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Pergament

[823] Pergament (eigentlich Pergamen, v. gr. Pergamēne, nämlich Diphiera, d.i. pergamenische Haut, lat. Pergamenum, Pergamena charta), 1) sehr weiße, glatte, steife, aber doch auch biegsame, vollständig gereinigte u. getrocknete, aber auch gegerbte thierische Haut, welche vorzüglich zu Trommeln u. Pauken, als Schreibmaterial für wichtige Urkunden (ehemals als das gewöhnlichste Schreibmaterial), zu Büchereinbänden, Siebböden, Überzügen von Koffern etc. gebraucht wird. Man nimmt dazu Kalb-, Schaf-, Ziegen-, Esels-, Schweins- u. Wolfsfelle, zur feinsten Sorte, dem Velin- od. Jungfernpergament, die Häute junger Ziegen u. Lämmer. Diese Felle werden sogleich nach dem Schlachten der Thiere mehre Tage in Wasser eingeweicht, damit sie von allen blutigen Theilen rein werden; alsdann kommen sie so lange in einen Kalkäscher, bis sie abgehaart werden können. Das Abstoßen der Grundhaare (Kneifen) geschieht mit dem Kneismesser (Kneiseifen), welches drei hölzerne Griffe u. eine zirkelförmige Klinge hat. Kalbfelle, welche zu narbigem P. bestimmt sind, werden in dem mit scharfem Kalkwasser angefülltem Brunnenäscher erweicht (Brunnen), alsdann gefleischt u. abwechselnd mehrmals in Wasser geweicht u. auf dem Schabebaume ausgestrichen. Hierauf werden sie geschnürt, d.h. in jede Ecke des Felles wird ein Kieselstein gewickelt u. mit einer Schnur zusammengebunden. Mittelst dieser Schnüre wird das Fell in einem hölzernen Rahmen eben u. glatt ausgespannt, worauf man mit dem Streich- od. Falzeisen die letzten Reste des Fleischigen bis auf die Hautfaser wegnimmt u. nun auf die Fleischseite Kreide mittelst Bimssteins einreibt (Bimsen) u. zugleich das Kalkwasser ausdrückt. Dies wird 3–4mal wiederholt. Auch auf der Narbenseite wird das Kalkwasser mit dem Rücken des Streicheisens rein ausgedrückt u. gebimst, doch ohne daß vorher Kreide eingerieben wird. Die Narben selbst werden mehr od. weniger mit dem Schabeisen weggenommen (Schaben), daher Ganz- u. Halbnarbiges P. Man läßt endlich die Haut im Schatten trocknen u. reibt auf der Fleischseite die anhängende Kreide mit einem Stück Lammfell ab. Bei dem zum Schreiben bestimmten P. wird die Narbe u. alle Ungleichheiten mit dem Schabeisen weggenommen u. das P. mit Bimsstein geebnet, glatt geschliffen u. in Blätter zerschnitten. Die Abgänge beim Schaben (Pergamentschaben), sowie die. beim Beschneiden vorkommenden (Pergamentabschnitte) geben Leim (Pergamentleim). Soll das P. Glanz bekommen, so wird es mit Pergamentleim getränkt (Leimtränken), welchem man durch eine Abkochung von Gelb- (Kreuz-) beeren eine beliebige gelbe Farbe gegeben hat. Dies ist vorzüglich der Fall bei dem zu Büchereinbänden bestimmten weißen Schaf- u. Stickerpergament. Bisweilen wird das P. ähnlich wie das Handschuhleder gefärbt, vorzüglich grün, blau, roth od. gelb. Zu ersterem, was am gewöhnlichsten ist, löst man im Sieden in Regenwasser Weinstein auf, fügt gut pulverisirten krystallisirten Grünspan hinzu, läßt die Auflösung bis zum Lauwarmen abkühlen, rührt dann noch Salpetersäure ein u. überstreicht das ein wenig befeuchtete P. mit einem Pinsel mit dieser noch warmen Farbe. Auf das Schreibpergament wird geschrieben, gedruckt u. mit Pastell gemalt. Malerpergament, für Miniaturmaler, macht man auch dadurch, daß man die geschabte Fleischseite mit Gummitraganth überreibt, es erhält einen seinen Anstrich von Bleiweiß u. wird mit dem Schabeisen glatt geschabt. Durchscheinend wird das P., wenn man es mit kalter Pottaschelösung auswäscht, die Flüssigkeit ausdrückt, das P. in eine Lösung von Grünspan in Essig über Nacht einweicht, ausgespannt trocknen läßt u. auf beiden Seiten mit klarem Leinölfirniß bestreicht. Das schlechteste od. mißrathene P. wurde sonst zu Kanonenkartuschen benutzt. Die Pergamenttafeln (Schreibtafelpergament) fertigt man aus gewöhnlichem, geringerem P., welchem man auf beiden Seiten einen mehrmaligen Anstrich von ganz seiner Kreide u. Leimwasser giebt (Kreidepergament) u. mit dem Schabeisen od. mit Bimsstein ebnet u. mit Seifenwasser glättet. Nimmt man zu den letzten Anstrichen Leinölfirniß u. Bleiweiß, welches man mit gelbem Ocker versetzt, so wird das P. gelb u. heißt Ölpergament, Öl- od. Rechenhaut. Statt des eigentlichen P-s nimmt man auch starkes Papier od. Leinwand zu diesen Pergamenttafeln. Auf dem Kreidepergament läßt sich die Schrift durch Reiben mit Talg, od. Stärkekleister, auf dem Ölpergament mit Wasser auslöschen. Endlich verfertigt man ein schwarzes (Schiefer-) P., auf welches mit Schieferstift geschrieben wird, vgl. Künstliche Schiefertafeln unter Pappe. 2) Künstliches P. od. Pergamentpapier, s.u. Papier V. B) d). 3) Vegetabilisches P. (Pergamentpapier), das neueste Surrogat für P., dem aus thierischer Haut gefertigten P. äußerlich ganz ähnlich, eben so biegsam, ohne zu brechen, im. Wasser aufquellend zu einer weichen, schlüpfrigen Masse. Nach Gaine erhält man es, indem man ungeleimtes Papier einige Secunden in mit Wasser verdünntes Vitriolöl eintaucht u. dann wiederholt mit ammoniakalischem Wasser auswäscht. Obwohl das vegetabilische P. minder fest ist als das thierische, so widersteht es dafür besser den Einwirkungen chemischer Agentien u. bes. des Wassers, es ist daher sehr vortheilhaft zu gerichtlichen Documenten u. dergl., zu Zeichnungen u. das dünnere selbst als Pauspapier, zu wasserdichten Patronen für militärische Zwecke, in der Buchbinderei u. Buchdruckerei, selbst als Ersatzmittel für thierische Blase bei deren Verwendung[823] im Hauswesen u. im Laboratorium anwendbar. Schon vor Gaine waren die Eigenschaften des vegetabilischen P-es von den Franzosen Poumarède u. Figuier beobachtet u. dasselbe 1847 als Papyrine beschrieben worden, jedoch mit concentrirter Schwefelsäure hergestellt. Will man dickeres, durch u. durch gleichförmiges vegetabilisches P. haben, so legt man einzelne Bogen desselben noch feucht über einander, drückt sie fest aneinander u. wäscht sie dann sehr sorgfältig aus. Die Alten schrieben theils auf Leder (Corium), welches nur aus dem Groben hergerichtet war u. die Haare noch hatte, theils auf ganz hergerichtetes P. (Membrana), welches seinen Namen von Pergamon (s.d.) hat, weil es daselbst zwar nicht erfunden wurde, aber durch Krates (s.d. 4) eine verbesserte Zurichtung u. Anwendbarkeit zum Schreiben erhielt: In Europa wurde das P. im 6. Jahrh. bekannt u. 1373 finden sich in Nürnberg zünftige Pergamentmacher, da sie aber jetzt seltner sind wie früher, so halten sie sich gewöhnlich zu den Weißgerbern.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 12. Altenburg 1861, S. 823-824.
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