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Zweifel

[760] Zweifel (Dubitatio), 1) der Zustand, in welchem man zwischen mehren möglichen Annahmen od. Entschließungen unentschieden hin u. herschwankt, weil entgegengesetzte od. unzureichende Gründe es zu keinem sichern Urtheile u. zu keiner festen Entscheidung kommen lassen; 2) (Ratio dubitandi, Dubium), der Grund des Z-s. Der Z. kann so mannigfaltig sein als die Fragen u. Gegenstände sind, über welche zur Klarheit u. Gewißheit zu kommen man ein Interesse hat; er ist theoretisch, wenn er sich auf die Erkenntnisse, praktisch, wenn er sich auf die Maßregeln des Handelns, logisch, wenn er sich auf die Form der Begründung irgend einer Behauptung, religiös, wenn er sich auf religiöse, metaphysisch, wenn er sich auf metaphysische Fragen bezieht; eben so kann es einen juristischen, sittlichen, pädagogischen, medicinischen Z. geben etc. Transscendental nannte Kant den theoretischen Z., welcher nicht sowohl auf die Gegenstände, als auf die Quellen der Erkenntniß geht. Wer zum Zweifeln geneigt ist, den nennt man einen Zweifler; eine vorherrschende oft sich selbst quälende Neigung dazu, Zweifelsucht. Der Z. an der Richtigkeit überlieferter Ansichten u. Meinungen ist jedoch häufig der erste Schritt zu einer gründlicheren Untersuchung, wie z.B. Cartesius einen allgemeinen Zweifel an Allen, was man für wahr gehalten hat, als den Anfang der philosophischen Forschung betrachtet (Cartesianischer Z.). Wird der Z. als allgemeine Maxime des wissenschaftlichen Denkens festgehalten, so entsteht daraus der Skepticismus (s.d.).[760]

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 19. Altenburg 1865, S. 760-761.
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