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Wermuth

[106] Wermuth (Artemisia absynthium), eine auf Schutthaufen, in der Nähe von Ruinen u. Gebäuden, an sonnigen Berghängen wachsende, auch cultivirte Pflanze; mit 4–6 Fuß hohem, ästigem, oben in zahlreiche, einfache, viel gelbe, rundliche Blüthen tragende Trauben ausgehendem Stängel, dreifach halbgefiederten Wurzel-, doppelt halbgefiederten Stängel- u. einfachen obersten Blättern, welche, wie der Stängel, durch glatt anliegende Seidenhärchen grau sind; von starkem, gewürzhaftem Geruch, sehr bitterem Geschmack. Das vor der Blüthe gesammelte Wermuthskraut (Herba absynthii) u. die blühenden Spitzen desselben (Summitates absynthii) werden äußerlich als Ingrediens zertheilender Kräuter u. innerlich im wässerigen od. weinigen Aufguß als magenstärkendes, wurmtreibendes Mittel angewendet. Wermuthextract (Extractum absynthii), der durch Infusion des blühenden Krautes mit heißem Wasser u. langsames Eindicken bereitet, von braunschwarzer Farbe, dem eigenthümlichen bittern Geschmack desselben u. fast gleicher, doch, wegen Verflüchtigung eines Theils des ätherischen Öls, weniger, erbitzender Wirkung. Wermuthöl, C10H8O, durch Destillation des Krautes gewonnen; es ist dunkelgrün u. von dem Geruch u. Geschmack der Pflanze; beginnt bei 180° zu sieden, bei 200° bleibt der Siedepunkt ziemlich constant. Das zwischen 200 bis 205° übergehende Öl ist farblos; sein specifisches Gewicht ist 0,973 bei 24°. Bei der Destillation über wasserfreier Phosphorsäure u. Rectification über Kalium zerfällt es in Wasser u. Kohlenwasserstoff. Wermuthtinctur (Tinctura absynthii), durch Digestion von 1 Th. trocknen Wermuthkrautes mit 6 Th. Weingeist bereitet; grünbraun, von sehr bitterm Geschmack, als magenstärkendes Mittel in Gebrauch; man bereitet daraus auch den Wermuthliqueur, Wermuthbier, Bier, durch Wermuth bitter gemacht. Man thut den Wermuth entweder in die Fässer, auf welchen das Bier gährt, od. man hängt ihn in einem leinenen Säckchen durch das Spundloch einige Zeit in das Bier u. spundet währenddem das Faß zu. Wermuthwein, Wein, welcher durch Wermuth bitter gemacht worden ist. Man läßt entweder Wermuth mit einem Theile des Mostes sieden; od. man hängt den Wermuth in einem leinenen Säckchen einige Zeit in den Wein.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 19. Altenburg 1865, S. 106.
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