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Ygdrasil

[454] Ygdrasil (Nord. M.), der Weltbaum, eine ungeheure Esche, welche ihre Aeste bis zum Himmel erhebt, und über die ganze Erde ausstreckt. Drei Wurzeln nähren dieselbe: die eine geht nach dem Aufenthalt der Götter Asgard, die andere in das Riesenland Jotunheim und die dritte nach Niflheim (Unterwelt). An dem Quell Urdarborn wohnen die drei heiligen Schicksalsnornen, welche diese Wurzeln täglich mit dem Wasser des Brunnens begiessen; dieser Born ist im Asenlande; bei der andern, Wurzel in Jotunheim ist der Mimirsbrunnen, und in dem Reiche der Hel der Quell Hwergelmer, aus welchem die Höllenflüsse entspringen. Der Baum ist bewohnt von verschiedenen Thieren, so von den Hirschen Dunair und Duratror, welche seine Blätterknospen abfressen; im Gipfel hauset ein Adler, der zwischen seinen Augen den Habicht Wedurfölner trägt; ganz unten an der Wurzel wohnt die Schlange Nidhögr, welche an des Baumes Wurzeln nagt; zwischen beiden läuft ein Eichhörnchen, Ratatösker, auf und ab, welches zwischen dem Adler und der Schlange Zwietracht zu stiften sucht. Letztere benagt ewig die Wurzeln des Baumes, um ihn zu fällen, wie die Hirsche seine Zweige benagen, doch wird er durch das Begiessen erhalten, und selbst beim Weltuntergange, bis zu welchem die Götter sich täglich in seinem Schatten versammeln, um Rath zu halten, wird er nicht untergehen, sondern nur heftig erschüttert werden.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 454.
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