO getroffene Spezialregelung für das Verhältnis des Personalbeweises zum Urkundenbeweis ein, in der § 251 Abs. 2 StPO seinen Platz hat. Der an die Spitze dieses Regelungskomplexes gestellte § 250 StPO verbietet es zwar, die Vernehmung einer Person durch Verlesung des über eine frühere Vernehmung aufgenommenen Protokolls zu ersetzen, wenn der Beweis einer Tatsache auf der Wahrnehmung dieser Person beruht. Dieser Regelung liegt der Gedanke zugrunde, daß die mündlich-persönliche Vernehmung einer Person durch das erkennende Gericht in der Hauptverhandlung über die von ihr wahrgenommenen Tatsachen schlechthin den Vorzug gegenüber berichtenden Urkunden verdient, weil die Beweisvermittlung im Bereich des Personalbeweises erfahrungsgemäß mit besonders gravierenden Gefahren verbunden ist, die sich aus der Eigenart dieser Beweisquelle ergeben. § 250 StPO geht deshalb davon aus, daß der sachnähere Beweis insoweit stets der bessere sei, und erklärt die wahrheitsgewährleistende Funktion des persönlichen Eindrucks mit der Möglichkeit von Fragen, Vorhalten und Gegenüberstellungen grundsätzlich für unverzichtbar. Andererseits kann ein derartiges Beweisverbot infolge seiner mangelnden Elastizität der Wahrheitsfindung und einem gerechten Urteil im Einzelfall auch entgegenstehen. Deshalb hat der Gesetzgeber den Grundsatz des § 250 StPO durch zahlreiche Ausnahmen (§§ 251 ff. StPO) durchbrochen. Sie ermöglichen im Interesse der Wahrheitsfindung eine flexiblere Handhabung des Beweisrechts. Den damit verbundenen Gefahren begegnet die Strafprozeßordnung mit dem Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung. So ist es unter beBVerfGE 57, 250 (278)BVerfGE 57, 250 (279)stimmten in § 251 Abs. 1 StPO aufgezählten Umständen zulässig, richterliche Vernehmungsniederschriften als Ersatz für eine persönliche Vernehmung heranzuziehen. § 251 Abs. 2 StPO läßt es unter - engeren - Voraussetzungen ausnahmsweise zu, daß Niederschriften über andere, also auch polizeiliche Vernehmungen und schriftliche Äußerungen einer Wahrnehmungsperson als Beweismittel Verwendung finden.
cc) § 251 Abs. 2 StPO ist vor dem Hintergrund der Verfahrensprinzipien und Regelungszusammenhänge des Strafprozeßrechts, welche der Erforschung der Wahrheit zu dienen bestimmt sind und zur Erreichung dieses Zieles zusammenwirken, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden; diese gewährleisten es in ihrer Gesamtheit und insbesondere im Hinblick auf die ausgleichende Funktion der freien Beweiswürdigung, daß ein faires Verfahren gewahrt bleibt.
Die Strafprozeßordnung will die Ermittlung des wahren Sachverhalts in hohem Maße insbesondere dadurch gewährleisten, daß das Strafverfahren als ein vom Prinzip der materiellen Wahrheitserforschung beherrschter Amtsprozeß ausgestaltet ist, in dem das Gericht von Amts wegen zur Erforschung der Wahrheit verpflichtet ist (§ 244 Abs. 2 StPO) und die Verfahrensbeteiligten - jedenfalls in der ersten Instanz - grundsätzlich weder über den Prozeßstoff verfügen noch eine vorzeitige Verfahrensbeendigung herbeiführen können. Dies findet seinen Ausdruck zusätzlich in der starken Stellung des über die Kenntnis der Akten verfügenden Gerichtsvorsitzenden, dem die Leitung der Verhandlung, die Vernehmung des Angeklagten und die Aufnahme des Beweises obliegt (§ 238 Abs. 1 StPO). Die in den Vordergrund gestellte Sicherung der Gerechtigkeit durch Aufklärung des wahren Sachverhalts wird verstärkt durch die Mitwirkung einer zur Objektivität verpflichteten Anklagebehörde (§ 160 StPO) und das Recht des Angeklagten, sich - gegebenenfalls unter dem Beistand eines Verteidigers (§§ 137, 140 StPO) - durch Fragen (§ 240 StPO), Anregungen und Erklärungen (§§ 257, 258 StPO) sowie durch die StelBVerfGE 57, 250 (279)BVerfGE 57, 250 (280)lung von Beweisanträgen, die nur unter engen Voraussetzungen abgelehnt werden können (§§ 244 Abs. 3 bis 6, 245 Abs. 2, 246 Abs. 1 StPO), an der Aufklärung des Sachverhalts aktiv zu beteiligen. Ihre Ergänzung finden diese Regelungen in den Vorschriften, welche die Urteilsfindung durch ein unabhängiges und unparteiliches Gericht gewährleisten, das zu prozessualer Fürsorge gegenüber dem Angeklagten gehalten ist, wie sie sich ua in Hinweispflichten (§ 265 StPO) und der Pflicht, eine angemessene Vorbereitung auf veränderte Prozeßlagen zu gewähren (vgl. §§ 145 Abs. 3; 265 Abs. 3, 4 StPO), gesetzlich verdichtet hat. Darüber hinaus kommen auch den Verfahrensgrundsätzen einer mündlichen, konzentrierten und schleunigen Verhandlung unter beständiger Anwesenheit der zur Wahrheitsfindung berufenen Personen und des Angeklagten wahrheitssichernde Funktionen zu. Bei einer derartigen Ausgestaltung des Strafverfahrens mit seinen vielfältigen, sich gegenseitig verstärkenden und auf die Schaffung einer wahren Urteilsgrundlage gerichteten Vorkehrungen ist ersichtlich schon weitgehend Vorsorge gegen eine Verfälschung des Beweisergebnisses durch qualitativ möglicherweise geringwertige Beweismittel getroffen. Deshalb bestehen auch im Hinblick auf die im Strafverfahren drohenden einschneidenden Folgen für den Beschuldigten keine rechtsstaatlichen Bedenken gegen den durch § 251 Abs. 2 StPO ausnahmsweise zugelassenen mittelbaren Beweis durch Urkunden. Wenn auch eine derartige Beweisführung gegenüber der grundsätzlichen Garantie des bestmöglichen Beweises eine relative Verschlechterung der Beweissituation für den Betroffenen darstellen kann, so hält doch das geltende Strafprozeßrecht in dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 261 StPO) ein Regulativ bereit, das der Besonderheit dieser beweisrechtlichen Ausnahmesituation gerecht zu werden vermag und zusammen mit dem Erfordernis des zweifelsfreien Schuldnachweises den Anspruch des Angeklagten auf ein faires Verfahren gewährleistet.
Nichts anderes gilt für die durch § 251 Abs. 2 StPO zugelasBVerfGE 57, 250 (280)BVerfGE 57, 250 (281)sene Verlesung polizeilicher Vernehmungsniederschriften. Ein generelles Mißtrauen gegenüber dem Beweiswert von Polizeiprotokollen ist im Staat des Grundgesetzes nicht gerechtfertigt; der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Entstehungsgeschichte des § 251 Abs. 2 StPO, der durch die "Dritte Verordnung zur Vereinfachung der Strafrechtspflege" vom 29. Mai 1943 (RGBl. I, S. 342) in seiner heutigen Form eingeführt wurde, vermag daran nichts zu ändern. Durch das Gesetz zur Wiederherstellung der Rechtseinheit vom 12. September 1950 (BGBl. S. 455) wurde die Norm im übrigen vom nachkonstitutionellen Gesetzgeber als frei von ideologischen Überresten der vorangegangenen Epoche übernommen und seitdem trotz zahlreicher Änderungen des Prozeßrechts beibehalten.
dd) Bei einer rechtsstaatliche Grundsätze beachtenden Auslegung der Vorschrift ergeben sich verfassungsrechtliche Bedenken auch nicht daraus, daß die "Unerreichbarkeit" einer Beweisperson im Sinne des § 251 Abs. 2 StPO auf die Weigerung einer Behörde zurückgeführt werden kann, ihr Wissen von dem Aufenthalt dieser Person mitzuteilen oder ihren Angehörigen die Aussage über Umstände zu genehmigen, auf die sich ihre Pflicht zur Amtsverschwiegenheit bezieht.
(1) Das Gesetz sieht eine Beschränkung der Aufklärungsmöglichkeiten des Gerichts durch behördliche Entscheidung an mehreren Stellen vor. § 54 Abs. 1 StPO verweist hinsichtlich der Genehmigung zur Aussage für Beamte und andere Angehörige des öffentlichen Dienstes auf die besonderen beamtenrechtlichen Vorschriften. Gemäß § 39 Abs. 3 Satz 1 des Beamtenrechtsrahmengesetzes darf die Genehmigung, als Zeuge auszusagen, nur versagt werden, wenn die Aussage dem Wohle des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten oder die Erfüllung öffentlicher Aufgaben ernstlich gefährden oder erheblich erschweren würde. Die Beamtengesetze des Bundes und der Länder enthalten gleichlautende Vorschriften. Soweit die Aussagegenehmigung versagt worden ist, hat der um Auskunft befragte Zeuge das Recht und die Pflicht, die Aussage zu verweigern. BVerfGE 57, 250 (281)BVerfGE 57, 250 (282)Gemäß § 96 StPO darf zudem die Vorlegung oder Auslieferung von Akten oder anderen in amtlicher Verwahrung befindlichen Schriftstücken durch Behörden und öffentliche Beamte nicht gefordert werden, wenn deren oberste Dienstbehörde erklärt, daß das Bekanntwerden des Inhalts dieser Akten oder Schriftstücke dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde. Soweit das Gericht eine behördliche Auskunft begehrt, kann es zwar - ebenso wie die Staatsanwaltschaft - von allen öffentlichen Behörden die Auskünfte verlangen, die es zur Erforschung der Wahrheit für erforderlich hält (§§ 161, 202, 244 Abs. 2 StPO), wenn nicht eine ausdrückliche gesetzliche Regelung die Auskunftspflicht der Behörde (vgl. BVerwGE 8, 324 [326]; Kleinknecht, StPO, 35. Aufl, 1981, § 161 Rdnr 1; Düwel, Das Amtsgeheimnis, 1965, S. 39; Erdsiek, NJW 1960, S. 616) einschränkt. Im Hinblick darauf, daß das Gesetz durch die §§ 54, 96 StPO eindeutig seinem Willen Ausdruck verliehen hat, das Amtsgeheimnis auch im Strafverfahren in gewissen Grenzen zu schützen, wird in entsprechender Anwendung von § 96 StPO die Versagung einer Auskunft aber auch dann als zulässig angesehen, wenn die oberste Dienstbehörde erklärt, daß deren Bekanntwerden "dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde" (BVerwGE 8, 324 [326]; BGH, NJW 1981, S. 355; vgl. auch § 99 VwGO). Mittel, die Preisgabe des behördlichen Wissens zu erzwingen, stehen dem Gericht oder der Staatsanwaltschaft nach geltendem Recht nicht zu Gebote. Die endgültige Weigerung der Behörde, ihr Wissen um den Aufenthalt eines Zeugen mitzuteilen, macht ihn nach Ausschöpfung der vorhandenen und durch die Aufklärungspflicht gebotenen Möglichkeiten für eine gerichtliche Vernehmung somit regelmäßig "unerreichbar" im Sinne des § 251 Abs. 2 StPO.
(2) Die Besonderheit, daß sich staatliche Stellen an der Zurückhaltung des möglicherweise besseren Beweismittels beteiligen, begründet zusätzliche rechtsstaatliche Anforderungen, die an den Entscheidungsprozeß der Behörde und die Nachprüfung BVerfGE 57, 250 (282)BVerfGE 57, 250 (283)dieser Entscheidung durch das in seinen Aufklärungsmöglichkeiten insoweit eingeschränkte Gericht zu stellen sind.
(a) Das Gebot einer rechtsstaatlichen, insbesondere auch fairen Verfahrensgestaltung wendet sich nicht nur an die Gerichte, sondern ist auch von allen anderen staatlichen Organen zu beachten, die auf den Gang eines Strafverfahrens Einfluß nehmen, demgemäß auch von der Exekutive, soweit sie sich rechtlich gehalten sieht, bestimmte Beweismittel nicht freizugeben. Die Zurückhaltung von Beweismitteln kann für die Verteidigung trotz formaler Wahrung aller prozessualen Rechte zu erheblichen Nachteilen führen. Insbesondere kann der Zeuge in der Hauptverhandlung nicht befragt werden (§ 240 StPO, Art. 6 Abs. 3 Buchstabe d MRK). Der persönliche Eindruck von dem Zeugen entfällt. Seine Glaubwürdigkeit kann nicht umfassend beurteilt werden; Gesichtspunkte, die zu Zweifeln Anlaß geben könnten, bleiben möglicherweise unentdeckt. Es ist zudem möglich, daß Näheres über den Zeugen überhaupt nicht zu erfahren ist, weil Vernehmungsbeamte, die ihn kennen, nicht aussagen dürfen. In derartigen Fällen liefe mithin das Recht des Angeklagten leer, Erkundigungen über den Zeugen einzuholen mit dem Ziel, dessen Glaubwürdigkeit zu erschüttern (§§ 246 Abs. 2, 3 und 222 Abs. 1 StPO).
Vor der Verfassung hat eine derartige Auswirkung des Verhaltens der Exekutive auf das Strafverfahren nur Bestand, wenn die Einwirkungsmöglichkeiten in einer mit rechtsstaatlichen Grundsätzen übereinstimmenden Weise gehandhabt und der eigenen Beurteilung durch das Gericht nicht weiter entzogen werden, als dies zur Wahrung verfassungsrechtlich geschützter Belange unumgänglich ist. Bewegt sich die Behörde bei ihrer Entscheidung im rechtsstaatlichen Rahmen, dann verletzt andererseits die Wirkung ihrer Entschließung auch nicht die Rechtsstaatlichkeit des Strafverfahrens.
(b) Bei der Entscheidung darüber, ob die in unbestimmten Rechtsbegriffen niedergelegten Voraussetzungen vorliegen, eine Auskunft zu verweigern oder eine Aussagegenehmigung zu verBVerfGE 57, 250 (283)BVerfGE 57, 250 (284)sagen, hat die Behörde die von ihr wahrzunehmenden Aufgaben - mögen diese auch noch so bedeutsame Anliegen betreffen - nicht schon als genügende Rechtfertigung zu betrachten, sich der grundsätzlich bestehenden Auskunftspflicht zu entziehen. Der hohe Rang der gerichtlichen Wahrheitsfindung für die Sicherung der Gerechtigkeit und das Gewicht des Freiheitsanspruchs des Beschuldigten gebieten es vielmehr, diese Belange bei ihrer Entscheidung zu berücksichtigen und ihnen genügendes Gewicht zu verleihen. Denn das Staatswohl und die Wahrung öffentlicher Belange erfordern es auch, sowohl die Grundrechte einzelner zu schützen und niemanden einer ungerechtfertigten Verurteilung auszuliefern als auch den Strafanspruch des Staates durchzusetzen.
Es liegt indessen auf der Hand, daß es verfassungsmäßig legitimierte staatliche Aufgaben gibt, die zu ihrer Erfüllung der Geheimhaltung bedürfen, ohne daß dagegen verfassungsrechtliche Bedenken zu erheben wären. Die Wahrnehmung derartiger - in ihrer rechtlichen Gebundenheit nicht außerhalb des Rechtsstaats stehender - Aufgaben würde erheblich erschwert und in weiten Teilen unmöglich gemacht, wenn die Aufdeckung geheimhaltungsbedürftiger Vorgänge im Strafverfahren ausnahmslos geboten wäre. Dies gilt insbesondere für Erkenntnisse und Arbeitsweisen der für die innere und äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland tätigen Behörden. Auch zur Bekämpfung besonders gefährlicher Kriminalität, wie etwa der Bandenkriminalität und das Rauschgifthandels, können die Strafverfolgungsorgane, wenn sie ihrem Auftrag der rechtsstaatlich gebotenen Verfolgung von Straftaten überhaupt gerecht werden sollen, ohne den Einsatz sogenannter V-Leute nicht auskommen, deren Identität auch noch nach dem Einsatz gewahrt werden muß.
In der Reihe der Sachverhalte, die einer Auskunftserteilung der Behörde entgegenstehen können, nimmt das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit einen besonders hohen Rang ein (BVerfGE 39, 1 [42]). Art. 2 Abs. 2 Satz 1 in VerBVerfGE 57, 250 (284)BVerfGE 57, 250 (285)bindung mit Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG verpflichtet den Staat zu einem umfassenden Schutz des menschlichen Lebens und gebietet ihm, sich schützend vor dieses Leben zu stellen, es insbesondere vor rechtswidrigen Angriffen anderer zu bewahren (vgl. BVerfGE 46, 160 [164]). Öffentliche Interessen können es somit auch gebieten, das Wissen um den Aufenthalt eines Zeugen geheimzuhalten und dadurch sein persönliches Erscheinen in der Hauptverhandlung oder eine sonstige gerichtliche Vernehmung zu verhindern, um eine dem Zeugen drohende Lebensgefahr abzuwenden (vgl. BGHSt 29, 109 [112]). Ähnliches gilt, wenn die Freiheit des Zeugen als Folge seiner Preisgabe ernstlich gefährdet ist.
(c) Wann im Einzelfall die Versagung einer Auskunft und eine dadurch ausgelöste Beeinträchtigung der Beweiserhebung rechtsstaatlich nicht zu beanstanden ist, läßt sich nicht abstrakt festlegen. Erst bei sorgfältiger Abwägung der im Spannungsfeld stehenden Rechtsgüter und entsprechender Würdigung des gesamten Sachverhalts wird sich ein zutreffendes Urteil finden lassen. Besonders bedeutsam werden dabei regelmäßig die Schwere der Straftat, das Ausmaß der dem Beschuldigten drohenden Nachteile und das Gewicht der einer bestmöglichen Aufklärung entgegenstehenden Umstände sein. Auch den Stellenwert des Beweismittels im Rahmen der Beweislage wird es zu berücksichtigen gelten. Ergibt sich als Ergebnis der Abwägung, daß ein an sich zugängliches, dem Beweisthema sachnäheres Beweismittel in den üblichen prozessualen Formen nicht für die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung zur Verfügung gestellt werden kann, so ist zunächst alles Zumutbare und der Bedeutung der Sache Angemessene zu tun, um die der Heranziehung dieses Beweismittels entgegenstehenden Gründe auszuräumen und zu der Beweisquelle in der unter Wahrung entgegenstehender Belange bestmöglichen Form Zugang zu gewähren, damit die erforderliche Sachaufklärung und die damit verbundenen Rechte der Verfahrensbeteiligten nicht mehr als unvermeidlich beeinträchtigt werden. Die Behörde hat dabei auch BVerfGE 57, 250 (285)BVerfGE 57, 250 (286)zu erwägen, ob nicht bereits bestimmte verfahrensrechtliche Vorkehrungen zur Wahrung ihrer Belange ausreichen. So hat sie in Rechnung zu stellen, daß der Vorsitzende einem Zeugen unter bestimmten Voraussetzungen gestatten kann, seinen Wohnort nicht anzugeben (§ 68 Satz 2 StPO), und daß das Gericht zB gemäß § 172 Nr. 1 GVG für die Verhandlung oder einen Teil derselben die Öffentlichkeit ausschließen darf, wenn eine Gefährdung der Staatssicherheit oder der öffentlichen Ordnung zu besorgen ist, wobei der Ausschluß der Öffentlichkeit auch dann gerechtfertigt sein kann, wenn bei wahrheitsgemäßer Aussage eines Zeugen in öffentlicher Verhandlung dem Angeklagten, einem Zeugen oder dessen Informanten eine Gefahr für Leib oder Leben durch andere Personen entsteht (BGHSt 16, 111 [113]; BGH, bei Holtz, MDR 1980, S. 273). Ein persönlich gefährdeter Zeuge ist auf dem Weg zum Gericht und zurück sowie im Gericht selbst vor Anschlägen auf sein Leben zu schützen, wobei die für die Sicherheit des Zeugen zuständigen Stellen alle der Bedeutung der Beweisaufnahme entsprechenden Anstrengungen zu unternehmen haben, um die Vernehmung des Zeugen in der Hauptverhandlung zu ermöglichen (vgl. BGHSt 29, 109 [113]). Das Gericht darf ferner zusichern, daß der gefährdete Zeuge im Falle seiner Identitätsänderung seinen gegenwärtigen Namen nicht anzugeben braucht, wenn nur so eine Vernehmung erreicht werden kann (vgl. BGHSt 29, 109 [113]).
Erst wenn derartige Vorkehrungen nicht hinreichen, um das vorhandene sachnähere Beweismittel vollständig in die Hauptverhandlung einführen zu können, kommt ersatzweise ein Rückgriff auf das weniger sachnahe Beweismittel in Frage. Demgemäß wird sich vor der Verwertung der Niederschrift über eine nichtrichterliche Vernehmung oder einer Urkunde, die von der Beweisperson stammende schriftliche Äußerungen enthält, aufdrängen, den Zeugen zunächst unter besonderen Vorkehrungen durch einen beauftragten oder ersuchten Richter vernehmen zu lassen (BGHSt 29, 109 [113]; BGH, Urteil BVerfGE 57, 250 (286)BVerfGE 57, 250 (287)vom 5. März 1980 - 3 StR 18/80 [L] -; BGH, NJW 1980, S. 2088; BGH, Beschluß vom 9. Juni 1980 - 3 StR 132/80 [L] -). Die kommissarische Vernehmung darf notfalls auch unter Ausschluß des Angeklagten und seines Verteidigers stattfinden, wenn anders die einer richterlichen Vernehmung entgegenstehenden Gründe nicht ausgeräumt werden können (vgl. BGH, NJW 1980, S. 2088). Kann ausnahmsweise auch unter diesen Vorkehrungen eine richterliche Vernehmung ohne Beeinträchtigung überwiegender entgegenstehender Belange nicht stattfinden, so ist eine schriftliche Befragung nicht schon von vornherein ausgeschlossen, denn sie bietet zur Aufklärung der Wahrheit unter Umständen weitergehende Möglichkeiten, als wenn auf derartige Informationen überhaupt verzichtet werden müßte.
(d) Das Erfordernis, daß die Behörde ihre Entscheidung an den genannten Grundsätzen auszurichten hat, reicht indessen für sich allein nicht hin, den rechtsstaatlichen Verfahrensgarantien zu genügen. Im Rahmen der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung ist es grundsätzlich Aufgabe der den Gerichten übertragenen rechtsprechenden Gewalt (Art. 92 GG), frei von Einwirkungen anderer Staatsorgane selbst darüber zu befinden, welche Beweismittel zur Aufklärung der Sache notwendig sind. Die vom Gericht nicht überprüfbare Entscheidungsmacht einer Behörde, vorhandene Beweismittel nicht zur Verfügung zu stellen, kann sich dazu in Widerspruch stellen (vgl. Herzog in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 92 Rdnr 70; Bettermann/Nipperdey/Scheuner, Die Grundrechte, Bd III/2, 1959, S. 543). Eine der Abgrenzung der Aufgaben von rechtsprechender und vollziehender Gewalt gerecht werdende Befugnis der Behörde, kraft eigener Entscheidung Beweismittel nicht preiszugeben, kann vor dem Erfordernis einer wirksamen Strafrechtspflege und dem - letztlich auch aus Art. 1 Abs. 1 GG folgenden - Gebot, die Wahrheit zu ermitteln, deshalb nur dadurch gerechtfertigt werden, daß es unabweisbare, zwingende Sachgründe verbieten, das Gericht selbst darüber entscheiden zu BVerfGE 57, 250 (287)BVerfGE 57, 250 (288)lassen, ob ein bestimmter Beweis erhoben werden kann. Derartige Gründe sind indes bei geheimhaltungsbedürftigen Vorgängen gegeben, bei denen es regelmäßig kein praktikables und zugleich verfassungsrechtlich zulässiges Mittel gibt, eine vollständige Sachprüfung durch des Strafgericht zu ermöglichen. Der Ausweg, das Geheimnis lediglich dem Strafgericht zu offenbaren, bietet sich nicht, weil dies einen Verstoß gegen den in Art. 103 Abs. 1 GG gesicherten Anspruch auf rechtliches Gehör der Beteiligten begründen würde. Dieser Grundsatz ist unverzichtbar und gehört zum Kern einer rechtsstaatlichen Verfahrensgestaltung. Demgegenüber muß die grundsätzliche Entscheidungsbefugnis des Gerichts eine Einbuße erfahren und aus zwingenden Sachgründen einer verbindlichen Entscheidung durch die Behörde weichen.
Dies bedeutet jedoch nicht, daß die Gerichte unter Ausschluß jeder Überprüfungsmöglichkeit darauf verwiesen wären, die Entscheidung der Behörde hinzunehmen. Denn die Auskunftspflicht der Behörde, auf deren Erfüllung das Gericht im Rahmen seiner Aufklärungspflicht gegebenenfalls hinzuwirken hat, reicht soweit, wie entgegenstehende Gründe dies noch zulassen, damit dem Gericht die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der behördlichen Weigerung mindestens auf offensichtliche Fehler nicht von vornherein verschlossen bleibt. Auch dann, wenn Geheimhaltungsinteressen nur eine unvollständige Auskunft zulassen, ist also die Behörde nicht der Verpflichtung enthoben, die Gründe ihrer Weigerung verständlich zu machen, schon um das Gericht in die Lage zu versetzen, auf die Beseitigung etwaiger Hindernisse hinzuwirken und auf die Bereitstellung des bestmöglichen Beweises zu dringen (vgl. BGHSt 29, 109 [112]).
(e) Der Bereich vom Strafgericht nicht vollständig nachprüfbarer Entscheidungsmacht der Exekutive und die darin enthaltene Gefahr unzulässiger Einflußnahme auf die gerichtliche Sachaufklärung sind ferner rechtsstaatlich nur hinnehmbar, wenn auf seiten der Behörde alle Voraussetzungen dafür geBVerfGE 57, 250 (288)BVerfGE 57, 250 (289)schaffen sind, daß die ihr obliegende Abwägung in möglichst sachgerechter Form vorgenommen wird. Damit vertrüge es sich nicht, wenn die Entscheidung über die Weigerung an untergeordneter Stelle gefällt würde. Nachgeordnete Ämter können möglicherweise aufgrund eines engeren Aufgabenbereichs nicht sicher beurteilen, in welches rechte Verhältnis die widerstreitenden Interessen zu setzen sind, zumal sie unter Umständen über ihre eigenen Handlungen Auskunft geben sollen. Dies gilt in besonderem Maße, wenn die Geheimhaltung gerade von der Behörde wahrzunehmenden Interessen dienen soll, deren Überbewertung in solchen Fällen nicht fernliegt. Deshalb ist es geboten, daß die Entscheidung an einer Stelle getroffen wird, die sich von derartigen Fehlerquellen am ehesten freizumachen versteht, weil sie den größten Überblick und auch ein umfassendes Urteilsvermögen hat. Dazu reicht jedenfalls eine Entscheidung durch die oberste Aufsichtsbehörde aus, an deren Spitze ein Regierungsmitglied oder, wenn die Landesregierung in ihrer Gesamtheit oberste Aufsichtsbehörde ist, alle Regierungsmitglieder stehen. Diese wird am sichersten beurteilen können, was das Staatswohl verlangt (§ 96 StPO, § 39 Abs. 3 BRRG). Das Erfordernis der Entscheidung der obersten Aufsichtsbehörde oder Dienstbehörde ist sowohl in § 96 StPO als auch in § 62 Abs. 4 BBG und in einer Reihe von Landesbeamtengesetzen (zB Art. 70 Abs. 3 des Bayerischen Beamtengesetzes, § 76 Abs. 4 des Hessischen Beamtengesetzes und § 65 Abs. 4 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen) enthalten. Es ist im übrigen auch in andere Verfahrensordnungen aufgenommen und für das Verwaltungsverfahren und Finanzgerichtsverfahren durch Einführung einer gerichtlichen Kontrolle ergänzt worden (§ 99 VwGO, § 119 SGG, § 86 FGO). Die Verlagerung der Entscheidung auf eine höhere Ebene hindert es von Verfassungs wegen jedoch nicht, daß die zur Willensbildung berufene Stelle für häufig vorkommende und im wesentlichen gleichgelagerte Fälle im voraus eine Entscheidung trifft und die nachgeordneten BehörBVerfGE 57, 250 (289)BVerfGE 57, 250 (290)den ermächtigt, in deren Rahmen von ihr selbständigen Gebrauch zu machen.
(3) Sind die genannten Voraussetzungen beachtet, so kann im Blick auf die der minderen Beweisqualität Rechnung tragenden verfahrensrechtlichen Sicherungen - vor allem die gebotene vorsichtige Beweiswürdigung - die Zurückhaltung eines Beweismittels durch behördlich Weigerung rechtsstaatlich hingenommen werden. Der Grundsatz der Prozeßfairneß steht einer Verwertung des sachferneren anstelle des sachnäheren Beweismittels zuungunsten des Angeklagten jedoch entgegen, wenn die Behörde den gestellten Anforderungen nicht genügt, insbesondere wenn sie das bessere Beweismittel dem Gericht willkürlich, offensichtlich rechtsfehlerhaft oder ohne Angabe von Gründen vorenthält. Es würde dem Gebot des fairen Verfahrens widersprechen, die Vernehmung des aus den genannten Gründen unerreichbaren Zeugen in der Hauptverhandlung durch die Verlesung der Niederschriften über seine früheren Aussagen vor der Polizei zu ersetzen, ohne daß Gründe geltend gemacht und im Rahmen des Möglichen belegt sind, die das Gericht in den Stand setzen zu prüfen, ob dies unumgänglich ist (so auch BGHSt 29, 109 [112]).
2. Nach alledem ist die vom Beschwerdeführer angegriffene Verurteilung durch das Bayrische Oberste Landesgericht unter dem hier in Frage stehenden Gesichtspunkt verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Die Entscheidung der Behörde ist an richtiger Stelle getroffen worden, denn der Bundesnachrichtendienst hat sich im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt und somit seiner obersten Aufsichtsbehörde geweigert, den an geheimgehaltenem Ort verborgenen Zeugen anders als für eine schriftliche Befragung zur Verfügung zu stellen. Die dem Gericht für die Weigerung mitgeteilten Gründe ermöglichten ihm, deren Berechtigung nachzuvollziehen. Seine Bewertung der Weigerungsgründe ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Frage, ob eine andere Beurteilung in Betracht käme, wenn der Zeuge trotz der BeBVerfGE 57, 250 (290)BVerfGE 57, 250 (291)reitschaft, vor Gericht auszusagen, von den Sicherheitsbehörden zurückgehalten worden wäre, kann auf sich beruhen. Unter den Besonderheiten des vorliegenden Falles ist ein derartiger Hergang auszuschließen.
Nach den Feststellungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts, die der Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht zugrunde zu legen sind, ist davon auszugehen, daß jede Art von Vernehmung eine konkrete Lebensgefahr für den Zeugen heraufbeschworen hätte. Gegenüber dieser dem Zeugen drohenden Gefahr wog das Interesse des Beschwerdeführers an einer unmittelbaren richterlichen Einvernahme des Zeugen und der dadurch erhofften Verbesserung seiner Verteidigungsmöglichkeiten weniger schwer. Die Beschränkung der Verteidigung hielt sich angesichts des Stellenwertes der Zeugenaussage, der entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers für die Beweisführung nur eine untergeordnete Bedeutung zukam, in einem jedenfalls vertretbaren Rahmen. Zwar konnte der Zeuge nicht persönlich befragt werden; der persönliche Eindruck hätte jedoch auch bei einer kommissarischen Vernehmung durch einen Richter nur begrenzt in die Hauptverhandlung eingeführt werden können. Das Fragerecht war dem Beschwerdeführer nicht vollständig genommen, vielmehr war ihm Gelegenheit gegeben, auf schriftlichem Wege einen umfangreichen Fragenkatalog an den Zeugen gelangen zu lassen, den dieser auch beantwortet hat. Schließlich ist die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Zeugen möglich geblieben. In der Hauptverhandlung sind mehrere Zeugen vernommen worden, die eingehend mit ihm persönlich befaßt waren und umfangreiche Angaben zu seinem persönlichen Hintergrund, seinem Aussageverhalten und der Zuverlässigkeit seiner Angaben gemacht haben.
Das Bayerische Oberste Landesgericht ist ersichtlich auch den besonderen Anforderungen gerecht geworden, die an die Würdigung eines solchen Beweises zu stellen sind. Es hat nicht nur die Glaubwürdigkeit des Zeugen einer eingehenden Überprüfung unterzogen, sondern die Beweisaufnahme auch so umfasBVerfGE 57, 250 (291)BVerfGE 57, 250 (292)send gestaltet, daß die Aussage des Zeugen, die das Beweisergebnis im übrigen lediglich abrundet, durch andere Beweismittel bestätigt und vielfach abgesichert werden konnte.
IV.
 
Die weiteren gegen das tatrichterliche Verfahren gerichteten Rügen des Beschwerdeführers bleiben ohne Erfolg.
1. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, daß die Beschränkung einer Aussagegenehmigung der Preisgabe der Quellen für die Beobachtung der Gesprächspartner des Beschwerdeführers in S. entgegenstand, so daß die Wahrnehmungen der Beobachter über das Verhalten der Geheimdienstangehörigen im Umfeld des Treffens lediglich durch Zeugnis vom Hörensagen in die Hauptverhandlung eingeführt werden konnten.
a) Der Zeuge vom Hörensagen ist - als eine Form des "mittelbaren Beweises" - ein nach der Strafprozeßordnung zulässiges Beweismittel, dessen Heranziehung und Bewertung nach den §§ 244 Abs. 2, 261 StPO zu beurteilen ist. Die §§ 250 ff. StPO als Spezialregelung für das Verhältnis des Personalbeweises zum Urkundenbeweis kommen hier nicht zur Anwendung. Allerdings stellt die nur begrenzte Zuverlässigkeit des Zeugnisses vom Hörensagen besondere Anforderungen an die Beweiswürdigung, da die jedem Personalbeweis anhaftenden Fehlerquellen sich dadurch erheblich verstärken, daß die Qualität des Beweisergebnisses zusätzlich von der Zuverlässigkeit des Beweismittlers abhängt. Die Rechtsprechung hat die damit verbundenen Richtigkeitsrisiken insbesondere beim anonym gebliebenen Gewährsmann, dessen Wissen durch einen Zeugen vom Hörensagen eingeführt wird, nicht übersehen und verlangt, daß der Beweiswert derartiger Bekundungen besonders kritisch zu überprüfen ist. Dabei genügen die Angaben des Gewährsmannes regelmäßig nicht, wenn sie nicht durch andere, nach der Überzeugung des Fachgerichts wichtige Gesichtspunkte bestätigt werden; das Gericht muß sich der Grenzen seiner ÜberzeuBVerfGE 57, 250 (292)BVerfGE 57, 250 (293)gungsbildung stets bewußt sein, sie wahren und dies in den Urteilsgründen zum Ausdruck bringen (vgl. BGHSt 17, 382 (385 f.); 29, 109 (111 f.); BGH bei Dallinger, MDR 1954, S. 400; BGH, MDR 1981, S. 329 (330); OLG Frankfurt, (NJW 1968, S. 1000; NJW 1976, S. 985f; OLG Hamm, NJW 1970, S. 821f; MDR 1976, S. 1040; OLG Stuttgart, NJW 1972, S. 66f; vgl. auch Gollwitzer in: Löwe/Rosenberg, StPO, 23. Aufl, 1978, § 250 Rdnr 26; Paulus in: KMR, 7. Aufl, 1980, § 250 Rdnr 21; Eb. Schmidt, Lehrkommentar, Teil I, 1964, Nr. 452; Alsberg/Nüse, Der Beweisantrag im Strafprozeß, 1969, S. 200 ff.). Ein diesen Anforderungen nicht gerecht werdendes tatrichterliches Urteil begründet die Revision wegen Verletzung des § 261 StPO (BGHSt 17, 382 [385]; Paulus, a.a.O., § 250, Rdnr 22).
Derartige Vorkehrungen genügen - im Zusammenwirken mit den sonstigen rechtsstaatlichen Erfordernissen einschließlich der auch hier gegebenen Begründungspflicht der Behörde für die Zurückhaltung des unmittelbaren Beweismittels - grundsätzlich den an ein faires Verfahren zu stellenden Anforderungen. Der in aller Schärfe gehandhabte Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist - auch im Blick auf das Prinzip "Im Zweifel für den Angeklagten" - regelmäßig ausreichend, um die besonderen Gefahren der beweisrechtlichen Lage aufzufangen; ein Beweisverbot, das den Willen und die Fähigkeit der Gerichte in Zweifel zöge, den genannten Grundsätzen der Beweiswürdigung den zutreffenden Stellenwert einzuräumen, ist von Verfassungs wegen regelmäßig nicht geboten.
b) Daran gemessen war der erhobene Beweis vom Hörensagen im vorliegenden Fall nicht rechtsstaatswidrig.
Die Erteilung der Genehmigung, die Personalien der Observanten preiszugeben, ist gemäß § 62 Abs. 1 und 4 BBG vom Bundesminister des Innern und somit von der "obersten Aufsichtsbehörde" versagt worden. Wenn die Versagung auch nicht im einzelnen begründet war, so reichte dies im vorliegenden Fall doch hin, das Gericht im Rahmen des Möglichen in den Stand BVerfGE 57, 250 (293)BVerfGE 57, 250 (294)zu versetzen, die Unumgänglichkeit der Maßnahme zu überprüfen. Denn es liegt auf der Hand, daß ein auf konspirative Arbeit angewiesener Dienst wie das Bundesamt für Verfassungsschutz binnen kurzem aktionsunfähig sein würde, wenn dessen Hinweisgeber, zumal im Ausland, befürchten müßten, daß ihre Identität aufgedeckt würde. Hinweise auf eine Fallgestaltung, bei der die Behörde ausnahmsweise zur Preisgabe des Beweismittels verpflichtet sein könnte, finden sich insbesondere angesichts der am Rande liegenden Bedeutung des Beweisthemas nicht. Das Gericht hat sich bei dieser Sachlage zu Recht mit der Auskunft begnügt, welche das notwendige Mindestmaß an Nachprüfung ermöglichte (vgl. BGH, MDR 1981, S. 156). Anhaltspunkte für eine willkürliche oder auch nur fehlerhafte Versagung der Aussagegenehmigung fehlen.
Die der Beweiswürdigung gezogenen Grenzen sind nicht überschritten. Die Urteilsgründe ergeben, daß sich das Gericht der besonderen Problematik bei Angaben anonymer Gewährsleute bewußt war. Die durch Hörensagen übermittelten Angaben sind durch weitere wichtige Gesichtspunkte gestützt. Der Beschwerdeführer selbst hat nach anfänglichem Leugnen die Richtigkeit der wesentlichen, ihn betreffenden Beobachtungen eingeräumt. Die Angaben der Wahrnehmungspersonen haben darüber hinaus durch Fotografien und schriftliche Unterlagen eine Bestätigung erfahren.
2. Soweit der Beschwerdeführer das Verfahren des Tatgerichts in weiteren Punkten zur verfassungsrechtlichen Überprüfung gestellt hat, sind Anzeichen für ein von sachfremden Erwägungen getragenes Vorgehen des Gerichts nicht hervorgetreten. Dies gilt auch für den Ausschluß der Öffentlichkeit an einer Reihe von Sitzungstagen während der Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen aus dem nachrichtendienstlichen Bereich wegen Gefährdung der Staatssicherheit (§ 172 Nr. 1 GVG), der der Beschwerdeführer im übrigen in der Hauptverhandlung nicht widersprochen hat. Die beanstandeten Beurteilungen und Entscheidungen bieten, auch im Zusammenhang geBVerfGE 57, 250 (294)BVerfGE 57, 250 (295)sehen, keinen Anlaß anzunehmen, daß die Verurteilung des Beschwerdeführers mit den das Strafverfahren bestimmenden verfahrensrechtlichen Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit nicht mehr vereinbar gewesen ist.
 
C.
 
Diese Entscheidung ist einstimmig ergangen.
Rinck, Wand, Dr. Rottmann, Niebler, Steinberger, TrägerBVerfGE 57, 250 (295)