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Schluß

[1033] Schluß. (Musik)

Durch dieses Wort verstehen wir die Cadenz, wodurch ein ganzes Tonstük geendiget wird. Von den Cadenzen überhaupt, und den verschiedenen Arten derselben ist bereits in einem besondern Artikel gesprochen worden1, so daß hier blos dasjenige in Betrachtung kommt, was die so genannte Finalcadenz, oder der Hauptschluß besonderes hat.

Weil der Schluß eine gänzliche Befriedigung des Gehörs und völlige Ruhe herstellen soll, so muß die Cadenz allemal in die Tonica des Stüks geschehen. Sollte aber auf das Stük entweder unmittelbar, oder bald hernach noch ein anderes neues Stük folgen; so gieng es eben deswegen an, daß der Schluß des vorhergehenden Stüks in die Dominante der Tonica des folgenden Stüks geschähe. [1033] Da ferner die herzustellende Ruhe, und völlige Befriedigung einigen Nachdruk und einiges Verweilen auf dem lezten Ton erfodert; weil ein sehr kurz anhaltender und wie im Vorbeygehen angeschlagener Ton nicht vermögend ist, diese Ruhe zu bewürken, so muß der eigentliche Schluß nicht auf die lezte Zeit des Taktes fallen, sondern in ungeradem Takt allemal auf die erste, in geradem 4/4, auf die erste, oder mitten in den Takt, so daß der lezte Ton noch einem halben Takt lang anhalten und sich zur Befriedigung des Gehöres allmählig verliehren könne.

Diesemnach ist es ein beträchtlicher Fehler, wenn man im 3/4 oder 3/2 Takt, den Schluß auf die dritte Note des Takts legte. In den zusammengesezten Taktarten, als 6/4, 6/8, 12/8, trift man ofte den Schluß in der Mitte des Taktes, als in 6/4 auf dem vierten Viertel an. Alsdenn aber ist das Rhythmische der Taktart von dem einfachen 6/4 Takt so unterschieden, daß das vierte Viertel ein größeres Gewicht erhält, und der Schluß darauf geleget werden kann.2

In Schottländischen Tänzen und Liedern trift man häufig den Schluß auf dem lezten Takttheil an. Wenn man mit Fleis etwas leichtfertiges; oder eine Eil zu einer andern Verrichtung dadurch ausdrüken will, so ist ein solcher Schluß gut; sonst hat er in der That etwas wiedersinniges.

Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 2. Leipzig 1774, S. 1033-1034.
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